Seite drucken Entscheidung als PDF runterladen
Das angefochtene Urteil wird teilweise geändert.
Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheides vom 22. November 1993 und des Widerspruchsbescheides des Beigeladenen vom 29. Juni 1995 verpflichtet, den Bauantrag des Klägers vom 8. August 1991 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens beider Instanzen tragen der Kläger 1/4 und der Beklagte 3/4; die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Der Kläger betreibt auf einem zwischen den Bahngleisen der Bahnstrecke A. -M. (Obere Ruhrtalbahn) und der S. straße in M. -W. gelegenen Gelände einen Betrieb zur Entsorgung von Kernschrott, dessen (nachträgliche) bauaufsichtliche Genehmigung er begehrt.
3Das im Eigentum der Rechtsnachfolgerin der Deutschen Bundesbahn stehende, vom Kläger gepachtete Betriebsgelände umfaßt eine rund 70 m lange und 20 bis 15 m breite Freifläche im äußersten südöstlichen Bereich des nach Südosten spitz zulaufenden Flurstücks 852 sowie den größeren Teil des gleichfalls - allerdings in umgekehrte Richtung - spitz zulaufenden Flurstücks 247. In dieser Freifläche steht auf dem Flurstück 825 ein ca. 12 x 13 m großes eingeschossiges Gebäude mit leicht geneigtem Satteldach, das in Fachwerkkonstruktion errichtet ist. Dieses Gebäude wird vom Kläger als Büro, Annahmestelle und für sonstige Zwecke genutzt; der Schrott lagert - teilweise in Behältnissen bzw. Containern - im Freien.
4Die weitere Bebauung in der Umgebung des Betriebsgeländes des Klägers stellt sich wie folgt dar: Die am Nordrand des Betriebsgeländes entlangführende Südstraße markiert die Grenze zwischen dem südlich von ihr gelegenen, teilweise nicht mehr zu Bahnzwecken genutzten Gelände des Bahnhofs W. und der nördlich der Straße gelegenen Bebauung von W. . Letztere besteht weitgehend aus Wohngebäuden. Etwa in Höhe des Betriebsgeländes des Klägers beginnt an der Nordseite der S. straße eine unmittelbar von dieser Straße erschlossene Bauzeile, die sich bis über den ehemaligen Bahnhof W. , der rund 600 m vom Betriebsgelände des Klägers entfernt ist, hinaus nach Westen erstreckt und Mitte der 50er Jahre weitgehend bereits vorhanden war. Diese Bauzeile umfaßt neben Wohngebäuden u.a. eine Sparkassen-Zweigstelle, eine Gastwirtschaft und einen Einzelhandelsladen. Weitere Wohnbebauung und die ca. 80 m vom Betriebsgelände des Klägers entfernte Schützenhalle liegen weiter nördlich hangaufwärts. Nordöstlich des Betriebsgeländes des Klägers befindet sich östlich der Schützenhalle ein Gebiet mit Wohnhäusern, das über ein System innerer Erschließungsstraßen erschlossen wird. Die nach Süden ausgerichteten rückwärtigen Gärten der südlichsten Bauzeile dieses Baugebiets, die 1957 bauaufsichtlich genehmigt wurde, sind zur S. straße hin durch eine steile Böschung abgegrenzt.
5Das in weiten Bereichen nicht mehr zu Bahnzwecken genutzte Gelände des Bahnhofs W. erstreckt sich beiderseits der beiden heute noch für Regionalverkehr genutzten Hauptgleise der Oberen Ruhrtalbahn. Es umfaßte ursprünglich nördlich dieser beiden Hauptgleise das gesamte Gelände bis zur S. straße von dem im Westen gelegenen Bahnhof W. bis zum Betriebsgelände des Klägers. In diesem Bereich befanden sich früher auch einige zwischenzeitlich demontierte Gleise. Ein Gleis führte über das Betriebsgelände des Klägers unmittelbar südlich am Gebäude des Klägers vorbei. Es endete ca. 40 m südöstlich hiervon etwa am spitzen Ende des Flurstücks 825 vor einem unbebauten, weitgehend mit Sträuchern und Bäumen bewachsenen schmalen Geländestreifen. Dieser erstreckt sich zwischen den Hauptgleisen der Oberen Ruhrtalbahn und der S. straße vom Betriebsgelände des Klägers nach Osten bis zur rund 350 m entfernten Überführung der L 914 über die Bahn. Das im Westen gelegene Empfangsgebäude des Bahnhofs W. wird als Bahnhofsgaststätte sowie als Haarstudio genutzt. An weiteren gewerblichen Nutzungen zwischen dem Bahnhof und dem Betriebsgelände des Klägers haben sich auf dem ehemaligen Bahngelände unmittelbar westlich des Betriebs des Klägers in einem langgestreckten ehemaligen Schuppen mit angebautem Wohnhaus und dem umgebenden Gelände ein Dachdeckerbetrieb sowie in dem neben dem Bahnhofsgebäude gelegenen ehemaligen Güterschuppen eine Kältetechnik-Firma angesiedelt. Die frühere Güterabfertigung wird von der Raiffeisengenossenschaft als Lager mit Verkaufsraum genutzt. Ferner findet auf Teilen der Freiflächen Lagertätigkeit (Kies und Sand) statt.
6Südlich der Hauptgleise der Oberen Ruhrtalbahn befanden sich ursprünglich die ausgedehnten Gleisanlagen eines Rangiergeländes mit einem Gleisdreieck. Dieses Rangiergelände war angelegt worden, weil von W. durch das Tal der W. eine Bahnlinie nach Süden in das Sauerland führte, über die weite Bereiche des Sauerlands an die Obere Ruhrtalbahn und über diese u.a. an das Ruhrgebiet angebunden waren. Auch die ausgedehnten Gleisanlagen des Rangiergeländes sind weitgehend demontiert. Das zugehörige ehemalige Stellwerk, das dem Betrieb des Klägers etwa gegenüber südlich der Hauptgleise liegt, wird für eine Schleiferei genutzt. Hieran schließt sich in einem langgestreckten Streifen neben den Hauptgleisen ein weiteres Schrottunternehmen (Firma S. ) an, das in jüngerer Zeit bauaufsichtlich genehmigt worden ist. Weiter südlich des ehemaligen Stellwerks und des Geländes der Firma S. befinden sich ausgedehnte gewerblich genutzte Fabrikhallen.
