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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
Die Beteiligten streiten über die Beschränkung der Einsichtnahme in das sog. Transparenzregister.
2Das Transparenzregister ist ein Instrument im Rahmen des Gesetzes über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz - GwG) vom 23. Juni 2017 (BGBl. I S. 1822), zuletzt geändert durch Artikel 34 Absatz 21 des Gesetzes vom 22. Dezember 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 411, S. 67). Der Zweck des Registers besteht darin, jenseits verschachtelter gesellschaftsrechtlicher Strukturen die natürlichen Personen kenntlich zu machen, die am Ende dieser Strukturen stehen. Diese Erhöhung der Transparenz soll dazu beitragen, den Missbrauch der genannten Vereinigungen und Rechtsgestaltungen zum Zweck der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu verhindern (Gesetzesbegründung BTDrucks 18/11555 S. 89).
3Das Geldwäschegesetz, insbesondere die Regelungen über das Transparenzregister und die Einsichtsberechtigung beruhen auf der Vierten Geldwäsche-Richtlinie (EU) 2015/849,
4Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2006/70/EG der Kommission, ABl. L 141/3,
5in der Fassung der Fünften Geldwäsche-Richtlinie (EU) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 (ABl. 2018, L 156, S. 43),
6Richtlinie (EU) 2018/843 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinien 2009/138/EG und 2013/36/EU, ABl. L 141/43,
7- im Folgenden: Richtlinie (EU) 2015/849 (modifiziert). Maßgeblich ist hier Art. 30 der Richtlinie (EU) 2015/849 (modifiziert).
8Nach § 18 Abs. 1 GwG wird ein Register zur Erfassung und Zugänglichmachung von Angaben über den wirtschaftlich Berechtigten (Transparenzregister) eingerichtet. Das Transparenzregister wird als hoheitliche Aufgabe des Bundes von der Beklagten als registerführender Stelle elektronisch geführt. Daten, die im Transparenzregister gespeichert sind, werden als chronologische Datensammlung angelegt, § 18 Abs. 2 GwG. Wirtschaftlich Berechtigter im Sinne des GwG ist unter anderem die natürliche Person, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle eine juristische Person, sonstige Gesellschaft oder eine Rechtsgestaltung im Sinne des § 3 Abs. 3 GwG letztlich steht, § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GwG. Bei juristischen Personen (außer rechtsfähigen Stiftungen und bei sonstigen Gesellschaften, die nicht an einem organisierten Markt nach § 2 Abs. 11 des Wertpapierhandelsgesetzes notiert sind und keinen dem Gemeinschaftsrecht entsprechenden Transparenzanforderungen im Hinblick auf Stimmrechtsanteile oder gleichwertigen internationalen Standards unterliegen) zählt nach § 3 Abs. 2 Satz 1 GwG zu den wirtschaftlich Berechtigten jede natürliche Person, die unmittelbar oder mittelbar mehr als 25 Prozent der Kapitalanteile hält (Nr. 1), mehr als 25 Prozent der Stimmrechte kontrolliert (Nr. 2) oder auf vergleichbare Weise Kontrolle ausübt (Nr. 3). Den wirtschaftlich Berechtigten bei rechtsfähigen Stiftungen regelt im Einzelnen § 3 Abs. 3 GwG. Verpflichtete, d.h. Adressaten des GwG, aber auch mögliche (Mit-)Täter einer Geldwäsche nach § 261 StGB sind in § 2 GwG im Einzelnen aufgelistet, vor allem Banken und Zahlungsdienstleister sowie Gewerbetreibende.
9Nach § 19 Abs. 1 GwG sind im Transparenzregister im Hinblick auf Vereinigungen nach § 20 Abs. 1 Satz 1 GwG und Rechtsgestaltungen nach § 21 GwG folgende Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten nach Maßgabe des § 23 GwG zugänglich: der Vor- und Nachname (Nr. 1), das Geburtsdatum (Nr. 2), der Wohnort (Nr. 3), Art. und Umfang des wirtschaftlichen Interesses (Nr. 4) sowie alle Staatsangehörigkeiten (Nr. 5).
10Zugängliche Dokumente und Einsichtnahme in das Transparenzregister sind in § 22 und § 23 GwG geregelt. So sind über die Internetseite des Transparenzregisters nach Maßgabe des § 23 zugänglich unter anderem Listen der Gesellschafter von Gesellschaften mit beschränkter Haftung sowie Gesellschafterverträge (§ 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GwG) und Eintragungen im Handelsregister (§ 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GwG). Zugänglich in dem nach den besonderen registerrechtlichen Vorschriften für die Einsicht geregelten Umfang sind nur solche Dokumente und Eintragungen (nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 9 GwG), die aus dem Handelsregister, Genossenschaftsregister, Partnerschaftsregister, Unternehmensregister oder Vereinsregister elektronisch abrufbar sind, § 22 Abs. 1 Satz 2 GwG. Weitere Einzelheiten regelt die Transparenzregistereinsichtnahmeverordnung (TrEinV),
11Verordnung über die Einsichtnahme in das Transparenzregister (Transparenzregistereinsichtnahmeverordnung - TrEinV) vom 19. Dezember 2017 (BGBl. I S. 3984), geändert durch Artikel 11 des Gesetzes vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2083) sowie neu erlassen aufgrund von § 23 Abs. 7 GwG n. F. unter dem 16. März 2023 (BGBl. I Nr. 83).
12Der 0000 geborene Kläger ist persönlich haftender Gesellschafter der T. KG. Das Wirtschaftsmagazin H. schätzte im September 2019 das Gesamtvermögen des Klägers auf ca. 00,0 Milliarden Euro; aufgrund des Ukraine-Kriegs und der daraus folgenden Krisen soll sein Vermögen auf 00 Milliarden EUR geschrumpft sein. Laut dem Bloomberg Billionaires Index belegte er mit Stand 00.00.2021 und einem geschätzten Vermögen von 00 Milliarden US-Dollar den 00. Platz auf der Rangliste der reichsten Menschen der Welt. Das Magazin V. schätzte 2023 das Vermögen des Klägers auf 00,0 Milliarden US-Dollar, womit er auf Platz 0 in der Liste der reichsten Deutschen stünde. Er galt eine Zeit lang nach unterschiedlichsten Vermögensschätzungen als die reichste Einzelperson in Deutschland. Im März 2024 schätzte das Magazin V. das Vermögen des Klägers auf etwa 00 Milliarden Euro, womit er im innerdeutschen Vergleich den 0. Platz einnähme und auf Platz 00 der reichsten Menschen der Welt stünde. Obwohl der Kläger seit den 2010er Jahren als einer der reichsten Menschen in Deutschland gilt, existieren in den Medien keine Filmaufnahmen, lediglich wenige Fotos sind in der Presse bzw. Google-Bildersuche in Deutschland bekannt. Er gilt als extrem öffentlichkeitsscheu, verschleiert seine Identität und lehnt alle Arten von Interviews ab. Der Kläger ist wirtschaftlich Berechtigter von 000 rechtlichen Einheiten.
13Am 18. Dezember 2017 beantragte der Kläger die vollständige Beschränkung der Einsichtnahme in das Transparenzregister nach § 23 Abs. 2 GwG a.F. für seine über 000 „wirtschaftlichen Einheiten“, unter anderem für die im Folgenden genannten zehn. Die Entscheidung über die im Übrigen gestellten Beschränkungsanträge ist im Hinblick auf das vorliegende Klageverfahren ausgesetzt. Das Klageverfahren betrifft die wirtschaftlichen Einheiten
14- Q. D. Stiftung (gemeinnützig), O.
15- Einkaufscenter J. Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG, L.
16- A. Beteiligungs GmbH, Z. (verschmolzen mit P. GmbH & Co. KG und zum 00.00.2019 gelöscht)
17- X. Beteiligungs-GmbH, L.
18- D. Beteiligungs-KG, M.
19- I. GmbH & Co. KG, K.
20- U. Beteiligungs-GmbH, K.
21- U. GmbH & Co. KG, K.
22- S. E. GmbH & Co. KG, E.
23- S. Verwaltungs-GmbH, E.
24Zur Begründung führte er aus, dass die meisten der vorgenannten juristischen Personen (= Vereinigungen im Sinne des § 23 GwG) Teil der D. Gruppe seien, deren Umsatz im zweistelligen Milliardenbereich liege. Er halte 100 % an der D. Beteiligungs-KG, die obere Holdinggesellschaft der D. Gruppe sei. Über ihn werde berichtet, dass er reichster Deutscher sei. Die Einsichtnahme in das Transparenzregister setze ihn der Gefahr aus, Opfer einer der in § 23 Abs. 2 GwG genannten Straftaten zu werden. Zu seinem Schutz vor Straftaten gegen seine Person bzw. gegen sein Vermögen sei daher sicherzustellen, dass persönliche Angaben nicht im Transparenzregister einsehbar seien. Nach § 19 Abs. 1 GwG seien über das Transparenzregister zum wirtschaftlich Berechtigten zugänglich Vor- und Nachname, Geburtsdatum, Wohnort sowie Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses. Die Offenlegung der Kombination dieser Daten begründe die Gefahr, dass Dritte weitere private Daten oder sogar die genaue Wohnanschrift des Klägers ermitteln könnten. Dies erhöhe die Gefahr, Opfer einer der Katalogstraftaten zu werden, erheblich. Aus diesem Grunde sei bereits im Melderegister eine Auskunftssperre nach § 51 BMG für alle seine Wohnsitze eingetragen. An seiner Person bestehe ein erhebliches Interesse von Medienvertretern und Privatdetektiven. [„...“] Für die melderechtliche Auskunftssperre sei anerkannt, dass dafür bereits die Zugehörigkeit zu einer abstrakt gefährdeten Gruppe ausreiche. Der Kläger gehöre zu einer sehr kleinen Gruppe außerordentlich vermögender Menschen in Deutschland; deren besondere Gefährdung im Hinblick auf Entführungen und/oder Erpressungen sei aus öffentlichen Quellen bekannt (Familien Oetker, Quandt, von Metzler, Würth). Seine Daten ergäben sich auch nicht im Sinne des § 23 Abs. 2 Satz 3 GwG aus anderen öffentlichen Registern, die im Hinblick auf die genannten Vereinigungen geführt würden. Die schutzwürdigen Interessen überwögen die Interessen der in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 GwG genannten Personengruppen. Der der Regelung zugrundeliegende Transparenzgedanke müsse gegenüber seinen Interessen zurücktreten, zumal ohnehin bekannt sei, dass er Eigentümer der D. Gruppe sei.
25Ende Dezember 2017 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die auf § 23 Abs. 5 GwG a. F. gestützte Transparenzregistereinsichtnahmeverordnung in Kraft getreten sei; es werde Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme gegeben. Entsprechend der Regelung in § 14 Abs. 1 TrEinV a. F. sei eine vorläufige Beschränkung der Einsichtnahme vorgenommen worden.
26Mit Bescheiden vom 12. März 2019 lehnte die Beklagte die Beschränkungsanträge ab. Zur Begründung wurde - in unterschiedlicher Länge - im Wesentlichen angeführt, nach § 23 Abs. 2 Satz 1 GwG i.V.m. § 14 Abs. 2 TrEinV a. F. beschränke die Beklagte als registerführende Stelle auf Antrag des Berechtigten die Einsichtnahme ganz oder teilweise, wenn ihr der wirtschaftlich Berechtigte darlege, dass der Einsichtnahme unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls überwiegende schutzwürdige Interessen des wirtschaftlich Berechtigten entgegenstehen würden. Allerdings könnten gemäß § 23 Abs. 2 Satz 3 GwG solche schutzwürdigen Interessen des wirtschaftlich Berechtigten nicht vorliegen, wenn sich die Daten zum wirtschaftlich Berechtigten bereits aus anderen öffentlichen Registern ergäben. Dies sei hinsichtlich des Klägers der Fall. Die Daten, insbesondere dessen Stellung als wirtschaftlich Berechtigter der beantragten Rechtseinheit (D. Beteiligungs-KG und der Einkaufscenter J. Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG) ergäben sich bereits aus dem aktuellen sowie chronologischen Abdruck des Handelsregisters und damit aus einem öffentlichen Register im Sinne des § 23 Abs. 2 Satz 3 GwG. Mangels eines schutzwürdigen Interesses scheide daher eine Beschränkung der Einsichtnahme aus. Des Weiteren ergäben sich Umfang und Beteiligung schon aus allgemein zugänglichen Quellen (insbesondere Wikipedia). Hinsichtlich der übrigen wirtschaftlichen Einheiten wurde ausgeführt, das Bestehen eines schutzwürdigen Interesses setze hinreichend dichte Tatsachenfeststellungen voraus, aus denen sich bei abstrakt-genereller Betrachtung nach allgemeiner Lebenserfahrung das Vorliegen einer Gefahr für alle Personen in vergleichbarer Situation ergebe. Dies müsse für eine Vereinigung konkret dargelegt werden. Zu dem Bestehen einer solchen Gefahr könnten (so die Begründung der TrEinV, S. 6) mitunter folgende Tatsachen beitragen, wobei immer eine Gesamtschau erforderlich sei: (i) der Umfang des Vermögens des wirtschaftlich Berechtigten, (ii) die Tatsache, dass der wirtschaftlich Berechtigte bereits in der Vergangenheit Opfer von derartigen Straftaten geworden ist bzw. es Anhaltspunkte für solche Planungen gab, (iii) das Wohnsitzland des wirtschaftlich Berechtigten, wenn dort aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage ein herausgehobenes Risiko für einen vermögenden wirtschaftlich Berechtigten besteht, Opfer der genannten Straftaten zu werden. Die Überschreitung der maßgeblichen Gefahrenschwelle lasse sich nur in Bezug auf eine konkrete Person unter Darlegung ihrer Verhältnisse belegen. Darüber hinaus sei bei einer Einsichtnahme durch „alle Mitglieder der Öffentlichkeit“ nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG der Umfang der Einsichtnahme bereits gesetzlich beschränkt; er erstrecke sich nach § 23 Abs. 1 Satz 3 GwG nur auf Vor- und Nachname, Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses Monat und Jahr der Geburt des wirtschaftliche berechtigten, sein Wohnsitzland (Deutschland) und alle Staatsangehörigkeiten. Zwar sei für den Kläger wegen seines Vermögensumfangs abstrakt die Gefahr gegeben, Opfer einer der Katalogstraftaten zu werden. Jedoch sei der Umfang des Vermögens bereits öffentlich bekannt, Angaben dazu seien im Internet und in Magazinen frei verfügbar. Durch das Transparenzregister würden daher keine neuen Informationen preisgegeben. Allein die zusätzliche Angabe des Wohnorts im Transparenzregister erhöhe die genannte abstrakte Gefahr nicht in erheblicher Weise; zur Ermittlung der genauen Adresse seien erhebliche Anstrengungen notwendig - zumal der Kläger in einer größeren Stadt wohne. Die Anforderungen des § 23 Abs. 2 Satz 1 GwG seien mit den Voraussetzungen der Eintragung einer Auskunftssperre im Melderegister nach § 51 BMG nicht vergleichbar. Auch bestehe insoweit keine Bindungswirkung; die zur Auskunftssperre führenden Tatsachen habe der Kläger nicht vorgetragen; diese würden bei einem entsprechenden Vortrag von der Beklagten berücksichtigt. Überdies sei die Einrichtung und Führung des Transparenzregisters europarechtlich vorgeschrieben. Aus dem Medieninteresse bzw. dem von Privatdetektiven ergebe sich keine konkrete Gefahr der Begehung von Straftaten.
