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Die Berufung der Beklagten gegen das am 29. September 2022 verkündete Urteil der 7. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf – Az.: 37 O 183/19 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in folgender Höhe abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet:
Ziffer I.1. (Unterlassen): 000,- €,
Ziffer I.3. (Auskunft): 000,- €,
Im Übrigen kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe:
2I.
3Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen eines aus ihrer Sicht prestige-beeinträchtigenden Angebots und Vertriebs von Parfumprodukten der Marke „A.“ auf deren Onlineplattform www.00000.de auf Unterlassung, Erteilung von Auskünften, Zahlung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten und Feststellung der Verpflichtung zum Schadensersatz in Anspruch. Dem Klageverfahren war ein einstweiliges Verfügungsverfahren vor dem Landgericht Düsseldorf (Az.: 2a O 52/19 = 37 O 45/19) vorausgegangen.
4Die Klägerin gehört zum B.-Konzern, der Parfums zahlreicher Marken herstellt und – streitig – im Rahmen eines selektiven Vertriebssystems vertreibt. Dazu gehören unter anderem auch Parfums der Marke „A.". Die Marke „A." (Klagemarke) ist europaweit für Parfumprodukte durch die Unionsmarke mit der Registernummer 00000 zugunsten der „C. D. E. Design E. (also trading as E. Design Studio)“ geschützt. Die Klägerin nimmt für sich in Anspruch, als Lizenznehmerin dieser Marke von der Markeninhaberin ermächtigt worden zu sein, die Rechte aus der Marke im eigenen Namen geltend zu machen.
5Die Beklagte ist ein Einzelhandelsunternehmen und betreibt deutschlandweit SB-Warenhäuser, in denen ein umfassendes Lebensmittelsortiment aber auch zahlreiche Non-Food-Artikel, unter anderem Elektro- und Elektronikartikel, Haushaltswaren und Textilien, angeboten werden. Nach den Angaben in ihrer Unternehmenspräsentation bietet sie Kunden alle Produkte des täglichen Bedarfs an, wobei sie drei Viertel ihres Umsatzes mit Produkten aus dem Lebensmittelbereich erzielt.
6Neben den SB-Warenhäusern hatte die Beklagte bis Ende September 2020 auch die Onlineplattform www.0000.de betrieben. Das gesamte Onlinegeschäft der Beklagten wurde zum 29. September 2020 auf die zur F.-Gruppe G.-GmbH übertragen. Ebenso wie in den SB-Warenhäusern umfasste das dortige Sortiment nahezu sämtliche Produktsparten von Lebensmitteln über Elektronik-, Garten-, Küche-, Wohn- und Bekleidungs-, Kfz-, sowie Drogerie-Waren. Eine Produktberatung fand auf der Online-Plattform nicht statt. Über die Online-Plattform www.0000.de vertrieb nicht nur die Beklagte selbst Produkte, sondern die Webseite war zugleich Marktplatz für eine größere Zahl von Dritthändlern. In ihrem Onlineshop bot die Beklagte mit der Klagemarke gekennzeichnete Parfumprodukte – umgeben von zahlreichen Dritthändler-Angeboten – zum Verkauf an. Die Klägerin nimmt in diesem Zusammenhang insbesondere auf die als Anlagen K17 und K 20 bis K 22 vorgelegten Screenshots Bezug.
7Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie wegen der in erster Instanz gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil verwiesen.
8Nach Durchführung einer Beweisaufnahme hat das Landgericht wie folgt erkannt:
9I.
101.a) Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union über die Onlineplattform www.0000.de Kosmetikprodukte der Marke A. anzubieten, zu bewerben, zu vertreiben oder sonst in den Verkehr zu bringen, wenn das Verkaufsumfeld der Onlineplattform geprägt wird durch Rabattwerbung und Streichpreise (wie in Anlage K 20), Finanzierungskauf und/oder Payback-Bonusprogramm (wie in Anlage K 21 – 22) und ein breites Warensortiment aus unterschiedlichen Produktkategorien (wie in Anlage K 17).
11b) Der Beklagten werden für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen dieses gerichtliche Verbot als Zwangsvollstreckungsmaßnahmen Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht. Zu verhängende Ordnungshaft wird gegen organschaftliche Vertreter festgesetzt.
122. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.084,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8. Mai 2019 zu zahlen.
133. Die Beklagte wird verurteilt, der C. D. E. Design E. (auch handelnd unter E. Design Studio) Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte A. Produkte im Sinne von Antrag zu Ziffer 1.1. beworben und vertrieben hat, unter Vorlage von Rechnungen, Lieferscheinen und Belegen.
14II.
15Es wird festgestellt, dass die Beklagte der C. D. E. Design E. (auch handelnd unter E. Design Studio) sämtlichen Schaden zu ersetzen hat, der dieser durch die Bewerbung und den Vertrieb von A. Parfums im Sinne
16von Antrag zu Ziffer 1.1. entstanden ist, soweit er über Ziffer I. 2. hinausgeht.
17Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, der Unterlassungsantrag sei aus Art. 9 Abs. 2 lit. a), Art. 15 Abs. 2 UMV begründet, da die Beklagte durch das Angebot verschiedener mit der Klagemarke gekennzeichneter Kosmetikprodukte auf der Internetseite www.0000.de die Rechte an der zugunsten der Klägerin lizensierten Klagemarke verletzt habe. Die Beklagte könne sich gegenüber dem Verbot der Klägerin nicht mit Erfolg auf die Erschöpfung des Markenrechts gemäß Art. 15 Abs. 1 UMV berufen, weil die Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 2 UMV vorlägen. Ein berechtigter Grund im Sinne dieser Vorschrift sei im Streitfall zu bejahen, da der Vertrieb der in Rede stehenden Produkte auf der Onlineplattform www.0000.de geeignet gewesen sei, das Image der Klagemarke erheblich zu schädigen. Die Produkte der Klägerin hätten durch deren Anstrengungen, insbesondere in Form der Gestaltung des Vertriebs, ein Luxus- und Prestigeimage erworben. So stehe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Klägerin ihre Kosmetikprodukte in einer Weise vertreibe, die dem von ihr selbst formulierten Luxusanspruch gerecht werde. Sie vertreibe ihre Produkte im Rahmen eines Selektivvertriebssystems, in dem sie ihre Vertriebspartner nach strengen Kriterien auswähle. Bei der Auswahl der Depositäre werde nicht nur Wert auf die ästhetische Präsentation der Ware gelegt, sondern auch darauf, einen hohen Standard der Kundenberatung zu gewährleisten. Diesem Ziel diene die den Vertriebspartnern vorgegebene Verpflichtung, ihr Verkaufspersonal durch die Klägerin fortlaufend schulen zu lassen. Der dauerhaft angelegte und umfangreiche Vertrieb der in Rede stehenden Kosmetikprodukte auf der Onlineplattform www.0000.de sei geeignet, das Image der Klagemarke erheblich zu beeinträchtigen. Gerade der Online-Verkauf von Luxuswaren über eine nicht zum Selektivvertriebssystem gehörende Onlineplattform, berge die Gefahr einer Verschlechterung der Präsentation dieser Waren im Internet, die ihr Luxusimage beeinträchtigen könne, weil der Markeninhaber nicht die Möglichkeit habe, die Bedingungen, unter denen seine Produkte verkauft würden, zu überprüfen und der Gefahr einer Präsentation dieser Waren im Internet zu begegnen, die deren Luxusimage beeinträchtigen könne. Die Folgeansprüche seien ebenfalls begründet.
18Hiergegen richtet sich die form- sowie fristgerecht eingelegte und – binnen verlängerter Frist - begründete Berufung der Beklagten, mit der sie ihr erstinstanzliches Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt. Sie macht zur Begründung ihres Rechtsmittels geltend, das Landgericht habe aufgrund eines falschen Normverständnisses einen berechtigten Grund im Sinne des Art. 15 Abs. 2 UMV angenommen. Es habe verkannt, dass eine Rechtfertigung der Eingriffe über Art. 15 Abs. 2 UMV solange nicht erforderlich, geschweige denn angemessen sein könne, solange die Klägerin nicht zuvor alle ihr zur Verfügung stehenden, weniger eingriffsintensiven Mittel - namentlich die Errichtung und Aufrechterhaltung eines kartellrechtskonformen und (breit territorial) durchgesetzten Selektivvertriebssystems sowie die Verwendung von Kodierungssystemen oder ähnlicher Maßnahmen – ausgeschöpft und dies nachgewiesen habe. Ein rechtfertigender Widersetzungsgrund fehle auch, weil die A.-Produkte keine Luxus-, sondern Alltagsgüter seien Aber selbst wenn man zugunsten der Klägerin von einer Luxusmarke ausgehe, sei nicht ersichtlich und erst recht nicht nachgewiesen, dass aufgrund des streitgegenständlichen Vertriebs das angebliche Luxusimage der Klagemarke beeinträchtigt werde. Diesen Nachweis könne die Klägerin nicht erbringen, da A.-Produkte überall verfügbar seien und unter anderem durch unzählige(Rabatt-) Angebote beworben würden. In einer Gemengelage wie der vorliegenden, in der sogar die eigenen Depositäre der Klägerin A.-Produkte exakt so anbieten würden, wie es das Landgericht verbieten wolle, sei jegliche kausale Beeinträchtigung eines der Klagemarke unterstellten Luxusimages ausgeschlossen.
19Die Beklagte beantragt,
20das am 29. September 2022 verkündete Urteil des Landgerichts Düsseldorf - Az.: 37 O 183/19 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.
