Seite drucken Entscheidung als PDF runterladen
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitig ist, ob Spenden der Klägerin an die in Italien ansässige gemeinnützige Stiftung „X. ONLUS“ nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) steuerlich abziehbar sind.
2Die Klägerin ist eine in Deutschland ansässige GmbH […]. Es besteht eine körperschaftsteuerliche Organschaft zwischen der Klägerin als Organgesellschaft und der B. GmbH als Organträgerin.
3Im Streitjahr 2015 leistete die Klägerin Spenden an mehrere deutsche gemeinnützige Vereine und Stiftungen. Darüber hinaus leistete sie ... Spenden an die in C., Italien, ansässige X. ONLUS. Die Rechtsform der ONLUS ist im italienischen Recht für Körperschaften vorgesehen, die ausschließlich gemeinnützige Zwecke verfolgen („Organizzazione non lucrativa di utilità sociale“, deutsch: „gemeinnützige Organisation ohne Gewinnabsicht“).
4Die Spenden der Klägerin an die italienische Stiftung wiesen eine Höhe von insgesamt ... € auf:
5Bescheinigung/Datum |
Betrag |
Verwendungszweck lt. Bescheinigung |
Receipt Nr. xx, xx.xx.2015 |
... |
Finanzierung des […] |
Receipt Nr. xx, xx.xx.2015 |
... |
Unterstützung bei der Hilfe für Jugendliche und junge Erwachsene mit chronischen Krankheiten […] |
Receipt Nr. xx, xx.xx.2015 |
... |
Unterstützung bei der Hilfe für Jugendliche und junge Erwachsene mit chronischen Krankheiten […] |
Receipt Nr. xx, xx.xx.2015 |
... |
Unterstützung bei der Hilfe für Jugendliche und junge Erwachsene mit chronischen Krankheiten […] |
Die Satzung der X. ONLUS enthält unter anderem folgende Bestimmungen:
7Artikel 3 – „Zweck“
8„Die Stiftung wurde angeregt, um ausschließlich Zwecke der sozialen Solidarität zu verfolgen und insbesondere die Verbesserung der Lebensbedingungen der am meisten benachteiligten Personengruppen auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene zu fördern, unter besonderer Berücksichtigung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit dauerhafter Behinderung, Anpassungs- oder Verhaltensstörungen sowie von Erwachsenen mit festgestellter gesundheitlicher, finanzieller und sozialer Beeinträchtigung.“
9Artikel 4 – „Tätigkeit“
10„Für die Verfolgung ihres Zwecks kann die Stiftung als Haupttätigkeit die folgenden Aktivitäten ausüben: direkte und indirekte gemeinnützige Tätigkeit, soziale und sozialmedizinische Betreuung. Ferner kann die Stiftung die nach Art. 10, Abs. 1, Buchstabe a) von Gesetzesdekret 460/97 vorgesehenen weiteren Tätigkeiten ausüben.
11Unter „Tätigkeiten indirekter Gemeinnützigkeit“ versteht man die Gewährung von Geldleistungen zur Förderung von Projekten, die von gemeinnützigen Organisationen betrieben werden, welche vorwiegend in den Bereichen gemäß Art. 10, Abs., 1 Buchstabe a) von Gesetzesdekret 460/97 tätig sind, und zwar zur direkten Durchführung von gemeinnützigen Projekten, wobei hierzu Geldbeträge verwendet werden, die aus der Vermögensverwaltung oder aus Spenden stammen, welche zu diesem Zweck, auch mittels innovativer Methoden, gesammelt werden.
12Unter „sozialer und sozialmedizinischer Betreuung" versteht man die Tätigkeiten gemäß Art. 128 von Gesetzesdekret 112/98, die zur Förderung von benachteiligten Personen wie dauerhaft körperlich und geistig Behinderten, Häftlingen sowie Personen und Haushalten mit festgestelltem Bedürftigkeitsstatus erbracht werden.“
13Unter „Tätigkeiten direkter Gemeinnützigkeit“ versteht man die Gewährung von Geld- und Sachleistungen zur Förderung der oben genannten benachteiligten Personen.
14All diese Tätigkeiten können nur ausgeübt werden, wenn es sich um satzungsmäßige Tätigkeiten handelt. Eventuell damit verbundene Tätigkeiten müssen, in den vom Gesetz vorgeschriebenen Grenzen, im Kontext der ausgeübten satzungsmäßigen Tätigkeit und in striktem Zusammenhang mit dieser ausgeübt werden. Die Stiftung darf keine anderen als satzungsmäßige und damit verbundene Tätigkeiten ausüben.
15Es besteht die Pflicht, die Gewinne und Überschüsse zur Durchführung der in diesem Artikel genannten Tätigkeiten zu verwenden.“
16Artikel 15 – „Umwandlung – Auflösung“
17„Die Stiftung kann sich gemäß Art.2500-octies, dritter Absatz, des italienischen Zivilgesetzbuchs nicht in eine Kapitalgesellschaft umwandeln.
18Die Stiftung erlischt in den nach Artikel 27 und 28 des italienischen Zivilgesetzbuchs vorgesehenen Fällen.
19Im Falle des Erlöschens der Stiftung ernennt der Vorstand aus dem Kreis der Vorstandsmitglieder einen oder mehrere Liquidatoren.
20Im Falle einer aus welchem Grund auch immer erfolgenden Auflösung wird das nach Abschluss der Liquidation verbleibende Vermögen an eine andere gemeinnützige Organisation (ONLUS) mit ähnlichen gemeinnützigen Zwecken oder Zielen übertragen, die von den Liquidatoren ausgewählt wird, dies in jedem Falle nach Anhörung des Kontrollorgans gemäß Art. 3, Abs. 190 des Gesetzes Nr. 662 vom 23. Dezember 1996. Vom Gesetz auferlegte anderslautende Verwendungen bleiben vorbehalten.“
21Wegen der weiteren Satzungsbestimmungen wird auf die von der Klägerin eingereichte beglaubigte Übersetzung der Satzung Bezug genommen (Gerichtsakte Bl. 128ff.).
22Am 30.09.2016 erließ der Beklagte gegenüber der Klägerin erstmals einen Körperschaftsteuerbescheid für 2015, in welchem das der Klägerin als Organgesellschaft zuzurechnende Einkommen mit ... € berücksichtigt wurde. Der Körperschaftsteuerbescheid war verbunden mit den gesonderten Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen im Zusammenhang mit der Körperschaftsteuerfestsetzung; in diesem Bescheid stellte der Beklagte den verbleibenden Zuwendungsvortrag gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG zum 31.12.2015 auf ... € fest. Die Spenden an die X. ONLUS berücksichtigte der Beklagte dabei nicht. Die Klägerin legte gegen beide Bescheide fristgemäß Einspruch ein. Der Senat geht davon aus, dass im Jahr 2016 zudem ein Feststellungsbescheid gem. § 14 Abs. 5 KStG ergangen ist; dieser ist jedoch nicht in den vorgelegten Verwaltungsakten enthalten und ist – soweit ersichtlich – von der Klägerin auch nicht mit einem Einspruch angefochten worden.
