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Der Begriff der Ausweisung von Flächen für die Windenergienutzung oder für den Abbau von Rohstoffen nach § 48 Satz 2 UVPG meint die Zuordnung bestimmter Funktionen oder Nutzungen zu einem bestimmten Bereich des Planungsraums. Er umfasst insbesondere die Festlegung der in § 7 Abs. 3 ROG genannten Gebiete. Dagegen kann von einer „Ausweisung von Flächen“ nicht gesprochen werden, wenn der Plan lediglich abstrakte und rein textliche Festlegungen von Zielen (oder gar Grundsätzen) der Raumordnung enthält, die die Windenergie oder die Rohstoffnutzung betreffen.
In die Abwägung nach § 7 Abs. 2 Satz 1, Abs. 7 ROG sind alle öffentlichen und privaten Belange einzustellen, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind. Abwägungsrelevant sind alle Belange, die mehr als geringwertig, schutzwürdig, nicht mit einem Makel behaftet und für den Planer erkennbar sind.
Die an die Abwägung im Einzelnen zur stellenden Anforderungen richten sich nach dem Regelungsgehalt der raumordnerischen Festlegung. Das Abwägungsgebot gilt sowohl für Ziele als auch für Grundsätze der Raumplanung. Die Anforderungen, die an die Ermittlungstiefe und die Abwägungsdichte zu stellen sind, sind umso höher, je konkreter und strikter die raumordnerische Festlegung ausgestaltet ist.
Der „Zielkern“ einer Festlegung mit Zielqualität nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG muss abschließend abgewogen sein.
Bei Festlegungen mit Grundsatzqualität sind die Anforderungen geringer.
Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle beschränkt sich auf die Frage, ob der Plangeber die abwägungserheblichen Gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich zutreffend bestimmt hat und ob er - auf der Grundlage des derart zutreffend ermittelten Abwägungsmaterials - die aufgezeigten Grenzen der ihm obliegenden Gewichtung eingehalten hat.
Die am 5. August 2019 im Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW. 2019, 441) bekannt gemachte Verordnung zur Änderung der Verordnung über den Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen vom 12. Juli 2019 (GV. NRW. 2019, 341) ist unwirksam, soweit sie die Ziffern 2-3 und 2-4, 6.6-2, 6.1-2, 7.2-2, 7.3-1, 10.2-2 und 10.2-3, 10.1-4, 8.1-6 und 8.1-7, sowie 9.2-4 betrifft. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens zu 3/4, der Antragsteller zu 1/4.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht zuvor der jeweilige Vollstreckungsgläubiger in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Der Antragsteller wendet sich gegen die im Gesetz- und Verordnungsblatt vom 5. August 2019 (GV. NRW. 2019 S. 441) bekannt gemachte Verordnung zur Änderung der Verordnung über den Landesentwicklungsplan (im Folgenden: LEP NRW) vom 12. Juli 2019 (GV. NRW. 2019 S. 341).
3Aussagen zu dieser Änderung enthielt der Koalitionsvertrag für Nordrhein-Westfalen 2017 - 2022 insbesondere auf den Seiten 33 f. („Landesplanung und Wirtschaftsförderung“), 39 f. („Windenergie“), 49 („Luftverkehr“) und 77 („Landesplanung“ betreffend Wohnbauflächen).
4Am 17. April 2018 beschloss die Landesregierung, den LEP NRW auf Basis der hierzu erstellten Entwurfsfassung zu ändern. Auf der Grundlage dieses Entwurfs wurde das sog. Scoping-Verfahren eingeleitet und ein Umweltbericht erstellt. Die Öffentlichkeit und die in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen wurden zu dem Entwurf der Änderung in der Zeit vom 7. Mai 2018 bis zum 15. Juli 2018 beteiligt. Aufgrund der eingegangenen Stellungnahmen und Anregungen erfolgten Klarstellungen und Ergänzungen des Entwurfs zur Änderung des LEP NRW.
5Die Landesregierung fasste am 19. Februar 2019 den Beschluss zur 1. Änderung des LEP NRW. Der nordrhein-westfälische Landtag stimmte dem Entwurf am 12. Juli 2019 zu. Im Gesetz- und Verordnungsblatt vom 5. August 2019 (GV NRW 2019 S. 441, 341) wurde die Verordnung zur Änderung des LEP-NRW mit den Hinweisen bekannt gemacht, dass diese Verordnung am Tag nach der Verkündung in Kraft trete und gegen die Änderung innerhalb eines Jahres nach der Bekanntmachung Klage vor dem erkennenden Gericht erhoben werden könne.
6Die Verordnung enthielt folgende „Begründung der Änderung des LEP NRW“:
7„Mit der Änderung des Landesentwicklungsplans wird die Raumordnung in NRW flexibler und zukunftsfähiger. Die entsprechende raumgerechte Konzeption verschafft der Regional- und Bauleitplanung ausreichende Spielräume, erhöht die Planungssicherheit und belässt gleichzeitig der Wirtschaft ihrem Bedarf entsprechend ausreichende Entwicklungsspielräume. (…)
8Die Begründung für die wichtigsten Änderungen im Überblick:
9Ländliche Regionen und Ballungsräume erhalten gleichwertige Entwicklungschancen. Dazu erhalten die Kommunen Flexibilität und Entscheidungskompetenzen bei der Flächenausweisung zurück. Sie können bedarfsgerechter auch in Ortschaften mit weniger als 2.000 Einwohnern neue Wohnbau-, Gewerbe- und Industrieflächen darstellen. Unnötige Hemmnisse zur Ausweisung von Bauland werden gestrichen.
10Nordrhein-Westfalen ist ein attraktiver Standort mit hoher Lebens- und Umweltqualität. Eine Voraussetzung für den Wohlstand in NRW ist eine erfolgreiche Wirtschaftsentwicklung in allen Teilen des Landes. Als Industriestandort ist NRW von herausragender Bedeutung. Um diese Position des Landes zu festigen und auszubauen sorgt die LEP-Änderung für ein bedarfsgerechteres Angebot an Flächen für Gewerbe und Industrie. Dabei war zu berücksichtigen, dass die nordrhein-westfälische Wirtschaft zum weitaus größten Teil aus kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) besteht. Diese vielfach inhabergeführten Familienbetriebe sind in besonderem Maße an ihren jeweiligen Standort gebunden, so dass es durch die Änderung erleichtert wird, ihr Unternehmen durch angrenzende Flächen zu erweitern.
11Aber auch generell gilt, dass ein am Bedarf der Wirtschaft orientiertes Flächenangebot unter Berücksichtigung der teilräumlichen Gegebenheiten in NRW ein Ziel der Landesregierung ist, zu dem diese LEP-Änderung maßgeblich beiträgt. Den Unternehmen sollte ein differenziertes Flächenangebot zur Verfügung stehen, das den unternehmensspezifischen Anforderungen entspricht. Wirtschafts- und Industriestandorte sollen erhalten und weiterentwickelt werden. Dazu gehört auch die optimale Anbindung von Wirtschaftsflächen an Infrastrukturen und die Vermeidung von Nutzungskonflikten. Mit dem geänderten LEP wird dies maßgeblich unterstützt. Dabei können auch große Flächen als Gewerbe- und Industriestandorte gesichert werden.
12Für die planerische Aufgabe der Energiewende ist Akzeptanz erforderlich. Der Ausbau der Windenergie stößt jedoch in weiten Teilen des Landes inzwischen auf Vorbehalte in der Bevölkerung. Mit den Änderungen zur Standortfestlegung für die Nutzung erneuerbarer Energien sollen die Akzeptanz für die Nutzung der Windenergie erhalten und kommunale Entscheidungsspielräume gestärkt werden.
13Ergänzende Begründungen für die einzelnen geänderten Festlegungen sind auch in den jeweiligen Erläuterungen zu den Zielen und Grundsätzen, im Umweltbericht und in den weiteren Unterlagen zur LEP-Änderung dargelegt (Abwägung der Stellungnahmen, synoptische Darstellungen zu den Änderungen vor und nach der Beteiligung).“
14Die Verordnung regelt die Änderung von insgesamt 20 Zielen bzw. Grundsätzen, darunter insbesondere:
15„5. Ziel 2-3 wird wie folgt gefasst:
16„2-3 Ziel Siedlungsraum und Freiraum
17Als Grundlage für eine nachhaltige, umweltgerechte und den siedlungsstrukturellen Erfordernissen Rechnung tragende Entwicklung der Raumnutzung ist das Land in Gebiete zu unterteilen, die vorrangig Siedlungsfunktionen (Siedlungsraum) oder vorrangig Freiraumfunktionen (Freiraum) erfüllen oder erfüllen werden.
18Die Siedlungsentwicklung der Gemeinden vollzieht sich innerhalb der regionalplanerisch festgelegten Siedlungsbereiche.
19In den im regionalplanerisch festgelegten Freiraum gelegenen Ortsteilen ist unberührt von Satz 2 eine Siedlungsentwicklung gemäß Ziel 2-4 möglich.
20Ausnahmsweise können im regionalplanerisch festgelegten Freiraum Bauflächen und -gebiete dargestellt und festgesetzt werden, wenn
21 diese unmittelbar an den Siedlungsraum anschließen und die Festlegung des Siedlungsraums nicht auf einer deutlich erkennbaren Grenze beruht,
22 es sich um angemessene Erweiterungen oder Nachfolgenutzungen vorhandener Betriebsstandorte oder um eine Betriebsverlagerung zwischen benachbarten Ortsteilen handelt,
23 es sich um die angemessene Weiterentwicklung vorhandener Standorte von überwiegend durch bauliche Anlagen geprägten Erholungs-, Sport-, Freizeit- und Tourismuseinrichtungen einschließlich der Ferien- und Wochenendhausgebiete für diese Zwecke handelt,
24 es sich um die angemessene Folgenutzung zulässig errichteter, erhaltenswerter, das Bild der Kulturlandschaft prägender Gebäude oder Anlagen handelt,
25 es sich um Tierhaltungsanlagen handelt, die nicht der Privilegierung gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB unterliegen,
26 die besondere öffentliche Zweckbestimmung für bauliche Anlagen des Bundes oder des Landes sowie der Kommunen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben im Brand- und Katastrophenschutz dies erfordert oder
27 die jeweiligen baulichen Nutzungen einer zugehörigen Freiraumnutzung deutlich untergeordnet sind.“
286. Nach Ziel 2-3 wird folgendes Ziel 2-4 eingefügt:
29„2-4 Ziel Entwicklung der Ortsteile im Freiraum
30In den im regionalplanerisch festgelegten Freiraum gelegenen Ortsteilen ist unter Berücksichtigung der Erfordernisse der Landschaftsentwicklung und des Erhalts der landwirtschaftlichen Nutzfläche eine bedarfsgerechte, an die vorhandene Infrastruktur angepasste Siedlungsentwicklung möglich.