7Der Betrieb des Klägers nahm folgende Entwicklung:
8Etwa seit 1946 wird im Bereich des Betriebsgeländes des Klägers Schrotthandel betrieben. In einem Vertrag zwischen der Deutschen Bundesbahn und der Firma Franz M. (Schrott- handlung) ist geregelt, daß der Lagerplatz Nr. 10 auf dem Bahnhof W. vom 1. August 1949 auf unbestimmte Zeit an die genannte Firma vermietet wird. Die Größe des Platzes ist im Vertrag mit 511 m2 - davon 91 m2 bebaut - angegeben. Die Art der Bebauung ist als "Lagerschuppen aus Holz" (Eigentum des Mieters) umschrieben. In den besonderen Vereinbarungen des Vertrages heißt es u.a.:
9"Der Vertrag wird unter der auflösenden Bedingung abgeschlossen, daß der Mieter die Beförderung seiner ein- und ausgehenden Güter der Bundesbahn überträgt... Der Lagerplatz und die auf ihm errichteten Anlagen dienen der Erleichterung des Verkehrs und des Güterumschlages mit der Deutschen Bundesbahn. Die An- und Abbeförderung von Gütern von und zum Lagerplatz hat, ...es sich nicht um Ortsverkehrs handelt, ausschließlich auf der Schiene mit bahneigenen oder den von der Eisenbahn angemieteten Lastkraftwagen zu geschehen. Ausnahmen im Nahverkehr können von dem Vorsteher der zuständigen Güterabfertigung genehmigt werden. Bei Kündigung des Vertrages hat der Pächter den Schuppen auf eigene Kosten abzubrechen und den Platz ordnungsmäßig zu räumen..."
10In diesem Vertrag ist ferner auf einen Vertrag vom 3./15.2.1946 Bezug genommen.
11Gegenstand eines weiteren Vertrages zwischen der Deutschen Bundesbahn und der Firma Fritz K. (Baugeschäft) aus dem Jahr 1956 ist die Vermietung eines am Gleis gelegenen Lagerplatzes Nr. 8b von 63 m2 - davon bebaut 63 m2 - ab 1. Ju- li 1956. Die Bebauung ist als Lagerschuppen (Holz) um- schrieben. Nach einem Lageplan aus dem Jahr 1958 handelt es sich hierbei um einen Anbau an den Schuppen auf dem Lagerplatz 10, der Gegenstand des vorerwähnten Vertrages mit der Firma M. ist.
12Mit Vertrag vom 18./22. Juni 1959 wurden die Lagerplätze 8a und 10 an die Firma Franz M. (Schrott- und Eisengroßhandlung) ab 1. Januar 1957 auf unbestimmte Zeit vermietet. Die Gesamtgröße des Platzes ist nunmehr mit 830 m2 angegeben, wobei die gesamte Grundfläche und ein bebauter Anteil von 92 m2 als Eigentum der Bundesbahn und der "Schuppen K. " als Eigentum des Mieters gekennzeichnet sind. In § 4 des Vertrages ist festgelegt, daß der Mieter nach § 1 Absatz 1 und 3 der Lagerplatzbedingungen verpflichtet ist, die Lagerplatzgüter mit Ausnahme des Ortsverkehrs mit Beförderungsmitteln der Bundesbahn zu beziehen oder zu versenden. In § 5 ist hinsichtlich besonderer Vereinbarungen zu den Lagerplatzbedingungen ausgeführt: "Lagerschuppen aus Holz nach alten Verträgen schon seit Jahren vorhanden".
13Der Kläger übernahm den Lagerplatz vom Vormieter M. . Anläßlich dieser Übernahme wandte sich der Beklagte mit Schreiben vom 7. Juli 1977 an die Deutsche Bundesbahn (Generalvertretung H. ) mit der Bitte, von einer Verpachtung des Schrottplatzes an den Kläger abzusehen, da von diesem Platz erhebliche Belästigungen im angrenzenden Wohngebiet ausgingen. Die Deutsche Bundesbahn entgegnete unter dem 19. September 1977, es handele sich lediglich um einen Mieterwechsel bezüglich des seit Jahrzehnten bestehenden Industrieschrottlagerplatzes, der in der bisherigen Weise fortgeführt werde; der Bitte, von einer Verpachtung abzusehen, könne nicht entsprochen werden. In der Folgezeit kam es zu weiterem Schriftwechsel des Beklagten mit der Deutschen Bundesbahn, die mit Schreiben vom 17. April 1978 darauf hinwies, daß der Schrottlagerplatz "einen branchenüblichen guten Eindruck" mache und eine Beeinträchtigung des fließenden Verkehrs auf der S. straße nicht gegeben sei; für Sichtschutz bezüglich des Betriebsgeländes werde gesorgt.
141989 griff der Beklagte die Situation bezüglich des hier strittigen Schrottplatzes zwischen der S. straße und der Bahnstrecke wieder auf. Dabei ließ er sich nach einem Aktenvermerk vom 2. Juni 1989 davon leiten, die Grundlage für die Ansiedlung dieses Betriebs, nämlich der Abtransport der gesammelten Abfälle mit Güterzügen der Deutschen Bundesbahn, sei entfallen, da der Bahnhof W. güterzugmäßig nicht mehr bedient werde. Der Kläger wurde mit Schreiben vom 10. Oktober 1989 darauf hingewiesen, die Weiterführung des Betriebs erfordere eine Baugenehmigung. Seit 1990 gingen beim Beklagten ferner Beschwerdeschreiben von Anwohnern der S. straße ein, die ein Einschreiten u.a. gegen den Betrieb des Klägers forderten. Der Kläger bat den Beklagten mit Schreiben vom 22. Juni 1990 um Mitteilung, warum "nach gut 40 Jahren" nach einer Genehmigung gefragt werde; für einen Kernschrottplatz bedürfe es keiner Genehmigung, er - der Kläger - fühle sich aufgrund des Pachtvertrages nur seinem Verpächter, der Bundesbahn, verpflichtet.