23Das Einspruchsverfahren ruhte zunächst in Hinblick auf das vor dem Bundesfinanzhof (BFH) anhängige Revisionsverfahren X R 5/16. Später wurde eine Betriebsprüfung bei der Klägerin durchgeführt. Nachdem die Betriebsprüfung abgeschlossen war, erließ der Beklagte am 27.03.2020 und am 12.06.2020 geänderte Körperschaftsteuer- und Feststellungsbescheide für 2015, die jeweils Gegenstand des Einspruchsverfahrens wurden. Weiterhin erging am 12.06.2020 ein geänderter Feststellungsbescheid gem. § 14 Abs. 5 KStG gegenüber der B. GmbH als Organträgerin und der Klägerin als Organgesellschaft. Mit Einspruchsentscheidung vom 07.08.2020 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Er war der Auffassung, dass die Spenden an die X. ONLUS zu Recht nicht zum Abzug zugelassen worden seien, da die Voraussetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. c) KStG nicht vollständig erfüllt seien.
24Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen des steuerlichen Spendenabzugs erfüllt seien:
25Materielle und satzungsmäßige Vermögensbindung
26Die italienische Stiftung erfülle die Voraussetzungen der materiellen Vermögensbindung gem. § 61 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO). Für den Fall der Auflösung der italienischen Stiftung ergebe sich die Vermögensbindung aus § 15 der Satzung: „Im Falle einer aus welchem Grund auch immer erfolgenden Auflösung wird das nach Abschluss der Liquidation verbleibende Vermögen an eine andere gemeinnützige Organisation (ONLUS) mit ähnlichen gemeinnützigen Zwecken oder Zielen übertragen […].“. Für den Fall des Wegfalls des steuerlich begünstigten Status enthalte die Satzung zwar keine ausdrückliche Regelung. Nach italienischem Recht sei dieser Fall allerdings der Auflösung gleichgestellt; dies ergebe sich aus dem italienischen Ministerialschreiben vom 26.06.1998 (Circolare del 26/06/1998 n. 168 - Min. Finanze - Dip. Entrate Aff. Giuridici Serv. VI, S.9).
27Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin die Auffassung vertreten, dass eventuellen Ungenauigkeiten der Satzung der italienischen Stiftung durch eine wohlwollende Satzungsauslegung Rechnung getragen werden könne. Auch auf diese Weise könnten etwaige Beschränkungen der Kapitalverkehrsfreiheit gem. Art. 63 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vermieden werden. Eine einschränkende bzw. europarechtskonforme Auslegung der maßgeblichen Bestimmungen der Abgabenordnung sei nach diesem Rechtsstandpunkt nicht notwendig. Auch wenn man eine solche Satzungsauslegung als nicht möglich ansehe, sei es entgegen der Auffassung des Beklagten nicht notwendig, dass die Vermögensbindung für den Fall des Wegfalls des steuerlich begünstigten Status auch in der Satzung der italienischen Stiftung ausdrücklich niedergelegt sei. Soweit der BFH entschieden habe, dass das Erfordernis der satzungsmäßigen Vermögensbindung nicht gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstoße (BFH-Urteil vom 17.09.2013 – I R 16/12, BStBl II 2014, 440), könne dem nicht gefolgt werden. Die strengen formellen Regelungen des deutschen Rechts seien im Falle einer gemeinnützigen Organisation mit Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat europarechtskonform einschränkend auszulegen.
28Zwar habe auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass die steuerliche Abzugsfähigkeit von Spenden an gemeinnützige Organisationen in anderen EU-Mitgliedstaaten jeweils nach dem nationalen Recht zu beurteilen sei. Dabei habe der EuGH jedoch keine Aussage zu den strengen formellen Voraussetzungen der §§ 59, 60, 61 AO getroffen, nach denen Spenden an gemeinnützige Körperschaften in anderen EU-Mitgliedstaaten kaum jemals steuerlich abziehbar wären. Zwar sei eine Diskriminierung der ausländischen gemeinnützigen Organisationen nicht gegeben, soweit für Spenden an diese dieselben formellen Voraussetzungen gälten wie für Spenden an deutsche gemeinnützige Körperschaften. Allerdings liege insoweit eine unzulässige Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit gem. Art. 63 AEUV vor. Eine Rechtfertigung für diese Beschränkung sei nicht ersichtlich. Zudem verstoße das Erfordernis der satzungsmäßigen Vermögensbindung, soweit es auch auf gemeinnützige Organisationen in anderen EU-Mitgliedstaaten angewendet werde, gegen den europarechtlichen Effektivitätsgrundsatz. Da der EuGH mangels eines entsprechenden Vorabentscheidungsersuchens bislang nicht entschieden habe, ob die Regelungen in den §§ 59, 60 und 61 AO zur formellen Vermögensbindung und zur formellen Satzungsmäßigkeit zu einer unzulässigen Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit führten, sei ein erneutes Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH geboten.
29Formelle Satzungsmäßigkeit
30Die Voraussetzungen der formellen Satzungsmäßigkeit gem. § 60 Abs. 12 Satz 1 AO seien gewahrt, da die von der italienischen Stiftung verfolgten gemeinnützigen Zwecke in ihrer Satzung ausreichend klar bestimmt seien. Laut Artikel 4 Abs. 3 ihrer Satzung übe die Stiftung insbesondere Tätigkeiten der „sozialen und sozialmedizinischen Betreuung" aus. Damit fördere die Stiftung den gemeinnützigen Zweck der Jugendhilfe gem. § 52 Abs. 2 Nr. 4 AO sowie den gemeinnützigen Zweck der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens und der Gesundheitspflege gem. § 52 Abs. 2 Nr. 3 AO.
31Soweit die italienische Stiftung nach ihrer Satzung auch „Tätigkeiten direkter Gemeinnützigkeit“ ausüben dürfe, handele es sich hierbei nicht um die Verfolgung mildtätiger Zwecke i.S. des § 53 AO. Der Begriff diene vielmehr der Abgrenzung zur ebenfalls in der Satzung angeführten „indirekten Wohltätigkeit“, also der Weiterleitung von Geldern an andere gemeinnützige Organisationen, die nach § 58 Nr. 1 AO zulässig sei. Selbst wenn man der Auffassung sei, dass der Satzungszweck der „direkten Gemeinnützigkeit“ unter den Begriff der Mildtätigkeit i.S. des § 53 AO falle, seien die in diesem Fall geltenden gesetzlichen Voraussetzungen als erfüllt anzusehen. Zwar habe der BFH entschieden, dass bei ausländischen gemeinnützigen Organisationen, die mildtätige Zwecke verfolgten, der Kreis der hilfebedürftigen Personen gem. § 53 Nr. 1 und 2 AO in der Satzung konkret bestimmt sein müsse (BFH-Urteil vom 18.08.2023 – V R 15/20, BStBl II 2023, 302). Diese Voraussetzung sei vorliegend indes erfüllt, da der Kreis der berechtigten Personen in § 3 der Satzung der italienischen Stiftung ausreichend klar festgelegt werde („am meisten benachteiligten Personengruppen auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene zu fördern, unter besonderer Berücksichtigung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit dauerhafter Behinderung, Anpassungs- oder Verhaltensstörungen sowie von Erwachsenen mit festgestellter gesundheitlicher, finanzieller und sozialer Beeinträchtigung“). Eine strengere Sichtweise würde zu einer europarechtlich unzulässigen Beschränkung des Spendenabzugs führen.