27Mit seinem rechtzeitig eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, die Anforderungen an ein berechtigtes Interesse nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG a.F. für eine Einsichtnahme durch Dritte seien sehr niedrig. Korrespondierend dazu müssten aus Gründen der Verhältnismäßigkeit auch die Anforderungen an das überwiegende schutzwürdige Interesse des wirtschaftlich Berechtigten heruntergeschraubt werden. Auch das hier betroffene hohe Rechtsgut des Lebens führe nach allgemeinen polizei- und ordnungsrechtlichen Grundsätzen zu einer Absenkung der Anforderungen an die Darlegung des Schutzinteresses. Auch seien hinreichende Tatsachen im Sinne des § 23 Abs. 2 Satz 1 GwG dargelegt worden, dies gelte insbesondere aufgrund des Hinweises auf sein immenses Vermögen. Dessen Höhe lasse sich bei einer Einsichtnahme in das Transparenzregister genauer abschätzen. Dass bei einer Einsichtnahme nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG nur der Wohnort ersichtlich sei, stelle keine Sicherung dar; nur in seltenen Fällen kämen wegen einer Namensdopplung Alternativen in Betracht. Das öffentliche Interesse an der Familie D./Familie C. sei nach wie vor sehr hoch. Auch wenn keine Bindungswirkung der Eintragung einer Auskunftssperre im Melderegister bestehe, so gehe der Gesetzgeber doch von einem Gleichlauf der Anforderungen aus; dies ergebe sich aus der Begründung der Transparenzregistereinsichtnahmeverordnung. Die Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen des Klägers sei auch nicht nach § 23 Abs. 2 Satz 3 GwG ausgeschlossen. Zwar seien nach § 40 Nr. 3 Satz 1 Buchstabe b Handelsregisterverordnung (HRV) bei Handelsgesellschaften die persönlich haftenden Gesellschafter mit Familiennamen, Vornamen, Geburtsdatum und Wohnort anzugeben. Im Transparenzregister seien darüber hinaus jedoch auch gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 4 GwG Angaben zu Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses des wirtschaftlich Berechtigten hinterlegt. Der Inhalt des Transparenzregisters gehe demnach insofern über den des Handelsregisters hinaus, als neben der Stellung als persönlich haftender Gesellschafter gem. § 19 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a GwG auch die Höhe der Kapitalanteile oder der Stimmrechte einsehbar seien. Diese schaffe Anreize für die Begehung der Katalogstraftaten. Maßgeblich für den Ausschlussgrund des § 23 Abs. 2 Satz 3 GwG sei nach der Begründung der Transparenzregistereinsichtnahmeverordnung, dass exakt die Angabe nach § 19 GwG aus einem anderen öffentlichen Register einsehbar seien. Schon das Geltendmachen der geschützten Interessen führe nach der Begründung der Transparenzregistereinsichtnahmeverordnung zu einem Überwiegen des Schutzinteresses des wirtschaftlich Berechtigten.
28Mit Widerspruchsbescheiden vom 10. September 2019 wies das Bundesverwaltungsamt die Widersprüche als unbegründet zurück und führte betreffend die D. Beteiligungs-KG und die Einkaufscenter J. Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG aus, die Voraussetzungen einer Beschränkung der Einsichtnahme nach § 23 Abs. 2 GwG i.V.m. § 14 Abs. 2 TrEinV seien nicht gegeben. Hinreichend konkrete Tatsachen hinsichtlich der D. Beteiligungs-KG lägen nicht vor. Der Vortrag, das Vermögen des Klägers sei sehr groß, rechtfertige keine Beschränkung. Dies treffe auf viele der in das Transparenzregister einzutragenden wirtschaftlich Berechtigten zu und sei auch der Grund für die Einführung des Transparenzregisters; der Umfang des Vermögens könne daher keinen Grund darstellen. Die genannten Entführungsfälle ließen keinen Bezug zum Kläger erkennen. Weiterer Vortrag sei nicht erfolgt. Selbst bei Annahme eines ausreichenden schutzwürdigen Interesses des Klägers würden diese nicht überwiegen. Die Angaben zum Kläger seien bereits öffentlich bekannt, sein Name sei in der Öffentlichkeit mit dem milliardenschweren C.-Konzern verbunden. Das Geburtsdatum und der Wohnort seien bereits aus dem aktuellen Abdruck des Handelsregisters zu entnehmen. Für die Q. D. Stiftung ergebe sich dies aus dem Stiftungsverzeichnis des Bundeslandes G.. [„...“]. Diese Niederschrift sei elektronisch aus dem Handelsregistereintrag der D. Beteiligungs-KG abrufbar. Die Q. D. W. GmbH als nicht von der Vertretung ausgeschlossene persönlich haftende Gesellschafterin der D. Beteiligungs-KG werde vom Kläger kontrolliert, was dem entsprechenden Gesellschaftsvertrag vom 9. März 2018 zu entnehmen sei. Damit sei auch die (starke) wirtschaftliche Berechtigung des Klägers an der D. Beteiligungs-KG bekannt. Durch die Eintragung und Einsichtnahme in das Transparenzregister der D. Beteiligungs-KG würden daher keine nicht bereits öffentlich bekannten Informationen preisgegeben. Auch für die übrigen Gesellschaften sei dem Beschränkungsantrag nicht zu entsprechen. Die wirtschaftliche Berechtigung für die Q. D. Stiftung ergebe sich aus dem Stiftungsverzeichnis des Bundeslandes G..
29Am 9. Oktober 2019 hat der Kläger Klage erhoben.
30Zur Begründung wiederholt und vertieft der Kläger zunächst seinen Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren zu seiner Gefährdung und der Präsenz in den Medien. Diese Gefährdung aufgrund seines großen Vermögens von geschätzt 00,0 Milliarden EUR bestehe nicht nur für ihn, sondern auch für seine engsten Familienmitglieder. Die Gefahr, Opfer einer der Katalogstraftaten zu werden, steige erfahrungsgemäß mit der Höhe des Vermögens; dies folge auch aus der Begründung der Transparenzregistereinsichtnahmeverordnung (TrEinV), die diesen als einen - nicht kumulativ zu verstehenden - Umstand nenne. Auf die Vielzahl der Entführungsfälle sei hinzuweisen (Albrecht, Oetker, Springer, Reemtsma, von Metzler, Schlecker, Quandt, Würth), der Kläger oder seine Familie müssten nicht erst selbst Opfer einer Katalogstraftat geworden sein, um die Beschränkung zu erreichen, wie das Bundesverwaltungsamt meine. Überdies müssten die Anforderungen an die Darlegung an eine Gefährdung mit denjenigen korrespondieren, die an die Annahme eines berechtigten Interesses für die Einsichtnahme gestellt würden. Je geringer die insofern anzunehmende Schwelle angesetzt werde, desto geringer müssten auch die Darlegungsanforderungen für die Annahme einer Beschränkung der Einsichtnahme herabgesetzt werden; dies verlange der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund des - bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 22. November 2022 - voraussetzungslosen Einsichtsrechts nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 GwG mit dem Wegfall des berechtigten Interesses.
31Für die Gefährdung sei die Einsichtnahmemöglichkeit in das Transparenzregister auch kausal; auf die verfügbaren ähnlichen Angaben in - nicht eine dem Transparenzregister vergleichbare Glaubwürdigkeit besitzenden - digitalen Medien komme es nicht an. Nichts anderes gelte für die Teilangaben in anderen, in § 22 Abs. 1 GwG genannten öffentlichen Registern - vor dem Hintergrund dieser Norm komme es etwa für die Q.-D.-Stiftung nicht auf das Stiftungsregister G. an. Dies sei vor allem im Hinblick auf den Auskunftsumfang gegenüber Verpflichteten gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Abs. 1 Nr. 4 bis Nr. 6 und Nr. 8 bis Nr. 16 GwG der Fall, denen gegenüber die Auskunft ohne Einschränkungen, d. h. mit vollständigem Geburtsdatum und vollständigem Wohnort, erteilt werde - und das, ohne dass der Verpflichtete seine Berechtigung zur Auskunftserteilung qualifiziert (etwa durch Dokumente) nachweisen müsse. Insofern bestehe bei diesem sehr großen Kreis der Verpflichteten eine erhebliche Missbrauchsgefahr. Auch könne der Versagungsgrund des § 23 Abs. 2 Satz 3 GwG - Daten bereits in anderen Registern enthalten - nicht so begründet werden, dass er erfüllt sei, wenn sich die fraglichen Daten bereits aus dem Registereintrag zu einer anderen Gesellschaft ergäben - der Versagungsgrund greife vielmehr nur dann, wenn sich die Daten aus einem anderen öffentlichen Register betreffend dieselbe Gesellschaft etc. ergäben. Dies folge aus der Begründung der TrEinV. Ansonsten würde die Eintragung für eine Gesellschaft dazu führen, dass auch für alle anderen Gesellschaften keine Beschränkungsmöglichkeit für den wirtschaftlich Berechtigten bestehe. Des Weiteren reiche es in diesem Zusammenhang nicht aus, dass sich die nach dem Auskunftsanspruch des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 GwG mitzuteilenden Angaben nur teilweise in anderen öffentlichen Registern finden würden. So seien für die D.-Beteiligungs-KG und die Einkaufcenter J. Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG aus dem Handelsregister nicht Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses ersichtlich. Nach der Begründung der Transparenzregistereinsichtnahmeverordnung müsse aber insoweit Deckungsgleichheit bestehen. § 23 Abs. 2 Satz 3 GwG schließe das überwiegende schutzwürdige Interesse vorliegend nicht aus. Denn die Vorschrift greife nicht, wenn sich diese Daten aus einem öffentlichen Register zu einer anderen Gesellschaft ergäben. Der Schutz des § 23 Abs. 2 Satz 1 GwG würde leerlaufen, wenn wegen der Eintragung bei einer Gesellschaft kein überwiegendes schutzwürdiges Interesse mehr für alle anderen Gesellschaften ergebe, bei denen die fraglichen Daten bzw. die Tatsache der wirtschaftlichen Berechtigung nicht aus einem anderen öffentlichen Register erkennbar seien. Hinsichtlich anderer wirtschaftlicher Einheiten (U. GmbH & Co. KG, K.; U. Beteiligungs-GmbH, K.; S. E. GmbH & Co. KG, E.; S. Verwaltungs-GmbH, E.; I. GmbH & Co. KG, K.; A. Beteiligungs GmbH, Z. <verschmolzen mit R. P. GmbH & Co. KG, Y. und gelöscht; R. P. GmbH & Co. KG, Y.; Q. D. Stiftung (gemeinnützig), O.) ergäben sich keine Angaben in Bezug auf den Kläger aus anderen öffentlich zugänglichen Registern, so dass § 23 Abs. 2 Satz 3 GwG der Beschränkung nicht im Wege stehe. In Bezug auf die Einkaufscenter J. Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG, L., und die D.-Beteiligungs-KG, M., ergäben sich lediglich Name, Wohnort und Geburtsdatum des Klägers aus dem Handelsregister, nicht jedoch Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses. Auch insofern sei nicht ausreichend, dass sich letzteres aus Eintragungen in anderen öffentlichen Registern (teilweise) ergebe. Denn nach der Begründung zur Transparenzregistereinsichtnahmeverordnung müssten die Angaben nach § 19 GwG in dem anderen öffentlichen Register enthalten sein. Aufgrund der Recherchemöglichketen durch das Internet werde das Risiko, Opfer einer der Katalogstraftaten zu werden, durch jede weitere Information signifikant erhöht. Auch dies müsse dazu führen, dass die Information über den Kläger auf ein absolutes Mindestmaß beschränkt werden müsse. Insoweit sei auch die Gefährdung seiner Ehefrau mit in den Blick zu nehmen. Durch die seriöse Quelle Transparenzregister, das nach § 18 Abs. 2 Satz 1 GwG als hoheitliche Aufgabe geführt werde, oder m.a.W. amtliche Verifizierung, werde das Risiko auch bei allgemein bekannten Tatsachen - das erhebliche Vermögen des Klägers - kausal und nennenswert erhöht. Mit der Eintragung sei zudem eine Weiterverbreitung der allgemein bekannten Tatsachen verbunden. Auch ergebe sich aus dem Transparenzregister stets die aktuelle Datenlage, gerade für die brisante Information über den Wohnort des Klägers. Weiter müsse der allgemeine gefahrenabwehrrechtliche Grundsatz berücksichtigt werden, dass je nach Rang des gefährdeten Rechtsgutes (Leben und Gesundheit sowie persönliche Freiheit) die Darlegungsanforderungen geringer anzusetzen seien. Dabei komme es nicht darauf an, dass sich sämtliche Tatsachen, die zu der anzunehmenden Gefährdung führten, aus dem Transparenzregister selbst ergäben. Dies fordere der Wortlaut des § 23 Abs. 2 Satz 1 GwG nicht. Insofern reiche es aus, dass bei bereits allgemein bekannten Tatsachen - wie hier hinsichtlich des Vermögens des Klägers - sich die Gefahr durch Eintragung und Einsichtnahme in das Transparenzregister erhöhe. Die Gefahr erwachse insofern nicht aus dem Bekanntwerden der Vermögensverhältnisse, sondern aus dem Bekanntwerden der weiteren durch das Transparenzregister einsehbaren Daten wie Wohnort und Geburtsdatum. Darüber hinaus macht er geltend, durch die Einsichtnahme in das Transparenzregister werde sein Schutz durch die Auskunfts- und Übermittlungssperre nach § 51 BMG entwertet. Insofern seien nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der Begründung der Transparenzregistereinsichtnahmeverordnung durchaus Parallelen in der Bewertung der Gefährdungslage anzunehmen. Auch aus gruppenspezifischen abstrakten Gefahren könnte eine Gefährdung angenommen werden. Dies zeige sich auch in einer Parallele zu den in § 18 Abs. 3 BMG (in der ursprünglichen Fassung) genannten Diensten (BfV, BKA, BND, MAD, Bundespolizei, GBA etc.); auch für diese könne die Behörde nur eine allgemeine Gefährdung dartun. Die Gruppe der „Superreichen“ - sehr Vermögenden - sei demgegenüber noch viel kleiner. Auch werde dieser durch § 51 BMG gewährleistete Schutz dadurch entwertet, dass der Auskunftsanspruch nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG (alle Mitglieder der Öffentlichkeit) nunmehr nach der Neufassung ab Januar 2020 voraussetzungslos sei. Insofern sei weiter zu berücksichtigen, dass aufgrund der jüngsten Entwicklung betreffend die Gefährdung von Politikern (etwa Fall Lübcke) die Voraussetzungen für eine Auskunftssperre nach der Parallelvorschrift des § 51 BMG typisierend herabgesetzt werden sollten.