15Es kam zu weiterem Schriftwechsel des Beklagten mit Behörden und der Deutschen Bundesbahn. Letztere führte mit Schreiben vom 13. November 1990 an den Beklagten u.a. aus:
16"Die Tätigkeit der Firma F. , soweit sie der Abwicklung des äußeren Eisenbahnbetriebes diente, ist gemäß § 38 Bundesbahngesetz in den Verantwortungsbereich der Deutschen Bundesbahn gefallen. Durch die Aufhebung von Abfertigungsbefugnissen für den öffentlichen Wagenladungsverkehr beim Bahnhof W. ist eine Abwicklung von Schienentransporten über das Mietobjekt der Firma F. nicht mehr möglich. Insoweit ist damit auch die Zuständigkeit der Deutschen Bundesbahn entfallen.
17Wir haben bereits die Firma F. aufgefordert, die entsprechenden behördlichen Genehmigungen, deren Vorlage Voraussetzung für das weitere Vertragsverhältnis sind, beizubringen..."
18Mit Schreiben vom 28. Februar 1991 übersandte die Deutsche Bundesbahn dem Beklagten ferner eine als solche bezeichnete Entwidmungsverfügung vom 22. Februar 1991, deren Inhalt lautet:
19"Die ehemaligen Lagerplätze S. , Jürgens und F. im Bf W. sind für den Eisenbahnbetrieb nicht mehr erforderlich. Sie verlieren daher ihre Eigenschaft als Bundesbahnanlage und sind mit Wirkung vom 01.01.91 entwidmet.
20Ein Lageplan der entwidmeten Bundesbahnanlage ist beigegügt. Die im Lageplan gelb angelegten Flächen gelten als entwidmet.
21Die Planfeststellung kann nach § 36 Abs. 2 Bundesbahngesetz unterbleiben."
22In dem dieser Verfügung beigefügten Lageplan sind u.a. das Betriebsgelände des Klägers mit dem sich westlich anschließenden Gelände, das für den Dachdeckerbetrieb genutzt wird, sowie das südlich der Hauptgleise befindliche Gelände um das ehemalige Stellwerk einschließlich des sich nach Osten anschließenden Bereichs der Firma S. farblich gekennzeichnet. Mit Schreiben vom 28. Juni 1991 forderte die Deutsche Bundesbahn ferner den Kläger auf, sich um eine Baugenehmigung für seinen Betrieb zu bemühen; nur so könne ihre - der Bahn - ablehnende Haltung zur Vertragsauflösung gegenüber der Stadt M. untermauert werden.
23Am 21. August 1991 ging daraufhin beim Beklagten ein Bauantrag des Klägers vom 8. August 1991 ein, dessen positive Bescheidung vom Kläger im vorliegenden Verfahren begehrt wird. Das zu genehmigende Vorhaben ist dort umschrieben als "seit 1945 bestehender Lagerplatz mit Lagerhalle zur Entsorgung von Kernschrott" mit dem Bemerken "bisher Genehmigung durch die Deutsche Bundesbahn". In der zur Genehmigung gestellten Betriebsbeschreibung sind die Arbeitsabläufe wie folgt umschrieben:
24"Anlieferung von Kernschrott, Trennung und ordnen der einzelnen Metalle, verladen und abfahren"
25Als einzusetzende Maschinen, Apparate und Fördereinrichtungen sind 2 fahrbare Bagger und 1 LKW angegeben; die Betriebszeiten sind mit 7.00 bis 18.00 Uhr werktags sowie im Winter 8.00 bis 17.00 Uhr umschrieben. Hinsichtlich der zu erwartenden Geräusche wird in der Betriebsbeschreibung insbesondere ausgeführt:
26"An- und Abfahrt von Fahrzeugen (sehr gering), anliefern und Verladen der Metalle sowie sortieren, täglich etwa 2 Std."
27Das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt A. führte mit Schreiben vom 3. Februar 1992 zum Bauantrag aus, im vorliegenden Fall sei wegen des geringen Abstands und der ungünstigen topographischen Verhältnisse ein verträgliches Nebeneinander von Wohnbebauung und dem gewerblichen Betrieb nur zu erzielen, wenn das gesamte Betriebsgelände eingehaust werde.
28Mit Schreiben vom 25. März 1993 kündigte der Beklagte dem Kläger zunächst die Ablehnung des Bauantrags an und sprach diese sodann mit Bescheid vom 22. November 1993 aus. Dabei ging der Beklagte in seinem Schreiben vom 25. März 1993 noch davon aus, daß das Betriebsgelände weiterhin als planfestgestelltes Bahngelände im Sinne von § 38 BauGB und § 36 BBahnG gelte, weil die nur der Gemeinde bekanntgemachte Entwidmung nicht den Fortfall der Fachplanungshoheit der Deutschen Bundesbahn bewirkt habe. In seinem Ablehnungsbescheid vom 22. November 1993 stellte er sich auf den Standpunkt, die Entwidmung sei wirksam, und stützte die Ablehnung des Bauantrags nunmehr allein auf die nach seiner Meinung sowohl nach § 35 als auch nach § 34 BauGB gegebene planungsrechtliche Unzulässigkeit des Vorhabens.
29Mit Ordnungsverfügung vom 22. April 1993 gab der Beklagte dem Kläger ferner auf, die Nutzung der östlichen Teilfläche des Flurstücks 825 und des darauf stehenden Hallengebäudes als Lager- und Bearbeitungsfläche für Schrotte bis spätestens sechs Wochen nach Bestandskraft dieser Ordnungsverfügung zu unterlassen. Diese Ordnungsverfügung ist Gegenstand des weiteren beim Senat anhängigen Verfahrens 7 A 3818/96.
30Gegen den am 7. Dezember 1993 abgesandten Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 22. November 1993 erhob der Kläger am 28. Dezember 1993 Widerspruch. Zur Begründung berief er sich im wesentlichen auf einen Bestandsschutz seines Betriebs sowie auf eine Gleichbehandlung mit dem genehmigten Betrieb S. .
31Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juni 1995 wies der Landrat des H. den Widerspruch als unbegründet zurück. Er vertiefte die Auffassung des Beklagten, daß von einer wirksamen Entwidmung des Betriebsgeländes als Bahngelände auszugehen sei. Im übrigen stellte er im wesentlichen darauf ab, daß das Vorhaben des Klägers planungsrechtlich nach § 34 BauGB zu bewerten sei, wobei die Bahntrasse eine deutliche Zäsur für die maßgebliche Umgebung darstelle. In die Eigenart der näheren Umgebung füge sich das Vorhaben des Klägers nicht ein.