32Soweit die Satzung der italienischen Stiftung auch die Verfolgung weiterer gemeinnütziger Zwecke erlaube, die jedoch nicht konkret bezeichnet würden, wäre dies bei rein nationalen Sachverhalten potentiell problematisch. Die strenge Anwendung der Regelungen der AO führe jedoch auch hier zu einer europarechtlich unzulässigen Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit. In der steuerrechtlichen Literatur werde im Übrigen auch für reine Inlandssachverhalte die Auffassung vertreten, dass die Aufnahme von „Vorratszwecken“ in die Satzung einer gemeinnützigen Körperschaft zulässig sein müsse.
33Tatsächliche Geschäftsführung
34Die tatsächliche Geschäftsführung der italienischen Stiftung sei im Streitjahr ausschließlich und unmittelbar auf die Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet gewesen und habe damit den Anforderungen gem. § 63 AO entsprochen. Zum Nachweis hierzu hat die Klägerin mehrere Unterlagen vorgelegt (Urkunde über die staatliche Anerkennung der italienischen Stiftung als ONLUS, Bescheinigung über die Eintragung in das ONLUS-Melderegister, Protokoll der Verwaltungsratssitzung der italienischen Stiftung vom xx.xx.2016, Jahresbilanz der italienischen Stiftung für das Geschäftsjahr 2015, Gerichtsakte Bl. 225ff.).
35Formell ordnungsgemäße Spendenbescheinigung
36Die von der italienischen Stiftung ausgestellten Spendenbescheinigungen entsprechen nach Auffassung der Klägerin den Anforderungen des deutschen Rechts. Außerdem sei die ergänzend vorgelegte Bestätigung des Stiftungsvorsitzenden vom xx.xx.2023 zu berücksichtigen (Gerichtsakte Bl. 218).
37Struktureller Inlandsbezug
38Die Voraussetzungen des sog. strukturellen Inlandsbezugs gem. § 51 Abs. 2 AO seien erfüllt, da die Klägerin in Zeitungsartikeln und auf der Internet-Seite der italienischen Stiftung als Förderer benannt worden sei. Soweit die Abzugsfähigkeit von Spenden an gemeinnützige Organisationen, die im Ausland tätig seien, gem. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 6 KStG an strengere Voraussetzungen geknüpft sei als für Organisationen, die im Inland tätig seien, liege zudem eine unzulässige Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit vor.
39Die Klägerin beantragt,
40die Bescheide über Körperschaftsteuer für 2015 und über die Feststellung des verbleibenden Zuwendungsvortrags nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG zum 31.12.2015, jeweils vom 12.06.2020 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.08.2020, dahingehend zu ändern, dass der Betrag der im Veranlagungszeitraum geleisteten Zuwendungen von ... € um ... € auf ... € erhöht wird,
41hilfsweise, ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof mit folgenden Vorlagefragen zur richten:
42Widerspricht es Art. 63 AEUV, wenn die Bundesrepublik Deutschland Zuwendungen einer deutschen Körperschaft an eine nach italienischem Recht als gemeinnützig anerkannte Organisation (Organizzazione non lucrativa di utilità sociale - ONLUS) deshalb nicht zum Spendenabzug nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 lit. c) KStG zulässt, weil die Satzung des ONLUS nicht eine dem § 61 Abs. 1 AO entsprechende Bestimmung über die Verwendung des Vermögens des ONLUS bei dessen Auflösung oder Aufhebung oder bei Wegfall seines bisherigen Zwecks (satzungsmäßige Vermögensbindung) enthält, obwohl eine dem § 55 Abs. 1 Nr. 4, § 61 Abs. 1 AO entsprechende Vermögensbindung durch die in Italien für den ONLUS geltenden, gesetzlichen Bestimmungen gewährleistet ist?
43Widerspricht es Art. 63 AEUV, wenn die Bundesrepublik Deutschland Zuwendungen einer deutschen Körperschaft an eine nach italienischem Recht als gemeinnützig anerkannte Organisation (Organizzazione non lucrativa di utilità sociale - ONLUS) deshalb nicht zum Spendenabzug nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 lit. c) KStG zulässt, weil der ONLUS nicht dem strukturellen Inlandsbezug des § 51 Abs. 2 AO (Förderung des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland im Ausland) genüge, obgleich die Erfüllung dieses nicht näher gesetzlich definierten Erfordernisses bei Auslandsförderungen deutschen Körperschaften unterstellt wird?
44weiter hilfsweise, die Revision zuzulassen.
45Der Beklagte beantragt,
46die Klage abzuweisen.
47Er begründet dies wie folgt:
48Materielle und satzungsmäßige Vermögensbindung
49Die Voraussetzungen der satzungsmäßigen Vermögensbindung gem. § 61 AO seien – wie offenbar auch die Klägerin einräume – nicht erfüllt. Die Regelung des § 61 AO solle eine einfache und vorhersehbare Überprüfung ermöglichen, ob der Zweck einer Körperschaft in der Verfolgung eines gemeinnützigen Zweckes liege. Es solle daher gerade nicht notwendig sein, Umstände außerhalb der Satzung ermitteln zu müssen. Auch der in der Satzung enthaltene Verweis auf gesetzliche Bestimmungen genüge nicht, da dies der Nachweisfunktion der Satzung nicht gerecht würde. Demnach sei die Voraussetzung der satzungsmäßigen Vermögensbindung gem. § 61 Abs. 1 AO nicht erfüllt, da die Satzung der italienischen Stiftung keine Regelungen zur Vermögensbindung beim Wegfall des bisherigen Zwecks enthalte. Zu Bedenken sei weiterhin, dass auch die italienischen Gesetze offenbar keine Regelung für diesen Fall enthielten. Bei dem von der Klägerin vorgelegten Ministerialschreiben handele es sich offenbar um eine bloße Verwaltungsanweisung, die im Rang unterhalb eines Gesetzes stehe.