32Seien damit Tatsachen gegeben, die die schutzwürdigen Interessen des Klägers belegten, sei (auch nach der amtlichen Begründung der TrEinV) in der Regel von einem Überwiegen der Interessen des wirtschaftlich Berechtigten auszugehen. Insgesamt ergebe sich aufgrund der Gesamtschau der genannten Argumente und der erheblichen Gefahren ein Überwiegen der schutzwürdigen Interessen des Klägers.
33Überdies seien die Regelungen der Transparenzpflicht nach § 20 Abs. 1 GwG sowie das Recht zur Einsichtnahme nach § 23 Abs. 1 Satz 1 GwG im Hinblick auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der wirtschaftlich Berechtigten und der Unternehmen (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) verfassungswidrig und unionsrechtswidrig; es liege insoweit ein Verstoß gegen Art. 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GrCh) und Art. 8 GrCh vor - jedenfalls dann, wenn keine Beschränkung der Einsichtnahme erfolge. Denn die genannten Regelungen des GwG seien ungeeignet, nicht erforderlich und jedenfalls unangemessen. Insofern werde weiter auf das Gutachten von Di Fabio, „Transparenzpflichten für Unternehmen nach dem Geldwäschegesetz. Eine verfassungs- und europarechtliche Bewertung“, März 2020, verwiesen. Dieser stelle bereits die Geeignetheit der Regelungen des GwG zur Nachverfolgung von Finanzströmen in Frage; jedenfalls die öffentliche Einsehbarkeit der Daten sei für das Erreichen dieses Ziels ungeeignet.
34Die in der mündlichen Verhandlung seitens der Beklagten geschilderte restriktive Entscheidungspraxis hinsichtlich der „Superreichen“ verkenne die Eingriffsschwere und werde der auch vom EuGH betonten Bedeutung der Gewährleistungen der Art. 7 und 8 GrCh nicht gerecht. Mit den (jedenfalls dem Sammeln der) im Transparenzregister verfügbaren Daten lasse sich ein mehr oder weniger umfassendes Profil erstellen (persönliche Identifizierungsdaten, Vermögenslage, Wirtschaftssektoren, Länder, spezifische Unternehmen). Zwar sei die Zugangsschwelle nach der Entscheidung des EuGH hinsichtlich der nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG Einsichtsberechtigten zu erhöhen und ein berechtigtes Interesse für die Einsicht zu fordern, aber auch die Anforderungen an diesen Einsichtstatbestand seien eher gering. Die Sachverhaltsermittlung seitens der Beklagten sei zu einseitig zu Lasten des Klägers erfolgt; zwar ließen sich den „unendlichen Weiten“ des Internets einige (nicht immer seriös abgesicherte) Information zum Kläger entnehmen - dennoch seien die Informationen über den Kläger mengenmäßig gering. Bilder seien kaum zu finden, es existierten Informationen über ihn, aber nicht von ihm. Es sei - auch nach den Maßstäben der Beklagten - danach zu differenzieren, ob der Betroffene freizügig mit Informationen über sich und seine Vermögensverhältnisse umgehe oder ob jemand alle ihm möglichen Schutzmaßnahmen ergreife, sein Privatleben erheblich einschränke - wie der Kläger - und dann die Beschränkung begehre.
35Es komme auch zu einer beachtlichen Risikoerhöhung durch die Einsehbarkeit der Daten im Transparenzregister. Die Daten im Handelsregister müssten nicht zwangsläufig übereinstimmen. Auch ergäben sich die maßgeblichen Informationen des Transparenzregisters nicht bereits aus anderen Registern. Hinsichtlich der in Rede stehenden OHGs und KGs ergäben sich zwar Informationen über die persönliche Haftung des Klägers bzw. dessen Stellung als Kommanditist; diese seien aber nicht gleichzusetzen mit denjenigen als wirtschaftlich Berechtigter im Transparenzregister: Dem Transparenzregister sei die genaue Höhe der Kapitalanteile des Klägers an der wirtschaftlichen Einheit zu entnehmen. Das Stiftungsverzeichnis könne nicht herangezogen werden, es werde in § 22 Abs. 1 GwG gerade nicht als Vergleichsregister genannt - was die Beklagte in ihren Anwendungshinweisen auch an anderer Stelle berücksichtige. Bei einigen Gesellschaften sei ein Bezug zum Kläger nur über eine dritte Gesellschaft herstellbar. Mittelbare Beteiligungsstrukturen reichten aber nicht aus. Insofern stelle sich auch die Grundsatzfrage: Wenn mit einer Zusammenschau unterschiedlicher Eintragungen im Handelsregister auf den wirtschaftlich Berechtigten geschlossen werden könne und dürfe, laufe die Beschränkungsmöglichkeit leer und das Transparenzregister wäre letztlich überflüssig. Eine solche Wertung widerspreche aber auch der Sicht des Gesetzgebers, der die Mitteilungspflichten in § 20 Abs. 2 GwG a. F. ersatzlos gestrichen habe. Bei auch von der Beklagten genannten fünf Gesellschaften sei erst aus dem Transparenzregister der Bezug zum Kläger ersichtlich. Die Schutzbedürftigkeit des Klägers hänge nicht von der Werthaltigkeit der wirtschaftlichen Einheit ab; sie könne sich auch aus einer Kumulierung von mehreren, für sich genommen wenig werthaltigen wirtschaftlichen Einheiten ergeben. Die Argumentation, mit der die Beklagte einen Bezug zum Kläger herstellen wolle, trage teilweise nicht.
36Der Kläger beantragt,
37die Bescheide der Beklagten vom 12. März 2019 zu den Antragsnummern N01 (D. Beteiligungs-KG, M.), N02 (U. GmbH & Co. KG, K.), N03 (I. GmbH & Co. KG, K.), N04 (S. E. GmbH & Co. KG, E.), N05 (Einkaufscenter J. Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG, L.), N06 (Q. D. Stiftung (gemeinnützig), O.), N07 (U. Beteiligungs-GmbH, K.), N08 (ehemals: A. Beteiligungs GmbH, Z.) und N09 (S. Verwaltungs-GmbH, E.) und N10 (X. Beteiligungs GmbH, L.),
38jeweils in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 10. September 2019 des Bundesverwaltungsamts zu den Aktenzeichen TR3000-00/19 (D. Beteiligungs-KG, M.), TR3000-00/19 (U. GmbH & Co. KG, K.), TR3000-00/19 (I. GmbH & Co. KG, K.), TR3000-00/19 (S. E. GmbH & Co. KG, E.), TR3000-00/19 (Einkaufscenter J. Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG, L.), TR3000-00/19 (Q. D. Stiftung (gemeinnützig), O.), TR3000-00/19 (U. Beteiligungs-GmbH, K.), TR3000-00/19 (R. P. GmbH & Co. KG, Y., - ehemals: A. Beteiligungs GmbH, Z.) und TR3000-00/19 (S. Verwaltungs-GmbH, E.) und TR 3000-00/19 (X. Beteiligungs GmbH, L.), aufzuheben
39und
40die Beklagte zu verpflichten, die Einsichtnahme in das Transparenzregister betreffend die Vereinigungen D. Beteiligungs-KG, M., U. GmbH & Co. KG, K., I. GmbH & Co. KG, K., S. E. GmbH & Co. KG, E., Einkaufscenter J. Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG, L., Q. D. Stiftung (gemeinnützig), O., U. Beteiligungs-GmbH, K., R. P. GmbH & Co. KG, Y., (ehemals: A. Beteiligungs GmbH, Z.) und S. Verwaltungs-GmbH, E., und X. Beteiligungs GmbH, L., vollständig zu beschränken.
41Die Beklagte beantragt,
42die Klage abzuweisen.
43Zur Begründung trägt sie unter Bezugnahme auf die angefochtenen Bescheide vor, der Kläger habe eine - wenn auch ausreichende abstrakte - Gefährdung nicht hinreichend dargelegt, auch dafür bedürfe es konkreter Anhaltspunkte. Auch reiche ein schutzwürdiges Interesse nicht aus, sondern es müsse sich um ein überwiegendes Interesse handeln. Dies gebe der Vortrag des Klägers nicht her. Die Berufung auf ein außerordentlich großes Vermögen sei allein nicht genügend; dies sei nur ein Indiz. Aus der Tatsache der wirtschaftlichen Berechtigung an einer konkreten Rechtseinheit (hier den Handelsgesellschaften) ergäben sich keine Rückschlüsse auf das Vermögen des Klägers; dazu müsse die Rechtseinheit selbst besonders vermögenshaltig sein. Dazu fehlten - bis auf die D.-Beteiligungs-KG und die Q.-D. Stiftung, denen jeweils eine zentrale Bedeutung in der Unternehmensgruppe des Klägers zugeschrieben werde - die notwendigen Angaben. Erforderlich sei die Darlegung bzw. der Rückschluss auf eine spezifische Gefährdung dergestalt, dass die mögliche Einsichtnahme die stets gegebene abstrakte Gefahr in Bezug auf den konkreten wirtschaftlich Berechtigten erhöhe.
44Unabhängig davon würden die Angaben die spezifische abstrakte Gefahr für den Kläger nicht erhöhen. Insofern seien nach der zugrunde liegenden Vierten Geldwäscherichtlinie, „außergewöhnliche Umstände“ erforderlich, was der deutsche Gesetzgeber in § 23 GwG umgesetzt habe. Diese Gefahrenabwägung und diese hohen Anforderungen habe der Richtliniengeber auch durch die Fünfte Geldwäscherichtlinie bestätigt. Auch dies habe der Bundesgesetzgeber bei der Umsetzung berücksichtigt. Daher gehe das Argument des Klägers fehl, wegen der Absenkung der Anforderungen an das Einsichtsrecht durch jedermann müssten auch korrespondierend die Maßstäbe für das überwiegende Interesse des wirtschaftlich Berechtigten abgesenkt werden. Auf andere Entführungs- oder Gefährdungsfälle komme es nicht an, nach der Begründung der TrEinV sei allein maßgeblich, ob der wirtschaftlich Berechtigte bereits in der Vergangenheit Opfer der Katalogstraftaten geworden sei. Auch nehme die Indizwirkung solcher Fälle ab, je länger sie in der Vergangenheit zurück lägen.
45Die Maßstäbe des § 51 BMG seien nicht übertragbar, diese Norm gehe nicht auf eine Unionsrichtlinie zurück. Die Beklagte müsse wegen der unionsrechtlichen Anforderungen die restriktive Beschränkung der Einsichtnahme gewährleisten; diese sei als Ausnahmefall anzusehen. Dafür reiche die abstrakte Zugehörigkeit zu einer Gruppe nicht aus; bei einer anderen Sicht wäre der effet utile gefährdet. Überdies sei der Gefahrenbegriff des § 51 BMG weiter gefasst und die im Melderegister gespeicherten Daten seien umfangreicher als diejenigen im Transparenzregister. Auch bestehe keine Bindungswirkung hinsichtlich der Gefährdungsbeurteilung oder Gefahranalyse durch andere Behörden.
