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für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand:
2Die Klägerin hat mit der Beklagten einen Vertrag über die Beförderung von Düsseldorf nach Bolivien am 13.02.2022 und zurück am 02.05.2022 geschlossen.
3Bei der Rückreise verweigerte die Beklagte der Klägerin die Beförderung, woraufhin sich die Klägerin selbst um einen Rückflug kümmern musste. Im Rahmen dieses Beförderungsvertrages verarbeitete die Beklagte die von der Klägerin im Rahmen des Buchungsvorganges angegeben Daten.
4Die Klägerin stellte bei der Beklagten am 07.09.2022 einen Antrag auf Auskunftserteilung gemeinsam mit einem Antrag auf Leistung von Schadenersatz. Eine weitere Aufforderung dem Auskunftsgesuch nachzukommen gab die Klägerin gegenüber der Beklagten unter dem 11.10.2022 ab.
5Unter dem 17.01.2023 sandte die Beklagte der Klägerin eine Zusammenfassung der bei der Beklagte zu dem Buchungsvorgang gespeicherten und die Klägerin betreffenden Daten zu.
6Die Klägerin erhob zunächst Klage bei dem Amtsgericht Düsseldorf auf Zahlung einer Entschädigungsleistung nach der FluggastrechteVO, von Schadensersatz und Erteilung einer Auskunft der seitens der Beklagten verarbeiteten Daten, nebst Schmerzensgeld.
7Das Amtsgericht Düsseldorf hat die Ansprüche auf Auskunft und Zahlung eines Schmerzensgeldes nach der DS-GVO abgetrennt und an das Amtsgericht Köln abgegeben.
8Die Klägerin ist der Auffassung, dass die bislang seitens der Beklagten erteilten Informationen keine vollständige Datenauskunft i.S.v. § 34 BDSG bzw. Art. 15 Abs. 1 DS-GVO darstellten. Die Beklagte sei verpflichtet, sämtliche gespeicherten Informationen herauszugeben.
9Die Klägerin beantragt,
101. die Beklagte zu verurteilen, ihr Auskunft darüber zu erteilen, welche Daten über sie bei der Beklagten im Zusammenhang mit der hier streitgegenständlichen Flugbuchung (Reservierungscode: 0000) verarbeitet werden;
112. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin eine Kopie dieser Daten, insbesondere von jeglicher Korrespondenz, der Vertragsdaten inklusive AGB sowie der Protokolle von telefonischen Kontaktaufnahmen und der Gesprächsmitschnitte – wahlweise per E-Mail oder per Briefpost – zur Verfügung zu stellen;
123. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin immateriellen Schadensersatz in angemessener Höhe zu zahlen, dessen Höhe in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 800,00 EUR nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz;
13Die Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Zum Sach- und Streitstand im Übrigen wird auf den Akteninhalt, insbesondere auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
16Entscheidungsgründe:
17Die zulässige Klage ist unbegründet.
18I.
19Die internationale Zuständigkeit richtet sich nach Art. 79 DS-GVO. Art. 79 Abs. 2 sieht lediglich besondere Gerichtsstände im Sinne der internationalen Zuständigkeit vor. Die internationale Zuständigkeit ergibt sich hier aus § 79 Abs. 2 S. 2 DS-GVO, da die Klägerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. Die sachliche und örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts bemisst sich weiterhin nach nationalem Recht, vorliegend nach der ZPO. Das Amtsgericht Köln ist insoweit sowohl sachlich, als auch örtlich zuständig.
20II.
211.
22Die Klägerin hat keinen weiteren Anspruch auf die begehrten Auskünfte.
23Zwar besteht nach Art. 15 Abs. 1, 2. HS DS-GVO ein umfassendes Auskunftsrecht über den Umfang und die Art der Verarbeitung der personenbezogenen Daten. Soweit ein solcher Anspruch bestand, hat die Beklagte diesen Auskunftsanspruch jedenfalls bereits erfüllt (§ 362 BGB).
24Die Klägerseite begehrt Auskunft darüber, welche personenbezogenen Daten der Klagepartei die Beklagte im Zusammenhang mit der hier streitgegenständlichen Flugbuchung verarbeitet. Diese Auskunft hat die Beklagte mit Schreiben vom 17.01.2023 bereits erfüllt.