31Darüber hinaus ist die bedarfsgerechte Entwicklung eines solchen Ortsteils zu einem Allgemeinen Siedlungsbereich möglich, wenn ein hinreichend vielfältiges Infrastrukturangebot zur Grundversorgung sichergestellt wird.“
327. Die Erläuterungen zu Ziel 2-3 werden wie folgt gefasst:
33„Zu 2-3 Siedlungsraum und Freiraum
34Eine homogene Verteilung und Durchmischung von Siedlungs- und Freiraumnutzungen ist mit einer nachhaltigen Raumentwicklung unvereinbar. Bei der hohen Bevölkerungsdichte in Nordrhein-Westfalen würde dies zu einer starken Zersiedelung der Landschaft führen, die weder den sozialen und wirtschaftlichen Anforderungen an den Raum gerecht würde noch seine ökologischen Funktionen gewährleisten könnte.
35Grundlegende Entscheidungen bezüglich der nachhaltigen Raumentwicklung erfolgen mit der raumordnerischen Aufteilung des Raumes in "Siedlungsraum" und "Freiraum". Dabei ist die gewachsene Raumstruktur mit den Unterschieden von Verdichtungsgebieten und überwiegend ländlich strukturierten Gebieten zugrunde zu legen.
36Die mit der nachhaltigen Raumentwicklung verbundene Umweltvorsorge und Sicherung von Ressourcen verlangt im dicht besiedelten und stark industrialisierten Nordrhein-Westfalen gleichermaßen einen verantwortungsbewussten Umgang mit dem Siedlungsraum und dem Freiraum. Angesichts der Siedlungsdynamik, die erst in den letzten Jahren eine Abschwächung erfahren hat, bleibt die Sicherung unverbauten und unversiegelten Raumes als Voraussetzung für die Erhaltung und Regeneration der natürlichen Lebensgrundlagen eine zentrale raumplanerische Aufgabe. Die Schaffung und Sicherstellung gesunder Umweltbedingungen ist ebenfalls eine Voraussetzung der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse.
37Die Siedlungsentwicklung der Gemeinden hat sich innerhalb des Siedlungsraumes bedarfsgerecht, nachhaltig und umweltverträglich zu vollziehen. Der Freiraum ist grundsätzlich zu erhalten und seiner ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Bedeutung entsprechend zu sichern und funktionsgerecht zu entwickeln. Den textlichen Festlegungen des LEP zur Weiterentwicklung von Siedlungsraum und Freiraum liegt die landesweit vorliegende regionalplanerische Abgrenzung von Siedlungsraum und Freiraum zugrunde. Deren Fortschreibung oder einzelfallbezogene Änderung - unter Beachtung relevanter Festlegungen des LEP - ist wiederum Aufgabe der Regionalplanung.
38Der im Ziel verwandte Begriff „Siedlungsentwicklung“ umfasst insbesondere die bauleitplanerische Ausweisung von Bauflächen und Baugebieten. Die so definierte Siedlungsentwicklung muss zielkonform in den regionalplanerisch festgelegten Siedlungsbereichen und - in begrenztem Umfang - in kleineren, dem regionalplanerisch festgelegten Freiraum zugeordneten Ortsteilen erfolgen.
39Den regionalplanerisch festgelegten Allgemeinen Siedlungsbereichen liegt i. d. R. eine vorhandene oder geplante Mindestgröße von etwa 2000 Einwohnern zugrunde; unterhalb dieser Größe können i. d. R. keine zentralörtlich bedeutsamen Versorgungsfunktionen ausgebildet werden.
40Eine ausnahmslose Ausrichtung der Siedlungsentwicklung auf regionalplanerisch festgelegte Siedlungsbereiche würde aber den Belangen vorhandener kleinerer Ortsteile nicht gerecht. Die festgelegte Konzentration der Siedlungsentwicklung auf regionalplanerisch festgelegte Siedlungsbereiche betrifft insofern u. a. die wachstumsorientierte Allokation von Siedlungsflächen für Zuwanderung und Betriebsverlagerungen bzw. -neuansiedlungen.
41Siedlungserweiterungen im Siedlungsraum und in den im regionalplanerischen Freiraum gelegenen Ortsteilen müssen in der Summe dem Siedlungsflächenbedarf (vgl. Ziel 6.1-1) entsprechen und deshalb überörtlich abgestimmt werden.
42Im Außenbereich zulässige Vorhaben bleiben von dieser Festlegung unberührt. Insofern können Gemeinden auch für im Außenbereich zulässige Vorhaben feinsteuernde Bauleitplanung betreiben. Damit ist auch eine Entwicklung von Betrieben im Rahmen von § 35 Abs. 2 BauGB und nach § 35 Abs. 4 Nr. 6 BauGB möglich. In diesem Zusammenhang ist auf § 35 Abs. 4 Nr. 6 BauGB und die dazu ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung zu verweisen.
43Mit dem ersten Spiegelstrich der Ausnahme wird klargestellt, dass Bauflächen und -gebiete ausnahmsweise auch dann dargestellt und festgesetzt werden, wenn sie zwar nicht innerhalb des regionalplanerisch festgelegten Siedlungsraums liegen, sondern nur an diesen angrenzen.
44Bei der Beurteilung, ob eine kommunale Bauleitplanung unmittelbar an den Siedlungsraum anschließt, ist auf die räumliche Nähe der vorgesehenen Planung zum festgelegten Siedlungsraum abzustellen.
45Eine „deutlich erkennbare Grenze“ kann dabei sowohl planerisch als auch faktisch festgelegt sein und sich aus natürlichen Gegebenheiten wie z. B. einem Flusslauf ergeben, sich aber auch an einer bereits vorhandenen Infrastruktur oder an einer geografischen Grenze orientieren. Hat der Plangeber dagegen eine bewusste und sinnvolle Abgrenzung zwischen Siedlungsraum und Freiraum vorgenommen, z. B. ergibt sich die Gebietsgrenze erkennbar an natürlichen Gegebenheiten wie einem Flusslauf, an bereits vorhandener Infrastruktur oder an einer geografischen Grenze, so ist die Ausnahme nicht anwendbar. Entsprechende Hinweise können sich nicht nur aus der zeichnerischen Darstellung, sondern auch aus der Planerläuterung oder Aufstellungsunterlagen ergeben (so z. B. OVG NRW, Urteil vom 30.09.2014 - 8 A 460/13 -, BRS 82 Nr. 111).
46Mit dem zweiten Spiegelstrich wird es den Kommunen ermöglicht, angemessene Erweiterungen und Nachfolgenutzungen vorhandener Betriebsstandorte über eine Bauleitplanung zu sichern.
47In Anlehnung an die Regelung in § 35 Abs. 4 S. 1 Nr. 6 BauGB soll die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Betriebsstandort angemessen sein. Es ist eine Einzelfallentscheidung vorzunehmen.
48Maßstab für die Beurteilung der Angemessenheit ist der Vergleich zwischen dem vorhandenen und dem durch die Planung erweiterten Standort. Die baulich-räumliche Erweiterung muss im Verhältnis zum Standort angemessen sein und den betrieblichen Erfordernissen entsprechen. Dabei ist ein funktionaler Zusammenhang zwischen dem vorhandenen Betriebsstandort und der beabsichtigten Erweiterung vorauszusetzen und in der Regel von der bisherigen Struktur und Größenordnung des Betriebsstandortes als Maßstab auszugehen.
49Vergrößerungen um mehr als die Hälfte des Vorhandenen gelten dabei in der Regel als nicht mehr angemessen. Als nicht mehr angemessen gelten auch mehrmalige Erweiterungen, die zusammengenommen nicht angemessen wären.
50Eine Änderung der bisherigen Zweckbestimmung des Betriebsstandortes oder seine Erweiterung für einen neuen Zweck ist von der Ausnahme grundsätzlich nicht gedeckt. Bei Standorten landwirtschaftlicher Betriebe kann eine angemessene Erweiterung aber funktional zugeordnete vorhandene oder neue Nutzungen beinhalten, die bei alleiniger Betrachtung nicht der landwirtschaftlichen Produktion zuzurechnen sind, für die aber ein betrieblicher Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Betätigung begründet werden kann. Die Bauleitplanung muss dabei aber weiterhin durch einen landwirtschaftlichen Betrieb geprägt sein (Hauptzweck). Bauleitplanerisch kommt daher regelmäßig nur die Planung eines Sondergebietes für den gesamten Betriebsstandort in Frage. Die funktional zugeordneten nichtlandwirtschaftlichen Nutzungen müssen sich zudem dem landwirtschaftlichen Betrieb quantitativ und qualitativ deutlich unterordnen (Nebenzweck). Dies setzt auch räumlich eine unmittelbare Nähe zur Hofstelle sowie eine flächenmäßige wie bauliche Unterordnung voraus.
51Eine angemessene Nachfolgenutzung wiederum liegt dann vor, wenn die vorhandene Infrastruktur ausreicht, um die geplante Nachfolgenutzung durchzuführen. Die Nachfolgenutzung ist jedoch nicht mehr angemessen, wenn die bisherige Nutzung des vorhandenen Betriebsstandortes erheblich verändert wird. Dies ist z. B. der Fall, wenn vorhandene Betriebsstandorte von Forstwirtschaft und Landwirtschaft einschließlich des Gartenbaus und der Fischerei gewerblich nachgenutzt werden sollen.