50Entgegen der Auffassung der Klägerin führe das Erfordernis der satzungsmäßigen Vermögensbindung zu keiner unzulässigen Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit. Nach der Rechtsprechung des EuGH werde Art. 63 AEUV nicht verletzt, wenn der Spendenabzug auch im Fall der Zuwendungen an eine im EU- oder EWR-Ausland ansässige Einrichtung den im Mitgliedstaat des Spenders geltenden nationalen Anforderungen unterworfen werde. Den Mitgliedstaaten stehe es frei, zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen sie bestimmte Interessen der Allgemeinheit dadurch fördern wollten, dass sie entweder Einrichtungen, die selbstlos mit diesen Interessen zusammenhängende Ziele verfolgen, Vergünstigungen gewährten oder Zuwendungen an diese Einrichtungen beim Zuwendenden steuerwirksam berücksichtigten. Der EuGH-Rechtsprechung sei nicht zu entnehmen, dass bestimmte (formelle) Anforderungen des innerstaatlichen/deutschen Gemeinnützigkeitsrechts für ausländische Zuwendungsempfänger nicht gelten sollten.
51Formelle Satzungsmäßigkeit
52Auch die Voraussetzungen der formellen Satzungsmäßigkeit seien nicht erfüllt. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei davon auszugehen, dass die italienische Stiftung nach ihrer Satzung auch mildtätige Zwecke i.S. des § 53 AO verfolge. Dies folge aus Artikel 4 Abs. 4 der Satzung, wonach die Stiftung auch Geld- und Sachleistungen zur Förderung von benachteiligten Personen leisten dürfe. Derartige Zuwendungen dürften nach deutschem Rechtsverständnis nur unter den Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Bedürftigkeit i.S.d. § 53 Nr. 2 AO gegeben werden. Eine solche Einschränkung sei der Satzung indes nicht zu entnehmen.
53Weiterhin sei die formelle Satzungsmäßigkeit auch deshalb nicht gewahrt, weil die in der Satzung enthaltene Aufzählung der verfolgten gemeinnützigen Zwecke nicht abschließend sei. Nach Artikel 4 Abs. 1 Satz 2 der Satzung könne die Stiftung auch weitere, nicht ausdrücklich benannte Zwecke verfolgen. Die Aufnahme derartiger Vorratszwecke in eine Satzung sei nach der Rechtsprechung und auch nach herrschender Literaturauffassung unzulässig.
54Struktureller Inlandsbezug
55Da der Spendenabzug schon wegen der fehlenden satzungsmäßigen Vermögensbindung und der fehlenden formellen Satzungsmäßigkeit nicht gewährt werden könne, komme es auf die Frage des strukturellen Inlandsbezugs gem. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 6 KStG bzw. gem. § 51 Abs. 2 AO nicht mehr an. Nach der Rechtsprechung des BFH sei allerdings eine unionsrechtskonforme Auslegung der entsprechenden Gesetzesbestimmungen möglich. Hiernach könne der erforderliche Inlandsbezug einer Spende sich schon daraus ergeben, dass der in Deutschland ansässige Spender namentlich genannt und gewürdigt werde, da auch dies das Ansehen Deutschlands fördere (BFH-Urteil vom 22.03.2018 – X R 5/16, BStBl II 2018, 651).
56Der Rechtsstreit ist am 20.01.2023 vor dem Berichterstatter erörtert und am 25.10.2023 vor dem Senat mündlich verhandelt worden. Auf die Protokolle wird Bezug genommen.
Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten i.S. von § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.
58I. Die Klage ist in zulässiger Weise gegen den Körperschaftsteuerbescheid für 2015 gerichtet. Zwar begehrt und beantragt die Klägerin im Ergebnis die Feststellung eines höheren Zuwendungsvortrags in dem Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Zuwendungsvortrags zum 31.12.2015. Dennoch war (auch) der Körperschaftsteuerbescheid für 2015 anzufechten, da dieser gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 10 KStG i.V.m. § 10d Abs. 4 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als „Quasi-Grundlagenbescheid“ für den Feststellungsbescheid dient.
59Zu Recht hat die Klägerin davon abgesehen, den an sie und die Organträgerin ergangenen Feststellungsbescheid gem. § 14 Abs. 5 KStG für 2015 anzufechten. Dieser Bescheid enthält keine Feststellungen zur Höhe des Zuwendungsvortrags; auch kommt diesem Bescheid mangels entsprechender gesetzlicher Anordnung keine „Quasi-Grundlagenwirkung“ für den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Zuwendungsvortrags zum 31.12.2015 zu, wie sie in § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG im Hinblick auf die Steuerfestsetzung vorgesehen ist. Da der Feststellungsbescheid gem. § 14 Abs. 5 KStG nicht Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens ist, war auch eine Beiladung der Organträgerin gem. § 60 Abs. 1, 3 FGO entbehrlich.
60II. Der Beklagte hat die Zuwendungen der Klägerin an die X. ONLUS zu Recht als nicht nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG abzugsfähig behandelt und sie daher auch zu Recht nicht bei der gesonderten Feststellung des verbleibenden Zuwendungsvortrags gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 9 und 10 KStG i.V. mit § 10d Abs. 4 EStG berücksichtigt.
611. Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 KStG können Zuwendungen (Spenden und Mitgliedsbeiträge) zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke i.S. der §§ 52 bis 54 AO insgesamt bis zur Höhe von insgesamt 20 Prozent des Einkommens oder 4 Promille der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter abgezogen werden. Zuwendungsempfänger können nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. c) KStG auch Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen sein, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union – wie also vorliegend in Italien – belegen sind; dies setzt jedoch voraus, dass der Zuwendungsempfänger nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 i.V.m. Absatz 2 Nr. 2 zweiter Halbsatz KStG steuerbefreit wäre, wenn er inländische Einkünfte erzielen würde. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit sind Körperschaften, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 AO). Eine weitere Beschränkung, die für Körperschaften gilt, die die steuerbegünstigen Zwecke im Ausland verwirklichen, enthält § 51 Abs. 2 AO; hiernach setzt die Anerkennung der Körperschaft als gemeinnützig voraus, dass sie natürliche Personen fördert, die ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben, oder dass die Tätigkeit der Körperschaft neben der Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke auch zum Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland beitragen kann (sog. struktureller Inlandsbezug).
622. Die Spenden der Klägerin an die X. ONLUS sind nach den vorstehend genannten Gesetzesbestimmungen nicht steuerlich abzugsfähig. Die X. ONLUS ist zwar in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässig. Sie erfüllt jedoch nicht – wie § 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. c) KStG verlangt – die Voraussetzungen der Steuerbefreiung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG i.V.m. §§ 51ff. AO.