25Erfüllt im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB ist ein Auskunftsanspruch grundsätzlich dann, wenn die Angaben nach dem erklärten Willen des Schuldners die Auskunft im geschuldeten Gesamtumfang darstellen. Wird die Auskunft in dieser Form erteilt, steht ihre etwaige inhaltliche Unrichtigkeit einer Erfüllung nicht entgegen. Der Verdacht, dass die erteilte Auskunft unvollständig oder unrichtig ist, kann einen Anspruch auf Auskunft in weitergehendem Umfang nicht begründen. Wesentlich für die Erfüllung des Auskunftsanspruchs ist daher die - gegebenenfalls konkludente - Erklärung des Auskunftsschuldners, dass die Auskunft vollständig ist. Die Annahme eines derartigen Erklärungsinhalts setzt demnach voraus, dass die erteilte Auskunft erkennbar den Gegenstand des berechtigten Auskunftsbegehrens vollständig abdecken soll. (OLG Hamm, Urteil vom 15. August 2023 – I-7 U 19/23 –, Rn. 250, juris m.w.N)
26Gemessen an diesen Grundsätzen hat die Beklagte das Auskunftsbegehren der Klägerseite bereits erfüllt. Sie hat in dem ausführlichen Schreiben vom 17.01.2023 über 8 Seiten hinweg im Einzelnen näher dargelegt, welche Daten sie von der Klägerin gespeichert und verarbeitet hat. Zudem waren in der Auskunft die von der Klägerin an die Beklagte gerichteten Reklamationsschreiben enthalten, welche die Beklagte ebenfalls zu der Klägerin abgespeichert hatte.
27Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte weitere Informationen hat und sie diese der Klägerseite nicht mitteilt, liegen nicht vor. Aus dem Vortrag der Beklagtenseite ist zu erkennen, dass sie nach ihrer Vorstellung sämtliche Auskünfte, die sie über den Vorfall hat, erteilt hat.
28Der Anspruch auf Auskunft nach Art. 15 DS-GVO ist damit erfüllt.
292.
30Ein Anspruch auf Herausgabe weiterer Kopien dieser Daten, insbesondere jeglicher Korrespondenz, den Vertragsdaten inklusive AGB sowie der Protokolle von telefonischen Kontaktaufnahmen und von Gesprächsmitschnitte steht der Klägerin nicht zu.
31Nach Art. 15 Abs. 3 DS-GVO stellt der Verantwortliche Kopien (lediglich) der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung.
32Eine „Verarbeitung von Daten“ stellt gemäß Artikel 4 Nr. 2 DS-GVO jeder Vorgang im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten dar. Insofern ergibt sich ein umfassendes Auskunftsrecht bezogen auf die gespeicherten bzw. verarbeiteten personenbezogenen Daten. Dies beinhaltet Daten wie Namen oder Geburtsdatum genauso wie jegliche Merkmale, die die Identifizierbarkeit einer Person ermöglichen können, z.B. Gesundheitsdaten, Kontonummer usw. Allerdings bezieht sich der Auskunftsanspruch nicht auf sämtliche internen Vorgänge der Beklagten, wie z.B. Vermerke, oder darauf, dass die betreffende Person sämtlichen gewechselten Schriftverkehr, der dem Betroffenen bereits bekannt ist, erneut ausgedruckt und übersendet erhalten muss (LG Köln, Teilurteil v. 18.03.2019, 26 O 25/18). AGB`s, Gesprächsprotokolle, sowie geführte Korrespondenzen stellen insofern ebenfalls keine der Verarbeitung unterliegenden, personenbezogenen Daten in diesem Sinne dar. Der Anspruch aus Art. 15 DS-GVO dient nicht der vereinfachten Buchführung des Betroffenen, sondern soll sicherstellen, dass der Betroffene den Umfang und Inhalt der gespeicherten personenbezogenen Daten beurteilen kann. Folgerichtig bestimmt Artikel 15 Abs. 3 DS-GVO, dass der Betroffene eine Kopie (lediglich) der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, erhält.
33Auch diesen Anspruch hat die Beklagte durch die Übersendung der Systemausdrucke vom 17.01.2023 erfüllt. Ein darüberhinausgehender Anspruch steht der Klägerin nicht zu, da es sich bei den von ihr konkret begehrten/aufgelisteten Dokumenten gerade nicht um personenbezogene Daten handelt, die Gegenstand der Verarbeitung sind. Substantiierter Vortrag der Klägerin, welche Informationen seitens der Beklagten darüber hinaus noch verarbeitet worden sein könnten, ist nicht erfolgt. Insofern sind konkrete Anhaltspunkte, dass die Auskunft unvollständig ist, nicht vorhanden. Aus den Auskünften der Beklagten ergeben sich vielmehr die personenbezogenen Daten, sowie die sonstigen Informationen i.S.v. Art. 15 Abs. 1 DS-GVO.
343.
35Die Klägerin hat keinen Anspruch auf das geltend gemachte Schmerzensgeld i.H.v. 100,00 € für jeden Monat, in dem die Beklagte die begehrte Auskunft verweigert hat, mindestens jedoch 800,00 €.
