Seite drucken Entscheidung als PDF runterladen
1.Die Festsetzung eines Zwangsgeldes ist nur dann zulässig, wenn die gerichtliche Anordnung, die zwangsweise durchgesetzt werden soll, einen vollstreckbaren Inhalt hat. Dazu muss die verlangte Auskunft, insbesondere beim Versorgungsausgleich, hinreichend bestimmt sein.
2.Die bloße Auflage, bestimmte vom Versorgungsträger mitgeteilte Fehlzeiten „aufzuklären“, lässt demgegenüber nicht hinreichend deutlich erkennen, welche konkreten Auskünfte vom Beteiligten verlangt werden.
I.
Die Sache wird auf den Senat übertragen (§ 35 Abs. 5 FamFG i.V.m. § 568 ZPO).
II.
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 22.01.2024 wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Siegen vom 04.01.2024 aufgehoben.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Gerichtskosten für das Vollstreckungsverfahren in erster Instanz werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.500,- € festgesetzt.
Gründe:
2Die Antragstellerin stellte im März 2023 einen Antrag auf Scheidung der Ehe und Durchführung des Versorgungsausgleichs.
3Sie erwarb ausweislich der von ihr erteilten Auskunft ein Rentenanrecht bei der Deutschen Rentenversicherung Bund.
4In der Folgezeit konnte der Versorgungsträger die erbetene Auskunft zum Ehezeitanteil und zum vorgeschlagenen Ausgleichswert nicht erteilen, weil Auskünfte der Antragstellerin fehlten.
5Durch Schreiben vom 29.08.2023 forderte die Deutsche Rentenversicherung Bund die Antragstellerin auf, verschiedene ungeklärte Zeiten im Versicherungsverlauf zu klären. Wegen der Einzelheiten wird verwiesen auf das Schreiben vom 29.08.2023 (GA 13 f.).
6Da die Antragstellerin dieser Auflage nicht nachkam, erließ das Amtsgericht am 31.10.2023 einen Beschluss, in dem es der Antragstellerin aufgab, verschiedene im Beschluss näher bezeichnete ungeklärte Zeiten im Versicherungsverlauf zu belegen.
7In diesem Beschluss heißt es wörtlich (GA 19 f.):
8Der Antragstellerin wird aufgegeben, dem Gericht gegenüber die noch ungeklärten Zeiten im Versicherungsverlauf zu belegen. Welche Belege fehlen und welche Zeiten ungeklärt sind, kann der beiliegenden Mitteilung des Rentenversicherungsträgers entnommen werden. Zur Vermeidung weiterer Verzögerungen können die entsprechenden Belege und Angaben dem Rentenversicherungsträger direkt übersandt und dem Gericht mitgeteilt werden, was veranlasst worden ist.
9Folgende Zeiten sind ungeklärt:
10[…]
11Hierzu wird eine Frist von zwei Wochen gesetzt. Es wird darauf hingewiesen, dass bei nicht fristgerechter Erfüllung ein Zwangsgeld bis zu 25.000,- € oder Zwangshaft bis zu 6 Monaten festgesetzt werden kann (§§ 220, 35 FamFG).
12[…]
13In der Begleitverfügung vom 27.10.2023 ist angeordnet, dass neben einer beglaubigten Abschrift des Beschlusses auch das Schreiben der Deutschen Rentenversicherung vom 29.08.2023 der Zustellung beizufügen ist (GA 22).
14Weil auch daraufhin keine weitergehenden Auskünfte der Antragstellerin erfolgten, hat das Amtsgericht durch Beschluss vom 04.01.2024 gegen die Antragstellerin ein Zwangsgeld von 1.500,- € festgesetzt.
15Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde. Zur Begründung führt der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin aus, er „hoffe“, dass die Antragstellerin zwischenzeitlich ihrer Verpflichtung nachgekommen sei. Anderenfalls möge dies auf ihre „konstitutive Verfassung“ zurückzuführen sein.
16Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat vorgelegt.
17II.
18Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 35 Abs. 5 FamFG statthaft und auch im Übrigen nach Maßgabe der §§ 567 ff. ZPO zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt.