63Dies folgt daraus, dass die Satzung der X. ONLUS aus der maßgeblichen Sicht des deutschen Rechts mehrere Mängel aufweist, die ihrer Anerkennung als gemeinnützig entgegenstehen. Zum einen sind die gemeinnützigen Zwecke im Sinne von § 52 AO, welche die X. ONLUS verfolgen darf, durch ihre Satzung nicht ausreichend klar bestimmt (nachfolgend Gliederungspunkt a.). Die X. ONLUS verfolgt ausweislich ihrer Satzung zudem nicht nur gemeinnützige Zwecke i.S. des § 52 AO, sondern auch mildtätige Zwecke i.S. des § 53 AO, ohne dass der im Rahmen der mildtätigen Betätigung unterstützte Personenkreis ausreichend klar in der Satzung eingegrenzt ist (nachfolgend Gliederungspunkt b.). Schließlich entspricht die Satzung der X. ONLUS nicht dem Grundsatz der formellen Vermögensbindung (nachfolgend Gliederungspunkt c.).
64a. Die von der X. ONLUS verfolgten gemeinnützigen Zwecke im Sinne von § 52 AO bzw. die Art ihrer Verwirklichung sind in der Satzung nicht hinreichend klar bestimmt.
65aa. Nach § 59 AO muss sich aus der Satzung der steuerbegünstigten Körperschaft ergeben, welche Zwecke sie verfolgt, dass diese Zwecke den Anforderungen der §§ 52 bis 55 AO entsprechen und dass sie von der Körperschaft ausschließlich und unmittelbar verfolgt werden. Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 AO müssen die Satzungszwecke und die Art ihrer Verwirklichung so genau bestimmt sein, dass aufgrund der Satzung geprüft werden kann, ob die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung gegeben sind (formelle Satzungsmäßigkeit, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 07.02.2018 – V B 119/17, BFH/NV 2018, 544; BFH, EuGH-Vorlage vom 14.07.2004 – I R 94/02, BStBl II 2005, 721).
66bb. Die X. ONLUS verfolgt nach ihrer Satzung die gemeinnützigen Zwecke der Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege gem. § 52 Abs. 2 Nr. 3 AO und der Förderung der Jugendhilfe gem. § 52 Abs. 2 Nr. 4 AO. Nach Artikel 3 der Satzung soll die Stiftung „Zwecke der sozialen Solidarität“ verfolgen, wobei insbesondere Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit dauerhafter Behinderung, Anpassungs- oder Verhaltensstörungen sowie Erwachsene mit festgestellter gesundheitlicher, finanzieller und sozialer Beeinträchtigung gefördert werden sollen. Der in der beglaubigten deutschen Übersetzung verwendete Begriff „Zwecke der sozialen Solidarität“ kann für sich genommen zwar keinem der in § 52 Abs. 2 AO genannten gemeinnützigen Zwecke zugeordnet werden. Durch die Eingrenzung auf den in Art. 3 der Satzung genannten Personenkreis wird nach Auffassung des Senats jedoch hinreichend deutlich, dass die Stiftung – jedenfalls auch – die gemeinnützigen Zwecke der Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege gem. § 52 Abs. 2 Nr. 3 AO und der Förderung der Jugendhilfe gem. § 52 Abs. 2 Nr. 4 AO verfolgt.
67Ungeachtet dessen sind die von der italienischen Stiftung verfolgten Zwecke bzw. die Art ihrer Verwirklichung in ihrer Satzung indes nicht hinreichend klar bestimmt. Denn in Artikel 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 der Satzung ist Folgendes vorgesehen: „Für die Verfolgung ihres Zwecks kann die Stiftung als Haupttätigkeit die folgenden Aktivitäten ausüben: direkte und indirekte gemeinnützige Tätigkeit, soziale und sozialmedizinische Betreuung. Ferner kann die Stiftung die nach Art. 10, Abs. 1, Buchstabe a) von Gesetzesdekret 460/97 vorgesehenen weiteren Tätigkeiten ausüben.“ Nach Art. 4 Abs. 1 Satz 2 der Satzung darf die X. ONLUS mithin auch weitere Tätigkeiten ausüben, die jedoch nicht ausdrücklich in der Satzung benannt sind und die zudem keinen unmittelbaren Zusammenhang zu den gemeinnützigen Zwecken der öffentlichen Gesundheitspflege und der Jugendhilfe aufweisen. Denn Art. 10 Abs. 1 Buchst. a des Gesetzesdekrets 460/97 erfasst unstreitig z.B. auch Tätigkeiten im Bereich des Amateursports, der Kunst und Kultur, des Natur- und Umweltschutzes, des Schutzes der Bürgerrechte sowie der wissenschaftlichen Forschung (vgl. Schriftsatz des Beklagten vom 21.05.2023, Gerichtsakte Bl. 256). Dabei kann dahingestellt bleiben, ob man Art. 4 Abs. 1 Satz 2 der Satzung als Ergänzung der in Art. 3 aufgeführten Satzungszwecke oder lediglich als Teil des Tätigkeitskataloges zur Verwirklichung der verfolgten Satzungszwecke versteht, denn die Satzung entspräche in beiden Fällen nicht den Anforderungen der §§ 59, 60 AO. Dies folgt daraus, dass im erstgenannten Fall (Erweiterung der Satzungszwecke) eine erhebliche und in Anbetracht des weiten Umfangs der in Art. 10 Abs. 1 Buchst. a des Gesetzesdekrets 460/97 genannten Tätigkeitsbereiche nicht hinreichende Konkretisierung der von der X. ONLUS verfolgten Satzungszwecke vorläge und die X. ONLUS im zweitgenannten Fall (Erweiterung des Tätigkeitsbereiches) Tätigkeiten ausüben dürfte, die nicht der Verfolgung der in Art. 3 der Satzung genannten Zwecke dienten.
68Soweit die Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten hat, dass eventuelle Mängel der Satzung der italienischen Stiftung durch eine wohlwollende Auslegung der Satzung behoben werden könnten, kann dem nicht gefolgt werden. Nach Auffassung des Senats sind die Regelungen zum verfolgten gemeinnützigen Zweck in Artikel 3 der Satzung und die konkretisierenden Regelungen zu den erlaubten Tätigkeiten nach Artikel 4 Abs. 1 Satz 2 der Satzung vielmehr in sich widersprüchlich, da die verfolgten gemeinnützigen Zwecke der öffentlichen Gesundheitspflege und der Förderung der Jugendhilfe nicht durch Tätigkeiten z.B. im Bereich der des Amateursports, der Kunst und Kultur, des Natur- und Umweltschutzes, des Schutzes der Bürgerrechte sowie der wissenschaftlichen Forschung unmittelbar gefördert werden können. Die sich hieraus ergebenen Unklarheiten müssen zu Lasten der italienischen Stiftung bzw. ihrer Spender berücksichtigt werden (BFH-Beschluss vom 07.02.2018 – V B 119/17, BFH/NV 2018, 544, Juris Rn. 8). Aufgrund der offensichtlichen Widersprüchlichkeit der Satzung erscheint aus Sicht des Senats zwar denkbar, dass die in Art. 4 Abs. 1 Satz 2 der Satzung enthaltene Bezugnahme auf die in Art. 10, Abs. 1, Buchstabe a) von Gesetzesdekret 460/97 vorgesehenen weiteren Tätigkeiten auf einem Versehen beruht. Dies ändert jedoch nichts daran, dass allein aufgrund der Satzung entgegen § 60 Abs. 1 AO nicht mit der notwendigen Gewissheit festgestellt werden kann, welche gemeinnützigen Zwecke die italienische Stiftung verfolgt bzw. wie die von der Stiftung verfolgten Zwecke verwirklicht werden dürfen. Unabhängig davon liegt ein formeller, nicht durch Satzungsauslegung behebbarer Mangel auch darin, dass die Satzung zur Umschreibung der erlaubten Tätigkeiten auf die Regelung im Gesetzesdekret 460/97 verweist und diese Tätigkeiten nicht in der Satzung selbst ausdrücklich aufgeführt sind.