46Des Weiteren mangele es an der nach dem Willen des Richtliniengebers und des Bundesgesetzgebers erforderlichen Kausalität der Eintragung (und Einsichtnahme) in das Transparenzregister für die geltend gemachte Gefährdung. In das Transparenzregister eingetragene, aber öffentlich bekannte Tatsachen - wie beim Kläger - wirkten nicht gefahrerhöhend. Nicht allein aufgrund der Eintragung komme es zu der Gefährdung; dies sei aber Voraussetzung für die Beschränkung nach § 23 Abs. 2 Satz 1 GwG. Unabhängig von den fehlenden Tatbestandsvoraussetzungen habe die Beklagte hilfsweise eine Interessenabwägung vorgenommen; auch diese sei zu Lasten des Klägers ausgegangen. Maßgebliche Parameter seien dabei das unionsrechtlich verankerte Transparenzinteresse (welches nur für außergewöhnliche Umstände beschränkt werden dürfe) und das schutzwürdige Interesse des wirtschaftlich Berechtigten. Als Ausnahmetatbestand sei dabei die Beschränkungsmöglichkeit restriktiv auszulegen. Nicht erforderlich sei eine Beschränkung dann, wenn das Ziel (Schutz des wirtschaftlich Berechtigten) dadurch nicht erreicht werden könne. Dies sei dann der Fall, wenn die entsprechenden Daten bereits allgemein bekannt seien und sich die Daten anhand seriöser Quellen überprüfen ließen. Der Umstand, dass der Kläger mit Abstand der reichste Deutsche sei, sei allgemein bekannt. Die Beklagte dürfe auch hier die Wertung des § 23 Abs. 2 Satz 3 GwG berücksichtigen. In der dort genannten Konstellation finde keine Einzelfallprüfung mehr statt. Die Beklagte dürfe keine Abwägung vornehmen. Die im Rahmen der Handelsregistereinträge für die D. Beteiligungs-KG veröffentlichten Daten des Klägers als persönlich haftendem Gesellschafter (vollständiger Name, vollständiges Geburtsdatum und Wohnort mit Adresse) gingen über das hinaus, was Gegenstand einer Einsichtnahme ins Transparenzregister (wirtschaftliche Berechtigung, vollständiger Name, Geburtsmonat, Geburtsjahr und Wohnsitzland) sein könne. Hinsichtlich der D. Beteiligungs-KG - insoweit sei das vollständige Geburtsdatum, der Wohnort und die Eigenschaft als Komplementär im Handelsregister veröffentlicht - ergebe sich so kein zusätzliches Gefährdungspotenzial. Dies müsse aber auch in den Verfahren betreffend die anderen Gesellschaften Berücksichtigung finden. Ein potentieller Täter würde sich mit den wesentlich „ergiebigeren“ Daten der D. Beteiligungs-KG zufriedengeben und nicht noch zusätzlich Daten über das Transparenzregister zu erlangen suchen. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Daten in den öffentlichen Registern nach § 22 Abs. 1 GwG mit denen nach dem Transparenzregister gegebenenfalls zu offenbarenden identisch oder deckungsgleich seien.
47Die Transparenzpflicht aus § 20 Abs. 1 GwG wie das Recht auf Einsichtnahme nach § 23 Abs. 1 Satz 1 GwG seien auch nicht verfassungswidrig oder europarechtswidrig. Maßstab sei insoweit allein Art. 8 GrCh - nicht jedoch das nationale Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Das vom Kläger bemühte Recht auf informationelle Selbstbestimmung unterliege ebenso wie die Gewährleistungen der Europäischen Grundrechtscharta Einschränkungsmöglichkeiten. Diese seien in den Regelungen des GwG und der Transparenzregistereinsichtnahmeverordnung bzw. den genannten Richtlinien zur Geldwäsche zu sehen, die den hochrangigen Zielen der Verhinderung der Terrorismusfinanzierung und der Geldwäsche, aber auch der Verhinderung von Steuerstraftaten und letztlich der Gewährleistung des Vertrauens in die Finanzmärkte dienten. Das europäische Primärrecht lasse dem bundesdeutschen Gesetzgeber angesichts der vielen zwingenden Vorgaben der Geldwäscherichtlinien wenig Spielraum. Die Regelungen im GwG seien angesichts der Zielsetzung verhältnismäßige Einschränkungen des Art. 8 GrCh - aber auch des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Bei den betroffenen Daten (Vor- und Nachnamen, Monat und Jahr der Geburt, Wohnsitzland, Staatsangehörigkeit sowie Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses) handele es sich nicht um Daten aus dem höchstpersönlichen Bereich, sondern um reine Identifizierungsdaten aus dem Bereich der wirtschaftlichen Betätigung, mithin der Betätigung im sozialen Bereich, deren Schutzniveau eher geringer zu veranschlagen sei.
48Aufgrund der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung vom 1. Dezember 2022 werde die Entscheidungspraxis der Beklagten weiter erläutert: Entscheidende Frage im Rahmen eines Beschränkungsantrags sei, ob die Einsichtnahme in die Daten des Transparenzregister das Risiko, Opfer einer der Katalogstraftaten zu werden, begründe oder erhöhe. Dabei sei eine differenzierende Betrachtung geboten. So komme es zu einer Beschränkung, wenn über die Vermögenslage des wirtschaftlich Berechtigten in der Öffentlichkeit wenig bekannt sei und durch die Einsichtnahme offenbar würde, dass eine wirtschaftliche Berechtigung bestehe und diese ein erhebliches Vermögen vermittle. Auch komme eine Beschränkung in Betracht, wenn zwar über die Vermögenslage des wirtschaftlich Berechtigten bereits viel in der Öffentlichkeit bekannt sei, aber nicht über die betreffenden Daten, wie z. B. der volle Name der Person, ihr Geburtsdatum oder ihr Wohnort. Weiter von Relevanz sei, welche Informationen sich schon aus anderen Registern ergeben würden. Vor diesem Hintergrund würden die bekannten sehr vermögenden Personen nicht per se von den Beschränkungsmöglichkeiten ausgenommen. Nach diesen abstrakten Maßstäben führe die Eintragung in das Transparenzregister für die hier im Streit befindlichen wirtschaftlichen Einheiten schon teilweise nicht zu einer Risikoerhöhung. Hinsichtlich fünf der transparenzpflichtigen Rechtseinheiten ergäben sich die maßgeblichen Informationen zu dem Kläger ohnehin schon aus anderen öffentlichen Registern, die Eintragung in das Transparenzregister wirke daher nicht gefahrerhöhend. Dies gelte für die Q. D. Stiftung, die D. Beteiligungs-KG, die X. Beteiligungs-GmbH, die Einkaufscenter J. Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG sowie die zwischenzeitlich auf die N. GmbH & Co. KG (ehemals <R.> N. GmbH & Co. KG) verschmolzene A. Beteiligungs-GmbH. Die Pflichtangaben im Handelsregister nach dem HGB für die OHG nach § 106 HGB und die KG nach § 161 Abs. 2, § 106 HGB seien inhaltsgleich bzw. weitergehend als die Angaben, die zum Transparenzregister anzumelden seien. Vergleichbares gelte für die GmbH. Zwar ergäben sich insoweit relevante Daten nicht unmittelbar aus dem Handelsregister, wohl aber aus der ebenfalls verpflichtend zum Handelsregister einzureichenden Gesellschafterliste; diese müsse Name, Vorname, Geburtsdatum und Wohnort sowie die Nennbeträge und die laufenden Nummern der von einem jeden der Gesellschafter übernommenen Geschäftsanteile sowie die durch den jeweiligen Nennbetrag eines Geschäftsanteils vermittelte jeweilige prozentuale Beteiligung am Stammkapital nennen, § 40 Abs. 1 Satz 1 HGB. Damit ergäben sich auch bei der GmbH die überwiegenden Daten - mit Ausnahme der Staatsangehörigkeit - der wirtschaftlich Berechtigten bereits aus dem Handelsregister. Auch die Gesellschafterliste sei gemäß § 9 Abs. 4 Satz 1 HGB wie die übrigen Registerdaten über das kostenlose und an keine Voraussetzungen geknüpfte Einsichtsrecht nach § 9 Abs. 1 Satz 1 HGB für jedermann zugänglich - dafür sei weder eine Registrierung noch ein Login erforderlich. Trotz der Entscheidung des EuGH zum Transparenzregister aus dem November 2022 seien maßgebliche Daten des Klägers daher weiterhin über das niedrigschwellige Einsichtsrecht nach § 9 Abs. 1 HGB zugänglich. Betreffend die Q. D. Stiftung ergebe sich die Information, dass der Kläger Mitglied des Vorstands ist, auch aus dem Stiftungsverzeichnis G.; die Einsichtnahme sei nach § 4 Abs. 4 StiftG BW jedem gestattet. Für die D. Beteiligungs-KG gelte das oben ausgeführte entsprechend; lediglich die im Transparenzregister enthaltene Angabe, dass der Kläger mehr als 99 % der Kapitalanteile halte, ergebe sich nicht aus dem Handelsregister - für die Einschätzung als wirtschaftlich einflussreich reiche aber auch schon die Eintragung als persönlich haftender Gesellschafter aus. Hinsichtlich der X. Beteiligungs-KG ergebe sich aus dem Handelsregister, dass Alleingesellschafterin die <R.> P. GmbH & Co. KG sei. Für letztere Gesellschaft sei der Kläger im Handelsregister als alleiniger Kommanditist mit Namen, vollem Geburtsdatum sowie der Einlage von 1.000.000,00 EUR erfasst; auch insoweit scheide eine Risikoerhöhung (für beide Gesellschaften) aus. Für die Einkaufscenter J. Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG ergäben sich aus dem Handelsregister nahezu sämtliche Angaben des Klägers, die auch in das Transparenzregister aufzunehmen seien, insbesondere dessen Stellung als persönlich haftender Gesellschafter; es fehle lediglich die Angabe, dass er 95,448 % der Kapitalanteile der wirtschaftlichen Einheit halte - angesichts der Eigenschaft als Komplementär sei dies jedoch für einen Kriminellen uninteressant. Hinsichtlich der ehemaligen A. Beteiligungs-GmbH sei eine Gesellschafterliste aus dem Handelsregister ersichtlich gewesen, diese habe die P. GmbH & Co. KG ausgewiesen; gleiches gelte für die P. GmbH & Co. KG selbst, eine Risikoerhöhung finde nicht statt. Bei fünf Gesellschaften werde das Treuhandverhältnis des Klägers zwar erstmals im Transparenzregister offengelegt, nämlich zunächst für die I. GmbH & Co. KG. Mittelbar sei aber die Verbindung der im Transparenzregister genannten wirtschaftlich Berechtigten zum Kläger aus den Medien ersichtlich, auch handele es sich um eine wirtschaftlich nicht bedeutende Einheit. Bei der U. GmbH & Co. KG handele es sich um eine wirtschaftlich nicht bedeutende Einheit; das Eigenkapital betrage nur 40.000 EUR laut Jahresabschluss (über www.bundesanzeiger.de abrufbar). Ähnliches sei für die U. Beteiligungs-GmbH zu verzeichnen; auch diese sei keine wirtschaftlich bedeutende Einheit. Die Bilanzsumme habe 2012 30.000 EUR betragen; eine Beziehung zum Kläger sei nicht ersichtlich, sie sei daher für Kriminelle uninteressant. Auch für die S. E. GmbH & Co. KG finde sich zwar kein Hinweis auf den Kläger im Handelsregister; auch sei die Gesellschaft sehr werthaltig, ihr Eigenkapital (ebenfalls über www.bundesanzeiger.de abrufbar) belaufe sich auf 65.000.000,00 EUR. Dennoch sei die Eintragung im Transparenzregister nicht gefahrerhöhend, weil bekannt sei, dass der Kläger hinter dieser wirtschaftlichen Einheit stehe. Dies gelte auch für die S. Verwaltungs-GmbH, deren alleinige Gesellschafterin die vorgenannte S. E. GmbH & Co. KG sei, so dass die Ausführungen entsprechend gelten würden. Zwar würde sich für die aufgezählten fünf Gesellschaften die Stellung des Klägers als wirtschaftlich Berechtigter erstmals aus dem Transparenzregister ergeben, dennoch finde keine Gefahrerhöhung statt.
49Auf ein „individuelles Transparenzbedürfnis“ (in der mündlichen Verhandlung von dem erkennenden Gericht „Unbescholtenheit“ genannt) komme es nicht an. Es sei bereits nicht klar, ob diese Umstände bei der wirtschaftlichen Einheit oder beim wirtschaftlich Berechtigten vorliegen müssten. Auch komme es nach der Ausrichtung der Geldwäscherichtlinien und des GwG allein auf ein allgemeines Transparenzinteresse an, das keiner Relativierung zugänglich sei. Die Beschränkung sei nur als enge Ausnahmeregelung vorgesehen. Das Risiko von Geldwäsche lasse sich nicht mit einer spezifischen gesellschafsform in Zusammenhang bringen - auch wenn es in bestimmten Sektoren ein gesteigertes Risiko gebe.
50Die von der Klägerseite ins Feld geführte Abschaffung des § 20 Abs. 2 GwG a.F. (danach habe keine Mitteilungspflicht zum Transparenzregister bestanden, wenn die Informationen bereits aus Handelsregister o.ä. ersichtlich gewesen seien) beruhe allein auf der Vernetzung der europäischen Transparenzregister (TraFinG BTDrucks 19/28164, S. 29 f.).
51Das Gericht hat am 1. Dezember 2022 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Die Beteiligten haben auf weitere mündliche Verhandlung verzichtet.
52Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
53Entscheidungsgründe
54Im Einverständnis der Beteiligten konnte das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).
55Die Klage bleibt erfolglos, sie ist zulässig (I.), aber unbegründet (II.).
56I. Die Klage auf Beschränkung der Einsichtnahme in das Transparenzregister ist zulässig.
57Statthafte Klageart für den auf die Beschränkung nach § 23 Abs. 2 Satz 1 GwG gerichteten Anspruch ist die Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO. Insofern gilt nichts anderes als für die Eintragung einer Auskunftssperre in das Melderegister nach § 51 BMG. Diese stellt einen Verwaltungsakt dar. Hierbei handelt es sich um einen konstitutiven Rechtsakt der Meldebehörde, der die Anforderungen an eine Regelung mit Außenwirkung im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG erfüllt, da hiermit die gegenüber Dritten wirkende Anordnung verbunden ist, die Anschrift des Klägers nicht bekannt zu geben,
58Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 21. Juni 2006 ‑ 5 C 5.05 ‑, juris Rn. 12; ebenso Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 28. April 2016 ‑ 4 LB 8/15 ‑, juris Rn. 66; Verwaltungsgericht Würzburg, Urteil vom 9. Dezember 2020 ‑ 6 K 20.72 ‑, juris Rn. 17; Korte, in Brian/Pelz, Beck-OK GwG, 17. Ed. 01.03.2024, § 23 Rn. 59.