36Dieser Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus Art. 82 Abs. 1 DS-GVO.
37Danach hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter.
38Zum einen liegt bereits kein Verstoß gegen die DS-GVO vor, zum anderen hat die Klägerin einen ersatzfähigen immateriellen Schaden schon nicht dargelegt. Sie trägt vor, ihr immaterieller Schaden bestünde darin, dass sie einen erheblichen Kontrollverlust über ihre Daten erlitten habe und in einem Zustand großen Unwohlseins und Sorge über möglichen Missbrauch ihrer Daten verbleibe. Der Umstand, dass die Beklagte den geltend gemachten Auskunftsanspruch ignoriert habe, erfülle die Klägerin mit großem Unwohlsein, denn die Beklagte verfüge insoweit über einen enormen Informationsvorsprung. Auch fühle sich die Klägerin damit unwohl, dass die Beklagte im laufenden Prozess zu jedem Zeitpunkt AGB`s habe nachschieben können, aus denen sich vermeintlich ergeben hätte, dass die Umbuchungsgebühr zulässig gewesen wäre. Ferner hätte sie auch die mutmaßlich existierenden Audioaufzeichnungen der Umbuchung des Rückfluges beliebig in den Prozess einbringen könne, um nachzuweisen, dass diese gar nicht vorgenommen wurde.
39Indes rechtfertigt all dies keine Schadensersatzpflicht. Denn der Kontrollverlust ist Voraussetzung dafür, dass ein Verstoß gegen die DS-GVO vorliegt. Vor diesem Kontrollverlust soll die Datenschutzverordnung gerade schützen. Der Schadensersatzanspruch nach Art. 82 Abs. 1 DS-GVO setzt aber, wie sich aus seinem Wortlaut ergibt, mehr voraus, nämlich einen immateriellen Schaden. Erst dann, wenn resultierend aus dem Kontrollverlust, nämlich aus dem Verstoß gegen die DS-GVO, zusätzlich ein immaterieller Schaden entstanden ist, besteht ein Anspruch auf Schadenersatz. Der Kontrollverlust alleine, d.h. der Verstoß gegen die DSG VO, reicht hierfür nicht. (OLG Hamm, Urteil vom 15. August 2023 – I-7 U 19/23 –, Rn. 150 ff., juris mwN).
40Dass die Klägerin einen über den Kontrollverlust hinausgehenden immateriellen Schaden in Form von psychischen oder psychiatrisch relevanten Beeinträchtigungen erlitten hat, ist nicht ersichtlich.
41Eines gesonderten gerichtlichen Hinweises zu unzureichendem Vortrag hinsichtlich des immateriellen Schadens bedurfte es nicht, da nicht ersichtlich ist, dass die Klägerin die Erforderlichkeit eines solchen Vortrags übersehen haben könnte. Vielmehr hat sie zu den sich für sie aus der verspäteten bzw. aus Ihrer Sicht unvollständigen Datenauskunft ergebenden Beeinträchtigungen vorgetragen. Anhaltspunkt dafür, dass sie darüber hinaus unter weiteren Beeinträchtigungen gelitten haben könnte, liegen nicht vor, weshalb es keines richterlichen Hinweises dazu bedurfte.
424.
43Weder der Schriftsatz der Beklagten vom 26.07.2024, noch der Schriftsatz des Bevollmächtigten der Klägerin vom 04.09.2024 gab Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Entgegen der Auffassung der Klägerin enthält der vor Schluss der mündlichen Verhandlung bei Gericht eingegangene Schriftsatz der Beklagten keinen neuen, erheblichen Tatsachenvortrag, zu dem der Klägerin eine Stellungnahme hätte ermöglicht werden müssen. Bei der Entscheidung kam es dem Gericht auf die seitens der Beklagten erteilten Auskunft vom 17.01.2023 an. Diesbezüglicher Vortrag nebst Anlagen stammt jedoch von der Klägerin selbst (Schriftsatz 19.04.2024, Anlage K3). Im Übrigen enthält der Schriftsatz lediglich Rechtsansichten, die eine Wiedereröffnung nicht rechtfertigen.
445.
45In Ermangelung einer Hauptforderung bestehen auch die geltend gemachten Nebenforderungen nicht.
46Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
47Streitwert: bis 2.000,00 €
48Rechtsbehelfsbelehrung:
49Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
501. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
512. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
52Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
53Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.
54Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
55Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
56Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:
57Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Auf die Pflicht zur elektronischen Einreichung durch professionelle Einreicher/innen ab dem 01.01.2022 durch das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013, das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5. Juli 2017 und das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 05.10.2021 wird hingewiesen.
58Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.