21Die Klägerin beantragt,
22die Berufung zurückzuweisen.
23Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes zweiter Instanz wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
25II.
26Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
27Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Ersatz vorgerichtlicher Abmahnkosten sowie Feststellung der Verpflichtung zum Schadensersatz zu. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die in jeder Hinsicht zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in den Gründen der angefochtenen Entscheidung verwiesen, denen sich der Senat nach eigener Überprüfung vollumfänglich anschließt. Das zweitinstanzliche Vorbringen der Beklagten führt zur keiner abweichenden Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Es gibt dem Senat lediglich Anlass zu folgenden – bloß ergänzenden und konkret auf die einzelnen Berufungsangriffe zugeschnittenen – Erwägungen:
28A.
29Der Unterlassungsanspruch steht der Klägerin nach Art. 9 Abs. 1, Art. 9 Abs. 2 lit. a), Art. 15 Abs. 2, Art. 130 Abs. 2 UMV zu.
301.
31Nach den vom Landgericht getroffenen und in den Berufungsinstanz unangegriffen gebliebenen Feststellungen ist die Klägerin berechtigt, die Rechte aus der Klagemarke in eigenem Namen gerichtlich geltend zu machen.
322.
33Gemäß Art. 9 Abs. 2 lit. a) UMV kann der Inhaber einer Unionsmarke Dritten verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen zu benutzen, wenn das Zeichen mit der Unionsmarke identisch ist und für Waren benutzt wird, die mit denjenigen identisch sind, für die die Unionsmarke eingetragen ist.
342.1.
35Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass die Beklagte Parfumprodukte unter der Klagemarke auf ihrer Onlineplattform www.0000.de angeboten und vertrieben hat. Darin liegt grundsätzlich eine markenmäßige Verwendung der Klagemarke ohne Zustimmung der Klägerin im geschäftlichen Verkehr.
362.2.
37Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Voraussetzungen für eine Erschöpfung des Markenrechts nach Art. 15 Abs. 1 UMV vorliegen, weil die von der Beklagten in ihrem Online-Shop angebotenen Parfumprodukte mit der Zustimmung des jeweiligen Markeninhabers bzw. Lizenznehmers in der Europäischen Union in den Verkehr gebracht worden sind. Folglich kann die Klägerin den Weitervertrieb nur ausnahmsweise unter den Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 2 UMV untersagen, wenn also berechtigte Gründe im Sinne dieser Vorschrift dies rechtfertigen, insbesondere wenn der Zustand der Waren nach ihrem Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert ist.
38a. Art. 15 Abs. 2 UMV enthält – ebenso wie die inhaltsgleiche Vorschrift des § 24 Abs. 2 MarkenG – eine Generalklausel und stellt keine abschließende Regelung der „berechtigten Gründe“ dar, bei deren Vorliegen der Eintritt der Erschöpfung des Markenrechts ausgeschlossen ist. Eine Definition des Begriffs der „berechtigten Gründe“ existiert nicht; es muss vielmehr von Fall zu Fall anhand der Verkehrsauffassung festgestellt werden, ob die Umstände des Einzelfalls es rechtfertigen, dass sich der Markeninhaber dem konkreten Vertrieb der Ware widersetzt. Dabei sind insbesondere die Interessen des Markeninhabers an der Kontrolle der Ware bzw. des Umgangs mit ihr und die Interessen der übrigen Wirtschaftsteilnehmer an einem freien Warenverkehr gegeneinander abzuwägen (vgl. Steudtner, in: BeckOK, MarkenG, 29. Edition, Stand: 01.07.2023, § 24 Rn. 36). Die Grundentscheidung des Art. 15 Abs. 1 UMV und der Grundsatz des freien Warenverkehrs gebieten dabei eine enge Auslegung der Norm (vgl. BGH GRUR 2008, 1089, Rn. 24 – Klacid Pro; Senatsurteile vom 29. Juni 2023, Az.: I-20 U 278/20, GRUR-RS 2023, 22341 – Calvin Klein; vom 06. März 2018, Az.: I-20 U 113/17, GRUR-RR 2018, 335 – Japanischer Kosmetikhersteller). Danach kommt das Vorliegen eines berechtigten Grundes nur ausnahmsweise in Betracht. Ein solcher Ausnahmefall liegt vor, wenn die Verwendung der Marke geeignet ist, deren Ruf zu schädigen (vgl. EuGH, GRUR Int. 1998, 140, Rn. 43 – Dior/Evora; Thiering, in: Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Auflage, § 24 Rn. 164; Eisenführ/Eberhardt, in: Eisenführ/Schennen, UMV, 5. Auflage, Art. 13 Rn. 33). Für die Rufschädigung gelten nach gefestigter Rechtsprechung – auch des Senats (siehe dazu Senatsurteile vom 29. Juni 2023, Az.: I-20 U 278/20, GRUR-RS 2023, 22341 – Calvin Klein sowie vom 06. März 2018, Az.: I-20 U 113/17, GRUR-RR 2018, 335 – 339 – Japanischer Kosmetikhersteller) - folgende Grundsätze:
39aa. Bei Waren mit Luxus- und Prestigecharakter muss der Wiederverkäufer darauf bedacht sein, die Wertschätzung der Marke nicht dadurch zu beeinträchtigen, dass er den Luxus- und Prestigecharakter der betreffenden Waren sowie die von ihnen ausgehende luxuriöse Ausstrahlung beeinträchtigt (vgl. EuGH, GRUR Int. 1998, 140, Rn. 45 – Dior/Evora). Allerdings stellt der Umstand, dass ein Wiederverkäufer, der gewöhnlich Artikel gleicher Art, aber nicht unbedingt gleicher Qualität vertreibt, für die mit der Marke versehenen Waren in seiner Branche übliche Werbeformen benutzt, selbst wenn diese nicht denen entsprechen, die der Markeninhaber selbst oder die von ihm ausgewählten Wiederverkäufer verwenden, keinen berechtigten Grund dar, der es rechtfertigt, dass der Inhaber sich dieser Werbung widersetzt, sofern nicht erwiesen ist, dass die Benutzung der Marke in der Werbung des Wiederverkäufers den Ruf der Marke im konkreten Fall erheblich schädigt (vgl. EuGH, GRUR Int. 1998, 140, Rn. 46 – Dior/Evora). Eine solche erhebliche Schädigung kann dann vorliegen, wenn die Marke in einer Umgebung erscheint, die das Image, das der Inhaber seiner Marke hat verschaffen können, erheblich beeinträchtigen könnte (vgl. EuGH, GRUR Int. 1998, 140, Rn. 47 – Dior/Evora). Bei der Frage, ob der Verkauf von Prestigewaren durch einen Lizenznehmer an einen Discounter die luxuriöse Ausstrahlung der Prestigewaren schädigt und damit deren Qualität beeinträchtigt, sind insbesondere die Art der mit der Marke versehenen Prestigewaren, der Umfang und der systematische oder aber sporadische Charakter der Verkäufe dieser Waren durch den Lizenznehmer an Discounter und andererseits die Art der von diesen Discountern üblicherweise vertriebenen Waren und die in deren Branche üblichen Vertriebsformen zu berücksichtigen (vgl. EuGH, GRUR 2009, 593 Rn. 32 - Dior/Copad - zu den Rechten des Lizenzgebers gegen den Lizenznehmer). Ob der Weiterverkauf durch den Discounter das Ansehen der Marke schädigt, hängt insbesondere vom Adressatenkreis, an den die Waren weiterverkauft werden sollen, und von den spezifischen Umständen des Verkaufs von Prestigewaren ab (vgl. EuGH, GRUR 2009, 593 Rn. 32 - Dior/Copad - zu den markenrechtlichen Ansprüchen gegen den Discounter). Von Bedeutung ist ferner, ob die besonderen Umstände dem Markeninhaber zugeordnet werden können oder nicht, denn einen erheblichen Einfluss auf das Image der Marke kann nur ein Umstand haben, der dem Markeninhaber zuzurechnen ist (Thiering, in: Ströbele/Hacker/ Thiering, MarkenG, 13. Auflage, § 24 Rn. 77).
40bb. Ob das Markenimage eine abstrakt bestimmbare „Luxushöhe“ erfordert (so wohl LG Hamburg, Urteil vom 27. Februar 2020, Az.: 416 HKO 178/19, GRUR-RS 2020, 5676 Rn. 25 – Michael Kors bei Lidl) oder ob es ausreicht, dass der Ruf einer Marke durch die konkrete Art der Präsentation erheblich beeinträchtigt werden kann (so OLG Stuttgart, Urteil vom 31. März 2022, Az.: 2 U 321/20, GRUR-RS 2022, 14672 Rn. 48), bedarf im Streitfall keiner abschließenden Entscheidung. Der Senat hält an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, dass die Frage, wie hoch die Hürde zur „Luxushöhe“ sein muss, nicht abstrakt, sondern konkret im Hinblick auf die drohende Beeinträchtigung zu beantworten ist (vgl. Senatsurteil vom 29. Juni 2023, Az.: I-20 U 278/20, GRUR-RS 2023, 22341 – Calvin Klein). So wird der Inhaber einer sehr exklusiven Luxusmarke, der gerade durch die häufig künstliche Verknappung den hohen Preis der mit der Marke gekennzeichneten Waren erzielt, sich unter Umständen dem Vertrieb durch einen Discounter generell widersetzen können (vgl. Senatsurteil vom 06. März 2018, Az.: I-20 U 113/17, GRUR-RR 2018, 335 – Japanischer Kosmetikhersteller), während bei weniger exklusiven Prestigemarken die konkrete Art der Warenpräsentation in den Blick zu nehmen sein wird. Soweit die Beklagte meint, der Anwendungsbereich von Art. 15 Abs. 2 UMV sei für Markenparfums unterhalb einer absoluten Luxusschwelle nicht eröffnet, tritt der Senat dem nicht bei.