52Benachbart sind Ortsteile in der Regel dann, wenn sie über das örtliche Straßennetz unmittelbar miteinander verbunden sind. Die ‚Nachbarschaft‘ endet dabei nicht an einer Verwaltungsgrenze, sondern auch solche Ortsteile können als benachbart gelten, die unterschiedlichen Gemeinden angehören.
53Bauleitplanung für Kultur-, Erholungs-, Sport-, Freizeit- und Tourismuseinrichtungen richtet sich nach dem 3. bzw. 4. Spiegelstrich der Ausnahmen in Ziel 2-3 sowie - bei Erholungs-, Sport-, Freizeit- und Tourismuseinrichtungen - nach Ziel 6.6-2.
54Mit dem zweiten Spiegelstrich wird darüber hinaus auch eine Bauleitplanung für die Verlagerung von Gewerbebetrieben zwischen benachbarten Ortsteilen, d. h. von einem Ortsteil in den anderen Ortsteil, ermöglicht. Dies kann beispielsweise zur Optimierung der eigenen Betriebsabläufe erforderlich sein oder weil kleinräumig agierende Gewerbebetriebe wie z. B. kleine Handwerksbetriebe auf Kunden, Lieferanten und Mitarbeiter aus der nahen Umgebung angewiesen sind. Zum Schutz landwirtschaftlicher Flächen ist unter dieser Ausnahme nicht die Verlagerung von Betrieben aus dem Siedlungsraum in die im regionalplanerisch festgelegten Freiraum gelegenen Ortsteile subsumiert. Dieses würde einer konzentrierten Siedlungsentwicklung und der damit verbundenen effizienten Auslastung von Infrastrukturen sowie der sparsamen Inanspruchnahme von Flächen zuwiderlaufen.
55Mit der Ausnahme im dritten Spiegelstrich sollen die in Nordrhein-Westfalen bereits bestehenden Strukturen für Erholung, Sport, Freizeit und Tourismus effizienter weiter genutzt und den dafür vorhandenen Standorten für diese Zwecke wirtschaftlich eine Perspektive eingeräumt werden. Mit der Ausnahme kann an den isoliert im Freiraum bereits vorhandenen Standorten überwiegend durch bauliche Anlagen geprägter Erholungs-, Sport-, Freizeit- und Tourismuseinrichtungen einschließlich der Ferien- und Wochenendhausgebiete Bauleitplanung betrieben werden. Zu den vorhandenen Standorten im Sinne der Ausnahme gehören die faktisch bestehenden Vorhaben, die nach den §§ 30 ff. BauGB genehmigt oder genehmigungsfähig sind.
56Die „Weiterentwicklung“ im Sinne des dritten Spiegelstriches umfasst zusätzlich zur Möglichkeit der Erweiterung dieser Standorte auch Nutzungsanpassungen und -änderungen für Erholung, Sport, Freizeit und Tourismus. Nutzungsanpassungen und -änderungen sind dann als angemessen zu betrachten, wenn sie im sachlich-funktionalen Zusammenhang mit der bisherigen Standortnutzung stehen und den Charakter der bisherigen Standortnutzung im Wesentlichen erhalten.
57Die Umwandlung bislang der Erholung dienender Sondergebiete in Gebiete mit dauerhafter Wohnnutzung wird von der Ausnahme nicht umfasst. Denn damit würde die bisherige Standortnutzung für Erholung, Sport, Freizeit und Tourismus ersetzt und nicht für diesen Zweck weiterentwickelt.
58Mit dem vierten Spiegelstrich wird der kommunalen Bauleitplanung die Möglichkeit eröffnet, über das nach § 35 Abs. 4 BauGB zulässige Maß hinaus Erweiterungen durch Bauleitplanung vorzusehen. Angemessene Folgenutzung bedeutet hierbei, dass die Erweiterungen für den Erhalt der genannten Gebäude / Anlagen erforderlich sind und nur mit geringen zusätzlichen Umweltauswirkungen verbunden sind.
59Die Regelung richtet sich an die Bauleitplanung und macht keine Vorgaben für die Vorhabenzulässigkeit nach § 35 Abs. 4 BauGB.
60Mit dieser Festlegung soll dem drohenden Verfall von Baudenkmälern und anderen kulturell bedeutsamen Bauwerken mit einer entsprechenden Beziehung zum Außenbereich vorgebeugt werden. Das Vorhaben muss dabei der Erhaltung des Gestaltswerts dienen.
61Die Ausnahme im fünften Spiegelstrich gilt für Bauleitplanungen für die Tierhaltungsanlagen, die nicht der Privilegierung gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB unterliegen.
62Bauliche Anlagen im Sinne des sechsten Spiegelstrichs sind insbesondere Justizvollzugsanstalten und forensische Kliniken. Mit der Erweiterung des Ausnahmetatbestandes auf die Kommunen soll sichergestellt werden, dass die Kommunen ihre durch gesetzlichen Auftrag zugewiesenen Aufgaben im Brand- und Katastrophenschutz (z. B. durch den Bau notwendiger Feuerwehr - und Rettungswachen) im Einzelfall erfüllen können, s. auch § 3 des Gesetzes über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz vom 17. Dezember 2015 (GV. NRW. 2015 S. 886), das durch Artikel 8 des Gesetzes vom 17. Mai 2018 (GV. NRW. S. 244) geändert worden ist. Die Kommunen müssen gewährleisten, dass innerhalb eines bestimmten Zeitraumes Feuerwehren und Rettungsdienste vor Ort sind. Dazu kann es im Einzelfall erforderlich werden, auch im Freiraum gelegene Standorte in Anspruch zu nehmen.
63Soweit der LEP Festlegungen zu sonstigen Vorhaben trifft, wie z. B. die Festlegungen des Kap. 6.5 zu Vorhaben i. S. d. § 11 Abs. 3 BauNVO, Vorhaben gemäß 6.6-2 (Standortanforderungen für bestimmte Einrichtungen für Erholung, Sport, Freizeit und Tourismus), 8.3-2 (Standorte von Abfallbehandlungsanlagen) und 10.2-5 (Solarenergienutzung) bleiben diese unberührt.“
648. Nach den Erläuterungen zu Ziel 2-3 werden folgende Erläuterungen zu Ziel 2-4 eingefügt:
65„Zu 2-4 Entwicklung der Ortsteile im Freiraum
66Auch Ortsteile, die im regionalplanerisch festgelegten Freiraum liegen, haben eine Entwicklungsperspektive. Die bedarfsgerechte Entwicklung dieser Ortsteile (i. d. R. gemäß § 35 Abs. 5 LPlG-DVO Wohnplätze mit einer Aufnahmefähigkeit von weniger als 2000 Einwohnerinnen und Einwohnern) ist im Rahmen der Tragfähigkeit der vorhandenen Infrastruktur möglich.
67Bedarfsgerecht bedeutet hierbei zum einen bezogen auf den Ortsteil regelmäßig, dass der natürlichen Bevölkerungsentwicklung im Ortsteil, abnehmenden Belegungsdichten von Wohnungen, steigenden Wohnflächenansprüchen der Einwohner oder Sanierungs- oder Umstrukturierungsmaßnahmen im Baubestand z. B. zur Beseitigung städtebaulicher Missstände durch die Ausweisung zusätzlicher Wohnbauflächen Rechnung getragen werden kann. Hierzu sind auch Angebotsplanungen von Bauflächen und Baugebieten für einen mittel- bis langfristigen Planungshorizont möglich. Darüber hinaus ist in diesen Ortsteilen eine städtebauliche Abrundung oder Ergänzung von Wohnbauflächen im Rahmen der Tragfähigkeit der vorhandenen Infrastruktur möglich.
68Neben der im Ziel 2-3 genannten Ausnahmeregelung für vorhandene Betriebe oder Betriebsverlagerungen gelten für die in kleinen Ortsteilen ansässigen Betriebe, z. B. der Land- und Forstwirtschaft, des Handwerks sowie für Gewerbe, dass Erweiterungen am Standort oder Betriebsverlagerungen innerhalb des Ortsteils, z. B. aus der Ortsmitte an den Ortsrand, regelmäßig möglich sind. Dies gilt auch für die bauleitplanerische Sicherung betriebsgebundener Flächenreserven für die Betriebe im Ortsteil.
69Bedarfsgerecht bedeutet zum anderen, dass die im Siedlungsraum und in den Ortsteilen ermöglichte Siedlungsentwicklung durch den bestehenden Siedlungsflächenbedarf (vgl. Ziel 6.1-1) abgedeckt sein muss. Darüber hinaus dürfen derartige Siedlungsentwicklungen in den Ortsteilen der grundsätzlich angestrebten Ausrichtung der Siedlungsentwicklung auf den Siedlungsraum nicht zuwiderlaufen.
70Für die gemeindliche Steuerung und zur schlüssigen Begründung der oben beschriebenen Ortsteilentwicklungen kann ein gesamtgemeindliches Konzept mit einer Analyse der in den Ortsteilen vorhandenen Infrastruktur, den noch freien Kapazitäten und den sich daraus unter Berücksichtigung des bestehenden Siedlungsflächenbedarfs ergebenden städtebaulichen Entwicklungspotenziale sinnvoll sein.
71Ortsteile, in denen weniger als 2000 Menschen leben, verfügen i. d. R. nicht über ein räumlich gebündeltes Angebot an öffentlichen und privaten Dienstleistungs- und Versorgungseinrichtungen. Ein kleiner Ortsteil kann unter den Voraussetzungen gemäß Absatz 2 jedoch auch zu einem Allgemeinen Siedlungsbereich entwickelt werden.