69b. Auch die von der X. ONLUS verfolgten mildtätigen Zwecke gem. § 53 AO bzw. die Art ihrer Verwirklichung sind in der Satzung nicht ausreichend bestimmt.
70Nach Art. 4 Abs. 1 ihrer Satzung soll die X. ONLUS auch „Tätigkeiten direkter Gemeinnützigkeit“ ausüben, die in Art. 4 Abs. 4 der Satzung als die „Gewährung von Geld- und Sachleistungen zur Förderung der oben genannten benachteiligten Personen“ definiert werden. Die in der Satzung vorgesehene Gewährung von Leistungen an Einzelpersonen fällt aus der hier maßgeblichen Sicht des deutschen Rechts unter den Begriff der Mildtätigkeit gem. § 53 AO. Denn dieser umfasst die selbstlose Unterstützung von einzelnen Personen, die aufgrund ihres körperlichen, geistigen und seelischen Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen sind (§ 53 Nr. 1 AO) oder die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage hilfebedürftig sind (§ 53 Nr. 2 AO). Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, dass der Satzungsbegriff der „direkten Gemeinnützigkeit“ lediglich der Abgrenzung von der „indirekten Gemeinnützigkeit“ (also der Weiterleitung von Mitteln an andere gemeinnützige Körperschaften) dienen solle und daher nicht der Mildtätigkeit im Sinne der Abgabenordnung entspreche, kann dem nicht gefolgt werden. Dem steht schon die ausdrückliche Definition der „direkten Gemeinnützigkeit“ in Art. 4 Abs. 4 der Satzung entgegen, die insoweit keinen Auslegungsspielraum lässt.
71Nach Auffassung des Senats genügt die Satzung der X. ONLUS nicht den formellen Anforderungen des § 59 i.V.m. § 53 AO, da der Kreis der zu unterstützenden Personen nicht hinreichend klar umrissen ist. Nach Art. 4 Abs. 4 der Satzung können Geld- und Sachleistungen „zur Förderung der oben genannten benachteiligten Personen“ geleistet werden. Damit wird offenbar auf die Regelung in Art. 4 Abs. 3 der Satzung Bezug genommen nach welcher Aufgabe der Stiftung die „Förderung von benachteiligten Personen wie dauerhaft körperlich und geistig Behinderten, Häftlingen sowie Personen und Haushalten mit festgestelltem Bedürftigkeitsstatus“ ist. Nach Auffassung des Senats ist zum einen die Formulierung „Personen und Haushalte mit festgestellten Bedürftigkeitsstatus“ nicht hinreichend bestimmt, da sich aus der Satzung nicht ergibt, durch wen und nach welchen Kriterien der Bedürftigkeitsstatus festgestellt wird. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass die Aufzählung in Art. 4 Abs. 3 der Satzung nicht abschließend ist, was sich an dem in der Satzung verwendeten Wort „wie“ zeigt. Es besteht daher bei alleiniger Betrachtung der Satzung keine Gewähr, dass die satzungsgemäß ausgeübte Mildtätigkeit der X. ONLUS den Vorgaben des § 53 AO entspricht. Auch dieser Mangel lässt sich nicht durch eine wohlwollende Satzungsauslegung beheben.
72c. Ein weiterer Mangel der Satzung liegt darin, dass die Vorgaben zur materiellen und formellen Vermögensbindung gem. § 55 Abs. 1 Nr. 4, § 61 AO nicht erfüllt sind.
73Die Anerkennung als gemeinnützige Körperschaft setzt gem. § 55 Abs. Nr. 4 Satz 1 AO voraus, dass das Vermögen der Körperschaft bei ihrer Auflösung oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks, soweit es die eingezahlten Kapitalanteile der Mitglieder und den gemeinen Wert der von den Mitgliedern geleisteten Sacheinlagen übersteigt, nur für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden darf (Grundsatz der Vermögensbindung). Durch den Grundsatz der Vermögensbindung soll sichergestellt werden, dass das Vermögen, das die Körperschaft unter den Vorgaben des Gemeinnützigkeitsrechts gebildet hat, auch auf Dauer für steuerbegünstigte Zwecke verwendet wird. Darüber hinaus muss die Vermögensbindung nach § 61 Abs. 1 AO in der Satzung so genau bestimmt sein, dass die Steuerbegünstigung des Zwecks, für den das Vermögen bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks verwendet werden soll, aufgrund der Satzung geprüft werden kann. Diese sog. satzungsmäßige Vermögensbindung – d.h. die satzungsmäßige Festschreibung der künftigen Vermögensverwendung – hat die Funktion eines Buchnachweises. Folge hiervon ist, dass weder auf außerhalb der Satzung getroffene Vereinbarungen oder auf Regelungen in anderen Satzungen Bezug genommen werden darf noch auf eine den steuerbegünstigten Zwecken tatsächlich entsprechende Geschäftsführung verwiesen werden kann (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17.09.2013 – I R 16/12, BStBl II 2014, 440, m.w.N.).
74In Art. 15 der Satzung der italienischen Stiftung ist vorgesehen, dass im Falle der Auflösung der Stiftung das verbleibende Vermögen an andere gemeinnützige Organisationen in der Rechtsform der ONLUS mit ähnlichen gemeinnützigen Zwecken oder Zielen übertragen werden kann. Die Satzung der italienischen Stiftung enthält hingegen keine ausdrückliche Bestimmung zur Vermögensbindung beim Wegfall des gemeinnützigen Zwecks. Hierin liegt ein Verstoß gegen die Vorgaben des § 61 AO, der eine ausdrückliche Regelung auch für den Wegfall des bisherigen Zwecks verlangt. Ein weiterer Mangel liegt darin, dass in Art. 15 der Satzung auch nicht konkret bestimmt ist, für welche gemeinnützigen Zwecke das Vermögen im Falle der Auflösung der Stiftung verwendet werden darf. In der Satzung ist lediglich vorgesehen, dass das Vermögen an andere gemeinnützige Stiftungen mit ähnlichen gemeinnützigen Zwecken übertragen werden darf. Der in der Satzung verwendete Terminus „mit ähnlichen gemeinnützigen Zwecken“ ist nach Auffassung des Senates schon für sich genommen nicht hinreichend konkret; dies gilt vorliegend umso mehr, als – wie vorstehend unter Gliederungspunkt 1. ausgeführt – die von der X. ONLUS verfolgten Zwecke in der Satzung nicht ausreichend konkretisiert sind.