41cc. Ob einer Marke Luxus- bzw. Prestigecharakter zukommt, beurteilt sich nach der Verkehrsanschauung. Maßgeblich ist, ob die angesprochenen Verkehrskreise eine Marke und die damit gekennzeichneten Produkte aufgrund ihrer Gesamtwahrnehmung als luxuriös bewerten und ihnen einen besonderen Prestigewert beimessen. Für sie bedeutet die „Aura des Luxuriösen“ (so EuGH, GRUR 2009, 593 Rn. 24 – Copad/Dior; vgl. bereits EuGH, GRUR Int 1998, 140 Rn. 45 – Dior/Evora) das Gegenteil von Gewöhnlichem und Alltäglichem (so LG Hamburg, GRUR-RS 202, 5676 – MICHAEL KORS bei Lidl). Aus ihrer Sicht unterscheidet sich der Vertrieb von Luxusprodukten vom Massengeschäft durch verschiedenen Faktoren, wozu unter anderem die Preishöhe, beschränkte Bezugsmöglichkeiten, ein hoher Präsentationsaufwand, aufwendige Marketingmaßnahmen, eine herausgehobene Produktplatzierung im Verkaufsumfeld sowie eine gewisse Produktqualität zählen.
42b. Von diesen Grundsätzen ist auch das Landgericht ausgegangen und hat zu Recht einen berechtigten Grund im Sinne des Art. 15 Abs. 2 UMV für die Untersagung des streitbefangenen Vertriebs bejaht. Die hiergegen von der Berufung vorgetragenen Einwendungen führen zu keinem anderen Ergebnis.
43aa. Ohne Erfolg macht die Berufung geltend, die Annahme eines Erschöpfungs-ausschlusses zu Gunsten der Klägerin scheide aus, solange diese nicht zuvor alle ihr zur Verfügung stehenden, weniger eingriffsintensiven rechtlichen Mittel - namentlich die Errichtung und die Aufrechterhaltung eines kartellrechtskonformen und durchgesetzten Selektivvertriebssystems sowie die Verwendung von Kodierungssystemen - ausgeschöpft und dies nachgewiesen habe. Der Forderung der Beklagten nach einer derartigen - am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und an den Maßstäben des Kartellrechts orientierten - Vorprüfung ist eine Absage zu erteilen.
44(1) Eine derartige kartellrechtliche Vorprüfung ist schon nicht erforderlich, denn sowohl die Warenverkehrsfreiheit als auch die Berechtigung des Eingriffs werden in der Tatbestandsvoraussetzung der „berechtigten Gründe“ im Sinne von Art. 15 Abs. 2 UMV und der in diesem Zusammenhang nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union vorzunehmenden Interessenabwägung (siehe dazu EuGH, GRUR Int 1998, 140 Rn. 43 f. – Dior/Evora; GRUR 2009, 593 Rn. 55 – Copad/Dior) angemessen berücksichtigt. Die von der Beklagten geforderte Beschränkung des Anwendungsbereichs von Art. 15 Abs. 2 UMV auf bestimmte Vertriebsformen findet im Wortlaut der Norm keine Stütze. Auch der EuGH-Rechtsprechung lässt sich nicht entnehmen, dass der Ausnahmetatbestand vom Erschöpfungsgrundsatz nur Inhabern eines – auch kartellrechtlich zulässigen – Selektivvertriebssystems vorbehalten sei. Aus dem Grundsatz der Warenverkehrsfreiheit im Sinne von Art. 34 AEUV folgt nichts Gegenteiliges. Der EuGH hat seine Ausführungen zum Schutzumfang des Art. 15 Abs. 2 UMV ausdrücklich in Ansehung des Grundsatzes des freien Warenverkehrs getroffen und aus diesem Grund eine Interessenabwägung zwischen den Bedürfnissen des Markeninhabers einerseits und denen des Wiederverkäufers andererseits etabliert (vgl. EuGH, GRUR Int 1998, 140 Rn. 44 – Dior/Evora; GRUR 2009, 593 Rn. 55 – Copad/Dior). Mit dem Erfordernis einer Interessenabwägung ist sichergestellt, dass sowohl die Warenverkehrsfreiheit als auch die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in der Tatbestandsvoraussetzung der „berechtigten Gründe“ ausreichende und angemessene Berücksichtigung finden. Gleichwohl kann die Frage, ob der Markeninhaber ein kartellrechtlich zulässiges Selektivvertriebssystem unterhält, im Rahmen der Interessenabwägung von Bedeutung sein und zwar dann, wenn die Verstöße gegen das Kartellrecht offensichtlich sind und sie zugleich der Sicherstellung des Luxus- bzw. Prestigeimage gedient haben.
45Weil die Anwendbarkeit des Art. 15 Abs. 2 UMV zu Gunsten der Klägerin nicht von der Existenz eines kartellrechtlich zulässigen Selektivvertriebssystems abhängt, besteht kein Anlass, dem Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 Abs. 2 AEUV die von der Beklagten vorformulierte Frage zur Auslegung von Art. 15 MRL vorzulegen und den Rechtsstreit bis zur Vorabentscheidung auszusetzen.
46(2) Auch die Forderung der Beklagten, Inhaber selektiver Vertriebssysteme seien in Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zunächst auf interne vertragliche Maßnahmen zu verweisen, bevor sie berechtigt seien, auf Grundlage des Art. 15 Abs. 2 UMV gegen außenstehende Dritte vorzugehen, verfängt nicht. Ein Vorgehen innerhalb des Vertriebssystems mag sich zwar möglicherweise als ein milderes – weil weniger in die Warenverkehrsfreiheit eingreifendes – Mittel darstellen. Es ist aber nicht gleicher Weise zum Schutz vor rechtsverletzenden Eingriffen geeignet. Ein Vorgehen des Markeninhabers gegenüber seinen Vertragshändlern kann zwar unter Umständen abschreckende Wirkung für die Zukunft entfalten; damit wird aber nicht die Präsenz der Markenware aus ihrem prestigebeeinträchtigenden Umfeld beseitigt.
47bb. Der Klagemarke kommt – wie das Landgericht zutreffend entschieden hat - eine luxuriöse und prestigeträchtige Ausstrahlung zu, die je nach den konkreten Umständen des Weitervertriebs Schaden nehmen kann.
48(1) Ohne Erfolg argumentiert die Berufung, das in Rede stehenden Parfumprodukt „A. H. J. K. Homme 75 ml Eau de Toilette, UVP: EUR 76,00 sei kein Luxusprodukt, sondern Alltagsware, der kein herausgehobenes Image zukomme. Diese Argumentation geht schon im Ansatz fehl, da nicht auf das Image eines einzelnen Produkts abzustellen ist, sondern auf das Image der Marke.
49(2) Soweit die Berufung meint, Körperpflegeprodukte seien schon dem Grunde nach keine Luxusgüter, weil es sich um Massenprodukte des alltäglichen Bedarfs handele, dringt sie damit nicht durch. In diesem Zusammenhang vermag sich die Beklagte insbesondere nicht auf die von ihr zitierte EuGH-Entscheidung vom 06. Dezember 2017, Az.: C-230/16 – Coty/Akzente berufen. Allein der Umstand, dass Körperpflegeprodukte Massenprodukte sind und dem täglichen Bedarf dienen, steht – auch nach der EuGH-Rechtsprechung – einem Luxusimage nicht entgegen. Die Beklagten übersehen, dass sich Verbraucher mit Luxusgütern selbst belohnen und zugleich ihre soziale Zugehörigkeit betonen. Luxus beginnt im Alltäglichen und ist daher nicht nur bei fast jeder Warengattung denkbar, sondern auch tatsächlich vorhanden. Es gibt kaum ein Produkt, bei dem der Verbraucher nicht die Wahl zwischen einer luxuriösen Ausführung auf der einen Seite und einer mehr oder minder gewöhnlichen (und zumeist auch deutlich preisgünstigeren) Variante auf der anderen Seite hat. Dies gilt vor allem für Körperpflegeprodukte (wie beispielsweise Duschgels, Körperlotionen oder Deodorants), die in aller Regel – wenn auch nicht von demselben Hersteller - in einer Basis-Variante sowie in einer Luxusausführung angeboten werden. Über den Charakter von Luxusgütern entscheidet die ins Werk gesetzte Vermarktungsstrategie des Herstellers und Markeninhabers. Luxusmarken leben von einer strikten Markenpolitik, die sich im Spannungsfeld zwischen Begehrlichkeit und Verfügbarkeit bewegt; sie erfordern einerseits eine hohe Bekanntheit und müssen gleichzeitig exklusiv sein. Zudem tragen Herkunft und Tradition zur Faszination einer Marke bei; insbesondere der Angebotsort braucht Stil und Niveau. Gerade die Besonderheiten in Vermarktung und Vertrieb beeinflussen in hohem Maße die Luxusmarkenidentität (siehe dazu Ruess/Schneider, GRUR 2022, 130 - 134). Die Qualität von Luxuswaren beruht nicht allein auf ihren materiellen Eigenschaften, sondern auch auf ihrem Prestigecharakter, der ihnen eine luxuriöse Ausstrahlung verleiht (vgl. EuGH, GRUR 2018, 211 Rn. 25 – Coty Germany).