72Für eine mögliche Weiterentwicklung zu einem Allgemeinen Siedlungsbereich kommen Ortsteile in Frage, die entweder bereits über ein hinreichend vielfältiges Infrastrukturangebot zur Grundversorgung verfügen oder in denen dieses zukünftig sichergestellt wird. Eine solche Grundversorgung umfasst beispielsweise eine Kita, ein Gemeindehaus, ein Bürgerzentrum, eine Grundschule, eine Kirche, Arztpraxen, einen Supermarkt bzw. einen Discounter. Zukünftig können gegebenenfalls Teile einer solchen Grundversorgung bei Vorhandensein entsprechender Voraussetzungen (insbesondere Internetzugang und z. B. Lieferlogistik) auch durch digitale Angebote wie z. B. Onlinesupermärkte oder E-Health-Angebote abgedeckt werden. In großen, dünnbesiedelten Flächengemeinden beispielsweise in der Eifel oder im Sauerland können einige solcher Ortsteile z. B. auch Versorgungsfunktionen für andere, noch kleinere Ortsteile übernehmen. Für die Neufestlegung eines kleineren Ortsteils als Allgemeinen Siedlungsbereich kann darüber hinaus auch eine regelmäßige ÖPNV-Anbindung sprechen.
73Für die Weiterentwicklung von kleinen Ortsteilen zu einem Allgemeinen Siedlungsbereich ist ein nachvollziehbares gesamtgemeindliches Konzept zur angestrebten Siedlungsentwicklung erforderlich.“
74(…)
7511. Grundsatz 6.1-2 wird gestrichen.
7612. Die Erläuterungen zu Grundsatz 6.1-2 werden gestrichen.
77(…)
7814. Ziel 6.4-2 wird wie folgt gefasst:
79„6.4-2 Ziel Inanspruchnahme von Standorten für landesbedeutsame flächenintensive Großvorhaben
80Die landesbedeutsamen Standorte für flächenintensive Großvorhaben sind für raumbedeutsame Vorhaben mit besonderer Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes Nordrhein-Westfalen vorbehalten, die industriell geprägt sind und einen Flächenbedarf von mindestens 50 ha haben. Diese Größenordnung bezieht sich auf die geplante Endausbaustufe eines einzelnen Großvorhabens oder eines Vorhabenverbundes.
81Ausnahmsweise kann für Vorhabenverbünde mehrerer Betriebe ein Standort in Anspruch genommen werden, wenn sichergestellt ist, dass:
82 die einzelnen Vorhaben funktionell miteinander verbunden sind und
83 die erste Ansiedlung eines Vorhabenverbundes durch ein Produktionsunternehmen mit einem Flächenbedarf von mindestens 10 ha erfolgt.“
8415. (…)
8516. Ziel 6.6-2 wird wie folgt gefasst:
86„6.6-2 Ziel Anforderungen für neue Standorte
87Neue Standorte für raumbedeutsame, überwiegend durch bauliche Anlagen geprägte Erholungs-, Sport-, Freizeit- und Tourismuseinrichtungen einschließlich neuer Ferien- und Wochenendhausgebiete sind umwelt-, sozial- und zentrenverträglich festzulegen.
88Neue Ferien- und Wochenendhausgebiete bzw. -bereiche sind dabei unmittelbar anschließend an Allgemeinen Siedlungsbereichen festzulegen.
89Andere neue raumbedeutsame, überwiegend durch bauliche Anlagen geprägte Erholungs-, Sport-, Freizeit- und Tourismuseinrichtungen sind in der Regel innerhalb von beziehungsweise unmittelbar anschließend an Allgemeine Siedlungsbereiche oder Bereiche für gewerbliche und industrielle Nutzungen festzulegen.
90Ausnahmsweise können für neue Standorte für andere neue raumbedeutsame, überwiegend durch bauliche Anlagen geprägte Erholungs-, Sport-, Freizeit- und Tourismuseinrichtungen auch andere im Freiraum liegende Flächenpotenziale in Frage kommen, wenn:
91 es sich um Brachflächen (z. B. militärische Konversionsflächen) - sofern sie sich für eine solche bauliche Nachfolgenutzung eignen - oder um geeignete Ortsteile handelt und
92 vorrangige Freiraumfunktionen beachtet werden und
93 Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Boden- und Grundwasserschutzes, des Immissionsschutzes, des Denkmalschutzes und die natürliche Eigenart der Landschaft einschließlich des Orts- und Landschaftsbildes sowie ihr Erholungswert berücksichtigt werden und
94 eine leistungsfähige, kurzwegige Anbindung an das überörtliche Straßenverkehrsnetz und an Verkehrsträger mit hoher Transportkapazität (insbesondere Bahn, Schiff, Öffentlicher Personennahverkehr) vorhanden oder geplant ist.“
95(…)
9619. Ziel 7.2-2 wird wie folgt gefasst:
97„7.2-2 Ziel Gebiete für den Schutz der Natur
98Die im LEP zeichnerisch festgelegten Gebiete für den Schutz der Natur sind für den landesweiten Biotopverbund zu sichern und in den Regionalplänen über die Festlegung von Bereichen zum Schutz der Natur zu konkretisieren. Die Bereiche zum Schutz der Natur sind durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu erhalten und zu entwickeln.
99Das im LEP zeichnerisch festgelegte Gebiet für den Schutz der Natur, welches das Gebiet des bestehenden Nationalparks Eifel überlagert, ist durch Festlegungen der Regionalplanung in seiner Einzigartigkeit und naturräumlichen Funktionsvielfalt zu erhalten und zu entwickeln.
100Das im LEP zeichnerisch festgelegte Gebiet für den Schutz der Natur, welches das Gebiet des derzeitigen Truppenübungsplatzes F. überlagert, das sich im Eigentum des Bundes befindet, ist durch Festlegungen der Regionalplanung in seiner Einzigartigkeit und naturräumlichen Funktionsvielfalt als einer der bedeutendsten zusammenhängenden Biotopkomplexe in Nordrhein-Westfalen zu erhalten.“
101(…)
10221. Ziel 7.3-1 wird wie folgt gefasst:
103„7.3-1 Ziel Walderhaltung und Waldinanspruchnahme
104Wald ist insbesondere mit seiner Bedeutung für die nachhaltige Holzproduktion, den Arten- und Biotopschutz, die Kulturlandschaft, die landschaftsorientierte Erholungs-, Sport- und Freizeitnutzung, den Klimaschutz und wegen seiner wichtigen Regulationsfunktionen im Landschafts- und Naturhaushalt zu erhalten, vor nachteiligen Entwicklungen zu bewahren und weiterzuentwickeln. Dazu werden in den Regionalplänen entsprechende Waldbereiche festgelegt, die in der Regel eine Inanspruchnahme durch entgegenstehende Nutzungen ausschließen.
105Ausnahmsweise dürfen Waldbereiche für entgegenstehende Planungen und Maßnahmen nur dann in Anspruch genommen werden, wenn für die angestrebten Nutzungen ein Bedarf nachgewiesen ist, dieser nicht außerhalb von Waldbereichen realisierbar ist und die Waldumwandlung auf das unbedingt erforderliche Maß beschränkt wird.“
10622. Die Erläuterungen zu Ziel 7.3-1 werden wie folgt gefasst:
107„Zu 7.3-1 Walderhaltung und Waldinanspruchnahme
108In Nordrhein-Westfalen sind 27 % der Landesfläche von Wald bedeckt; davon sind etwa 48 % Nadelwald und 52 % Laubwald (Stand 2009). Wälder, insbesondere reife Waldökosysteme, die für ihre Entwicklung mehr als hundert Jahre erfordern, erfüllen vielfältige Funktionen. Über die Holzproduktion hat Wald eine große wirtschaftliche Bedeutung in vielen Produktions- und Anwendungsbereichen von Industrie und Handwerk sowie auch für die Energiegewinnung.
109Wälder zeichnen sich durch natürliche Böden mit entsprechenden Bodenfunktionen aus, schützen vor Erosion und wirken ausgleichend auf Wasserhaushalt und Klima. Naturnahe Wälder dienen auch der Erhaltung naturnaher Biotope und der Sicherung der Artenvielfalt.
110Darüber hinaus haben Wälder im Kohlenstoffkreislauf eine wichtige Bedeutung bei der CO2-Speicherung.
111Wald ist bedeutender Bestandteil unserer Kulturlandschaften, der das Landschaftsbild prägt, und hat auch für die landschaftsorientierte Erholungs-, Sport- und Freizeitnutzung sowie für die Umweltbildung wichtige Aufgaben. Dabei kommen auf jede Einwohnerin und jeden Einwohner in Nordrhein-Westfalen durchschnittlich nur rd. 532 m² Wald (das entspricht der Pro-Kopf-Waldfläche von Berlin; zum Vergleich: Deutschland 1.400 m² pro Kopf).
112Wegen dieser vielfältigen Nutz- und Schutzfunktionen ist der Wald in Nordrhein-Westfalen zu erhalten und vor Beeinträchtigungen und nachteiligen Entwicklungen zu schützen. In den Regionalplänen werden entsprechende Waldbereiche unter Berücksichtigung der forstlichen Fachbeiträge festgelegt. Weiterhin soll er in seinen Strukturen weiter entwickelt und in waldarmen Gebieten vermehrt werden.
113In Deutschland ist Nordrhein-Westfalen das Land mit dem höchsten Anteil privaten Waldbesitzes (65 % Privatwald). Die Erhaltung des Waldes als Raum für Erholung, Sport und Freizeit und als Bestandteil der Kulturlandschaft mit wichtigen ökologischen und wirtschaftlichen Funktionen wird als wichtige gesellschaftliche Aufgabe daher in hohem Maße auch von den privaten Waldbesitzern geleistet.
114Wald ist wegen seines wirtschaftlichen Nutzens und seiner Bedeutung für die Umwelt, insbesondere für die dauerhafte Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, das Klima, den Wasserhaushalt, die Reinhaltung der Luft, die Bodenfruchtbarkeit, das Landschaftsbild und die Erholung der Bevölkerung, zu erhalten, erforderlichenfalls zu mehren und seine ordnungsgemäße Bewirtschaftung nachhaltig zu sichern (vgl. § 1 Bundeswaldgesetz).