59Es besteht auch das notwendige Rechtsschutzbedürfnis für die gerichtliche Verfolgung des Beschränkungsanspruchs. Die von den Beteiligten breiter diskutierte Frage, ob dem Kläger angesichts der maximalen Beschränkungsdauer von drei Jahren, auf die die Zeit der vorläufigen Beschränkung ab Dezember 2017 anzurechnen war (§ 14 TrEinV in der bis zum 22. März 2023 geltenden a. F.), noch ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite stand, stellt sich nicht mehr. Die entsprechende Reglung in § 13 TrEinV n. F. - gültig ab 23. März 2023 - bestimmt nunmehr, dass nach Abs. 1 die Angaben im Transparenzregister nach Eingang eines nicht offensichtlich unzulässigen oder unbegründeten Antrags vorläufig gesperrt werden. Die vorläufige Sperre nach Abs. 1 bleibt nach § 13 Abs. 2 Satz 2 TrEinV bei Ablehnung des Antrags bis zur Unanfechtbarkeit der Entscheidung bestehen. Die Beschränkung der Einsichtnahme ist auf drei Jahre befristet, § 13 Abs. 3 Satz 1 TrEinV; auf diesen Zeitraum ist die Zeit der vorläufigen Sperre nach Abs. 1 anzurechnen, § 13 Abs. 3 Satz 2 TrEinV. Nach der neuen Regelung des § 13 Abs. 3 Satz 3 TrEinV wird, wenn der Zeitraum der vorläufigen Sperre nach Abs. 1 länger als drei Jahre dauert, die Beschränkung abweichend von § 13 Abs. 3 Satz 1 TrEinV auf drei Monate befristet. Bei einem Obsiegen des Klägers verbleiben ihm drei Monate, dann muss er einen neuen Antrag stellen; dies reicht für die Annahme des Rechtsschutzbedürfnisses aus. Ob die auf der Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht am 1. Dezember 2022 beruhende
60vgl. Begründung zur Transparenzregistereinsichtnahmeverordnung n.F. vom 16. Mai 2023, BAnz. AT vom 31. Mai 2023 B1, S. 2, in der auf die Bedenken des Gerichts zu einer Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG genügenden Ermächtigungsgrundlage für einzelne Regelung der Transparenzregistereinsichtnahmeverordnung a. F. rekurriert wird,
61Änderung des § 13 TrEinV verfassungsmäßig im Hinblick auf den effektiven Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung - Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG - verhältnismäßig ist, bedarf keiner Entscheidung. Insofern ist allerdings darauf hinzuweisen, dass angesichts der gerichtsbekannten Dauer bereits der von der Beklagten und dem Bundesverwaltungsamt geführten Verwaltungsverfahren der Dreijahreszeitraum regelmäßig vorgerichtlich ausgeschöpft wird und den Antragstellern nach einem obsiegenden Urteil nur wenige Monate bleiben, in denen die Beschränkung der Einsichtnahme besteht. So wird der die Beschränkung Begehrende in eine permanente Antragsschleife geschickt - zumal die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung angegeben haben, den meisten Anträgen werde nicht entsprochen. Die Befristungsregelung soll der Überprüfung der Gefährdungslage nach § 23 Abs. 2 GwG dienen,
62vgl. BMF, Begründung der Transparenzregistereinsichtnahmeverordnung a. F. zu § 14 Abs. 3, BAnz. AT vom 22. Dezember 2021 B1, S. 7;
63diese Überprüfung der Gefährdungslage ist aber bei einer stattgebenden Entscheidung des Gerichts wegen des für die Verpflichtungsklage maßgeblichen Zeitpunkts der letzten mündlichen Verlandung erst zeitnah erfolgt.
64II. Die Klage ist aber unbegründet; die Bescheide der Beklagten vom 12. März 2019, jeweils in der Gestalt der Widerspruchsbescheide des Bundesverwaltungsamts vom 10. September 2019 sind im Ergebnis rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO. In diesem besonders gelagerten Fall besteht kein Anspruch des Klägers auf die Beschränkung der Einsichtnahme in das Transparenzregister für die streitgegenständlichen wirtschaftlichen Einheiten.
65Rechtsgrundlage für den Beschränkungsanspruch ist § 23 Abs. 2 Satz 1 GwG: Auf Antrag des wirtschaftlich Berechtigten beschränkt die registerführende Stelle die Einsichtnahme in das Transparenzregister und die Übermittlung der Daten nach § 19 Abs. 1 GwG vollständig oder teilweise, wenn ihr der wirtschaftlich Berechtigte darlegt, dass der Einsichtnahme und der Übermittlung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls überwiegende schutzwürdige Interessen des wirtschaftlich Berechtigten entgegenstehen, § 23 Abs. 2 Satz 1 GwG. Schutzwürdige Interessen liegen nach § 23 Abs. 2 Satz 2 GwG vor, wenn
661. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Einsichtnahme und Übermittlung den wirtschaftlich Berechtigten der Gefahr aussetzen würde, Opfer einer der folgenden Straftaten zu werden:
67a) eines Betrugs (§ 263 des Strafgesetzbuchs),
68b) eines erpresserischen Menschenraubs (§ 239a des Strafgesetzbuchs),
69c) einer Geiselnahme (§ 239b des Strafgesetzbuchs),
70d) einer Erpressung oder räuberischen Erpressung (§§ 253, 255 des Strafgesetzbuchs),
71e) einer strafbaren Handlung gegen Leib oder Leben (§§ 211, 212, 223, 224, 226, 227 des Strafgesetzbuchs),
72f) einer Nötigung (§ 240 des Strafgesetzbuchs),
73g) einer Bedrohung (§ 241 des Strafgesetzbuchs) oder
742. der wirtschaftlich Berechtigte minderjährig oder geschäftsunfähig ist.
75Schutzwürdige Interessen des wirtschaftlich Berechtigten liegen nach § 23 Abs. 2 Satz 3 GwG nicht vor, wenn sich die Daten bereits aus den in § 22 Abs. 1 GwG genannten Registern ergeben. Die Beschränkung der Einsichtnahme und Übermittlung nach Satz 1 ist nicht möglich gegenüber den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 aufgeführten Behörden und gegenüber Verpflichteten nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 und 7 sowie gegenüber Notaren § 23 Abs. 2 Satz 4 GwG.
76§ 23 Abs. 2 Satz 1 GwG setzt Art. 30 Abs. 9 der Richtlinie (EU) 2015/849 (modifiziert) um. Nach dieser Norm können die Mitgliedstaaten für außergewöhnliche, nach nationalem Recht festzulegende Umstände, unter denen der wirtschaftliche Eigentümer durch den Zugang einem unverhältnismäßigen Risiko von Betrug, Entführung, Erpressung, Schutzgelderpressung, Schikane, Gewalt oder Einschüchterung ausgesetzt würde, oder für den Fall, dass der wirtschaftliche Eigentümer minderjährig oder anderweitig geschäftsunfähig ist, im Einzelfall eine Ausnahme von dem vollständigen oder teilweisen Zugang zu den Informationen über den wirtschaftlichen Eigentümer vorsehen. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass diese Ausnahmen nach eingehender Bewertung der außergewöhnlichen Natur der Umstände gewährt werden. Rechte auf eine verwaltungsrechtliche Prüfung des Beschlusses über die Ausnahme und auf einen wirksamen Rechtsbehelf werden gewahrt.
77Die vom Kläger begehrte vollständige Beschränkung der Einsichtnahme verlangt zudem auf der Rechtsfolgenseite eine Ermessensreduzierung auf Null. § 23 Abs. 2 GwG ist hinsichtlich des „Ob“ der Beschränkung als gebundene Entscheidung ausgestaltet. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der nationalen Regelung („beschränkt, … wenn“) und ist angesichts der europarechtlichen Prägung durch Art. 30 Abs. 9 der Richtlinie (EU) 2015/849 (modifiziert) auch gefordert: Wenn die hohen Anforderungen der „außergewöhnlichen Umstände“ vorliegen, muss eine Beschränkung erfolgen. Insoweit handelt es sich bei § 23 Abs. 2 Satz 1 GwG um eine Koppelungsvorschrift, bei der die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen die Entscheidung (hier hinsichtlich des Ob) determiniert,
78vgl. Gemeinsamer Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB), Beschluss vom 19. Oktober 1971 ‑ GmS‑OGB 3/70 ‑, Sammlung der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE) 39, 355; BVerwG, Urteil vom 17. Juli 1998 ‑ 5 C 14.97 ‑, BVerwGE 107, 164 (167 f.).
79Hingegen räumt § 23 Abs. 2 Satz 1 GwG nach seinem Wortlaut („ganz oder teilweise“) der Beklagten Ermessen hinsichtlich des Umfangs der Beschränkung ein. Daher muss für die vom Kläger begehrte vollständige Beschränkung der Einsichtnahme eine Ermessensreduzierung auf Null gegeben sein.
80Auf der Tatbestandsseite sind die Interessen des europäischen Gesetzgebers an die mit einer möglichst hohen Transparenz verbundene Abschreckungswirkung (vgl. Erwägungsgrund 4 der Richtlinie (EU) 2018/843) mit den Belangen des wirtschaftlich Berechtigten, insbesondere dessen Grundrecht auf Schutz personenbezogener Daten unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (vgl. Erwägungsgrund 5 der Richtlinie (EU) 2018/843) in den Blick zu nehmen. Für die Parameterbildung in beiderlei Hinsicht kommt es auf die Einsichtsmöglichkeiten in das Transparenzregister nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 GwG an; unter anderem gegenüber den in Nr. 1 genannten Stellen - Behörden und Gerichten sowie Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts, die öffentliche Versteigerungen durchführen - kann die Einsichtnahme nicht beschränkt werden, § 23 Abs. 2 Satz 4 GwG.
81Die materiellen Voraussetzungen des § 23 Abs. 2 Satz 1 und 2 GwG i.V.m. § 14 TrEinV müssen in Bezug auf die Einsichtnahme von Mitgliedern der Öffentlichkeit im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG und in Bezug auf die Einsichtnahme von Verpflichteten im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GwG vorliegen. Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 GwG ist die Einsichtnahme gestattet Kontrollbehörden, Gefahrenabwehrbehörden, Staatsanwaltschaften und Gerichten (Nr. 1), den Verpflichteten (Nr. 2) und allen Mitgliedern der Öffentlichkeit (Nr. 3). In der Ursprungsfassung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG hieß es noch, dass die Einsichtnahme „jedem, der der registerführenden Stelle darlegt, dass er ein berechtigtes Interesse an der Einsichtnahme hat“ eröffnet sei. Dabei ist hinsichtlich der Gefährdungseinschätzung von der alten Fassung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG auszugehen, welche die Möglichkeit der Einsichtnahme nur bei berechtigtem Interesse eröffnet.
82Denn diese Ursprungsfassung ist nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 22. November 2022 wieder maßgeblich:
83Der EuGH hat mit Urteil vom 22. November 2022 in den verbundenen Rechtssachen C‑37/20 - WM - und C‑601/20 - Sovim SA - gegen Luxemburg Business Registers entschieden, dass die Bestimmung in Art. 30 Abs. 5 Satz 1 Buchstabe c der Richtlinie (EU) 2015/849 (modifiziert) mit Art. 7 und 8 GrCh mangels Erforderlichkeit und Angemessenheit unvereinbar ist, soweit allen Mitgliedern der Öffentlichkeit (= § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG) voraussetzungslos die Einsichtnahme gestattet ist,
84vgl. EuGH, Urteil vom 22. November 2022 ‑ C‑37/20 und C‑601/20 ‑, Luxembourg Business Registers, juris.
85Denn auch die deutsche Umsetzung des erweiterten Einsichtsrechts der Öffentlichkeit in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG ist europarechtswidrig, weil sie gegen Art. 7 und Art. 8 GrCh verstößt. Bei einer Vorlage nach Art. 267 AEUV käme der EuGH für die deutsche Regelung zu demselben Ergebnis wie für die luxemburgische, so dass von der Situation des acte éclairé auszugehen ist: Der EuGH hat bereits in einem identischen Fall entschieden, so dass eine Vorlage entbehrlich ist,
86EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. C‑283/81, juris Tz. 13 - Cilfit.
87Der nationale Gesetzgeber hat § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG bislang nicht an die EuGH-Entscheidung angepasst, obwohl er im Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung von Finanzkriminalität (Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz – FKBG) vom 6. Dezember 2023 (BTDrucks 20/9648) in Art. 18 (S. 53) auch § 23 GwG geändert und dabei die Entscheidung des EuGH in den Blick genommen hat (a.a.O., S. 75). Die Regelung zum Zugang von Mitgliedern der Öffentlichkeit zum Transparenzregister bei Nachweis eines berechtigten Interesses wurde ausdrücklich nicht in den Gesetzentwurf aufgenommen. Hintergrund hierfür ist, dass zunächst die Finalisierung und Verabschiedung des geplanten EU-Legislativpakets im Hinblick auf den Zugang der Öffentlichkeit zum Transparenzregister und im Hinblick auf die Definition eines berechtigten Interesses abgewartet werden soll. Bis dahin werde die geltende Regelung des GwG unionsrechtskonform, d.h. im Sinne EuGH-Urteils ausgelegt und eine Einsichtnahme für Mitglieder der Öffentlichkeit ermöglicht, die ein berechtigtes Interesse an einer Einsichtnahme darlegen.
88Bis dahin sollen nach Auffassung des federführenden Bundesministeriums der Finanzen (BMF) die Anforderungen des EuGH im „Rahmen einer unionsrechtskonformen Verwaltungspraxis umgesetzt“ werden,
89so BMF, Begründung zur Transparenzregistereinsichtnahmeverordnung n.F. vom 16. Mai 2023, BAnz. AT vom 31. Mai 2023 B 1, S. 2.