50(3) Dies berücksichtigend spricht im Streitfall für eine ausreichende luxuriöse Ausstrahlung der Klagemarke der Umstand, dass die Klägerin die A.-E.-Produkte – jedenfalls in Deutschland – über ein selektives Vertriebssystem vermarktet, in dem sie ihre Vertriebspartner nach strengen Kriterien auswählt. Davon hat sich das Landgericht nach dem Ergebnis der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme überzeugt. Der Zeuge L. hat bekundet, dass der Vertrieb der Klägerin als selektiver Vertrieb organisiert sei. Die Depotverträge gäben den Depositären gewisse Qualitätsstandards vor, um einen „schönen Marktauftritt“ zu gewährleisten. Es fänden Gespräche vor Ort statt und es erfolge eine Bewertung anhand eines den Kriterien der Depotverträge folgenden Fragebogens, den der Zeuge zur Akte gereicht hat. Es werde auch darauf geachtet, dass bestimmte Mitbewerber-Produkte (sogenannte Ankermarken), die für einen gewissen Luxus stehen, wie zum Beispiel Dior und Chanel, in dem Umfeld präsentiert werden, in dem auch A.l-E.-Produkte angeboten würden. Es werde darüber gesprochen, wie die mit der Klagemarke gekennzeichneten Produkte platziert werden, welche Merchandising-Maßnahmen umzusetzen seien und wie die Mitarbeiter geschult werden müssten. Dazu biete die Klägerin unterschiedliche Formen der Schulung an, um Mitarbeiter in die Lage zu versetzen, zu den A.-E.-Produkten zu beraten und diese anzubieten. Weiter hat der Zeuge L. ausgesagt, dass die Klägerin sehr umfangreich – mit einem finanziellen Aufwand von über 100.000,- € jährlich - gegen den sogenannten Graumarkt vorgehe. Zum einen sei es so, dass die Klägerin ihre Topseller kodiere. Zum anderen werde gegen Fälschungen vorgegangen, insbesondere durch Überwachung des ebay-Angebots. Auch die unerlaubte Verwendung urheberrechtlich geschützten Abbildungsmaterials werde von der Klägerin verfolgt.
51(a) Die auf dieser Tatsachengrundlage vom Landgericht zum Vorhandensein eines Selektivvertriebssystems getroffenen Feststellungen entfalten Bindungswirkung für den Senat.
52Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist der Senat an die vom erstinstanzlichen Gericht festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Feststellungen begründen und deshalb neue Feststellungen gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, die die Bindung entfallen ließen, können sich aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind. Ein solcher Verfahrensfehler liegt insbesondere vor, wenn die Beweiswürdigung den Anforderungen nicht genügt, die von der Rechtsprechung zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelt worden sind. Grundsätzlich ist der Tatrichter darin frei, welche Beweiskraft er den Indizien im Einzelnen und in einer Gesamtschau für seine Überzeugungsbildung beimisst. Seine Würdigung ist jedoch darauf zu überprüfen, ob sie unvollständig oder in sich widersprüchlich ist, oder ob sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (siehe dazu BGH, Urteil vom 12. März 2004, Az.: V ZR 257/03, NJW 2004, 1876 - 1877). Ein Verstoß gegen Denkgesetze liegt unter anderem dann vor, wenn Umständen Indizwirkung zuerkannt werden, die sie nicht haben können, oder wenn die Ambivalenz von Indiztatsachen nicht erkannt wird (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 2004, Az.: V ZR 257/03 mit weiteren Nachweisen). Ferner können sich Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit aus der Möglichkeit einer unterschiedlichen Wertung ergeben, insbesondere daraus, dass das Berufungsgericht das Ergebnis einer erstinstanzlichen Beweisaufnahme anders würdigt, als das Gericht der Vorinstanz (BGH, Urteil vom 09. März 2005, Az.: VIII ZR 266/03, NJW 2005, 1583 - 1584; BVerfG, Beschluss vom 22. November 2004, Az.: 1 BvR 1935/03, NJW 2005, 1487 - 1488).
53(b) In Anwendung dieses Prüfungsmaßstabes zeigt die Berufung keine konkreten Anhaltspunkte im Sinne von § 529 Abs. 1 ZPO auf, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der vom Landgericht zum Vorhandensein eines selektiven Vertriebssystems getroffenen Feststellungen begründen und deshalb neue Feststellungen gebieten könnten.
54(c) Der Senat stimmt mit dem Landgericht weiter darin überein, dass die von der Klägerin im Rahmen ihres Selektivvertriebssystems gestellten Anforderungen an eine qualitativ hochwertige Verkaufsumgebung, wie sie sich aus der Zeugenaussage ergeben, geeignet sind, das Luxus- bzw. Prestigeimage der Klagemarke zu fördern. Gleiches gilt für die von der Klägerin initiierten Marketingmaßnahmen, über die das von ihr umfangreich zur Akte gereichte Material Aufschluss gibt. Diesem ist eine hochwertige Designsprache zu entnehmen, die eine „Aura des Luxuriösen“ erzeugt und das exklusive Image der Klagemarke betont, das durch ein im Umfang überdurchschnittlich stark limitiertes Sortiment (dieses beschränkt sich unstreitig auf aktuell drei Linien (A. H. J., A.m A M. J. und A. Fusion J.)) eine zusätzliche Verstärkung erfährt. Dieses Ergebnis deckt sich mit dem Eindruck des Verbrauchers, der der Klagemarke eine luxuriöse Ausstrahlung zuerkennt. Dies vermag der Senat, dessen Mitglieder zum allgemeinen Verkehr zählen und damit zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören, aus eigener Anschauung zu beurteilen.
55(d) Der Beklagten ist es nicht gelungen, vernünftige Zweifel daran zu wecken, dass die Klagemarke infolge ihrer Vermarktung im Rahmen eines Selektivvertriebssystems über eine luxuriöse Ausstrahlung verfügt. Entgegen der Berufung muss sich die Klägerin nicht vorwerfen lassen, sie gehe nicht konsequent gegen Verstöße gegen ihr Selektivvertriebssystem vor.
56(aa) Dafür bestehen auf Grundlage der Aussage des in erster Instanz vernommenen Zeugen L. keine zureichenden Anhaltspunkte. Der Zeuge hat ausgesagt, dass sich die Klägerin mit umfangreichen Maßnahmen und mit großem finanziellen Aufwand gegen den Vertrieb ihrer Produkte über den sogenannten Graumarkt wehre, ohne dass die Beklagte dem substantiell entgegengetreten ist. Eine lückenlose Kontrolle ist nicht möglich und rechtlich auch nicht erforderlich (siehe dazu OLG Frankfurt, GRUR 2018, 1171 – 1178 – Luxusparfüm im Internet II).
57(bb) Das Berufungsvorbringen der Beklagten lässt nicht den Schluss auf dauerhafte und systematische Verstöße der Depositäre gegen die von der Klägerin im Rahmen des Selektivvertriebes gemachten Vorgaben betreffend den Online-Handel zu.