32Der Kläger hat am 3. August 1995 Klage sowohl gegen die Ordnungsverfügung als auch auf Erteilung der abgelehnten Baugenehmigung erhoben. Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluß vom 15. Dezember 1995 das vorliegende Verfahren von der Anfechtungsklage gegen die Ordnungsverfügung, die beim Senat unter dem Aktenzeichen 7 A 3818/96 anhängig ist, abgetrennt.
33Zur Begründung seiner vorliegenden Verpflichtungsklage hat der Kläger im wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholt und erneut darauf hingewiesen, daß sich sein Schrottplatz in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge.
34Der Kläger hat beantragt,
35den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 22. November 1993 und des Widerspruchsbescheides des Landrats des H. vom 29. Juni 1995 zu verpflichten, seinen - des Klägers - Bauantrag vom 8. August 1991 betreffend die Nutzung einer Teilfläche des Grundstücks Gemarkung W. Flur 10 Flurstück 825 als Lagerplatz mit Lagerhalle zur Entsorgung von Kernschrott zu genehmigen.
36Der Beklagte hat beantragt,
37die Klage abzuweisen.
38Er hat im wesentlichen auf die angefochtenen Bescheide verwiesen.
39Zur Begründung seines die Klage abweisenden Urteils vom 11. Juni 1996 hat das Verwaltungsgericht im wesentlichen ausgeführt, die Nutzung des Betriebsgeländes des Klägers unterliege uneingeschränkt dem formellen und materiellen Baurecht, weil der betreffende Bereich als Bahnanlage zumindest funktionslos geworden sei. Ein Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung stehe dem Kläger jedoch nicht zu, da sich sein Vorhaben nicht nach § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge. Insoweit sei aufgrund der trennenden Wirkung der Bahngleise allein auf den nördlich der Bahngleise befindlichen Bereich abzustellen. In dieser maßgeblichen Umgebung habe der Schrottplatz des Klägers kein Vorbild. Er könne auch nicht ausnahmsweise zugelassen werden, da er die bestehende Situation verschlechtere und belaste. Auf einen Bestandsschutz könne sich der Kläger nicht berufen, weil die nunmehrige Nutzung des fraglichen Geländes als Schrottplatz sich nicht als Fortführung einer bereits früher legal ausgeübten Nutzung darstelle. Im übrigen sei der Schrottplatz als Lager- und Güterumschlageinrichtung von dem Bestand des Eisenbahnverkehrs abhängig gewesen, ohne deshalb selbst baurechtlichen Bestandsschutz zu genießen.
40Gegen das ihm am 3. Juli 1996 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29. Juli 1996 Berufung eingelegt und erneut betont, daß sein Betrieb Bestandsschutz genieße und in einem Gebiet liege, das nach seinem vorherrschenden Charakter Gewerbegebiet sei.
41Der Kläger beantragt,
42das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem Klageantrag zu erkennen.
43Der Beklagte beantragt,
44die Berufung zurückzuweisen.
45Er bezieht sich auf die angefochtenen Bescheide und trägt ergänzend vor, die Obere Ruhrtalbahn habe bereits im vorigen Jahrhundert den Betrieb aufgenommen. Es sei nicht anzunehmen, daß die zuständigen Bauaufsichtsbehörden in den Jahren nach 1945 den Fachplanungsvorbehalt der damaligen Deutschen Bundesbahn bzw. ihrer Rechtsvorgängerin angezweifelt hätten. In den Unterlagen befänden sich keine Hinweise auf eine erteilte Baugenehmigung, daher könne ein Bestandsschutz nicht angenommen werden. Im Hinblick auf die örtlichen Verhältnisse bilde die Trasse der Oberen Ruhrtalbahn eine unübersehbare Zäsur. Maßgeblich für die Eigenart der näheren Umgebung des strittigen Vorhabens seien daher lediglich das benachbarte Lager des Dachdeckerbetriebes, dem ein kleineres Baustofflager (Sand) angegliedert sei, sowie die ganz überwiegend durch Wohngebäude in Erscheinung tretende bebaute Fläche nördlich der S. straße. In diese Eigenart der näheren Umgebung füge sich die beantragte Nutzung nicht ein.
46Der Beigeladene stellt keinen Sachantrag.
47Gemäß Beschluß vom 17. Februar 1997 hat der Berichterstatter am 15. April 1997 eine Ortsbesichtigung durchgeführt. Auf die hierüber gefertigte Niederschrift wird verwiesen.
48Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Akte 7 A 3818/96 sowie der vom Beklagten und dem Kläger in jenem Verfahren vorgelegten Verwaltungsvorgänge und sonstigen Unterlagen ergänzend Bezug genommen.
49Entscheidungsgründe:
50Die zulässige Berufung ist im Sinne eines Bescheidungsausspruchs begründet.
51Das Verwaltungsgericht geht zu Unrecht davon aus, daß das zur Genehmigung gestellte Vorhaben bauplanungsrechtlich unzulässig sei. Gegen die - grundsätzliche - Genehmigungsfähigkeit des strittigen Vorhabens bestehen vielmehr keine Bedenken. Zur Erteilung der beantragten Baugenehmigung kann der Beklagte jedoch nicht verpflichtet werden, weil die Sache insoweit noch nicht im Sinne von § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO spruchreif ist.
52Der Erteilung einer Baugenehmigung steht nicht, wie der Beklagte ursprünglich noch annahm, der Fachplanungsvorbehalt des § 38 BauGB entgegen. Das Areal, auf dem sich der zur (nachträglichen) Genehmigung gestellte Schrottplatz befindet, ist zwar wohl ursprünglich als gemäß § 38 BauGB privilegiertes Bahngelände - sei es auf Grund einer bahnrechtlichen Planfeststellung, sei es in anderer Weise - gewidmet worden. Die Entwidmungsverfügung der Deutschen Bundesbahn vom 22. Febru-ar 1991 ist jedoch wirksam und hat zur Folge, daß das Gelände als solches nunmehr uneingeschränkt dem Bauplanungsrecht und damit auch der kommunalen Planungshoheit der Stadt M. unterliegt.
53Die Entwidmung von Bahngelände ist eine Allgemeinverfügung im Sinne von § 35 Satz 2 VwVfG.
54Vgl.: BVerwG, Urteil vom 27. Novem- ber 1996 - 11 A 2.96 - NVwZ 1997, 920 ff.