115Die Genehmigung einer Waldumwandlung soll gemäß den Regelungen des Bundeswaldgesetzes und des Landesforstgesetzes beispielsweise dann versagt werden, wenn die Erhaltung des Waldes im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt, insbesondere wenn der Wald in der Gemeinde einen geringen Flächenanteil hat oder für die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, den Schutz natürlicher Bodenfunktionen im Sinne des Bundes-Bodenschutzgesetzes, die forstwirtschaftliche Erzeugung, das Landschaftsbild oder die Erholung der Bevölkerung von wesentlicher Bedeutung ist oder dem Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes dient und die nachteiligen Wirkungen der Umwandlungen nicht durch Nebenbestimmungen, insbesondere durch die Verpflichtung, Ersatzaufforstungen durch Saat oder Pflanzung vorzunehmen, ganz oder zum wesentlichen Teil abgewendet werden können.
116Dabei ist zu berücksichtigen, dass erst reife Waldökosysteme ihre Funktionen, insbesondere in Bezug auf den Arten- und Biotopschutz, in vollem Umfang erfüllen können und Ersatzaufforstungen für in Anspruch genommenen Wald deren verlorengegangene Funktionen nur bedingt ausgleichen können.
117Aus diesem Grund dürfen regionalplanerisch festgelegte Waldbereiche für andere Nutzungen nur dann in Anspruch genommen werden, wenn für die angestrebten Nutzungen ein Bedarf nachgewiesen ist, dieser nicht außerhalb von Waldbereichen realisierbar ist und die Waldumwandlung auf das unbedingt erforderliche Maß beschränkt wird.
118Eine angestrebte Nutzung darf nicht innerhalb eines regionalplanerisch festgelegten Waldbereichs realisiert werden, wenn für den mit der Planung oder der Maßnahme verfolgten Zweck außerhalb von Waldbereichen eine zumutbare Alternative besteht.
119Der Begriff der zumutbaren Alternative setzt voraus, dass der Mehraufwand in einem vertretbaren Verhältnis zur konkreten Beeinträchtigung des Waldes steht. Das Vorhandensein einer zumutbaren Alternative schließt die Inanspruchnahme von Waldbereichen aus. Unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit kommen auch solche alternativen Planungen und Maßnahmen in Betracht, die den damit angestrebten Zweck in zeitlicher, räumlicher und funktionell-sachlicher Hinsicht nur mit Abstrichen am Zweckerfüllungsgrad erfüllen.
120Eine Alternative außerhalb von Waldbereichen kann deshalb auch zumutbar sein, wenn sie mit höheren Kosten, z. B. für den Grunderwerb und für die Erschließung, oder einem höheren Aufwand aufgrund geänderter Betriebsabläufe verbunden ist.
121Soweit entsprechende Alternativen außerhalb von Waldbereichen nicht zur Verfügung stehen, bleibt die Umsetzung von Planungen und Maßnahmen, unter anderem die Errichtung von Windkraftanlagen, innerhalb von Waldbereichen möglich. Im Rahmen der geforderten Beschränkung auf das unbedingt erforderliche Maß einer Waldinanspruchnahme kommen hierfür insbesondere solche Flächen innerhalb von Waldbereichen in Betracht, die neben ihrer wirtschaftlichen Ertragsfunktion keine wesentlichen anderen Waldfunktionen erfüllen.“
12223. Ziel 8.1-6 wird wie folgt gefasst:
123„8.1-6 Ziel Landesbedeutsame Flughäfen in Nordrhein-Westfalen
124Im Rahmen der dezentralen Flughafeninfrastruktur in Nordrhein-Westfalen sind die Flughäfen M. (DUS), Q. (CGN), C. (FMO), V. (DTM), S./Lippstadt (PAD) und N./Niederrhein (NRN) landesbedeutsam.
125Sie sind einschließlich der Flächen für die Flughafeninfrastruktur sowie für flughafenaffines Gewerbe bedarfsgerecht zu entwickeln, um das Land Nordrhein-Westfalen in den internationalen und nationalen Flugverkehr einzubinden.“
12624. Ziel 8.1-7 wird wie folgt geändert:
127a) In Absatz 1 Satz 2 werden die Wörter „landes- und regionalbedeutsamen“ durch das Wort „landesbedeutsamen“ ersetzt und nach dem Wort „Flughäfen“ die Wörter „nach Ziel 8.1-6“ eingefügt.
128b) In Absatz 4 wird das Wort „Regionalflughäfen“ durch das Wort „Flughäfen“ ersetzt.
12925. Die Erläuterungen zu Ziel 8.1-6 werden wie folgt gefasst:
130„Zu 8.1-6 Landesbedeutsame Flughäfen in Nordrhein-Westfalen
131Verkehrssysteme bilden die notwendige Grundlage für die Funktionsfähigkeit einer modernen Gesellschaft und Wirtschaft. In Zeiten wachsender Globalisierung kommt dabei dem Luftverkehr eine hohe Bedeutung zu. Er gewährleistet den schnellstmöglichen Transport von Menschen und Gütern über weite Entfernungen.
132In Nordrhein-Westfalen bilden die Flughäfen M., Q., C., V., S./Lippstadt und N./Niederrhein mit regelmäßigem Linien- und Charterverkehr das Rückgrat einer dezentralen Flughafeninfrastruktur.
133Die landesbedeutsamen Flughäfen werden in den zeichnerischen Darstellungen des LEP mit dem Symbol „Landesbedeutsame Flughäfen“ als Vorranggebiet festgelegt.
134Ein Bedarf an Neubau von Flughäfen besteht im Planungszeitraum nicht. Vielmehr gilt es, die bestehenden landesbedeutsamen Flughäfen bedarfsgerecht zu entwickeln bzw. zu sichern. Ziel 8.1-6 bezieht sich nur auf die mögliche planerische Flächensicherung im Bedarfsfall.
135Für den Flughafen M. ist der Angerlandvergleich zu beachten.
136Die Flughäfen übernehmen auch zunehmend eine Rolle im Frachtverkehr. Die Gewerbeentwicklung an den Flughäfen soll sich auf flughafenaffines Gewerbe konzentrieren, d. h. auf die Ansiedlung von Unternehmen, die einen direkten Bezug zum Flugverkehr benötigen. Damit wird eine Konkurrenzsituation mit städtebaulich integrierten regionalen und kommunalen Wirtschaftsstandorten vermieden.“
137(…)
13831. Ziel 9.2-1 wird wie folgt gefasst:
139„9.2-1 Ziel Räumliche Festlegungen für oberflächennahe nichtenergetische Rohstoffe
140Für die Rohstoffsicherung sind in den Regionalplänen Bereiche für die Sicherung und den Abbau oberflächennaher Bodenschätze für nichtenergetische Rohstoffe als Vorranggebiete oder als Vorranggebiete mit der Wirkung von Eignungsgebieten festzulegen.“
14132. In Ziel 9.2-2 wird die Angabe „20“ durch die Angabe „25“ ersetzt.
14233. In Ziel 9.2-3 Satz 1 wird die Angabe „10“ durch die Angabe „15“ ersetzt.
14334. Nach Ziel 9.2-3 wird folgender Grundsatz 9.2-4 eingefügt:
144„9.2-4 Grundsatz Reservegebiete
145Für die langfristige Rohstoffversorgung sollen Reservegebiete in die Erläuterungen zum Regionalplan aufgenommen werden.“
14635. Ziel 9.2-4 wird Ziel 9.2-5.
14736. (…)
14837. Die Erläuterungen zu Ziel 9.2-1 werden wie folgt gefasst:
149„Zu 9.2-1 Räumliche Festlegungen für oberflächennahe nichtenergetische Rohstoffe
150Zu den nichtenergetischen Rohstoffen zählen neben den hier näher behandelten oberflächennahen Locker- und Festgesteinen wie z. B. Sand und Kies, Ton, Lehm, Kalkstein, Tonstein, Basalt oder Sandstein auch die in der Regel im Tiefbau zu gewinnenden Rohstoffe wie z. B. Salze, Erze, Schwerspat oder Dachschiefer. Für letztere erfolgt in der Regel keine Festlegung in den Regionalplänen.
151Die planerische Sicherung der heimischen oberflächennahen Bodenschätze erfolgt in Regionalplänen durch textliche und zeichnerische Festlegungen von Bereichen für die Sicherung und den Abbau oberflächennaher Bodenschätze (BSAB) als Vorranggebiete.
152Die planerische Erforderlichkeit für die Festlegung von Vorranggebieten mit Eignungswirkung kann sich insbesondere durch den Bedarf für räumliche Konzentration der Abgrabung und hohe Nutzungskonflikte ergeben.
153Entsprechend der regionalen Besonderheiten kann dies bei einzelnen oder mehreren Rohstoffgruppen im gesamten Planungsgebiet oder in Teilräumen vorkommen. Die planerische Erforderlichkeit kann insbesondere vorliegen
154 bei großflächig verbreiteten Rohstoffvorkommen und hohem Abgrabungsdruck; dabei bedarf es zur Bündelung des Abgrabungsgeschehens einer besonderen raumordnerischen Steuerung (z.B. in konfliktarme Standorte),
155 bei regional konzentrierten, bedeutenden Rohstoffvorkommen mit hoher räumlicher Nutzungskonkurrenz; in diesen Fällen bedarf es für den Ausgleich verschiedener kleinräumiger Nutzungsansprüche einer besonderen raumordnerischen Steuerung (z.B. hinsichtlich des Naturschutzes).
156Dabei ist nach überörtlichen Maßstäben vorzugehen. Das heißt, wenn im überwiegenden Teil der Planungsregion oder in Teilräumen entsprechende planerische Fragestellungen bestehen (z.B. hinsichtlich des Abbaus von Kies), ist in der Regel von einer planerischen Erforderlichkeit im Sinne des Ziels auszugehen. Somit können dann in der Regel auch für die Gesamtregion Vorranggebiete mit der Wirkung von Eignungsgebieten festgelegt werden.