753. Die Vorschriften der §§ 59, 60, 61 AO sind entgegen der Auffassung der Klägerin mit höherrangigem europäischen Recht vereinbar. Es liegt weder aus Sicht der X. ONLUS noch aus Sicht der Klägerin ein Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit gem. Art. 63 AEUV vor. Auch eine einschränkende bzw. europarechtskonforme Auslegung der §§ 59, 60, 61 AO ist aus diesem Grunde nicht geboten.
76a. Die Regelungen zum notwendigen Inhalt der Satzung in den §§ 59, 60, 61 AO führen entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zu einer Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit i.S. von Art. 63 Abs. 1 AEUV.
77Nach Art. 63 Abs. 1 AEUV sind grundsätzlich alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs verboten. Unter den Begriff der Beschränkung fallen nicht nur (offene oder versteckte) Diskriminierungen, sondern grundsätzlich auch alle sonstigen Beschränkungen. Diese liegen dann vor, wenn nationale Regelungen, die unterschiedslos für gebietsansässige und gebietsfremde Personen gelten, die Gewährung eines Steuervorteils an Voraussetzungen knüpfen, die ihrer Art nach nur für inländische Steuerpflichtige erfüllbar sind (zuletzt z.B. EuGH-Urteil vom 07.04.2022 – C-342/20, HFR 2022, 589).
78Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, dass die Regelungen der §§ 59, 60, 61 AO zu einer solchen Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit führen, kann dem nach Auffassung des Senats nicht gefolgt werden. Denn die formellen Anforderungen der §§ 59, 60, 61 AO sind grundsätzlich auch für Körperschaften mit Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat erfüllbar. Falls die X. ONLUS auch Spenden aus Deutschland empfangen und den in Deutschland ansässigen Spendern den steuerlichen Spendenabzug ermöglichen möchte, hätte es ihr freigestanden, die von ihr verfolgten gemeinnützigen Zwecke, ihre Satzung und ihre tatsächliche Geschäftsführung in entsprechender Weise an den deutschen gesetzlichen Bestimmungen auszurichten. Zwar wäre dies für die X. ONLUS unverkennbar mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand verbunden. Die Entscheidung, ob sich dieser Verwaltungsaufwand lohnt, obliegt indes allein der X. ONLUS. Die Kapitalverkehrsfreiheit verpflichtet den deutschen Gesetzgeber nicht, die X. ONLUS von demjenigen Verwaltungsaufwand zu entlasten, der in derselben Form auch die deutschen gemeinnützigen Körperschaften trifft.
79Zwar wäre die X. ONLUS deshalb einem insgesamt höheren Verwaltungsaufwand ausgesetzt als die in Deutschland ansässigen gemeinnützigen Körperschaften, weil sie nicht nur die gemeinnützigkeitsrechtlichen Bestimmungen des deutschen Rechts, sondern auch die des italienischen Rechts beachten müsste. Dieser höhere Verwaltungsaufwand rechtfertigt jedoch nicht die Schlussfolgerung, dass die Bestimmungen des deutschen Rechts für sich genommen zu einer Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit gem. Art. 63 AEUV führen. Der sich für die italienische Stiftung ergebende höhere Verwaltungsaufwand ist vielmehr Folge der fehlenden Harmonisierung der gemeinnützigkeitsrechtlichen Bestimmungen der EU-Mitgliedstaaten, also des Zusammentreffens verschiedener Rechtsordnungen, von denen – isoliert betrachtet – indes keine diskriminierend oder beschränkend wirkt. Zwar wäre eine Harmonisierung des europäischen Spendenrechts zweifellos wünschenswert, allerdings kann eine solche Harmonisierung nach Auffassung des Senats nicht unter Berufung auf die Grundfreiheiten vor den Gerichten erstritten werden; notwendig wäre vielmehr ein entsprechender Rechtsakt der Europäischen Union.
80b. Die vorstehend dargestellte Rechtsauffassung des Senats steht in Einklang mit der Rechtsprechung sowohl des BFH als auch des EuGH.
81Nach der Rechtsprechung des BFH gelten die Vorschriften der §§ 59, 60, 61 AO auch für Körperschaften, die in einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässig sind. Der nationale Gesetzgeber ist auch unter Berücksichtigung der europarechtlichen Grundfreiheiten, insbesondere der Kapitalverkehrsfreiheit gem. Art. 63 AEUV, nicht verpflichtet, den Gemeinnützigkeitsstatus nach ausländischem Recht anzuerkennen. Die Mitgliedstaaten können frei darüber entscheiden, welche Interessen der Allgemeinheit sie dadurch fördern wollen, dass sie Vereinigungen und Stiftungen, die selbstlos mit diesen Interessen zusammenhängende Ziele verfolgen, Vergünstigungen gewähren. Bevor sie einer Stiftung eine Steuerbefreiung gewähren, dürfen sie nachprüfen, ob die Stiftung die nach nationalem Recht vorgeschriebenen Voraussetzungen für die Befreiung erfüllt. Die nationalen Stellen eines Mitgliedstaats einschließlich der Gerichte haben zu beurteilen, ob eine in einem anderen Mitgliedstaat als gemeinnützig anerkannte Einrichtung die dafür nach dem Recht des erstgenannten Mitgliedstaats vorgeschriebenen Voraussetzungen erfüllt und ihr Ziel die Förderung identischer Interessen der Allgemeinheit ist, so dass sie auch im erstgenannten Mitgliedstaat als gemeinnützig anerkannt werden könnte. Gleiches gilt für die Anerkennung der Verfolgung mildtätiger Zwecke, da insoweit zur Anerkennung gemeinnütziger Zwecke kein Unterschied besteht (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 18.08.2022 – V R 15/20, BStBl II 2023, 302, Juris Rn. 15; BFH-Urteil vom 25.10.2016 – I R 54/14, BStBl II 2017, 1216, Juris Rn. 20; BFH-Urteil vom 17.09.2013 – I R 16/12, Juris Rn. 16; jeweils unter Bezugnahme auf: EuGH-Urteil vom 27.01.2009 – C-318/07, Persche, Slg 2009, I-359-414; EuGH-Urteil vom 14.09.2006 – C-386/04, Centro di Musicologia Walter Stauffer, Slg. 2006, I-8203).