58(aaa) Eine Verletzung von Ziffer 2.1 der Zusatzvereinbarung, die den Depositären Vorgaben zur Präsentation der A.-E.-Produkte im Internet macht, ist nicht schlüssig dargetan. Unschädlich ist, dass die Drogerie N. und die Parfümeriekette O. mit der Klagemarke gekennzeichnete Produkte mit Rabattaktionen unter Verwendung des Begriffs „Sale“, „Best Price“ bewerben und/oder mittels UVP-Streichpreiswerbung und/oder der Angaben negativer Prozentzahlen anbieten (siehe Seiten 15 bis 20 des Schriftsatzes vom 07. März 2023). Es handelt sich hierbei um– auch im Bereich von Luxusgütern - gebräuchliche Werbeinstrumente, an die der Verbraucher gewöhnt ist und ihn deshalb auch nicht an eine Billigmarke denken lassen. Ein Verstoß gegen Ziffer 2.1 der Zusatzvereinbarung liegt darin nicht. Soweit die Beklagte beanstandet, dass die Parfümeriekette O. im Zusammenhang mit A.-E.-Produkten den Begriff „Angebot“ verwendet, ist für den Senat nicht mehr nachvollziehbar, inwieweit dies dem Luxusimage der Klagemarke abträglich sein könnte. Gleiches gilt im Hinblick auf die von der Beklagten zu breiten Sortimentsangeboten angestellten Erwägungen (siehe dazu Seiten 20 bis 45 des Schriftsatzes vom 07. März 2023). Die Darstellung der Beklagten, beim Onlinehandel der Drogerie N. und der Parfümeriekette O. fehle es entgegen Ziffer 2.1 der Zusatzvereinbarung an einer ausreichenden Abgrenzung verschiedener geschäftlicher Aktivitäten, verfängt nicht. Das bei der Drogerie N. und der Parfümeriekette O. angebotene Online-Sortiment mag über das Angebot von Parfum- und Kosmetikprodukte weit hinausgehen. Darauf kommt es aber nicht an. Entscheidend ist, dass die A.-Produkte in den Onlineshops sowohl der Drogerie N. als auch der Parfümeriekette O. in einem eigenständigen, in sich geschlossenen, hochwertigen Markenumfeld präsentiert werden. Die Klägerin hat unwidersprochen dargelegt, dass der Kunde innerhalb der A. Markenwelt zwischen den Kategorien „Damendüfte“ und „Herrendüfte“ wählen kann, die jeweils wiederum nach Produkten („L’Eau J.“ oder „M. J.“) untergliedert sind. Sie hat weiter dargetan, dass die A.-Produkte jeweils durchgehend unter Verwendung von visuell hochwertigem Bildmaterial angeboten werden, was die Beklagte nicht in Abrede gestellt hat. Entgegen der Berufung verstößt diese Art der Präsentation nicht gegen eine Luxusausstrahlung der Klagemarke. Maßgeblich ist, dass das im Online-Handel für die A.-E.-Produkte geschaffene Markenumfeld - wozu unter anderem auch die von dem Zeugen L. erwähnten „Brandrooms“ gehören - einer eigenen Abteilung für Markenprodukte im stationären Handel angeglichen ist, indem es von anderen Bereichen der Onlineplattform klar wahrnehmbar getrennt ist. Hiervon hat sich das Landgericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auf Grundlage überzeugt. Die hierzu vom Landgericht in tatsächlicher Hinsicht getroffenen Feststellungen entfalten gemäß §§ 529, 531 ZPO Bindungswirkung für den Senat, denn die Berufung führt nichts dazu aus, inwieweit die getroffenen Feststellungen fehlerhaft sein sollen. Im Gegenteil: Die von der Beklagten vorgelegten Screenshots (vgl. Seiten 26 bis 29 des Schriftsatzes vom 07. März 2023) bestätigen, dass auf der Onlineplattform die Parfümeriekette O. A.-E.-Produkte in der Kategorie „Parfum & Düfte“ nicht neben Produkten – wie beispielsweise „MARVEL Spidermann – Eau de Toilette“ zum Preis von 6,89 €, „MEXX Woman Eau de Toilette“ zum Preis von 19,99 € oder „TABAC Tabac Man After Shave“ zum Preis von 12,19 € - präsentiert werden. Nichts anderes gilt für die Onlineplattform der Drogerie N., denn den von der Beklagten vorgelegten Screenshots (vgl. Seiten 35 bis 40 des Schriftsatzes vom 07. März 2023) ist nicht zu entnehmen, dass A.-E.-Produkte in demselben Markenumfeld angeboten werden wie zum Beispiel „bruno banani Woman Eau de Toilette“ zum Preis von 9,56 € oder „Andreas Gabalier Woman EdP“ zum Preis von 5,00 €. Aufgrund des eigenständigen, geschlossenen Markenumfeldes, in dem die A.-E.-Produkte sowohl von der Parfümeriekette O. als auch von der Drogerie N. im Online-Handel präsentiert werden, ist den in Ziffer 2.1 der Zusatzvereinbarung formulierten Anforderungen an eine ausreichende Abgrenzung genüge getan. Unerheblich ist daher, dass das Sortiment der Parfümeriekette O. und der Drogerie N. – mittlerweile - weit über das Angebot von Parfum- und Kosmetikprodukten hinausgeht (siehe dazu Seiten 29 bis 34 des Schriftsatzes vom 07. März 2023).
59(bbb) Auch der von der Berufung zu Ziffer 2.1 der Zusatzvereinbarung gehaltene Vortrag in Bezug auf eine Auslieferung in Geschenkverpackung begründet keine ernsthaften Zweifel an der Durchsetzung des Selektivvertriebssystems. Selbst wenn es zutrifft, dass einzelne Depositäre im Rahmen des Bestellvorgangs keine Option für eine Auslieferung in Geschenkverpackung vorsehen, trägt allein dies nicht die Annahme, der Klägerin sei an der Durchsetzung ihres Selektivvertriebssystems nicht gelegen. Eine maßgebliche Prägung des Markenimages folgt daraus ebenfalls nicht.
60(ccc) Im Hinblick auf den nach Ziffer 2.2. der Zusatzvereinbarung geschuldeten Kundenservice erschöpft sich das Vorbringen der Beklagten in dem Verweis auf zwei mit E-Mail vom 02. Februar 2023 sowie E-Mail vom 06. Februar 2023 gestellte Kundenanfragen (vgl. Anlagen BB 12 bis BB 16). Hierbei handelt es sich ersichtlich um bloße Einzelfälle, die keinen Rückschluss auf die allgemeine Qualität des Kundenservice zulassen.
61(cc) Auch die von der Berufung behaupteten Verhältnisse im stationären Handel der Depositäre – namentlich der Parfümeriekette O. und der Drogerie N. – reichen nicht aus, um vernünftige Zweifel an der Durchsetzung des selektiven Vertriebssystems zu begründen.
62Soweit die Beklagte Lichtbilder (siehe dazu Seiten 54 bis 58 des Schriftsatzes vom 07. März 2023) vorlegt, die belegen sollen, dass zahlreiche Produkte in Filialen der Firma N. in Metallschütten und Wühltischen präsentiert werden, sind diese nicht geeignet, grundsätzlich in Frage zu stellen, dass die Produkte der Klägerin in den N.-Filialen in aller Regel - wie von der Klägerin mittels zahlreicher Lichtbilder (siehe dazu Anlagen K 85 bis K 87) dokumentiert und durch die Aussage des Zeugen L. bewiesen wurde - in einem hochwertigen Verkaufsumfeld angeboten werden, das optisch wahrnehmbar von den anderen Abteilungen getrennt ist. Aus den Lichtbildern ist ersichtlich, dass die mit der Klagemarke gekennzeichneten Produkte umgeben sind von anderen prestigeträchtigen Marken wie Narciso Rodruiguez, Elli Saab, Clarins oder Mugler. Hierzu hat die Klägerin ausgeführt, dass die A.-E.-Produkte im stationären Handel grundsätzlich nur in gesonderten, besonders hochwertig gestalteten Bereichen angeboten und in gehobener Art und Weise unter Verwendung von ausgewählten Werbebannern, Produktbeschreibungen und Produktfotografien sowie mittels speziell beleuchteter Markendisplays präsentiert würden. Dies belegen die zur Akte gereichten Lichtbilder, die die tatsächlichen Gegebenheiten im stationären Handel – wie die Mitglieder des erkennenden Senats aus eigener Erfahrung bestätigen können – zutreffend wiedergeben. Gegenteiliges hat die Beklagte nicht plausibel zu machen vermocht. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, die von der Beklagten vorgelegten Lichtbilder die übliche Verkaufssituation wiedergeben. Der Vortrag der Klägerin, die von der Beklagten vorgelegten Lichtbilder seien an Tagen mit besonderen, zeitlich begrenzten Rabattaktionen (nämlich zum Jahresstart nach dem Weihnachtsgeschäft) aufgenommen worden, ist von ihr unwidersprochen geblieben. Im Übrigen rechtfertigen es zeitlich begrenzte Rabattaktionen auch nicht ohne Weiteres, ein grundsätzlich hochwertiges Verkaufsumfeld in Frage zu stellen. Dies gilt insbesondere für Rabattaktionen zum Jahresstart, die – wie auch der Durchschnittsverbraucher weiß – gerade im Parfümhandel dazu dienen, Kunden nach dem Weihnachtsgeschäft wieder in die Läden zu locken. Anders mag dies für Dauerrabattaktionen in einem klassischen Discounterumfeld zu beurteilen sein. So liegen die Dinge hier jedoch nicht. Anhand der von der Beklagten vorgelegten Lichtbilder ist auch nicht erkennbar, dass sich die Wühltische und Metallschüttkästen in unmittelbarer Nähe der mit der Klagemarke gekennzeichneten Produkte befinden. Dies stützt den Vortrag der Klägerin, wonach A.-E.-Produkte in Filialen der Drogerie N. einer gesonderten, besonders hochwertig gestalteten Parfümerieabteilung angeboten werden, die optisch deutlich wahrnehmbar getrennt sind von den anderen Abteilungen, was die Mitglieder des erkennenden Senats aus eigener Erfahrung bestätigen können.
63(e) Zusammenfassend trägt das Ergebnis der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme die Annahme, dass die A.-E.-Produkte über eine im Sinne des Art. 15 Abs. 2 UMV ausreichend luxuriöse Ausstrahlung verfügen, weil sie– jedenfalls in Deutschland – von der Klägerin im Rahmen eines selektiven Vertriebssystems vertrieben werden. Soweit die Berufung behauptet, die Klägerin verfüge über kein unionsweites Selektivvertriebssystem, verhilft dies nicht zum Erfolg. Davon ausgehend, dass das in Deutschland etablierte Selektivvertriebssystem die Zuordnung der A.-E.-Produkte zum Luxus- bzw. Prestigesegment rechtfertigt, hätte es der Beklagten oblegen, näher dazu vorzutragen, inwiefern die Verhältnisse in anderen Ländern der Europäischen Union eine andere Beurteilung gebieten. Dies ist nicht geschehen. Das diesbezügliche Vorbringen der Beklagten bleibt ohne Substanz; sie hat nichts Konkretes zu unterschiedlichen Verhältnissen innerhalb der Union vorzutragen vermocht.
64(f) Bei dieser Sach- und Rechtslage ist die von der Beklagten aufgeworfene Frage („Ist Art. 15 Abs. 2 MRL dahin auszulegen, dass es für einen Erschöpfungsausschluss unter dem Gesichtspunkt der Prestigebeeinträchtigung selektiv vertriebener Markenprodukte erforderlich, dass das selektive Vertriebssystem EWR-weit (i) betrieben wird, (ii) durchgesetzt und (iii) dies im Streit nachgewiesen ist?“) nicht entscheidungserheblich. Es besteht kein Anlass für den Senat, dem Gerichtshof der Europäischen Union diese Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen und den Rechtsstreit bis zur Vorabentscheidung auszusetzen.