90Die vor diesem Hintergrund zu bewertende Beschränkung der Einsichtnahme nach § 23 Abs. 2 GwG erfordert eine zweistufige Prüfung,
91vgl. Korte, in Brian/Pelz, BeckOK GwG, (Stand: 1. März 2024), § 23 GwG Rn. 33.
92Zunächst müssen schutzwürdige Interessen des wirtschaftlich Berechtigten bestehen (Stufe 1). Weiterhin müssen diese schutzwürdigen Interessen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls gegenüber den Interessen an der Einsichtnahme in das Transparenzregister und der Übermittlung der Daten überwiegen (Stufe 2). Bei den überwiegenden schutzwürdigen Interessen im Sinne des § 23 Abs. 2 Satz 1 GwG handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, die keinen Beurteilungsspielraum zulassen und gerichtlich unbeschränkt zu kontrollieren sind,
93vgl. Lorenz, Beschränkung der Einsichtnahme in das Transparenzregister bei Familienunternehmen und Familienstiftungen, DStR 2020, 2258, 2259.
94Schutzwürdige Interessen des Klägers gem. § 23 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 GwG liegen nicht vor. Vom Bestehen solcher Interessen ist auszugehen, soweit tatsächliche Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Betroffenen vorliegen, durch die Einsichtnahme und Übermittlung der Daten Opfer einer Katalogstraftat zu werden. Erforderlich ist das Bestehen einer abstrakten Gefahr, die durch mögliche Einsichtnahmen und Datenübermittlungen begründet oder signifikant erhöht wird. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Kläger ist zwar abstrakt gefährdet. Es mangelt indes an der nach § 23 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 GwG erforderlichen Kausalität.
95Der Gefahrenbegriff der Norm ist nicht im Sinne einer konkreten Gefahr im polizeirechtlichen Sinne zu verstehen. Forderte man nämlich eine hinreichend wahrscheinliche Straftatbegehung in absehbarer Zeit, käme der Antrag, die Einsichtnahme zu beschränken, stets zu spät. § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG könnte seinen Sinn und Zweck, den wirtschaftlich Berechtigten präventiv zu schützen, nicht erfüllen. Vielmehr reicht eine abstrakte Gefahr aus,
96vgl. Kotzenberg/Lorenz, Das Transparenzregister kommt, NJW 2017, 2433, 2437; Figura, a.a.O., § 23 GwG Rn. 9; Lorenz, DStR 2020, 2258, 2260; Korte, a.a.O., § 23 GwG Rn. 31; Schweinitz/Posdorfer, in: Zentes/Glaab, Geldwäschegesetz, 3. Auflage 2022, § 23 Rn. 41.
97Eine abstrakte Gefahr im Sinne des § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG ist dann gegeben, wenn der wirtschaftlich Berechtigte nach allgemeiner Lebenserfahrung typischerweise Opfer einer der Katalogstraftaten werden könnte. Erforderlich sind hinreichend dichte Tatsachenfeststellungen, aus denen sich das Vorliegen einer solchen abstrakten Gefahr ergibt. Das erforderliche Begründungsniveau kann nicht schematisch beurteilt werden. Pauschale Kriterien oder Grenzwerte bestehen nicht. Letztlich kommt es in einer Gesamtschau der Indizien darauf an, ob der Vortrag des wirtschaftlich Berechtigten außergewöhnliche Umstände zu belegen vermag.
98Diese hohen Anforderungen betreffend die tatsächliche Grundlage der Gefahrenprognose ergeben sich aus einer richtlinienkonformen Auslegung des § 23 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 GwG. Eine Ausnahme von dem Zugang zum Transparenzregister setzt nach Art. 30 Abs. 9 der Richtlinie (EU) 2015/849 (modifiziert) voraus, dass außergewöhnliche Umstände bestehen; diese Umstände sind nach dem nationalen Recht festzulegen. Auch muss es sich um ein „unverhältnismäßiges Risiko“ handeln, Opfer der genannten Straftaten zu werden. Die Mitgliedstaaten haben sicherzustellen, dass die Ausnahmen nur nach eingehender Bewertung der außergewöhnlichen Natur der Umstände gewährt werden. Nach Art. 30 Abs. 9 der Richtlinie (EU) 2015/849 müssen also im Einzelfall Tatsachen vorliegen, die sich aus objektiver Sicht deutlich von den durchschnittlichen Verhältnissen von wirtschaftlich Berechtigten unterscheiden. Die Tatsachen müssen dazu imstande sein, eine Gefahr des wirtschaftlich Berechtigten zu begründen, Opfer der einschlägigen Straftaten zu werden, die über das allgemeine Lebensrisiko signifikant hinausgeht. Der entsprechende Nachweis obliegt den wirtschaftlich Berechtigten; diese müssen die außergewöhnlichen Umstände konkret, präzise und substantiiert angeben,
99vgl. im Einzelnen Generalanwalt Pitruzzella, Schlussantrag vom 20. Januar 2022 - C-37/20; C-601/20 -; siehe zudem Frey, Fünfte Geldwäsche-Richtlinie - Auswirkungen in Deutschland, CCZ 2018, 170, 172 f.
100Diese Auslegung des Unionsrechts konkretisiert die Anforderungen an den Tatsachenvortrag in Bezug auf § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG. Ermöglicht wird dies durch den insoweit offenen Wortlaut des § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG. Eine solche Auslegung ist geboten, um den Ausnahmecharakter der Regelung sicherzustellen,
101vgl. grundlegend zur richtlinienkonformen Auslegung nur EuGH, Urteil vom 10. April 1984 - Rs. 14/83 -, juris; Nettesheim, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Art. 288 AEUV Rn. 133 ff. m.w.N. (Stand August 2012).
102Gemessen daran trägt der Kläger hinreichend dichte Tatsachen im Sinne des § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG vor. In einer Gesamtschau der vorgebrachten Indizien liegen auf Seiten des Klägers bereits außergewöhnliche Umstände vor. Der Kläger ist öffentlich als einer der vermögendsten Deutschen mit einem geschätzten Vermögen im Milliardenbereich bekannt. Sein Vermögen ist wiederholt Gegenstand medialer Berichterstattung gewesen. Das öffentliche Interesse an der Familie des Klägers ist seit Jahren enorm. Das zeigt sich anhand wiederholter Berichterstattung zur D.-Gruppe, wobei regelmäßig das erhebliche Privatvermögen des Klägers sowie andere private Details der Familie des Klägers im Fokus stehen. Das ZDF veröffentlichte 0000 mit „Die C.-Story“ eine fast dreiviertelstündige Dokumentation zu dem sog. „Phantom“ Q. D.. All dies ist durch die Anlagen zur Klageschrift K 13 und K 14 (Blatt 109 ff. der Gerichtsakte) belegt. In Bezug auf die jüngere Vergangenheit ist auf eine Sendung vom 00.00.0000 im SWR hinzuweisen.
103Auch die FAZ vom 00.00.0000 berichtete ausführlich über den Kläger; auch hieraus ergibt sich, dass er Bürger von E. - einer Stadt mit 000.000 Einwohnern - ist. Im Handelsblatt erschien im 00.0000 eine Laudatio auf den Kläger, die sein unternehmerisches Wirken nachvollzieht,
104https://www.„Internetquelle wurde entfernt“ <zuletzt abgerufen: 22. Mai 2024>.
105Er gehört einer Gruppe äußerst vermögender Individuen bzw. erheblich vermögender Familien an, bei denen bereits die Lebenserfahrung nahelegt, dass Angehörige dieser Gruppe stets der zumindest abstrakten Gefahr ausgesetzt sind, Opfer einer der in § 23 Abs. 2 Satz 2 GwG genannten Straftaten zu werden. So ist insbesondere die Gefahr, Opfer einer Straftat mit erpresserischem Charakter zu werden, umso höher, je größer das öffentlich bekannte Vermögen des Opfers resp. seiner Familie ist. Diese besondere Gefährdung im Hinblick auf Entführungen und/oder Erpressungen ist aus öffentlichen Quellen bekannt und hat sich in der Vergangenheit wiederholt durch gegen Angehörige der benannten Gruppe verübte Straftaten realisiert. Zudem sind in Anbetracht des hohen Ranges der insbesondere in § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchstabe e GwG in Bezug genommenen Schutzgüter nach allgemeinen gefahrenabwehrrechtlichen Grundsätzen geringere Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts bzw. der Konkretisierung der Gefahr zu stellen. Für Leib und Leben einer Person mit öffentlich bekanntem Vermögen im genannten Ausmaß besteht danach zumindest abstrakt eine anhaltende Gefährdung als mögliches persönliches Ziel krimineller Handlungen.
106Ein schutzwürdiges Interesse des Klägers ist auch nicht nach § 23 Abs. 2 Satz 3 GwG ausgeschlossen, wonach schutzwürdige Interessen nicht vorliegen, wenn sich die Daten bereits aus den in § 22 Abs. 1 GwG genannten Registern ergeben. Ein solcher Ausschluss setzt voraus, dass Eintragungen in ein Register im Sinne des § 22 Abs. 1 GwG vorliegen, die Daten in den in § 22 Abs. 1 GwG genannte Registern dieselbe Rechtseinheit betreffen und sich die Daten aus der entsprechenden Eintragung im Transparenzregister vollständig schon aus einem anderen öffentlichen Register ergeben. Erforderlich ist eine Deckungsgleichheit der Eintragungen im Transparenzregister zu einer konkreten Rechtseinheit und Eintragungen zu dieser Einheit in einem der in § 22 Abs. 1 GwG genannten Register. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. In Bezug auf keine der betroffenen Rechtseinheiten ergeben sich alle Daten aus dem Transparenzregister aus einem in § 22 Abs. 1 GwG genannten Register. Für die D. Beteiligungs-KG ergibt sich die im Transparenzregister ausgewiesene Staatsangehörigkeit des Klägers nicht aus dem Eintrag im Handelsregister; gleiches gilt für die Einkaufscenter J. Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG und die N. GmbH & Co KG. Im Handelsregistereintrag der U. GmbH & Co. KG ist der Kläger nicht genannt; gleiches gilt für die U. Beteiligungs-GmbH, die I. GmbH & Co. KG, die S. E. GmbH & Co. KG, die S. Verwaltungs-GmbH und die X. Beteiligungs-GmbH. Die Q. D. Stiftung (gemeinnützig) ist nicht in einem in § 22 Abs. 1 GwG genannten und allein für § 23 Abs. 2 Satz 3 GwG maßgeblichen Register eingetragen.
107Das Gericht musste nicht entscheiden, ob eine teleologische Reduktion des § 23 Abs. 2 Satz 3 GwG hinsichtlich des Erfordernisses der Deckungsgleichheit der Registereintragungen vorzunehmen ist, soweit diese nur insoweit nicht vorliegt, als zur Identifikation der Person des wirtschaftlich Berechtigten lediglich eingeschränkt verwendbare Daten wie etwa der Geburtsmonat oder die Staatsangehörigkeit betroffen sind. Dafür spräche, dass allein die aus dem Transparenzregister zusätzlich zu gewinnende Angabe der Staatsangehörigkeit bei der erforderlichen gefahrenspezifischen Auslegung des § 23 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 GwG ein äußerst geringes Gefährdungspotential entfaltet.
108Denn es besteht nicht die bereits nach dem Wortlaut des § 23 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 GwG erforderliche Kausalität zwischen der Möglichkeit zur Einsichtnahme resp. Übermittlung der Daten und der relevanten Gefahr. Insoweit ist zwar die plausible Darlegung hinreichend, dass die Gefahr des Schadenseintritts aufseiten des wirtschaftlich Berechtigten durch die Einsichtnahme in das Transparenzregister signifikant erhöht wird. Unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Norm ist nicht erforderlich, dass die abstrakte Gefahr für den wirtschaftlich Berechtigten allein durch die Zugänglichkeit von Eintragungen in das Transparenzregister begründet wird. Im Falle einer gefahrbegründenden allgemeinen öffentlichen Informationslage besteht die nach § 23 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 GwG erforderliche Kausalität vielmehr auch dann, wenn eine signifikante Gefahrerhöhung durch die Möglichkeit zur Einsichtnahme und Übermittlung der Eintragungen angenommen werden kann. Eine solche kann sich etwa daraus ergeben, dass Registereintragungen verwertbare Angaben zum Vermögensumfang oder zur Person und zu regelmäßigen Aufenthaltsorten des wirtschaftlich Berechtigten enthalten.
109Im Hinblick auf die wiederholte Berichterstattung über den Kläger und sein Vermögen in einer Vielzahl von auch überregional verbreiteten Medien liegt eine signifikante gefahrbegründende oder -erhöhende Wirkung der Eintragungen in das Transparenzregister über Namen, Geburtsjahr, Staatsangehörigkeit und Wohnort des Klägers als entscheidende Identifizierungsdaten jedoch nicht vor. Soweit Angaben zu Namen, Geburtsjahr und Heimatort eines äußerst vermögenden wirtschaftlich Berechtigten auf gesicherter Grundlage öffentlich bekannt sind wie im Fall des Klägers -, bestehen keine durch etwaige Einsichtnahmen in das Transparenzregister signifikant erhöhte abstrakte Gefahr in Bezug auf Katalogstraftaten gem. § 23 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 GwG und damit kein überwiegendes Interesse. Name, Geburtsjahr, Staatsangehörigkeit und Wohnort des Klägers sind öffentlich bekannt und durch einfachste Recherchen ermittelbar. Es besteht diesbezüglich auch eine hinreichend verdichtete und gesicherte Informationslage, die auf überregionale journalistische Berichterstattung unter anderem auch verschiedener öffentlich-rechtlicher Anstalten gestützt werden kann. So macht auch der Kläger selbst geltend, es sei bekannt, dass er Eigentümer der D. Gruppe sei. Die dazu etwa durch online-Recherchen zugängliche seriöse Berichterstattung umfasst auch Alter und Wohnort des Klägers sowie dessen Staatsangehörigkeit.