55Sie hat durch eine eindeutige und bekanntgemachte Erklärung zu erfolgen, damit für jedermann klare Verhältnisse bestehen, ob und welche Flächen künftig wieder für andere Nutzungen offenstehen.
56Vgl.: BVerwG, Urteil vom 16. Dezem- ber 1988 - 4 C 48.86 - BRS 49 Nr. 3, Urteil vom 31. August 1995 - 7 A 19.94 - NVwZ 1996, 394 ff sowie Urteil vom 27. November 1996 a.a.O..
57Diesen Anforderungen genügt die durch einen beigefügten Lageplan ergänzte Entwidmungsverfügung vom 22. Februar 1991 in jeder Hinsicht.
58Die Entwidmungsverfügung legt eindeutig die räumlichen Bereiche fest, die für den Eisenbahnbetrieb nicht mehr erforderlich sind, und stellt zugleich klar, daß die betroffenen Flächen mit Wirkung vom 1. Januar 1991 entwidmet sind.
59Zutreffend ist in der Entwidmungsverfügung ferner davon ausgegangen, daß die Planfeststellung nach § 36 Abs. 2 BBahnG unterbleiben kann. Insoweit kann dahinstehen, ob es zur Aufhebung der rechtlichen Sonderstellung von Bahngelände grundsätzlich sachgerecht oder gar zwingend geboten ist, zuvor ein bahnrechtliches Planfeststellungsverfahren - nunmehr nach § 18 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378; AEG) - durchzuführen.
60Diese Frage ist offengelassen in: BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 1988 - 4 C 48.86 - BRS 49 Nr. 3.
61Nach dem hier einschlägigen § 36 Abs. 2 BBahnG
62- vgl. nunmehr § 18 Abs. 3 AEG für Eisenbahnen sowie z.B. § 17 Abs. 2 FStrG für Bundesfernstraßen, § 14 Abs. 1b WaStrG für Bundeswasserstraßen, § 8 Abs. 3 LuftVG für Flughäfen und § 28 Abs. 2 PBefG für Straßenbahnen -
63konnte die Planfeststellung für Anlagen der Deutschen Bundesbahn bei Änderungen von unwesentlicher Bedeutung unterbleiben, wenn die Belange anderer nicht berührt werden oder die Betroffenen der Änderung zugestimmt haben. Unwesentlich ist eine Änderung dann, wenn ein Interessenwiderstreit ersichtlich nicht besteht oder doch jedenfalls aus Gründen eines tatsächlich oder rechtlich einfach gelagerten Sachverhalts nicht zu erwarten ist.
64Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 1987 - 7 C 31.85 - NVwZ 1987, 590 (591) zu § 7 TWG unter Bezugnahme auf den Rechtsgedanken der §§ 17 Abs. 2 FStrG und 36 Abs. 2 BBahnG.
65Dabei ist die Wesentlichkeit daran zu messen, ob die Anlage nicht nur in peripheren, sondern den Charakter des Unternehmens kennzeichnenden Bereichen zumindest teilweise erheblich anders ausgestaltet wird, sowie insbesondere auch daran, ob und inwieweit die Änderung öffentliche Belange sowie rechtlich geschützte nachbarliche Interessen beeinträchtigt.
66Vgl. zum Begriff der wesentlichen Änderung in § 6 Abs. 4 LuftVG: BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 1988 - 4 C 40.86 - NVwZ 1989, 750 (753).
67Gemessen an diesen Kriterien ist die Herausnahme der von der Entwidmung vom 22. Februar 1991 erfaßten Flächen aus dem Bahngelände des Bahnhofs W. nur eine unwesentliche Änderung. Sie betrifft räumlich und sachlich nur periphere Bereiche des Bahngeländes. Diese waren nicht dem eigentlichen Kern des Bahnbetriebs der oberen Ruhrtalbahn zuzuordnen. Ihr bahnspezifischer Charakter beschränkte sich letztlich nur auf Gleisanschlüsse zum Güterumschlag, der bei Erlaß der Entwidmungsverfügung zudem bereits eingestellt war. Im übrigen war das Gelände - jedenfalls der Schrottplatz des Klägers - schon seit Jahrzehnten zu bahnfremden Zwecken genutzt worden. Der Schrottplatz des Klägers war, wie der Senat in seinem Urteil vom heutigen Tage im Verfahren 7 A 3818/96, auf das zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden kann, näher ausgeführt hat, von Anfang an gerade keine Bahnanlage, die dem Eisenbahnbetrieb der Deutschen Bundesbahn diente. Die endgültige Aufhebung der bahnbezogenen Zweckbestimmung des hier betroffenen Areals bringt damit letztlich nur den rechtlichen Charakter der betroffenen Grundfläche mit den tatsächlichen Gegebenheiten in Einklang. Sie berührt keine nachbarlichen Interessen, denn sie läßt die bestehenden Nutzungen unberührt.
68Bedenken gegen die Wirksamkeit der Entwidmungsverfügung bestehen schließlich auch nicht deshalb, weil sie lediglich der Stadt M. übersandt und nicht öffentlich bekanntgemacht wurde. Spezielle bahnrechtliche Vorschriften für die Bekanntgabe der Entwidmung von Bahngelände bestehen ebensowenig wie allgemeine bindende rechtliche Vorgaben für die Bekanntgabe von Allgemeinverfügungen. Letztere können - müssen aber nicht - gemäß § 41 Abs. 3 Satz 2 VwVfG öffentlich bekanntgemacht werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist. Das für die Entwidmung von Bahngelände gebotene Mindestmaß an Publizität setzt nur voraus, daß der mit der Änderung des rechtlichen Status des betroffenen Areals verbundene Wechsel der Planungshoheit in einer geeigneten Weise bekanntgemacht wird.
69Vgl.: BVerwG, Urteil vom 16. Dezem- ber 1988 - 4 C 48.86 - BRS 49 Nr. 3.
70Dieses Mindestmaß an Publizität war hier durch Übersendung der Entwidmungsverfügung an die Stadt M. gewahrt. Wie bereits angesprochen ging es bei der Entwidmung letztlich nur darum, die tatsächliche Entwicklung im betroffenen Bereich nachzuvollziehen und dabei insbesondere die Interessen der Stadt M. als Trägerin der kommunalen Planungshoheit für den betroffenen, nunmehr dem allgemeinen Bauplanungsrecht unterliegenden Bereich zu wahren.