157Für eine angemessene planerische Sicherung ist die Kenntnis der heimischen Rohstoffpotenziale unerlässlich. Dem dienen die vorhandenen geologischen Kartenwerke und Datensammlungen sowie insbesondere die Landesrohstoffkarte der für Geologie zuständigen Fachbehörde als wesentliche Planungsgrundlage. Die Landesrohstoffkarte vermittelt die notwendigen Informationen, um bedeutsame Lagerstätten zu identifizieren, damit sie in allen planerischen Abwägungsprozessen berücksichtigt werden können. Die Festlegung von BSAB für die Rohstoffsicherung soll flächensparend möglichst in den Gebieten vorgenommen werden, die in der Landesrohstoffkarte mit vergleichsweise höheren Rohstoffmächtigkeiten ausgewiesen sind. Gleichfalls sollen die Qualitäten berücksichtigt werden.
158Für die Versorgung von Wirtschaft und Bevölkerung mit nichtenergetischen Rohstoffen erfolgt die regionalplanerische Sicherung durch die Festlegung von BSAB als Vorranggebiete unter Berücksichtigung der rohstoffgeologischen Empfehlungen der für Geologie zuständigen Fachbehörde. Dabei sollen betriebliche Entwicklungsvorstellungen und die Anwendung besonderer Umwelttechniken sowie konkurrierende Nutzungsvorstellungen pauschaliert oder typisiert berücksichtigt werden.
159Die zeichnerische Festlegung von BSAB als Vorranggebiete mit der Wirkung von Eignungsgebieten erfordert ein schlüssiges, den gesamten Planungsraum umfassendes Planungskonzept. Die zeichnerische Festlegung von BSAB muss erwarten lassen, dass die Flächen in der Regel für Abgrabungen genutzt werden können und sich diese Nutzungsmöglichkeit bei Entscheidungen auf nachfolgenden planerischen Ebenen durchsetzt.
160Änderungen der Festlegungen der Vorranggebiete mit Eignungswirkung (z.B. aus übergeordnetem Interesse) sind möglich, wenn sie dem zugrundeliegenden gesamträumlichen Konzept weiterhin entsprechen oder dieses fortschreiben.
161Abgrabungsvorhaben haben sich bei Vorranggebieten mit der Wirkung von Eignungsgebieten in den BSAB zu vollziehen. Die Regionalpläne können darüber hinaus bei räumlicher Steuerung begründete Ausnahmen textlich festlegen.
162Die planerischen Festlegungen richten sich gleichermaßen an den Abbau von Bodenschätzen nach den jeweiligen Vorschriften des Abgrabungsgesetzes Nordrhein-Westfalen, des Bundesberggesetzes, des Bundes-Immissionsschutz-gesetzes und des Wasserhaushaltsgesetzes. Sowohl wegen der gesamtwirtschaftlichen Bedeutung der Rohstoffe, als auch wegen der Nutzungskonflikte, die deren Gewinnung oftmals auslöst, ist ihre langfristig angelegte, vorsorgende Sicherung in Raumordnungsplänen erforderlich; sie gehen fachrechtlichen Genehmigungen voran.“
163(…)
16443. Ziel 10.1-4 wird [als Grundsatz] wie folgt gefasst:
165a) In der Überschrift wird das Wort „Ziel“ durch das Wort „Grundsatz“ ersetzt.
166b) In der Festlegung wird das Wort „sind“ durch das Wort „sollen“ und die Wörter „zu nutzen“ durch die Wörter „genutzt werden“ ersetzt.
16746. Ziel 10.2-2 wird [als Grundsatz] wie folgt gefasst:
168„10.2-2 Grundsatz Vorranggebiete für die Windenergienutzung
169In den Planungsregionen können Gebiete für die Nutzung der Windenergie als Vorranggebiete in den Regionalplänen festgelegt werden.“
17047. Grundsatz 10.2-3 wird wie folgt gefasst:
171„10.2-3 Grundsatz Abstand von Bereichen/Flächen für Windenergieanlagen
172Bei der planerischen Steuerung von Windenergieanlagen in Regionalplänen und in kommunalen Flächennutzungsplänen soll zu Allgemeinen Siedlungsbereichen und zu Wohnbauflächen den örtlichen Verhältnissen angemessen ein planerischer Vorsorgeabstand eingehalten werden; hierbei ist ein Abstand von 1500 Metern zu allgemeinen und reinen Wohngebieten vorzusehen. Dies gilt nicht für den Ersatz von Altanlagen (Repowering).“
173(…)“.
174In der zusammenfassenden Erklärung gemäß § 10 Abs. 3 ROG wird zu den Ergebnissen des Umweltberichts (Ziffer 3.1) im Wesentlichen ausgeführt, aufgrund des hohen Abstraktionsgrades der geplanten Änderungen des LEP könnten deren Wirkungen nur sehr allgemein beschrieben werden. Generell sei bei den beabsichtigten Planänderungen für Zwecke der Umweltprüfung nicht ausreichend bestimmbar, wann, auf welchen konkreten Flächen und in welchem Umfang die nachgelagerten Planungsebenen bzw. Planungsträger (Regionalplanung, Bauleitplanung, Fachplanungen) die Festlegungen des LEP NRW umsetzen würden. Der Umweltbericht könne deshalb nur tendenzielle Einschätzungen ohne konkrete Raumbezüge geben. Zur „Bewertung der beabsichtigten Planänderungen unter Berücksichtigung der Umweltbelange und der Ergebnisse aus der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung“ wird im Wesentlichen auf die Anlagen 1 und 2 verwiesen (Ziffer 3.2). Unter Ziffer 4. wird bezüglich der „Ergebnisse der zusammenfassenden Bewertung“ im Wesentlichen ausgeführt, die Einschätzungen des Umweltberichts hätten auch nach Durchführung des Beteiligungsverfahrens unverändert bestehen bleiben können. Nach Auswertung des Beteiligungsverfahrens seien nur noch geringfügige Planänderungen - überwiegend Korrekturen und Klarstellungen - vorgenommen worden. Nach Einschätzung des Umweltberichts gingen von den geplanten Änderungen des LEP NRW insgesamt keine Umweltauswirkungen aus, die auf der Planungsebene des LEP räumlich konkret beschrieben und bewertet werden könnten. Tendenzielle Einschätzungen seien möglich, insbesondere: Durch die geplante Änderung einiger Festlegungen würden die kommunalen Spielräume für die Inanspruchnahme von Flächen im raumordnerisch festgelegten Freiraum erweitert. Auch die Änderung von Festlegungen zur Rohstoffsicherung werde tendenziell dazu führen, dass in den Regionalplänen mehr Flächen als Abgrabungsbereiche festgelegt werden müssten und sich Abgrabungsvorhaben stärker im Raum verteilten und länger betrieben würden. Damit verbunden werde wahrscheinlich auch der Anteil an Flächen im Umfeld dieser Abgrabungen steigen, auf die nachteilige Auswirkungen solcher Abgrabungen einwirkten. Die geplanten Festlegungen zur künftigen Nutzung der Windenergie könnten dazu beitragen, dass dem Anwohner-, Landschafts- und Naturschutz beim Bau von Windenergieanlagen mehr Gewicht eingeräumt werde. Allerdings sei für die Windenergienutzung in NRW auch im Rahmen der kommunalen Planung ausreichend Raum zu schaffen. Etwa die geplante Änderung des Ziels 7.3-1 führe seinerseits dazu, dass die Errichtung von Windenergieanlagen in Waldbereichen künftig nur noch dann möglich sei, wenn dieser Bedarf nicht außerhalb von Waldbereichen realisierbar sei. Dies führe tendenziell zu einer geringen Inanspruchnahme von Waldflächen für Windenergieanlagen, schließe sie aber auch nicht aus. Gleichzeitig führe dies aber möglicherweise zu einer stärkeren Inanspruchnahme von Offenlandflächen für die Windenergienutzung. Verschiedene Änderungen des LEP würden voraussichtlich zu einer intensiveren planerischen Inanspruchnahme des Freiraums führen. Dies werde auf nachgeordneten Planungsebenen voraussichtlich zu nachteiligen Auswirkungen insbesondere für die Schutzgüter „Fläche“ und „Landschaft“ führen. Dazu seien auf diesen Planungsebenen dann gegebenenfalls konkretere Umweltprüfungen durchzuführen. Unter Gesichtspunkten der Umweltprüfung hätten nicht zwingend umweltverträglichere Alternativen untersucht werden müssen, da von den geplanten Änderungen voraussichtlich erhebliche Auswirkungen auf einzelne Schutzgüter ausgingen oder auf der Ebene des LEP keine räumlich konkreten, voraussichtlich erheblichen Auswirkungen auf einzelne Schutzgüter ermittelt und bewertet werden könnten.
175Der Antragsteller hatte zu den geplanten Änderungen insbesondere mit Schreiben vom 12. Juli 2018 („Stellungnahme zur Änderung des Landesentwicklungsplans Nordrhein-Westfalen“) und 13. Mai 2019 („Stellungnahme Anhörung ‚Landesentwicklungsplan‘ des Ausschusses für Wirtschaft, Energie und Landesplanung am 15. Mai 2019“) Stellung genommen. Die Erwiderung des Antragsgegners ist insbesondere der „Synopse - Stellungnahmen der institutionellen Beteiligten“ zu entnehmen (S. 1231 ff.)
176Am 23. Juli 2020 hat der Antragsteller gegen die Änderung des LEP NRW den vorliegenden Normenkontrollantrag eingereicht.
177Am 5. August 2020 sandte er ein Mängelrügeschreiben an den Antragsgegner. Darin machte er die Verletzung von Beteiligungsanforderungen sowie von Anforderungen an den Umweltbericht, eine nicht ausreichende Begründung und im einzelnen benannte Mängel des Abwägungsvorgangs geltend.
178Zur Begründung seines Normenkontrollantrags trägt der Antragsteller im Wesentlichen vor:
179Der Antrag sei zulässig. Der Antragsteller sei als anerkannter Umweltverband i. S. v. § 3 UmwRG antragsbefugt nach § 2 Abs. 1 i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG sei anwendbar. Die Voraussetzungen des § 48 Satz 2 UVPG seien nicht erfüllt. Eine Flächenausweisung im Sinne dieser Vorschrift erfolge nicht durch den LEP NRW, sondern erst auf den nachfolgenden Planungsebenen.