65(4) Gegen eine luxuriöse Ausstrahlung der Klagemarke lässt sich nicht die Zahl der Verkaufsstellen anführen, bei denen A.-E.-Produkte erworben werden können. Das Ziel eines selektiven Vertriebssystems muss nicht darin bestehen, das Angebot der Ware künstlich zu verknappen, um auf diese Weise ein besonders exklusives Image zu erreichen. Die Errichtung eines selektiven Vertriebssystems kann und wird vielmehr häufig vor allem dazu dienen sicherzustellen, dass die Waren in den Verkaufsstellen in einer ihren Wert angemessen zur Geltung bringenden Weise präsentiert werden (vgl. GRUR 2009, 593 Rn. 29 - Dior/Copad). Dass genau dies das Bestreben der Klägerin ist, ist durch die Aussage des in erster Instanz vernommenen Zeugen L. sowie eine Vielzahl von Lichtbildern belegt, aus denen sich nicht nur das stationäre Verkaufsumfeld ergibt, sondern die auch einen Eindruck von den im Online-Handel eingehaltenen Standards vermitteln. Hiergegen vermag die Berufung nichts Substantielles vorzubringen.
66(5) Der Preis für die mit der Klagemarke gekennzeichneten Parfums ist ebenfalls kein Beleg für eine fehlende luxuriöse Ausstrahlung. Die gegenteiligen Ausführungen der Berufung verfangen nicht. Es mag sein, dass – wie die Beklagte geltend macht – die mit der Klagemarke gekennzeichneten Parfüms noch einer mittleren Preiskategorie zuzuordnen sind. Zutreffend mag auch sein, dass es viele Parfums gibt, die erheblich teurer sind. Gleichwohl ist ein Preis von 76,- € für 75 ml Parfum immerhin so hoch, dass der Gedanke an eine „Billigmarke“ fernliegend ist (siehe dazu auch Senatsurteil vom 29. Juni 2023, Az.: I-20 U 278/20, GRUR-RS 2023, 22341 – Calvin Klein für Produkte der Marke „Calvin Klein“ und „Joop!“). Dem Prestigeimage der Klagemarke ist schließlich auch nicht abträglich, dass A.-E.-Produkte von Depositären der Klägerin zu reduzierten Preisen angeboten werden. Die Beklagte hat ihre Behauptung, mit der Klagemarke gekennzeichneten Produkte würden massenweise unter regelmäßigen Rabattaktionen vertrieben werden, nicht in der erforderlichen Weise zu substantiieren vermocht. Hierfür genügt es nicht, auf Screenshots von Startseiten verschiedener Onlineshops zu verweisen, mit denen in allgemein gehaltener Form auf eine Rabattaktion hingewiesen wird. Denn allein daraus ergibt sich noch nicht, dass von dieser Rabattaktion auch mit der Klagemarke gekennzeichnete Produkte erfasst sind. Die von der Beklagten in Bezug genommenen Screenshots (siehe dazu Seiten 72, 75 und 86 bis 88 des Schriftsatzes vom 07. März 2023) genügen ebenfalls nicht, denn sie belegen allenfalls Einzelfälle. Gleiches gilt für die von der Beklagten unter Hinweis auf Anlage BB 28 in Bezug genommenen Rabattaktionen der Drogerie N., auf deren Grundlage nicht feststellbar ist, dass A.-E.-Produkte durchweg nur rabattiert angeboten werden. Die Anlagen BB 30 und BB 31verhalten sich nicht zu den mit der Klagemarke gekennzeichneten Produkten. Im Übrigen ergibt sich aus den vorerwähnten Screenshots, dass auch die rabattierten Preise (beispielsweise 27,99 € für ein Deodorant Spray [statt: 33,- €] oder 69,99 € für A. H. J. K. Homme EdT 200 ml [statt: 106,99 €]) immer noch zu hoch sind, um aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise den Gedanken an ein Allerweltsprodukt und/oder eine „Billigware“ nahezulegen.
67(6) Soweit die Berufung geltend macht, gegen ein Luxus- bzw. Prestigeimage der A.-E.-Produkte spreche, dass diese dem Kunden regelmäßig in einem breiten Produktumfeld begegneten, dringt sie damit nicht durch. Die Screenshots betreffend den Onlineshop 000000.de (siehe dazu Seiten 68 bis 70 des Schriftsatzes vom 07. März 2023) sind nicht aussagekräftig, denn sie belegen gerade nicht, dass A.-E.-Produkte gleichrangig neben Milchpumpen und/oder Mülleimer angeboten werden, weil mit der Klagemarke gekennzeichnete Produkte nicht abgebildet sind. Für einen einzelnen Screenshot (siehe Seite 71 des Schriftsatzes vom 07. März 2023) mag zwar anders gelten. Offen bleibt aber, wie dieser Screenshot zustande gekommen ist.
68Nach der allgemeinen Lebenserfahrung hängt die Zusammenstellung der in dieser Weise angezeigten Produkte maßgeblich von dem Suchbegriff ab, den der Nutzer zuvor eingegeben hat. Je semantisch eindeutiger der Suchbegriff ist, desto passender sind die angezeigten Produkte in Bezug auf diesen Suchbegriff. Wird jedoch ein mehrdeutiger oder allgemeiner Begriff verwendet, kann es sein, dass auch Produkte verschiedener Kategorien miteinander angezeigt werden, soweit sie sich jeweils dem Suchbegriff zuordnen lassen. Folglich hätte es der Beklagten oblegen, näher zum Zustandekommen des von ihr in Bezug genommenen Screenshots vorzutragen. Daran fehlt es jedoch.
69c. Mit Recht und zutreffender Begründung ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die aus den Anlagen K 17 sowie K 20 bis K 21 ersichtliche Warenpräsentation auf der Onlineplattform der Beklagten geeignet ist, den Ruf der Klagemarke erheblich zu beeinträchtigen. Dies reicht aus. Der Nachweis einer eingetretenen erheblichen Rufschädigung ist nicht erforderlich (vgl. EuGH, GRUR 2009, 593 Rn. 56 f. – Copad/Dior).
70aa. Der Senat verkennt nicht, dass an das Vorliegen eines „berechtigten Grundes“ im Sinne von Art. 15 Abs. 2 UMV strenge Anforderungen zu stellen sind, obschon diese auch nicht überspannt werden dürfen. Danach ist es ausreichend, wenn eine Rufschädigung einzutreten droht; eine Beeinträchtigung des Rufes also eintreten könnte (vgl. Senatsurteile vom 29. Juni 2023, Az.: I-20 U 278/20, GRUR-RS 2023, 22341 – Calvin Klein sowie vom 06. März 2018, Az.: I-20 U 113/17, GRUR-RR 2018, 335 – 339 – Japanischer Kosmetikhersteller mit Hinweis auf Thiering, in: Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Auflage, § 24 Rn. 164). Entgegen der von der Berufung vertretenen Auffassung ist der Nachweis einer eingetretenen erheblichen Rufschädigung nicht erforderlich (vgl. EuGH, GRUR 2009, 593 Rn. 56 f. – Copad/Dior).
71bb. Das konkrete Verkaufsumfeld ist deshalb geeignet, den Charakter der A.-Produkte als Luxus- bzw. Prestigeobjekt zu gefährden, weil die mit der Klagemarke gekennzeichneten Produkte nicht von „Billigwaren“ getrennt angeboten werden und es damit an der notwendigen Abgrenzung zum sonstigen Sortiment fehlt (vgl. Thiering, in: Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Auflage, § 24 Rn. 175).
72(1) Der streitbefangenen Warenpräsentation auf der Onlineplattform www.0000.de ermangelt es erkennbar an Exklusivität, die dem Luxus- bzw. Prestigecharakter der Klagemarken gerecht werden würde. Dies gilt schon deshalb, weil – wie durch die Anlagen K 17 sowie K 20 bis K 21 belegt ist - die Beklagte die mit der Klagemarke gekennzeichneten Parfum- und Kosmetikprodukte nicht in einer eigenen, vom übrigen Sortiment getrennten Parfumabteilung mit entsprechendem Markenumfeld anbietet. Die A.-E.-Produkte werden in einer mit „Körperpflege & Gesundheit“ überschriebenen Oberkategorie angeboten, die sich in Unterkategorien – namentlich „Eau de Toilette“, „Tagescremes“, „Duschgele“, „Sonstige Körperpflege“, „Eau de Parfum“, „Deodorants“, „Körperpflege-Geschenksets“ und „mehr“ – gliedert. Diese Präsentation lässt eine hinreichend klare und eindeutige Abgrenzung der mit den Klagemarken gekennzeichneten Produkte gegenüber der - virtuell – unmittelbar danebenliegenden „Allerweltsware“ vermissen. Schon die Oberkategorie „Körperpflege & Gesundheit“ steht aus Sicht des Verbrauchers gleichrangig neben den übrigen Oberkategorien wie zum Beispiel „Elektronik“, „Garten & Baumarkt“, „Küche & Haushalt“, „Baby & Kind“, „Wohnen“, „Fashion“, „Sport“, „Kfz“ und „Essen & Trinken“. Damit entsteht beim Verbraucher der Eindruck, die A.-E.- Produkte seien überall verfügbare Massenware. Dieser Eindruck wird durch die Unterkategorie zusätzlich verstärkt, weil dort A.-E.-Produkte gleichrangig neben anderen Körperpflegeprodukten angeboten werden, denen ersichtlich schon aufgrund der Preisgestaltung kein Luxus- bzw. Prestigecharakter zukommt. Gänzlich unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob es sich bei den P.,-SB-Warenhäusern um einen Discounter oder – wie die Beklagte betont – um einen „Vollsortimenter“ handelt, dessen Preisstruktur nicht allein auf das Niedrigsortiment ausgerichtet ist, sondern verschiedene Preiskategorien abdeckt. Von maßgeblicher Bedeutung ist, dass das Angebot auf www.0000.de, worauf das Landgericht mit Recht hingewiesen hat, von Waren des täglichen Bedarfs – oftmals in Gestalt eigener, besonders preiswerter Handelsmarken - beherrscht und geprägt wird, woran der Verkehr angesichts der Vielzahl der herkömmlichen P.,-SB-Warenhäuser gewöhnt war.