71Das schon hiernach, im übrigen aber wegen der im Urteil des Senats vom heutigen Tag im Verfahren 7 A 3818/96 belegten fehlenden Eisenbahnbetriebsbezogenheit auch der Anlage selbst nach den allgemeinen Vorschriften des Bauplanungs- und Bauordnungsrechts zu beurteilende Vorhaben des Klägers ist bauplanungsrechtlich grundsätzlich genehmigungsfähig.
72Die bauplanungsrechtliche Beurteilung richtet sich nach § 34 BauGB, weil das nicht vom Geltungsbereich eines Bebauungsplans erfaßte Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt. Das Betriebsgelände des Klägers ist nicht nur nahezu allseits von Bebauung umgeben, sondern auch selbst als bebauter Bestandteil dieses Bebauungszusammenhangs zu werten.
73Daß sowohl das aufstehende Gebäude als auch der Schrottplatz selbst die Merkmale einer baulichen Anlage gemäß § 29 Abs. 1 BauGB erfüllen, bedarf keiner weiteren Erörterung. Für die weitere Frage, ob diese baulichen Anlagen dem unmittelbar angrenzenden im Zusammenhang bebauten Ortsteil W. zuzurechnen sind, ist unerheblich, daß sie - wie der Senat gleichfalls in seinem Urteil vom heutigen Tage im Verfahren 7 A 3818/96, auf das zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden kann, näher dargelegt hat - weder bauaufsichtlich genehmigt noch als der Eigenaufsicht der Deutschen Bundesbahn unterliegende Bahnanlagen zulässigerweise errichtet worden sind. Für die Zurechenbarkeit vorhandener baulicher Anlagen zu einem Ortsteil kommt es nicht auf deren Legalität, sondern auf ihren auf Dauer absehbaren Bestand an. Letzteres ist etwa anzunehmen, wenn die Bebauung in einer Weise geduldet wird, die keinen Zweifel daran läßt, daß sich die zuständigen Behörden mit ihrem Vorhandensein abgefunden haben.
74Vgl.: BVerwG, Urteil vom 14. Septem- ber 1992 - 4 C 15.90 - BRS 54 Nr. 65 m.w.N..
75Nichts anderes gilt auch dann, wenn die Bauaufsichtsbehörde zwar daran interessiert ist, die vorhandenen baulichen Anlagen zu beseitigen bzw. zumindest deren tatsächliche Nutzung zu unterbinden, hieran jedoch, wie hinsichtlich des Schrottplatzes des Klägers gleichfalls im Urteil des Senats vom heutigen Tag im Verfahren 7 A 3818/96 näher dargelegt ist, aus Rechtsgründen gehindert ist.
76Der Schrottplatz einschließlich des aufstehenden Gebäudes ist auch Bebauung im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB. Hierunter fallen (nur) bauliche Anlagen, die maßstabbildend sind, weil sie optisch wahrnehmbar sind und ein gewisses Gewicht haben, so daß sie geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten Charakter zu prägen.
77Vgl.: BVerwG, Urteil vom 14. Septem- ber 1992 a.a.O..
78Eine solche prägende Wirkung kommt dem gesamten Areal - nicht nur dem aufstehenden Gebäude - zu, denn es tritt in der Örtlichkeit als ein räumlich abgegrenzter selbständiger Gewerbebetrieb mit umfangreichem Freiflächengeschehen in Erscheinung, das sowohl von seinen Dimensionen als auch von den konkreten optischen und immissionsmäßigen Auswirkungen her die Eigenart seiner Umgebung mitbestimmen kann.
79Soweit sich der hiernach gemäß § 34 BauGB planungsrechtlich beurteilende Schrottplatz einschließlich des aufstehenden Gebäudes nach § 34 Abs. 1 BauGB hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen und die Erschließung gesichert sein muß, liegen diese Voraussetzungen ohne weiteres vor.
80Näherer Betrachtung bedarf allerdings die Frage der Zulässigkeit des Schrottplatzes nach der Art der baulichen Nutzung. Auch diese ist grundsätzlich zu bejahen. Insoweit richtet sich die Zulässigkeit nach § 34 Abs. 2 BauGB, weil die maßgebliche Umgebung des Schrottplatzes hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung als faktisches Gewerbegebiet zu qualifizieren und der Schrottplatz vorbehaltlich näherer Prüfungen und Regelungen zum Immissionsschutz dort grundsätzlich zulässig ist.
81Bei der Abgrenzung und Bewertung der näheren Umgebung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung können der vorhandene Baubestand und die vorhandene Nutzung auf dem Schrottplatz des Klägers nicht unberücksichtigt bleiben. Auch hier kommt es auf das tatsächlich Vorhandene an, wobei nicht dessen Legalität maßgebend ist, sondern sein auf Dauer absehbarer Bestand. Ebensowenig darf die Betrachtung auf das beschränkt werden, was städtebaulich wünschenswert oder auch nur vertretbar ist.
82Vgl. bereits: BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 1974 - IV C 77.73 - BRS 28 Nr. 27.