180Der Antrag sei auch begründet.
181Die Verordnung zur Änderung des LEP NRW sei verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Die nach § 11 Abs. 5 ROG, § 15 Satz 2 LPlG NRW bestehenden Rügeobliegenheiten habe der Antragsteller mit dem Schreiben vom 5. August 2020 erfüllt.
182Die Beteiligung der Öffentlichkeit und der anerkannten Umweltverbände habe den Anforderungen der §§ 9 Abs. 2 ROG, 13 Abs. 1 LPlG NRW nicht genügt. Nach diesen Vorschriften seien neben dem Planentwurf, dessen Begründung und dem Umweltbericht „weitere, nach Einschätzung der für den Raumordnungsplan zuständigen Stelle zweckdienliche Unterlagen“ auszulegen. Auch Art. 6 der SUP-Richtlinie verlange eine frühzeitige und effektive Beteiligungsmöglichkeit. Weiter seien die Vorgaben des UVPG in der Fassung von Mai 2017 zu berücksichtigen. § 38 UVPG definiere die SUP-Anforderungen des UVPG als ergänzenden Mindeststandard zu den SUP-Vorgaben anderer Rechtsvorschriften. Nach § 42 Abs. 1 UVPG gälten für die Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen einer SUP § 18 Abs. 1 sowie die §§ 19 und 22 UVPG entsprechend, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt sei. § 42 Abs. 2 UVPG enthalte abweichende Bestimmungen nur zum Umfang der Auslegung. Für die Anforderungen an die Bekanntmachung der Beteiligung bleibe § 19 Abs. 1 UVPG in entsprechender Anwendung maßgeblich. Nach dessen Nr. 6 unterrichte die Behörde die Öffentlichkeit u. a. „über die Bezeichnung der das Vorhaben betreffenden entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der zuständigen Behörde zum Zeitpunkt des Beginns des Beteiligungsverfahrens vorliegen.“ Die Anforderungen dienten dazu, die Beteiligungsberechtigten möglichst umfassend zu informieren und die europäischen Effektivitätsanforderungen umzusetzen, die ein Kernelement für die Verbesserung des Umweltschutzniveaus darstellten. Die vom Antragsgegner vorgenommene Auslegung habe sich auf den Planentwurf, die Begründung und den Umweltbericht beschränkt, obwohl weitere zweckdienliche Unterlagen vorgelegen hätten, insbesondere die Stellungnahmen der anerkannten Umweltverbände und der Träger öffentlicher Belange aus dem Scoping-Verfahren sowie die in den Ordnern I und II des Aufstellungsvorgangs enthaltenen Unterlagen. Entsprechende Fehler müsse ein Umweltverband im Interesse der Verbesserung des Umweltschutzniveaus auch gerichtlich geltend machen können.
183Der Umweltbericht sei in beachtlicher Weise unzureichend. Der unter dem Link https:\\www.wirtschaft.nrw/landesplanung abzurufende Umweltbericht habe den Stand 12. April 2018 und sei ausdrücklich als „Entwurf“ gekennzeichnet. Eine - nach dem Beteiligungsverfahren noch Änderungen aufnehmende - endgültige Fassung sei nie erstellt worden. Die zusammenfassende Erklärung nach § 10 Abs. 3 ROG, insbesondere deren Anlage 1, könne den Umweltbericht nicht ersetzen. Sie sei zu kurz, zu oberflächlich und gehe, auch in den Anlagen, nicht erkennbar über den Inhalt des im Entwurfsstadium verbliebenen Umweltberichts hinaus. Gemäß § 11 Abs. 4 Nr. 1 ROG leide der Raumordnungsplan damit an einem beachtlichen Mangel, denn der nach § 9 Abs. 2 ROG beizufügende Umweltbericht sei in wesentlichen Punkten unvollständig und diese Punkte seien nicht Gegenstand der zusammenfassenden Erklärung nach § 10 Abs. 3 ROG.
184Der Umweltbericht genüge auch unabhängig von seiner Bezeichnung als Entwurf nicht den Mindestanforderungen an die Ermittlung und Bewertung der Auswirkungen auf die Umwelt. Dies gelte insbesondere hinsichtlich der Auswirkungen der erheblichen Einschränkungen beim Freiraumschutz und der auch im Übrigen aufgrund der LEP-Änderung zu erwartenden erhöhten Flächennutzung. Auch die Auswirkungen von gleich drei für landesbedeutsam erklärten Flughäfen und die Folgen der Planänderung für den Klimaschutz seien nicht ermittelt worden. Die SUP-Richtlinie verlange - etwa in Art. 6 Abs. 3 und 12 Abs. 2 - einen Umweltbericht, der eine effektive Beteiligung der Öffentlichkeit möglich mache. Die nationalen Regelungen müssten in Konformität mit diesen Vorgaben ausgelegt werden. Die daraus folgenden Anforderungen erfülle der vorliegende „Entwurf“ nicht. Insbesondere enthalte er wiederkehrend die „pauschal-Floskel“, konkrete Folgen für die einzelnen Schutzgüter könnten nicht ermittelt werden. Der Satz „Aufgrund der geplanten Änderung [...] lassen sich keine räumlich konkreten Auswirkungen auf einzelne Gebiete und das Schutzgut […] beschreiben und bewerten.“ finde sich im Umweltbericht zu 18 von 18 Änderungen. Dies sei unzureichend und größtenteils nicht zutreffend. Selbstverständlich sei es möglich, z. B. einerseits den Flächenverbrauch der vergangenen Jahre zu ermitteln und andererseits festzustellen, welche Vorhaben wegen der zuvor geltenden engeren Inanspruchnahme-Grenzen bisher nicht hätten umgesetzt werden können. Aus all diesen Daten hätte eine zumindest grobe Prognose abgeleitet werden können und müssen, welche Folgen die geplanten LEP-Änderungen für den Flächenverbrauch in NRW auf die Umweltgüter Böden, (Grund-)Wasser („Grundwasserneubildung vs. Versiegelung“), Natur- und Landschaft sowie das Lokalklima haben würden. Bei den Einschränkungen der Windenergienutzung hätte ermittelt werden können und müssen, welche Folgen sowohl die Aufhebung der Privilegierung von Windenergieanlagen im Wald als auch die Einführung eines 1.500-Meter-Abstands zu Wohngebieten auf den Umfang der für Windkraftanlagen zur Verfügung stehende Landesfläche haben würden. Anhand des Klimaschutzgesetzes NRW, zu dessen Umsetzung insbesondere über die Raumordnung der Antragsgegner verpflichtet sei, hätte ermittelt werden können und müssen, ob nach den vorgesehenen Änderungen noch genug Potentialflächen für Windkraftanlagen zur Verfügung ständen, um die Anforderungen des Klimaschutzgesetzes NRW erfüllen zu können. Bei der raumplanerischen Gleichsetzung der sechs größeren Flughäfen in NRW mit dem Ziel, diese sämtlich in den internationalen Luftverkehr einzubinden und hierfür u. a. die notwendigen Flächen (Landebahnen, ggf. Verlängerungen, Vorfeld, Terminal-Anforderungen etc.) abzusichern, hätte u. a. untersucht werden können und müssen, welche Flächenfolgen sich durch die drei neu hinzugekommenen Flughäfen jeweils ergäben. Wenn der Antragsgegner sich auf „Abschichtungen“ oder darauf berufe, dass Mehrfachprüfungen auf den verschiedenen Planungsebenen vermieden werden sollten, sei das nicht richtig. Art. 5 Abs. 1 SUP-Richtlinie (ebenso im nationalen Recht § 8 Abs. 1 Nr. 2 ROG) verlange, zum Zweck der Erstellung des Umweltberichts die Informationen des Anhangs I vorzulegen. Dazu zählten auch die Auswirkungen auf das Klima, die zu prüfen auch auf dieser Planungsebene möglich und geboten sei. Der Antragsgegner habe dies nicht einmal ansatzweise versucht. Auch habe er nicht geprüft, ob eine sachgerechte Abarbeitung der Klimaproblematik auf den nachgeordneten Planungsebenen überhaupt möglich sei. Tatsächlich sei dies nicht der Fall, wie mehrere Beispiele zeigten. So habe etwa die ersatzlose Streichung der Ausnahmeregelung für Windenergieanlagen in der Waldschutzfestlegung 7.3-1 unmittelbare Auswirkungen auf die Möglichkeiten, Windenergie zuzulassen, und damit auf den Ausbau der erneuerbaren Energien, der nach § 3 Abs. 2 KlimaSchG NRW zentraler Bestandteil des Klimaschutzes sei. Da diese Änderung direkt wirke, gebe es keine weitere Planungsebene, auf der die Auswirkungen dieser Änderung in einem Umweltbericht ermittelt, beschrieben und bewertet werden könnten. Das Land dagegen wisse, wie viele Windenergieanlagen in den vergangenen Jahren in Wäldern errichtet worden seien, und kenne die verbliebenen Potentialflächen. Es gebe auch Prognosen, welche Strommengen in Zukunft in NRW benötigt würden. Schließlich sei bekannt, welche Strommengen derzeit konventionell produziert würden und damit auch, wieviel erneuerbare Quellen hinzugebaut werden müssten, um die Ziele des Klimaschutzgesetzes NRW zu erreichen. Daher lasse sich nur auf Landesebene ermitteln und bewerten, welche Auswirkungen diese LEP-Änderung auf den Ausbau von erneuerbaren Energien und damit auf das Schutzgut Klima haben werde. In gleicher Weise könnten auch die Auswirkungen der Streichung des Ziels 10.2-2 sowie des Grundsatzes 10.2-3 (Verpflichtung zur Schaffung von Vorranggebieten für die Windenergienutzung in den Regionalplänen samt regionalen Quoten und Zielsetzungen für den Mindestanteil an EEG-Strom in NRW) unter Klimaschutzaspekten nur auf LEP-Ebene ermittelt, beschrieben und bewertet werden. Entsprechendes gelte für den neuen Grundsatz 10.2-3, der ein pauschales Abstandskriterium von Windenergieanlagen zu Wohnnutzungen festlege. Auch dies habe konkrete und unmittelbare Auswirkungen auf die Möglichkeit, neue Windenergieanlagen zu errichten, und damit auch auf das Schutzgut Klima. Selbst wenn die eine oder andere Gemeinde bei der Bauleitplanung Erwägungen zum Schutzgut Klima anstellen sollte, könne dies die auf Landesebene nötige Ermittlung und Bewertung nicht ersetzen. Nur auf Landesebene seien die EEG-Gesamtkapazitäten und die Geschwindigkeit eines möglichen Ausbaus, der maßgeblich von den zur Verfügung stehenden Flächen und den Genehmigungshürden abhänge, zu beurteilen. Ebenso könnten die Auswirkungen der Herabstufung des Ziels der Kraft-Wärme-Koppelung zu einem Grundsatz in Ziffer 10.1-4 nur auf der Landesebene betrachtet werden, und auch die Änderungen der Ziffern 2-3, 2-4, 6.1-2 und 6.4-2 seien in einer Weise klimarelevant, die eine landesweite Ermittlung, Beschreibung und Bewertung ihrer jeweiligen Auswirkungen auf den Klimaschutz erfordere.