73(2) Der Berufung ist darin zuzustimmen, dass ein Onlineshop keine gleichermaßen exklusive Ausstrahlung erzeugt wie ein hochwertig eingerichtetes und ausgestattetes Ladenlokal. Die Berufung irrt jedoch, wenn sie meint, der Einkauf in einem Onlineshop erschöpfe sich in dem bloßen Bestellvorgang. Dies trifft nicht zu. Für den Kunden kann es auch auf Online-Plattformen ein besonderes Einkaufserlebnis geben. Zwischen den verschiedenen Onlineshops bestehen nach der konkreten Art der Warenpräsentation in der Kundenwahrnehmung nicht unerhebliche Unterschiede. So haftet bestimmten Onlineshops ein höherwertiges Image an als anderen; Onlineshops sind - nicht zuletzt auch aufgrund der Wertigkeit der Warenpräsentation - unterschiedlich erfolgreich. Wie im stationären Handel pflegen auch Onlineshops eine gewisse Identität. Die von der Beklagten vorgenommene pauschale Gleichstellung aller Onlineshops entspricht nicht der Realität. Zu betonen ist, dass es sich bei der Online-Plattform der Beklagten schon im Grundsatz nicht um einen auf das Angebot von Parfum- und Kosmetikartikeln spezialisierten Onlineshop handelt, sondern sie unter www.0000.de einen Verkaufskanal für Waren aller Art mit Schwerpunkt im Lebensmittelbereich unterhielt (siehe Anlage K 17). Dort wurden A.-E.-Produkte - ohne Abgrenzung zum sonstigen Sortiment - neben Alltags- und Allerweltsprodukten angeboten und in gleicher Weise wie diese - nämlich mittels Rabattwerbung und Streichpreisen (wie in Anlage K 20), unter Hinweis auf die Möglichkeit eines Finanzierungskaufes und/oder Ausnutzung eines Payback-Bonusprogramm (wie in Anlage K 21 bis K 22) - angeboten. Nach dem visuellen Eindruck, der beim Verbraucher hängen bleibt, stehen die mit den Klagemarken gekennzeichneten Produkte gleichrangig bzw. gleichwertig auf einer Stufe mit den sonstigen angebotenen Artikeln. Die Online-Plattform wird, wie den von der Klägerin als Anlagen K 24 und K 25 vorgelegten Screenshots zeigen, optisch dominiert von den groß und mittels Fettdruck hervorgehobenen Preisangaben und zwar exakt unter Verwendung des typisch rot-blauen Designs, an das der Verbraucher aufgrund seines Einkaufs in den stationären P.,-SB-Warenhäusern gewöhnt ist. Diese Art der Präsentation auf www.0000.de wird dem Image der Klagemarke nicht gerecht. Die in ästhetischer Hinsicht wenig ansprechend gestaltete, in der Gesamtbetrachtung gewöhnlich, rein funktional und keineswegs luxuriös wirkende Art der Präsentation hinterließ beim Verbraucher in Bezug auf die Klagemarke einen negativen Eindruck. Er billigt ihr automatisch ein schlechtes Image zu, was ohne den negativen Eindruck der Präsentation auf www.0000.de nicht der Fall wäre. Folglich ist diese Form des Vertriebs geeignet, den Prestigewert der Klagemarke, zu deren Begründung und Erhaltung die Klägerin große Anstrengungen unternimmt, erheblich zu beeinträchtigen und den von der Klägerin betriebenen Aufwand zu entwerten (vgl. Senatsurteil, Urteil vom 29. Juni 2023, Az.: I-20 U 278/20, GRUR-RS 2023, 22341 – Calvin Klein).
74(3) Ein Widerspruch ergibt sich nicht daraus, dass der Senat in der vorzitierten Entscheidung die einmalige Prospektwerbung des Discounters Q. - eingebettet in eine besondere Aktionswerbung unter der Überschrift „Geschenkideen zum Valentinstag“ - nicht für geeignet gehalten hat, den Ruf der dortigen Klagemarken zu schädigen. Auf die von der Beklagten herausgestellten Unterschiede zwischen Discountern und Vollsortimentern kommt es dabei nicht entscheidungserheblich an. Ausschlaggebend für den Senat war vor allem, dass es sich ersichtlich um eine einmalige Aktion aus einem bestimmten Anlass (Valentinstag) handelte, während es der Senat bei der Beurteilung der Warenpräsentation im stationären Handel für erheblich erachtet hat, dass der Vertrieb über fast ein Jahr erfolgte und so der Eindruck entstehen musste, bei den dort streitgegenständlichen Parfums handele es sich um Sortimentsware. Aus diesen Erwägungen vermag die Beklagte mangels Vergleichbarkeit – im Streitfall geht es ausschließlich um die Warenpräsentation auf www.0000.de - für das vorliegende Verfahren keine für sie günstige Rechtsfolge herzuleiten. Die von der Beklagten vertretenen Ansicht, die Präsentation der Klagemarken auf www.0000.de würde sich qualitativ weit oberhalb der erlaubten Q.-Prospektwerbung positionieren, teilt der Senat nicht. Die Beklagte übersieht, dass die mit den dortigen Klagemarken gekennzeichneten Produkte im Q.-Prospekt unmittelbar neben anderen Parfums mit Luxus- bzw. Prestigecharakter präsentiert wurden, und es sich – wie dargetan – auf den ersten Blick erkennbar um eine mit „Geschenk-Tipp zum Valentinstag“ hervorgehobene Sonderaktion handelte (vgl. Senatsurteil, Urteil vom 29. Juni 2023, Az.: I-20 U 278/20, GRUR-RS 2023, 22341 – Calvin Klein), wobei hinzuzufügen ist, dass das Verschenken von Parfum- und Kosmetikprodukte mit Luxus- bzw. Prestigecharakter zum Valentinstag durchaus üblich ist, was eine entsprechenden Erwartungshaltung des Verbrauchers begründet, ein derartiges Geschenk im Rahmen einer entsprechenden Sonderaktion auch bei einem Discounter wie Q. erwerben zu können.
75cc. Zuzustimmen ist dem Landgericht ferner darin, dass der Annahme einer drohenden Imageschädigung vorliegend nicht entgegensteht, dass auch Depositäre der Klägerin im Selektivvertriebssystem A.-E.-Produkte in Onlineshops anbieten. Ohne Erfolg macht die Berufung geltend, die Präsentation auf www. 0000.de entspreche der üblichen Verkaufsumgebung eines Onlineshops und stehe daher im Einklang mit den durch die Klägerin gebilligten Verkaufsmodalitäten ihrer Depositäre. Dem ist zu widersprechen.
76(1) Richtig ist, dass die Parfümerie O. als Partnerin im Selektivvertriebssystem der Klägerin unter www.0000000.de ebenfalls einen Onlineshop betreibt, in welchem die mit der Klagemarke gekennzeichnete Produkte angeboten werden. Darin erschöpfen sich allerdings auch schon die Gemeinsamkeiten. Der Onlineshop der Parfümerie O. unterscheidet sich auf den ersten – auch nur flüchtigen - Blick erkennbar deutlich von dem der Beklagten. Dies gilt zum einen, weil die A.-E.-Produkte auf www.0000000.de in einem eigenständigen, geschlossenen, durchweg hochwertigen Markenumfeld präsentiert werden, das von den anderen Bereichen der Onlineplattform klar wahrnehmbar abgegrenzt ist. Genau diese virtuelle Trennung der mit der Klagemarke gekennzeichneten Produkte nicht nur von dem übrigen Sortiment, sondern insbesondere auch von den sonstigen Parfum- und Kosmetikprodukten hatte die Beklagte – wie dargetan – auf www.0000.de nicht vorgenommen und dies obwohl die Produktpräsentation im Onlinehandel - anders als im stationären Verkauf –, was die Berufung einräumt, ohne Weiteres entsprechend selektiv und fokussiert ausgestaltet werden kann. Dass auch auf www.0000000.de die mit der Klagemarke gekennzeichneten Produkte bei der Eingabe entsprechender Suchwörter in die Suchmaske neben alltäglichen Produkten erscheinen, ist unschädlich. Eine derartige Warenpräsentation ist einzig und allein dem speziellen Nutzungsverhalten desjenigen Verbrauchers geschuldet, der in dem von ihm aufgesuchten Onlineshop nach einem Produkt aus einer bestimmten Produktkategorie unter Verwendung eines mehrdeutigen oder allgemeinen Begriffs sucht. Dies erkennt auch der Verbraucher, weshalb dieser Umstand keinen oder höchstens einen deutlich abgeschwächten Einfluss auf die Beurteilung hat, ob damit die Gefahr einer erheblichen Rufschädigung begründet wird. Zu würdigen ist auch, dass auf www.0000000. kein allgemeines Warenvollsortiment wie bei der Beklagten (von Lebensmitteln über Elektronik-,Garten-, Küchen-, Wohn- und Bekleidungs-, Kfz-, bis zu Drogerie-Waren, wobei der Schwerpunkt des Angebots unstreitig im Lebensmittelbereich liegt) angeboten wird, sondern das Kernangebot aus Sicht des Verbrauchers eindeutig in Parfum- sowie Kosmetikartikeln besteht. Andere Artikel, selbst wenn diese zahlenmäßig die Parfum- und Kosmetikartikel übersteigen sollten, nimmt der Verbraucher nach wie vor als bloßes Zusatzangebot wahr.