83Hiernach kann der bereits seit Jahrzehnten vorhandene Schrottplatz des Klägers, dessen vollständiger Beseitigung - wie dargelegt - Rechtsgründe entgegenstehen, auch in diesem Zusammenhang nicht aus der Betrachtung ausgeblendet werden. Es ist demgemäß zu berücksichtigen, daß die beiden noch in Betrieb befindlichen Hauptgleise der oberen Ruhrtalbahn im hier betroffenen Bereich sowohl im Norden als auch im Süden von den dort vorhandenen räumlich ausgedehnten Schrottplätzen des Klägers und der Firma S. gleichsam eingefangen sind. Die enge räumliche Nähe dieser beiden, in ihrem Erscheinungsbild und auch hinsichtlich ihrer sonstigen, insbesondere immissionsmäßigen Auswirkungen nahezu identischen Anlagen läßt nach dem Eindruck in der Örtlichkeit, den der Berichterstatter des Senats vor Ort gewonnen und dem Senat vermittelt hat und der durch die dem Senat vorliegenden Lichtbilder bestätigt wird, beide Schrottplätze gleichsam als verklammert erscheinen. Damit wirken die gewerblichen Nutzungen beiderseits der Bahngleise auf dem auch zuvor eine Einheit - nämlich ein Bahngelände - bildenden Areal als ein einheitliches faktisches Baugebiet mit praktisch ausschließlicher gewerblicher Nutzung. Insoweit stellen die Bahngleise selbst, auch wenn sie als Verkehrsweg der Eisenbahn nur an den vorhandenen Überführungen für den allgemeinen Verkehr überwindbar sind, keine hinreichend markante städtebauliche Zäsur dar, die eine wechselseitige Prägung der beiderseits der Gleise gelegenen Bereiche ausschließt. Die Gleise verlaufen nicht auf einem Damm oder in einem Einschnitt. Die von ihnen eingenommene Breite beträgt lediglich das für den Fahrverkehr der Eisenbahn notwendige Maß. Die eingezäunten Anlagen der beiderseits der Gleise gelegenen Schrottplätze liegen sich demgegenüber auf einer langen Strecke so eng gegenüber, daß sie letztlich als von den Gleisen nur unterbrochene Einheit erscheinen. Dies wird in besonderem Maß deutlich, wenn der Bereich von Blickrichtungen aus betrachtet wird, die nicht parallel, sondern quer zu den Bahngleisen verlaufen. Lediglich bei Betrachtungen parallel zu den Bahngleisen tritt die Trennung der beiden Schrottplätze durch die Bahn überhaupt erst in Erscheinung.
84Eine städtebaulich relevante Zäsur bildet demgegenüber die S. straße, die nach ihrer Nutzungsstruktur deutlich unterschiedliche Bereiche gegeneinander abgrenzt. Gerade die Einheitlichkeit einer Bebauung kann nämlich bewirken, daß angrenzende - hier durch die Straße getrennte - andersartige Bebauung nicht (mehr) zur näheren Umgebung im Sinne von § 34 BauGB gehört.
85Vgl.: BVerwG, Beschluß vom 29. April 1997 - 4 B 67.97 - BauR 1997, 804.
86Südlich der Straße befindet sich - außer dem noch in Betrieb befindlichen, gewidmeten Bahngelände - praktisch ausschließlich gewerbliche Nutzung, die den betroffenen Bereich als ein in sich geschlossenes, durch die Bahnanlagen nur unterbrochenes faktisches Gewerbegebiet erscheinen läßt. Dieser Eindruck wird dadurch bekräftigt, daß die Bebauung an der gegenüberliegenden Nordseite der S. straße ihrerseits eine gleichfalls praktisch einheitliche städtebauliche Struktur aufweist. Sie umfaßt neben Wohngebäuden und der als Anlage für kulturelle Zwecke in einem allgemeinen Wohngebiet gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO generell zulässigen Schützenhalle mit der Sparkassenzweigstelle, der Gastwirtwirtschaft und dem Einzelhandelsladen lediglich solche gewerbliche Nutzungen, die in einem allgemeinen Wohngebiet allgemein oder zumindest ausnahmsweise zulässig sind. Jedenfalls die dem Betriebsgelände des Klägers unmittelbar gegenüberliegende Bebauung an der Nordseite der S. straße, die nicht im Geltungsbereichs eines Bebauungsplans liegt, ist damit als faktisches allgemeines Wohngebiet zu qualifizieren.
87Ist hiernach davon auszugehen, daß der Schrottplatz an einem als faktisches Gewerbegebiet zu qualifizierenden Standort genehmigt werden soll, bestehen gegen seine grundsätzliche bauplanungsrechtliche Genehmigungsfähigkeit auch hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung, die sich nach § 34 Abs. 2 BauGB iVm § 8 BauNVO richtet, keine Bedenken. Dies gilt jedenfalls angesichts der hier in Rede stehenden Ausgestaltung, die der Schrottplatz nach der zur Genehmigung gestellten Betriebsbeschreibung im einzelnen aufweisen soll. Hiernach erfassen die gewerblichen Aktivitäten auf dem Schrottplatz zwar auch das Freigelände, beschränken sich jedoch ausdrücklich auf den An- und Abtransport von Kernschrott sowie dessen Lagerung und Sortierung. Eine Schrottpresse sowie andere spezielle Maschinen und sonstige Einrichtungen etwa zur Zerkleinerung der angelieferten Gegenstände sollen nicht zum Einsatz kommen. Soweit in dem Beschwerdeschreiben der Eheleute van Geldern vom 3. Februar 1992 ferner auf - in der Tat für die Nachbarschaft besonders lästige - Brennschneidarbeiten mit erheblicher Rauchentwicklung und Gestank hingewiesen wird, kann dahinstehen, ob der Kläger solche Arbeiten derzeit tatsächlich durchführt. Mit dem hier in Rede stehenden Bauantrag sollen sie jedenfalls ebensowenig legalisiert werden wie andere Aktivitäten, die zu deutlich spürbaren Geruchs- oder sonstigen Schadstoffemissionen führen. Die zur Genehmigung gestellte Betriebsbeschreibung erfaßt ferner keine gewerblichen Aktivitäten außerhalb der Werktage sowie in der Nacht oder auch nur in den besonders schützenswerten Ruhezeiten vor 7.00 Uhr und nach 18.00 Uhr. Schließlich begrenzt sie den Einsatz von Geräten auf zwei fahrbare Bagger und einen Lastkraftwagen.
88Eine abschließende Prüfung, ob der in diesem deutlich eingegrenzten Umfang zur Genehmigung gestellte Betrieb am betreffenden Standort hinsichtlich der Art der Nutzung uneingeschränkt genehmigungsfähig ist oder ob die Baugenehmigung ggf. mit Nebenbestimmungen zum (Lärm-) Immissionsschutz versehen werden muß, um namentlich mit Blick auf § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO den Schutzbedürfnissen der Nachbarschaft Rechnung zu tragen, ist dem Senat allerdings nicht möglich. Insoweit bedarf die abschließende Prüfung und Bewertung des zur Genehmigung gestellten Vorhabens noch fachlicher Beurteilungen, die im Baugenehmigungsverfahren bislang nicht erfolgt sind, und deren Durchführung die Aufgabe des Gerichts überschreiten würde, die Sache "spruchreif" zu machen.
89Vgl. zu den Grenzen, eine Verpflichtungsklage spruchreif zu machen: BVerwG, Urteil vom 14. April 1989 - 4 C 52.87 - BRS 49 Nr. 15 und Beschluß vom 25. November 1997 - 4 B 179.97 -.