110Eine gefahrbegründende oder -erhöhende Wirkung der Angaben ergibt sich auch nicht aus einer etwaigen besonderen Zuverlässigkeit angesichts des öffentlichen Charakters des Transparenzregisters. Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 23 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 GwG erfordern eine gefahrenspezifische Auslegung des Kausalitätskriteriums. Danach ist grundsätzlich nicht die Herkunft, sondern die angenommene Zuverlässigkeit einer Information ausschlaggebend für das nach § 23 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 GwG relevante Gefahrenpotential. So können Eintragungen in öffentliche Register angesichts der erhöhten Glaubwürdigkeit, die mit dem öffentlichen Charakter des Registers einhergeht, durchaus im Einzelfall Gefahren für wirtschaftlich Berechtigte begründen oder erhöhen. Eine solche Wirkung ist indes in den Fällen auszuschließen, in denen auch ohne die Einsichtnahme in das Transparenzregister eine hinreichend zuverlässige und gesicherte Informationslage besteht. Entscheidend ist, inwieweit mögliche Einsichtnahmen zur Verwirklichung krimineller Zwecke nach § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG verwendbar sind und eine diesbezügliche Gefahr begründen oder signifikant erhöhen. Es ist bereits nicht plausibel dargelegt, dass entsprechende Tatplanungen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von der Verfügbarkeit bestimmter Informationen im Transparenzregister abhängig gemacht werden, soweit zuverlässige Informationen über die Person des wirtschaftlich Berechtigten anderweitig hinlänglich und sogar verlässlich zugänglich sind.
111Insoweit kann auch dahinstehen, ob etwaige im Handelsregister verfügbare Identifizierungsdaten hinsichtlich der Person des Klägers eine Gefahrerhöhung im Sinne des § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG ausschließen können oder ob § 23 Abs. 2 Satz 3 eine solche Berücksichtigung der Eintragungen aus den in § 22 GwG genannten Registern ausschließt.
112Eine signifikante Risikoerhöhung ergibt sich darüber hinaus nicht aus den Angaben im Transparenzregister, die Schlüsse auf den Vermögensumfang des Klägers zulassen. Auch insoweit ist erforderlich, dass die durch Einsichtnahme in das Transparenzregister zugänglichen Daten die abstrakte Gefahr für den Kläger begründen oder signifikant erhöhen, Opfer einer Katalogstraftat zu werden. Dies kann der Fall sein, soweit das Transparenzregister eine natürliche Person als wirtschaftlich Berechtigten einer besonders werthaltigen Rechtseinheit ausweist. Ein solches Gefahrenpotential begründen indes solche Eintragungen nicht, die öffentlich bereits als äußerst vermögend bekannte Individuen als wirtschaftlich Berechtigte konkreter Rechtseinheiten ausweisen. So liegt der Fall jedoch hier. Soweit über den Kläger als einen der vermögendsten Deutschen berichtet wird und entsprechende Informationen sich unabhängig vom Inhalt des Transparenzregisters mit hinreichender Gewissheit durch öffentlich zugängliche und verlässliche Quellen bestätigen lassen, erscheint ausgeschlossen, dass eine Einsichtnahme in das Transparenzregister die für den Kläger bestehende abstrakte Gefahr signifikant erhöht. Die in Bezug auf den angenommenen Vermögensumfang des Klägers relevanten Eintragungen in das Transparenzregister können eine solche Wirkung hier bereits deshalb nicht entfalten, weil sie keine über den öffentlich weithin bekannten Informationsstand hinausreichenden Einsichten in die Vermögensumstände des Klägers eröffnen, die nachvollziehbar zur Verwirklichung der in § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG genannten Straftaten motivieren könnten.
113Dies gilt gleichermaßen für die Daten, die nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 3 GwG den nach dem GwG Verpflichteten sowie allen Mitgliedern der Öffentlichkeit zur Einsichtnahme offenstehen. Gem. § 23 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 19 Abs. 1 Nr. 4, GwG zählen dazu für beide einsichtnahmeberechtigten Gruppen Angaben zu Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses an einer konkreten Rechtseinheit. Diese lassen etwa über die Angabe einer Beteiligung an der jeweils betroffenen Vereinigung oder über konkrete Angaben zum Kapitalanteil des Klägers Rückschlüsse auf dessen Vermögensumfang zu. So geht aus den Eintragungen zur D. Beteiligungs-KG, zur S. Verwaltungs-GmbH, zum S. E. GmbH & Co. KG, zur B. Beteiligungs-GmbH sowie zum Einkaufscenter J. Immobilienverwaltung GmbH & Co. OHG und zur N. GmbH & Co. KG eine prozentuale Angabe zur Beteiligung des Klägers hervor, die jeweils abstrakt geeignet erscheint, den Schluss auf ein erhebliches Vermögen des Klägers zuzulassen. Es wird deutlich, dass der Kläger hohe Anteile an werthaltigen Rechtseinheiten hält. Eine signifikante Gefahrerhöhung in Bezug auf potentiell gegen den Kläger und sein Vermögen gerichtete Straftaten ergibt sich daraus insoweit nicht, als durch die genannten Eintragungen vermittelten Informationen die spezifische Gefahr nach § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG potentiellen Tätern kein Anreiz zur Tatverwirklichung vermittelt wird, der nicht bereits durch das öffentlich bekannte Vermögen des Klägers im mittleren zweistelligen Milliardenbereich etabliert würde. Zudem erscheint die Annahme, dass ein potentieller Täter im Zuge einer Recherche über ein seit Jahrzehnten als äußerst vermögend bekanntes potentielles Tatopfer wie den Kläger gerade die Angaben im Transparenzregister zum Ausgangspunkt einer etwaigen Tatplanung machte, nicht hinreichend lebensnah. Die bloß entfernt liegende Möglichkeit einer solchen Verwendung der Eintragungen erhöht die ohnehin bestehende abstrakte Gefahr für den Kläger jedenfalls nicht signifikant. Dem steht nicht entgegen, dass § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG seiner Tatbestandsstruktur nach von der Möglichkeit der Begründung und Erhöhung derartiger Gefahren durch Angaben im Transparenzregister ausgeht. Ein gesetzgeberischer Wille, ohnehin bestehende abstrakte Gefahren für als vermögend bekannte Einzelpersonen weitgehend auch im Rahmen von Beschränkungsanträgen zu berücksichtigen, kommt in der Norm nicht zum Ausdruck. Vielmehr ist § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG als restriktiver Ausnahmetatbestand konzipiert.
114Eine signifikante Gefahrerhöhung ergibt sich erst recht nicht aus den hier streitigen Eintragungen im Übrigen, welche allein eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung des Klägers an konkreten Rechtseinheiten (Q. D. Stiftung <gemeinnützig>, I. GmbH & Co. KG, U. Beteiligungs-GmbH, U. GmbH & Co. KG) ausweisen. Es ist nicht plausibel dargelegt, dass allgemeine Angaben über eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung einer öffentlich als äußerst vermögend bekannten Person die Gefahr der Begehung von Katalogstraftaten signifikant erhöhen.
115Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen besteht aufseiten des Klägers jedenfalls kein überwiegendes schutzwürdiges Interesse gem. § 23 Abs. 2 Satz 1 GwG. In der Sache sieht § 23 Abs. 2 Satz 1 GwG eine Abwägung zwischen den schutzwürdigen Interessen des wirtschaftlich Berechtigten und den öffentlichen Interessen an der Einsichtnahme vor,
116siehe auch Krais, CCZ 2017, 98, 105 f.; Korte, a.a.O., § 23 GwG Rn. 32.
117Der Beklagten steht auch im Rahmen dieser Abwägung jeweils kein Beurteilungsspielraum zu,
118vgl. Lorenz, DStR 2020, 2258, 2259.
119Das Merkmal des „Überwiegens“ der schutzwürdigen Interessen des wirtschaftlich Berechtigten befindet sich auf der Tatbestandsseite des § 23 Abs. 2 Satz 1 GwG. Jedenfalls eröffnet es kein verwaltungsbehördliches Ermessen im Sinne des § 40 VwVfG. Als unbestimmter Rechtsbegriff ist das Merkmal gemäß Art. 19 Abs. 4 GG der Garantie effektiven Rechtsschutzes unterworfen. Anhaltspunkte dafür, bei der Auslegung und Anwendung des Merkmals verwaltungsbehördliche Beurteilungsspielräume anerkennen zu können, bestehen nicht. Die Entscheidung erfordert weder eine spezifische Sachkunde noch eine subjektive Wertung. Soweit sie prognostischen Charakter hat, liegt diese Prognose im Kern im Sicherheitsrecht, das regelmäßig keine verwaltungsbehördlichen Beurteilungsspielräume vermittelt,
120vgl. Riese, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, § 114 VwGO Rn. 155 (Stand: Februar 2019).
121Auch aus dem zugrundeliegenden Unionsrecht ergibt sich nichts anderes. Vielmehr fordert Art. 30 Abs. 9 Satz 3 der Richtlinie (EU) 2015/849 (modifiziert) explizit, dass die Rechte auf eine verwaltungsrechtliche Prüfung des Beschlusses über die Ausnahme und auf einen wirksamen Rechtsbehelf gewahrt werden müssen. Innerhalb dieses Rahmens richtet sich der gerichtliche Kontrollumfang nach dem nationalen Recht,
122vgl. allgemein BVerwG, Urteil vom 25. September 2013 - 6 C 13.12 -, juris Rn. 33; BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 ‑ 1 C 37.14 -, juris Rn. 21; Riese, a.a.O., § 114 VwGO Rn. 112.
123Die Verwaltungsgerichte dürfen und müssen die Abwägung demnach vollständig überprüfen. Hat die registerführende Stelle keine Abwägung getroffen, können die Verwaltungsgerichte die Abwägung selbst treffen.
124Überwiegen die schutzwürdigen Interessen, stehen sie der Möglichkeit der Einsichtnahme dem Grunde nach entgegen und führen zu einem Beschränkungsanspruch nach § 23 Abs. 2 Satz 2 GwG. Die Abwägung hat sowohl das abstrakte Gewicht der gegenüberstehenden Interessen wie auch alle konkreten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Sie ist verfassungsrechtlich vorstrukturiert. Die Gestattungen der Einsichtnahme in das Transparenzregister nach § 23 Abs. 1 GwG greifen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der wirtschaftlich Berechtigten in Gestalt des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG bzw. gemäß Art. 7 und Art. 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GrCH) ein. Der gesetzmäßige Zugang zum Transparenzregister schmälert nämlich die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen,
125vgl. dazu Lorenz, DStR 2020, 2258, 2261 f.; Korte, a.a.O., § 23 GwG Rn. 8; Generalanwalt Pitruzzella, Schlussantrag vom 20. Januar 2022 - Rs. C-37/20; C-601/20 -, a.a.O., Rn. 84 ff.,
126und stellt mit der Übermittlung der personenbezogenen Daten an Dritte einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar,
127vgl. EuGH, Urteil vom 22. November 2022 in den verbundenen Rechtssachen C‑37/20 und C‑601/20 ‑, Rn. 40 ff., 44.
128Dieser Eingriff ist gerechtfertigt. Aufgrund der vergleichbaren Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) an die Rechtfertigung kann in diesem Fall letztlich dahinstehen, ob das nationale oder europäische Grundrechtsregime anzuwenden ist,
129vgl. zur Abgrenzung hier nur Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 6. November 2019 - 1 BvR 16/13 -, juris Rn. 40 ff.
130wobei mangels einer vollständigen unionsrechtlichen Determination der Regelung des § 23 Abs. 2 GwG eine Prüfung primär am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes naheliegt. Insoweit greift die Vermutung, dass das Schutzniveau der Charta der Grundrechte der Europäischen Union durch die Anwendung der Grundrechte des Grundgesetzes mitgewährleistet ist,
131s. BVerfG, Beschluss vom 6. November 2019 - 1 BvR 16/13 -, juris Rn. 42 f., 55.
132Der Eingriff verletzt nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung darf nach dem Bundesverfassungsgericht nur aufgrund eines Gesetzes im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eingeschränkt werden; die Einschränkung darf nicht weitergehen, als es zum Schutz des öffentlichen Interesses unerlässlich ist,
133vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Juli 2022 - 2 BvR 54/22 -, juris; Di Fabio, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, 103. EL Januar 2024, Art. 2 Abs. 1 GG Rn. 179, 181.
134Die Ablehnung der Beschränkungsanträge des Klägers verfolgt hier legitime Transparenzinteressen; sie ist dazu geeignet und erforderlich. Das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung wird durch sie nicht in unangemessener Weise eingeschränkt. Das unionsrechtlich verankerte öffentliche Transparenzinteresse überwiegt das Interesse des Klägers an einer Beschränkung der Möglichkeit der Einsichtnahme und Übermittlung der hier streitigen Angaben im Transparenzregister.
135Auf Seiten des Klägers besteht zwar ein gewichtiges Interesse am Schutz seiner personenbezogenen Daten. Die öffentliche Abrufbarkeit von Informationen über seine Person und den Umfang seines Vermögens zieht eine abstrakte Dauergefahr der Begehung von Katalogstraftaten nach § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG nach sich. Zwar liegen keine eigenständigen Grundrechtseingriffe darin, dass wirtschaftlich Berechtigte durch Einsichtnahmen in das Transparenzregister der Gefahr ausgesetzt werden, Opfer einer Straftat im Sinne von § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchstaben a) bis g) GwG zu werden. Die Begehung der Straftaten wird staatlicherseits weder imperativ vorgegeben, noch final oder unmittelbar herbeigeführt. Auch ist eine ungewollte Auslösung der Straftaten dem Staat nicht zuzurechnen,
136vgl. Sachs, in: ders., Grundgesetz, 9. Auflage 2021, Vorb. zu Abschn. I, Rn. 90; BVerfG, Beschluss vom 15. März 2018 - 2 BvR 1371/13 -, juris Rn. 44.