19Sie hat in der Sache ebenfalls Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.
20Zwar durfte das Amtsgericht grundsätzlich die aus § 220 Abs. 3 und 5 FamFG folgende Verpflichtung der Antragstellerin gemäß § 35 Abs. 1 FamFG mit Zwangsmitteln durchsetzen. Auch das Vorbringen in der Beschwerdebegründung, wonach die „konstitutive Verfassung“ der Antragstellerin Grund für die Nichterteilung der Auskünfte war, hätte dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg verholfen.
21Das Verfahren leidet hier aber an einem formalen Mangel.
22Die Festsetzung eines Zwangsgeldes ist nur dann zulässig, wenn die gerichtliche Anordnung, die zwangsweise durchgesetzt werden soll, einen vollstreckbaren Inhalt hat. Dazu muss die verlangte Auskunft, insbesondere beim Versorgungsausgleich, hinreichend bestimmt sein.
23Daran fehlt es hier.
24In der gerichtlichen Anordnung muss ein ganz bestimmtes, auch für eine nicht juristisch gebildete Person ohne Weiteres verständliches Verhalten aufgegeben werden (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 31.05.2023 – 20 WF 76/23, MDR 2023, 1053).
25Die bloße Auflage, bestimmte vom Versorgungsträger mitgeteilte Fehlzeiten „aufzuklären“, lässt demgegenüber nicht hinreichend deutlich erkennen, welche konkreten Auskünfte vom Beteiligten verlangt werden (OLG Karlsruhe, a.a.O.; Senat, Beschluss vom 03.04.2014 – 4 WF 78/14, FamRZ 2014, 1658; OLG Schleswig, Beschluss vom 27.02.2015 – 10 WF 34/15, FamRZ 2015, 1221). Aus dem vorliegenden Beschluss selbst ergibt sich nicht unmittelbar, welche genauen Angaben und Belege von der Antragstellerin gefordert waren.
26Zwar wird teilweise vertreten, dass sich der Inhalt der geschuldeten Handlung auch aus einem Schreiben des Versorgungsträgers ergeben kann (so OLG Koblenz, Beschluss vom 13.08.2018 – 13 WF 604/18, FamRZ 2019, 386). Auch dann ist aber jedenfalls Voraussetzung, dass das Auskunftsschreiben des Versorgungsträgers derart in den Androhungsbeschluss aufgenommen wird, dass beide eine einheitliche Urkunde ergeben (OLG Koblenz a.a.O.). Das ist hier indes nicht geschehen. Vielmehr hat das Amtsgericht lediglich in der Zustellungsverfügung angegeben, dass das Schreiben des Versorgungsträgers beizufügen sei. Eine Verbindung zu einer einheitlichen Urkunde ist demgegenüber nicht erfolgt.
27Im Übrigen ist aber auch zweifelhaft, ob überhaupt in dem Schreiben des Versorgungsträgers die zu machenden Angaben und vorzulegenden Belege so genau bezeichnet sind, dass sie Grundlage einer Vollstreckung sein könnten. Zwar werden in diesem Schreiben immerhin die „Anträge zur Kontenklärung (V0100, V0410)“ dezidiert erwähnt. Daneben heißt es aber des Weiteren: „Lassen Sie uns bitte […] die erforderlichen Angaben und gegebenenfalls Unterlagen zukommen […]“. Ob ein Vollstreckungsschuldner angesichts der Formulierung „gegebenenfalls“ hinreichend deutlich ersehen kann, unter welchen genauen Umständen er jeweils welche genauen Belege vorlegen muss, ist für den Senat sehr zweifelhaft. Näheres mag sich aus den Anträgen zur Kontenklärung ergeben. Diese sind aber wiederum mit dem zu vollstreckenden Beschluss, der wie schon ausgeführt die geschuldete Handlung zweifelsfrei erkennen lassen muss, nicht verbunden.
28III.
29Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs. 1 FamFG.
30Rechtsbehelfsbelehrung:
31Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
32Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordert (§ 70 Abs. 2 FamFG).