90Insoweit ist insbesondere auf folgende Aspekte hinzuweisen:
91Bei den rechtlichen Anforderungen an die vom Betrieb des Klägers einzuhaltenden Immissionsanforderungen ist - wie dargelegt - davon auszugehen, daß der Betrieb zwar in einem faktischen Gewerbegebiet liegt, jedoch an dessen Rand zu dem jenseits der S. straße vorhandenen faktischen allgemeinen Wohngebiet. Diese bereits seit Jahrzehnten tatsächlich bestehende Situation des unmittelbaren Angrenzens von Bereichen unterschiedlicher Qualität und unterschiedlicher Schutzwürdigkeit hat nach ständiger Rechtsprechung
92- grundlegend bereits: BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1975 - IV C 71.73 - BRS 29 Nr. 135 -
93zur Folge, daß die Grundstücksnutzung mit einer gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet ist. Sie führt nicht nur zur Pflichtigkeit dessen, der Belästigungen verbreitet, sondern auch - im Sinne der Bildung einer Art von "Mittelwert" - zu einer die Tatsachen respektierenden Duldungspflicht derer, die sich in der Nähe von solchen Belästigungsquellen angesiedelt haben.
94Vor diesem Hintergrund kann im vorliegenden Fall nicht davon ausgegangen werden, daß der Schrottplatz des Klägers ohne weiteres planungsrechtlich genehmigungsfähig ist. Ebensowenig kann davon ausgegangen werden, daß er nur dann genehmigungsfähig wäre, wenn etwa das gesamte Betriebsgelände eingehaust würde, wie das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt A. in seiner zum Bauantrag abgegebenen Stellungnahme vom 3. Febru-ar 1992 meinte. Zwar haben sich die Lärmemissionen des Betriebs des Klägers, jedenfalls soweit sie in Richtung auf die nördlich der S. straße gelegene Wohnbebauung ausstrahlen, daran auszurichten, daß sie unterhalb der Schwelle des für Gewerbegebiete Typischen und Zumutbaren liegen müssen. Hinsichtlich des bei dem Fehlen von Nachtbetrieb hier allein interessierenden Tagwerts müssen sie mithin den sowohl nach der TA-Lärm als auch der VDI-Richtlinie 2058 für Gewerbegebiete maßgeblichen Wert von 65 dB (A) deutlich unterschreiten. Andererseits kann die dem Betrieb nördlich der S. straße unmittelbar gegenüberliegende Wohnbebauung, die sich, wie der Kläger unwidersprochen und in Übereinstimmung mit den dem Senat vorliegenden Unterlagen vorgetragen hat, dort weitgehend erst nach Einrichtung des vom Vorgänger des Klägers betriebenen Schrottplatzes angesiedelt hat, ebensowenig beanspruchen, daß sie nur die für ein allgemeines Wohngebiet sowohl nach der TA-Lärm als auch der VDI-Richtlinie 2058 typischen und zumutbaren Lärmimmissionen von 55 dB (A) am Tag hinzunehmen hat. In der hier gegebenen Gesamtsituation ist vielmehr auch unter Berücksichtigung des Umstands, daß der angesprochene "Mittelwert" nicht mit dem arithmetischen Mittel der in Betracht kommenden Werte gleichzusetzen, sondern ein Zwischenwert ist
95- vgl.: BVerwG, Beschluß vom 28. September 1993 - 4 B 151.93 -BRS 55 Nr. 165 -,
96davon auszugehen, daß die dem Betrieb des Klägers unmittelbar benachbarte Wohnbebauung für sich nur die Schutzmaßstäbe eines Mischgebiets reklamieren kann; denn sie hat sich von Anfang an im unmittelbaren Einwirkungsbereich von umfangreichen Bahnanlagen angesiedelt, die jedenfalls seit dem Ende des 2. Weltkriegs in ein ausgedehntes gewerbliches Geschehen eingebunden waren. Damit hat die dem Betrieb des Klägers unmittelbar benachbarte Wohnbebauung jedenfalls solche Lärmimmissionen hinzunehmen, die Tagwerte von 60 dB (A) nicht überschreiten.
97Ob solche Werte bei dem vom Kläger zur Genehmigung gestellten betrieblichen Geschehen ohne weiteres eingehalten werden oder ob ggf. durch konkrete Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung - etwa in Form von Schutzvorkehrungen, in Form von anlagen- oder zeitbezogenen Auflagen oder in anderer geeigneter Weise - die Einhaltung der gebotenen Schutzmaßstäbe sicherzustellen ist, bedarf noch näherer fachlicher (gutachterlicher) Prüfung. Diese hat sich - je nach ihrem Ergebnis - zugleich darauf auszurichten, ein ggf. erforderliches Auflagenprogramm zu entwickeln, um die Einhaltung der Lärmwerte sicherzustellen, die für die Zulässigkeit des Betriebs gerade an dem hier gegebenen Standort maßgeblich sind.
98Die Sache ist im übrigen auch aus einem weiteren Grund nicht spruchreif mit der Folge, daß der Beklagte nur zur erneuten Bescheidung des Bauantrags verpflichtet werden kann: Auch die abschließende Beurteilung, ob das zur Genehmigung gestellte Vorhaben (bau-)ordnungsrechtlich in jeder Hinsicht unbedenklich ist, bedarf noch näherer fachlicher Prüfungen. Dies gilt namentlich für die sicherheitsrechtlich relevanten Anforderungen an das aufstehende Gebäude wie etwa bezüglich der Statik, des Brandschutzes, des Arbeitsschutzes u.a.m.. Auch hinsichtlich dieser Aspekte ist es nicht Aufgabe des vorliegenden Gerichtsverfahrens, die Sache unter allen relevanten, bislang noch nicht fachlich geprüften Aspekten spruchreif zu machen.
99Der Berufung war nach alledem lediglich im Sinne eines Bescheidungsausspruchs stattzugeben.
100Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 155 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Dabei hat der Senat hinsichtlich der Aufteilung der Kosten berücksichtigt, daß der Kläger dadurch, daß er statt der begehrten Verpflichtung zur Erteilung einer Baugenehmigung lediglich eine erneute Bescheidung seines Bauantrags erreicht hat, nur in einem deutlich geringeren Anteil als der Beklagte unterlegen ist.
101Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO.
102Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
103