137Dennoch begründet die Gefahr im Sinne des § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG - auch im Vorfeld des Schadenseintritts - grundrechtliche Beeinträchtigungen, je nach Strafnorm insbesondere von Art. 2 Abs. 2 Satz 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG bzw. Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 6, Art. 16, Art. 17 Abs. 1 GrCH. Diese Beeinträchtigungen lösen abstrakte staatliche Schutzpflichten aus, die konkret von Gesetzgeber und Verwaltung nicht verletzt werden dürfen. Diese Schutzpflichten verschärfen die Rechtfertigungsanforderungen an den Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung,
138vgl. allgemein zu staatlichen Schutzpflichten bei Risiken und Gefahren BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 2011 - 1 BvR 1502/08 -, juris Rn. 37; BVerfG, Beschluss vom 24. März 2021 - 1 BvR 2656/18 u.a. -, BVerfGE 157, 30 = juris Rn. 143 ff.; allgemein zu derartigen kumulierenden Belastungswirkungen Winkler, JA 2014, 881 ff.; Ruschemeier, Der additive Grundrechtseingriff, 2019, S. 125 ff.
139Es besteht im vorliegenden Fall indes keine herausgehobene Eingriffsintensität. Die nach § 19 Abs. 1 GwG im Transparenzregister zugänglichen Angaben betreffen sämtlich allein die Sozialsphäre des Klägers. Damit ist ein Bereich umschrieben, der von der sozialen Umwelt nicht ohne Weiteres abgeschirmt werden kann. Der staatliche Zugriff auf diesen Bereich unterliegt nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz keinen besonders qualifizierten Rechtfertigungsanforderungen,
140vgl. Di Fabio, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, (Stand: Januar 2024), Art. 2 Abs. 1 GG Rn. 160.
141So liegt der Fall auch hier. Allgemeine personenbezogene Daten wie Name, (unvollständiges) Geburtsdatum, Wohnort und Staatsangehörigkeit sowie Angaben zu wirtschaftlichen Interessen des Klägers berühren im vorliegenden Fall zwar dessen Geheimhaltungsinteressen. Sie sind nach ihrer Art und ihrem Umfang indes nicht in besonderer Weise gefahrenträchtig und gehen nicht in wesentlichem Ausmaß über die zur Person und zum Vermögen des Klägers öffentlich bekannten und jederzeit zugänglichen Informationen hinaus. Für die Mitglieder der Öffentlichkeit einsehbar sind ausschließlich Daten, die im Zusammenhang mit der Identität und der Geschäftstätigkeit der wirtschaftlich Berechtigten stehen. Sie geben keine nähere Auskunft über deren Privatleben. Sie ermöglichen für sich genommen auch keinen exakten Überblick über die Vermögensverhältnisse des Betroffenen. Weiterhin ist die Einsichtnahmemöglichkeit bei unionsrechtskonformer Auslegung ihrer rechtlichen Grundlage in § 23 Abs. 1 GwG mit dem Zweck verbunden, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu verhindern. Die Transparenzpflicht besteht überhaupt nur, weil der Betroffene wirtschaftlich Berechtigter einer Vereinigung ist. Zudem bestehen gesetzliche Schutzinstrumente, welche der Wahrung der Interessen der wirtschaftlich Berechtigten dienen. So müssen sich die Einsichtnehmenden nach § 23 Abs. 4 GwG vorab registrieren und können von den wirtschaftlich Berechtigten nach § 23 Abs. 8 GwG erfragt werden.
142Als Gegengewicht sind in der Rechtfertigungsprüfung die Interessen der Öffentlichkeit und der Gesellschaft an der Einsichtnahme in das Transparenzregister zu berücksichtigen. Einsichtnahmen in das Transparenzregister sollen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung verhindern. Ziel des Registers ist es, das Vertrauen in die Integrität der Geschäftstätigkeit und des Finanzsystems zu stärken und den Missbrauch von Wirtschaftseinheiten zum Zweck der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu bekämpfen,
143vgl. BTDrucks 18/11555, S. 89; Art. 1 Abs. 1 der Vierten Geldwäscherichtlinie und Erwägungsgrund 30 der Fünften Geldwäscherichtlinie; Pitruzzella, Schlussantrag vom 20. Januar 2022 - Rs. C-37/20; C-601/20 -, a.a.O., Rn. 139 ff.
144Dabei soll nach Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2015/849 (modifiziert) durch die Transparenz auch eine starke abschreckende Wirkung entfaltet werden. Speziell zu dem Ziel, das mit dem durch Art. 1 Nr. 15 Buchst. c der Richtlinie 2018/843 eingeführten Zugang aller Mitglieder der Öffentlichkeit zu den Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer verfolgt wird, heißt es im 30. Erwägungsgrund dieser Richtlinie, dass durch einen solchen Zugang zunächst „eine größere Kontrolle der Informationen durch die Zivilgesellschaft (einschließlich Presse und zivilgesellschaftlichen Organisationen) ermöglicht und das Vertrauen in die Integrität der Geschäftstätigkeit und des Finanzsystems gestärkt [wird]“. Des Weiteren „kann“ durch den fraglichen Zugang „insofern ein Beitrag zur Bekämpfung des Missbrauchs von Gesellschaften und anderen juristischen Personen und ähnlichen Rechtsvereinbarungen für die Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung geleistet werden, als Ermittlungen erleichtert und Reputationseffekte bewirkt werden können, da jedem, der Geschäfte abschließen könnte, die Identität der wirtschaftlichen Eigentümer bekannt ist“. Schließlich wird durch diesen Zugang „auch eine zeitnahe und effiziente Verfügbarkeit von Informationen für Finanzinstitute sowie Behörden, einschließlich Behörden von Drittländern, die an der Bekämpfung solcher Straftaten mitarbeiten, erleichtert“ und dieser Zugang „würde dazu beitragen, Ermittlungen in Bezug auf Geldwäsche, damit zusammenhängende Vortaten und Terrorismusfinanzierung durchzuführen“. Zudem erläutert der 31. Erwägungsgrund der Richtlinie 2018/843, dass „[d]ie mögliche Verbesserung des Vertrauens in die Finanzmärkte … als positiver Nebeneffekt und nicht als Zweck erhöhter Transparenz angesehen werden [sollte], der darin besteht, ein Umfeld zu schaffen, das weniger leicht für die Zwecke von Geldwäschern und Geldgebern des Terrorismus genutzt werden kann“. Demnach will der Unionsgesetzgeber dadurch, dass er den Zugang aller Mitglieder der Öffentlichkeit zu den Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer vorsieht, die Geldwäsche und die Terrorismusfinanzierung verhindern, indem er mit erhöhter Transparenz ein Umfeld schafft, das weniger leicht für diese Zwecke genutzt werden kann. Dabei handelt es sich um eine dem Gemeinwohl dienende Zielsetzung, die auch schwere Eingriffe in Persönlichkeitsrechte rechtfertigen kann,
145vgl. EuGH, Urteil vom 22. November 2022 in den verbundenen Rechtssachen C‑37/20 und C‑601/20 ‑, Rn. 59 m. w. Nachw.
146Zweck des Transparenzregisters ist es gerade, die hinter komplexen wirtschaftlichen und gesellschaftsrechtlichen Strukturen stehenden natürlichen Personen für bestimmte Einsichtnahmeberechtigte auszuweisen. Eine Einschränkung dieses unionsrechtlich als besonders gewichtig ausgewiesenen Gemeinwohlaspekts soll nur im Falle außergewöhnlicher Umstände in Betracht kommen. Zu berücksichtigen ist insoweit, dass eine besonders tiefgreifende Einschränkung des Transparenzinteresses darin läge, Angaben zu äußerst vermögenden Individuen mit einer Vielzahl von Beteiligungen an verschiedenen Rechtseinheiten für bestimmte Einsichtsberechtigte unzugänglich zu machen. Es käme in diesem Fall zu einer Einschränkung der Transparenz gerade in Bezug auf verzweigte wirtschaftliche und gesellschaftsrechtliche Strukturen, die eine einheitlich wirtschaftlich berechtigte natürliche Person nicht aus sich heraus erkennen lassen.
147Kein anderes Ergebnis rechtfertigt die Erwägung, dass die unbeschränkte Zugänglichkeit der Angaben im Transparenzregister auch unbescholtenen wirtschaftlich Berechtigten eine Pflicht zur Duldung fremdbestimmter Verwendung und ggf. Verbreitung personenbezogener Daten auferlegt. Es gibt keinen Rechtsgrundsatz, der einen solchen Zugriff auf personenbezogene Daten ausschließlich für den Fall vorangegangenen deliktischen Verhaltens des Berechtigten erlaubt. Vielmehr ist der Zugriff auf personenbezogene Daten aus dem Bereich der Sozialsphäre unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auch zur Verfolgung von Gemeinwohlzwecken von hinreichendem Gewicht statthaft,
148vgl. auch EuGH, Urteil vom 22. November 2022 in den verbundenen Rechtssachen C 37/20 und C 601/20, Rn. 63 f.
149Insoweit stellt sich der Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung des Klägers durch die Einsichtnahmemöglichkeit von Verpflichteten im Sinne § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GwG auch als angemessen dar. Die Beklagte verletzt nicht ihre Schutzpflichten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Geheimhaltungsinteressen des Klägers bei näherer Betrachtung nicht besonders hoch ausfallen,
150vgl. allgemein zur Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls in der Abwägung Korte, a.a.O., § 23 GwG Rn. 34.
151In Abwägung mit der Gefahr für den Kläger sieht der Gesetzgeber für die Einsichtnahme durch Verpflichtete genügende Schutzvorkehrungen vor. Die Einsichtnahme der Verpflichteten bezweckt die Geldwäschebekämpfung in spezifischer Weise und dient der Erfüllung der Sorgfaltspflichten des § 10 Abs. 1 GwG. Personell berechtigt sind ausschließlich die Gewerbe und Berufe nach § 2 Abs. 1 GwG. Die Einsichtnahme ist nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GwG nur gestattet, sofern die Verpflichteten der registerführenden Stelle darlegen, dass diese zur Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten in einem der in § 10 Abs. 3 und Abs. 3a GwG genannten Fälle erfolgt. Insofern müssen die Verpflichteten etwa glaubhaft machen können, dass sie mit dem wirtschaftlich Berechtigten eine Geschäftsbeziehung begründen. Die Einsichtnahme der Verpflichteten ist streng zweckgebunden; § 23 Abs. 6 Satz 2 GwG stellt klar, dass sie ausschließlich zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten des jeweiligen Verpflichteten erfolgt,
152vgl. zum Ganzen BTDrucks 18/11555, S. 88, 132 f.; Korte, a.a.O., § 23 GwG Rn. 18; Schweinitz/Posdorfer, a.a.O., § 23 GwG Rn. 31.
153Diese gesetzlichen Schutzvorkehrungen reduzieren etwaige aus den Angaben im Transparenzregister resultierende Gefahren für den Kläger auf ein zumutbares Maß.
154Nichts anderes gilt für im Hinblick auf einen Eingriff in das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung bei einer Einsichtnahme durch den in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG umschriebenen Personenkreis. Dabei ist - wie oben dargelegt - von einer Eingrenzung abweichend von der positivgesetzlichen Formulierung „3. allen Mitgliedern der Öffentlichkeit“ auszugehen; mithin ist nunmehr aufgrund der Entscheidung des EuGH vom 22. November 2022 von einer richtlinienkonformen Auslegung und Anwendung auszugehen (so auch der Schriftsatz der Beklagtenseite vom 29. November 2022) und ein berechtigtes Interesse an einer Einsichtnahme zu fordern. Bei dieser höhere Anforderungen stellenden Praxis - so versteht das Gericht die Entscheidung des EuGH -
155vgl. EuGH, Urteil vom 22. November 2022 in den verbundenen Rechtssachen C‑37/20 und C‑601/20, Rn. 55, 58 f., 63 f., 67, 72 und insbesondere Rn. 74,
156ist davon auszugehen, dass bei der Forderung eines berechtigten Interesses der Mitglieder der Öffentlichkeit keine Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des so umschriebenen Einsichtsrechts mit Art. 7 i.V.m. 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union bestehen. Dem schließt sich das erkennende Gericht an.
157Die Vermutung der Mitgewährleistung der Gewährleistungen der Grundrechtecharta der Europäischen Union ist nicht widerlegt. Die primärrechtlich gewährleisteten Grundsätze der Zweckbindung und der Datenminimierung bei der Verarbeitung personenbezogener Daten (vgl. auch Art. 5 Abs. 1 lit. b), c) DSGVO) als Ausprägungen der Aspekte der Geeignetheit und Erforderlichkeit von Eingriffen in das Recht auf Schutz personenbezogener Daten gem. Art. 7 i.V.m. Art. 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entsprechen wertungsmäßig den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit von Eingriffen in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG.
158Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
159Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
160Die Berufung war gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen; die Fragen der Anforderungen an die Beschränkung der Einsichtnahme in das Transparenzregister sind bislang in der Rechtsprechung nicht geklärt und für eine Vielzahl der bei dem erkennenden Gericht anhängigen Verfahren von Bedeutung.
161Rechtsmittelbelehrung
162Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
163Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt; sie muss einen bestimmten Antrag und die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten.
164Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) wird hingewiesen.
165Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
166Die Berufungsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
167Ferner ergeht ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter der
168Beschluss
169Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
17050.000,00 Euro
171festgesetzt.
172Gründe
173Der festgesetzte Streitwert entspricht dem gesetzlichen Auffangstreitwert im Zeitpunkt der Klageerhebung (§ 52 Abs. 2 GKG). Der Auffangstreitwert des § 52 Abs. 2 GKG von 5.000 EUR ist für jede der zehn Gesellschaften anzusetzen, für die der Kläger die Beschränkung beantragt hat. Insoweit sind jeweils gesonderte Bescheide und Widerspruchsbescheide ergangen.
174Rechtsmittelbelehrung
175Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden.
176Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
177Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) wird hingewiesen.
178Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
179Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.