82c. Soweit die Klägerin vorträgt, dass bei Prüfung der Frage, ob eine unzulässige Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit vorliegt, zwischen den materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit und den (nur eingeschränkt anwendbaren) formell-rechtlichen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit zu unterscheiden sei, kann auch dem nach Auffassung des Senats mit Blick auf die Regelungen der §§ 59, 60, 61 AO nicht gefolgt werden.
83Nach der EuGH-Rechtsprechung ist der Spendenabzug immer dann (aber auch nur dann) zu gewähren, wenn die ausländische gemeinnützige Körperschaft alle maßgeblichen Voraussetzungen nach dem Recht des Ansässigkeitsstaates des Spenders erfüllt. Zwar hebt der EuGH in der Urteilsbegründung zur Rechtsache Persche hervor, dass zu diesen Voraussetzungen insbesondere die Verfolgung von Zielen zählt, die mit denen übereinstimmen, die von den Steuervorschriften dieses Mitgliedstaats gefördert werden. Auch wenn der EuGH die Einhaltung der materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit damit besonders betont, kann hieraus jedoch nicht gefolgert werden, dass die Gewährung des Spendenabzugs nicht auch an bestimmte formell-rechtliche Voraussetzungen geknüpft werden darf. Denn der EuGH führt weiter ausdrücklich aus, dass „der Nachweis für die Einhaltung der von diesem Mitgliedstaat für die Gewährung der fraglichen Steuervergünstigung aufgestellten Voraussetzungen gemäß den Regeln des nationalen Rechts“ zu erbringen ist (EuGH-Urteil vom 27.01.2009 – C-318/07, Persche, Slg 2009, I-359-414, Rn. 63).
84Die Regelungen zur formellen Satzungsmäßigkeit gem. den §§ 59, 60, 61 AO können auch nicht als überzogen formalistisch und aus diesem Grund europarechtswidrig angesehen werden: Soweit den steuerbegünstigten Körperschaften i.S. der §§ 51ff. AO die Möglichkeit eingeräumt wird, Zuwendungsbestätigungen gem. § 10b EStG auszustellen, handelt es sich um ein erhebliches steuerliches Privileg, da die Empfänger der Bestätigungen die hierin ausgewiesenen Zuwendungen nach § 10b EStG bzw. § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG steuermindernd geltend machen können. In der Verwaltungspraxis wird die materielle Richtigkeit der Spendenbescheinigung im Veranlagungsverfahren des Zuwendenden nicht überprüft. Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber die Befugnis zur Erstellung von Zuwendungsbestätigungen zu Recht an strenge materielle und auch formelle Kriterien geknüpft, die in den §§ 51ff. AO niedergelegt sind. Um einen gleichmäßigen Gesetzesvollzug sicherzustellen, ist es geboten, diese formellen und materiellen Kriterien grundsätzlich auch auf Körperschaften mit Sitz in anderen EU-Mitgliedstaaten anzuwenden.
85Die hier zu prüfenden Satzungsbestimmungen sind zudem von zentraler materiell-rechtlicher Bedeutung, da in ihnen niedergelegt ist, welche Zwecke die Körperschaft verfolgen darf und mithin welche Handlungen ihr Vorstand bei pflichtgemäßer Wahrnehmung seiner Aufgaben vornehmen darf und welche nicht. Es handelt sich um ein wesentliches Element des organisationsbezogenen Regelungssystems der §§ 51ff. AO, durch welches sichergestellt werden soll, dass die tatsächliche Geschäftsführung der Körperschaft den materiell-rechtlichen Vorgaben der AO entspricht. Wenn im Übrigen die Vorgaben des deutschen Rechts schon bei der Gründung der ausländischen gemeinnützigen Körperschaft und bei der Erstellung ihrer Satzung nicht berücksichtigt werden, erscheint dem ersten Anschein nach durchaus fraglich, ob die Vorgaben des deutschen Rechts in der späteren tatsächlichen Geschäftsführung dieser Körperschaft die notwendige Beachtung finden.
86Zwar weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass der BFH bei der Prüfung der formellen Ordnungsmäßigkeit von Spendenbestätigungen Erleichterungen gewährt hat. Danach kann nicht verlangt werden, dass die von der ausländischen gemeinnützigen Körperschaft erstellten Zuwendungsbestätigungen dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck i.S. des § 50 EStDV entspricht; vielmehr reicht es aus, wenn die Finanzämter anhand der dem ausländischen Recht entsprechenden Zuwendungsbestätigung prüfen können, ob die maßgeblichen Voraussetzungen erfüllt sind (BFH-Urteil vom 21.01.2015 – X R 7/13, BStBl II 2015, 588, Rz. 47). Soweit der BFH im Hinblick auf die Formalia der Zuwendungsbestätigungen Erleichterungen gewährt, kann dies jedoch nicht auf die Regelungen der §§ 59, 60, 61 AO zur formellen Satzungsmäßigkeit übertragen werden, da diese – wie vorstehend ausgeführt – von zentraler materiell-rechtlicher Bedeutung sind.
87III. Da der von der Klägerin begehrte Spendenabzug schon wegen der fehlenden formellen Satzungsmäßigkeit nicht gewährt werden kann, braucht der Senat die weiteren streitigen Rechtsfragen nicht zu entscheiden. Dahingestellt bleiben kann insbesondere, ob im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des sog. strukturellen Inlandsbezugs gem. § 51 Abs. 2 AO erfüllt sind oder ob – soweit dies nicht der Fall sein sollte – diese Gesetzesnorm zu einer unzulässigen Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit führt. Letzteres erscheint naheliegend, da die Regelung des § 51 Abs. 2 kaum sinnvoll subsumierbar ist und nach der Intention des Gesetzgebers in der Praxis vorrangig ausländische gemeinnützige Körperschaften treffen soll (vgl. z.B. Tipke/Kruse-Seer, AO/FGO, § 51 AO, Rn. 8, mit weiteren Nachweisen aus der Literatur). Ebenso wenig braucht der Senat zu prüfen, ob die tatsächliche Geschäftsführung der italienischen Stiftung den Vorgaben der §§ 51ff. AO entspricht.
88IV. Dem von der Klägerin hilfsweise gestellten Antrag, ein Vorabentscheidungsersuchen gem. Art. 234 AEUV an den EuGH zu richten, war nicht zu entsprechen. Wie vorstehend ausgeführt, führen die Regelungen der §§ 59, 60, 61 AO nach Auffassung des Senats nicht zu einer unzulässigen Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit gem. Art. 63 AEUV. Zwar erscheint möglich, dass die Regelung des § 51 Abs. 2 AO zum sog. strukturellen Inlandsbezug die Kapitalverkehrsfreiheit verletzt. Da diese Norm im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich ist, besteht jedoch auch insoweit kein Anlass für ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH.
89V. Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO liegen nicht vor. Das vorliegende Urteil beruht auf der mehrfach bestätigen Rechtsprechung des BFH. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.