77(2) Entsprechendes gilt für den Onlineshop der Drogerie N., der ebenfalls nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen, an dies der Senat gemäß §§ 529, 531 ZPO gebunden ist, über einen besonderen Bereich verfügt, in dem die A.-E.-Produkte der Klägerin in einem besonders hochwertigen, geschlossenen Markenumfeld angeboten werden. Nicht entscheidungserheblich ist somit, ob das Angebot der Drogerie N. einem Vollsortimenter gleicht oder nicht.
78(3) Schließlich steht auch der Umstand, dass mit der Klagemarke gekennzeichnete Produkte auf Online-Plattformen wie www.0000.de oder www.000000.de und anderer Versand-Händler online vertrieben werden, der Annahme einer drohenden beträchtlichen Rufschädigung durch den Vertrieb auf www.0000.de nicht entgegen. Hierzu hat das Landgericht ausgeführt, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon auszugehen sei, dass die Klägerin diesen Vertrieb nicht billige und erhebliche Anstrengungen unternehme, derartige – außerhalb ihres selektiven Vertriebs stehende – Vertriebsaktivitäten zu unterbinden. Dass der unautorisierte Vertrieb trotz allem bereits einen solchen Umfang erreicht habe, dass jedenfalls rein faktisch im Onlinevertrieb ein selektives Vertriebsnetz der Klägerin nicht mehr bestehe und der Verkehr deshalb hierin auch kein Qualitätsmerkmal mehr zu erkennen vermöge, sei nicht ersichtlich. Dem ist aus den umfangreich dargelegten Gründen zuzustimmen.
79d. Bei der erforderlichen Abwägung der berechtigten Interessen der beiden Parteien- auf der Seite der Klägerin das Interesse, gegen Vollsortimenter geschützt zu sein, die nicht dem selektiven Vertriebsnetz angehören und die die Klagemarken zu geschäftlichen Zwecken in einer Weise benutzen, die deren Ruf schädigen könne, und auf der Seite der Beklagten das Interesse, die betreffenden Parfum- und Kosmetikprodukte auf der Onlineplattform www.0000.de weiterverkaufen zu können - überwiegen die Interessen der Klägerin deutlich. Davon ist auch das Landgericht ausgegangen und dem schließt sich der Senat an. Die hiergegen in der Berufungsinstanz vorgebrachten Einwendungen, die sich im Wesentlichen in der Wiederholung und Vertiefung erstinstanzlichen Vorbringens erschöpfen, verfangen nicht.
80aa. Bei Abwägung der wechselseitigen Interessen wirkt sich zu Gunsten der Klägerin aus, dass diese darauf angewiesen ist, das Image ihrer Klagemarke hoch zu halten, um ihr Geschäftsmodell – den Verkauf von Parfum- und Kosmetikprodukten mit einer luxuriösen bzw. prestigeträchtigen Ausstrahlung - weiter betreiben zu können. Für die Beklagte ist dagegen von Nachteil, dass der Kunde das Angebot von A.-E.-Produkten auf www.0000.de angesichts des schwerpunktmäßig im Lebensmittelbereich liegenden Vollwarensortiments nicht erwartet.
81bb. Für den Streitfall bedarf es keiner Entscheidung des Senats, ob bei der Abwägung der wechselseitigen Interessen zu berücksichtigen ist, dass die Klägerin ein vermeintlich kartellrechtswidriges Selektivvertriebssystem unterhält. Offensichtliche Verstöße gegen das Kartellrecht ergeben sich aus dem Vorbringen der Beklagten nicht und dafür ist auch im Übrigen nichts ersichtlich. Die diesbezüglichen Ausführungen der Berufung bleiben insbesondere vor dem Hintergrund der VO (EU) 2022/720 vom 10. Mai 2022 über die Anwendung des Artikels 101 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen bzw. der Vorgängervorschrift pauschal und substanzlos. Die Beklagte vermag ihr Vorbringen einzig mit dem Hinweis auf die Aussage des in erster Instanz vernommenen Zeugen L. zu substantiieren, der zwar zu entnehmen ist, dass die Klägerin von ihren Depositären eine Art Mindestumsatz verlangt. Ein kartellrechtswidriges Selektivvertriebssystem ist damit aber nicht – nicht einmal ansatzweise - dargetan. Darüber hinaus ist nicht plausibel, dass der durch das Erfordernis von Mindestumsätzen vermeintlich begründete Verstoß gegen das Kartellrecht der Sicherstellung des Luxus- bzw. Prestigeimage der Klagemarke gedient hat, was jedoch zwingende Voraussetzung ist, um diesen Einwand im Rahmen der Interessenabwägung berücksichtigen zu können.
82cc. Nach alledem verbleibt lediglich das Interesse der Beklagten, ihr Image als Vollsortimenter mit Hilfe prestigeträchtiger Markenprodukte aufzubessern. Dieses Interesse der Beklagten wiegt weit geringer als das Interesse der Klägerin, das Image ihrer Klagemarke hoch zu halten.
832.3.
84Der von der Berufung mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2023 erhobene Einwand, der als per se Verbot formulierte Unterlassungstenor der angegriffenen Entscheidung gehe deutlich zu weit, bleibt ohne Erfolg. Der diesbezügliche Vortrag ist ersichtlich nicht auf das vorliegende Verfahren zugeschnitten, da das Landgericht ausweislich des Tenors des angefochtenen Urteils den Verkauf der mit der Klagemarke gekennzeichneten Produkte über die Onlineplattform www.0000.de verboten hat, wenn das Verkaufsumfeld der Online-Plattform durch Rabattwerbung und Streichpreise (wie in Anlage K 20), Finanzierungskauf und/oder Payback-Bonusprogramm (wie in Anlage K 21 – 22) und ein breites Warensortiment aus unterschiedlichen Produktkategorien (wie in Anlage K 17) geprägt wird. Die von den Beklagten erhobene Rüge mangelnder Bestimmtheit erschließt sich nicht. Gleichermaßen erfolglos rügt die Berufung, dass sich aus den Gründen der angegriffenen Entscheidung keine Vorgaben oder sonstige Bewertungskriterien ergäben, anhand derer ein zulässiges, weil nicht rufbeeinträchtigendes Angebot bestimmbar sei. Zu begründen ist einzig, warum die Klägerin berechtigt ist, die Beklagte in der begehrten Form auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen. Ausführungen dazu, welche Art der Warenpräsentation der Beklagten noch zulässig wäre, sind nicht angezeigt.
852.4.
86Die zur Bejahung des Unterlassungsanspruchs erforderliche Wiederholungsgefahr ist aus den vom Landgericht dargelegten Gründen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, zu bejahen.
87B.
88Aufgrund der vorbezeichneten Rechtsverletzung stehen der Klägerin auch die geltend gemachten Folgeansprüche gegen die Beklagte zu. Die landgerichtliche Entscheidung hält auch insoweit der Nachprüfung durch den Senat stand.
891.
90Die Klägerin ist nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 677, 683, 670 BGB berechtigt, von der Beklagten die Erstattung der Kosten für die Abmahnung (Klagantrag zu I 2.) zu verlangen. Die Abmahnkosten berechnen sich auf Grundlage einer 1,3 Geschäftsgebühr nach §§ 13, 14 RVG, Nr. 2300 VV RVG einschließlich einer Auslagenpauschale nach einem Gegenstandswert in Höhe von 120.000,- €. Einwendungen gegen die Höhe der geltend gemachten Kosten erhebt die Beklagte nicht.
912.
92Die Markeninhaberin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Auskunftserteilung gemäß Art. 129 Abs. 2 UMV, § 125 b, § 19 Abs. 1 MarkenG sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht gemäß Art. 129 Abs. 2 UMV, § 125 b, § 14 Abs. 6 MarkenG. Die Beklagte handelte schuldhaft, denn sie hätte erkennen können und müssen, dass sich die Klägerin dem Vertrieb der mit der Klagemarke gekennzeichneten Produkte unter den hier in Rede stehenden Bedingungen widersetzen kann.
93III.
941.
95Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
962.
97Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
983.
99Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen. Die hierfür in § 543 Abs. 2 ZPO niedergelegten Voraussetzungen sind nicht gegeben. Als reine Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
1004.
101Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 30.000,- € festgesetzt. Er ist geringer als der Streitwert der ersten Instanz, weil das Unterlassungsinteresse der Klägerin – wie auch die Beschwer der Beklagten durch die Verurteilung zur Unterlassung – aufgrund der im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens erfolgten Übertragung des Onlinegeschäfts der Beklagten auf die G.-GmbH deutlich niedriger zu bewerten ist. Die Bewertung der Ansprüche auf Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht bleiben davon unberührt. Danach schätzt der Senat den Unterlassungsantrag auf 10.000,- € und die Anträge auf Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht auf zusammen 20.000,- €.
102… … …