185Aus den Aufstellungsvorgängen ergebe sich im Übrigen, dass auch das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz den Umweltbericht für unzureichend halte. In seiner Stellungnahme an die Staatskanzlei vom 14. Dezember 2018 betreffend den Entwurf der LEP-Änderungs-Kabinetts-vorlage vom 30. November 2018 habe es zutreffend darauf hingewiesen, dass die Planung wesentliche Änderungen enthalte, die zu mehr Flächenverbrauch führten, ohne dass der Umweltbericht dies abbilde. Gleichwohl sei eine Überarbeitung ausgeblieben und der Umweltbericht im Entwurfsstadium von April 2018 belassen worden.
186Der Änderung des LEP NRW fehle es an einer tauglichen Begründung nach § 7 Abs. 5 ROG. Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 ROG unbeachtlich sei lediglich eine unvollständige Begründung. Das der LEP-Änderung beigefügte Dokument mit der Überschrift „Begründung“ sei aber insgesamt untauglich, weil es - auf lediglich eineinhalb Seiten - im Wesentlichen aus politischen Floskeln ohne raumordnerische Erwägungen bestehe. Ein Beispiel seien die Ausführungen zu den höchst raum- und klimarelevanten Änderungen in Bezug auf den Ausbau erneuerbarer Energien: „Für die planerische Aufgabe der Energiewende ist Akzeptanz erforderlich. Der Ausbau der Windenergie stößt jedoch in weiten Teilen des Landes inzwischen auf Vorbehalte in der Bevölkerung. Mit den Änderungen zur Standortfestlegung für die Nutzung erneuerbarer Energien sollen die Akzeptanz für die Nutzung der Windenergie erhalten und kommunale Entscheidungsspielräume gestärkt werden.“ Auch die im Aufstellungsvorgang enthaltenen Kabinettvorlagen gingen davon aus, dass als Begründung lediglich die wesentlichen politischen Ziele der Planänderung wiedergegeben würden. Damit würden die Anforderungen an eine Planbegründung nach dem ROG und der SUP-Richtlinie wesentlich verkannt.
187Die Änderung des LEP leide auch an materiellen, nämlich an Abwägungsfehlern. Nach § 7 Abs. 7 ROG seien an die Änderung oder Aufhebung bestehender Ziele oder Grundsätze die gleichen Abwägungsanforderungen zu stellen wie an eine Neuaufstellung. § 7 Abs. 2 ROG regele das Abwägungserfordernis und verlange die Berücksichtigung der Umweltprüfung sowie der Stellungnahmen aus dem Beteiligungsverfahren. Diesen Anforderungen sei der Plangeber nicht gerecht geworden. Es liege ein Abwägungsausfall vor. Die Planänderung beruhe auf Vorfestlegungen des Plangebers, nämlich aus dem Koalitionsvertrag. Die Abwägung sei im Übrigen auch durchgehend defizitär. Der Plangeber habe die in das Verfahren eingebrachten Stellungnahmen des Antragstellers weder hinreichend zur Kenntnis genommen noch erwogen. Auch im Übrigen leide die LEP-Änderung an Abwägungsfehleinschätzungen, die sich daraus ergäben, dass der Plangeber entweder die tatsächliche Betroffenheit oder die rechtliche Bedeutung eines Belangs verkannt habe. Sowohl die Ermittlung als auch die Bewertung der betroffenen Belange sei mangelhaft. Die Abwägungsmängel seien auch erheblich, denn sie seien offenkundig und von Einfluss auf das Abwägungsergebnis.
188Der Plangeber habe schon den Sachverhalt nicht hinreichend ermittelt und dargestellt. So würden etwa mit der Neufassung der Ziele 2-3, 2-4, 6.4-2, 6.6-2 und 7.2-2 die bisherigen Vorkehrungen zum Schutz des Freiraums, des Bodens und der Natur und Umwelt zurückgenommen, um Vorgaben des Koalitionsvertrags umzusetzen. Dabei würden weder der Sachverhalt - also etwa der Umfang des vorhandenen Flächenverbrauchs und des weiteren Bedarfs - ermittelt noch die Auswirkungen analysiert. Soweit die Änderungen mit einem Bedarf an Deregulierung oder der Schaffung von „Freiräumen“ etwa zur Ausweitung baulicher Entwicklungen begründet werde, beschränke sich dies auf Behauptungen. Gleiches gelte im Hinblick auf die mit der LEP-Änderung angestrebten Einschränkungen zum Ausbau der Windkraft. Auch insoweit (Änderungen der Ziele bzw. Grundsätze 7.3-1, 10.2-2, 10.2-3) fehle es an Sachverhaltsermittlung und Darstellung, Problemanalyse, Prüfung und Vergleich von Lösungsansätzen und an einer nachvollziehbaren Abwägung festgestellter widerstreitender Belange. Anstelle einer nachvollziehbaren, an raumordnerischen Belangen ausgerichteten Abwägung werde schlicht auf den Koalitionsvertrag verwiesen. Der Antragsgegner überreize außerdem das Kriterium der „Ebenenspezifik“. „Ebenenspezifisch“ bedeute nach § 7 Abs. 2 Satz 1 ROG, dass bei der Aufstellung der Raumordnungspläne die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander abzuwägen seien, „soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind“. Ein Gebot, Prüfungen auf der Landesebene zu vermeiden und sie auf die nachgeordneten Planungsebenen zu verlagern, ergebe sich daraus nicht. Im Gegenteil: Umweltauswirkungen, die auf der höheren Planungsebene bereits abzusehen seien, seien auch auf dieser Ebene zu prüfen. Lediglich der Detailgrad könne sich von der Prüfung auf der jeweils nachgeordneten Ebene unterscheiden. Zudem gelte die ebenenspezifische Abwägung nur für Grundsätze der Raumordnung. Ziele unterlägen der Endabwägung bereits auf der Landesebene. Auch das Gebot der planerischen Konfliktbewältigung bedeute nicht, dass Konflikte auf der höheren Ebene offenzulassen und soweit wie möglich auf den nachgeordneten Ebenen zu lösen seien. Im Gegenteil verlange es, lösbare Konflikte gerade nicht in die nachgeordnete Ebene zu verlagern. Wenn von diesem Grundsatz abgewichen werde, sei dies rechtfertigungsbedürftig.
189Diesen Anforderungen genügten die vom Antragsgegner angeführten Begründungen durchgehend nicht. Im Einzelnen sei zu rügen:
190Den Neufassungen der Ziffern 2-3, 2-4, 6.1-2, 6.4-2 und 6.6-2 sei gemein, dass sie die für die Inanspruchnahme von Freiraum bisher bestehenden Einschränkungen zurücknähmen, ohne eine Begründung anzuführen oder überhaupt einen Änderungsbedarf aufzuzeigen. Die Bedeutung des Schutzguts Boden und die Auswirkungen, die der Flächenverbrauch für Siedlungen und Verkehr auf die Umwelt habe, seien schlicht ignoriert worden. Es fehle an einer begründeten Auseinandersetzung, welche höher zu gewichtenden Umstände es verlangten, eine Siedlungsentwicklung im bisherigen Freiraum zu ermöglichen und die Belange des Freiraumschutzes zurückzustellen. Schon eine ausreichende Ermittlung und Bewertung der Abwägungsgrundlagen sei nicht erkennbar. In der LEP-Änderungsverordnung werde nur ausgeführt, was mit den jeweiligen Regelungen gemeint sei. In der Synopse der institutionellen Stellungnahmen werde zur Begründung ausschließlich auf politische Aussagen aus dem Koalitionsvertrag verwiesen. Im Umweltbericht werde zunächst dargestellt, dass in NRW von 1995 bis 2008 täglich 15 ha Freiraum in Anspruch genommen worden seien und der tägliche Verbrauch noch immer bei 10 ha liege, um dann auf das allein politische Ziel des Koalitionsvertrags zu verweisen, den Kommunen mehr Flexibilität bei der Flächenausweisung zu geben, also den Freiraumschutz zu lockern. In Bezug auf die einzelnen Schutzgüter heiße es in der Regel nur pauschal, konkrete Aussagen zu den Folgen seien nicht möglich. Dabei fehle es aber schon an jedem Ermittlungsversuch. All dies stelle keine Abwägung der Inanspruchnahme von Freiraum dar. Eine solche Abwägung sei insbesondere mit Blick auf § 2 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 6 ROG geboten, denn nach diesen Regelungen bedürfe die Inanspruchnahme von Freiraum zumindest der Restriktion.
191Die Änderung der Ziele 2-3 und 2-4 sei nicht, wie nach § 7 Abs. 5 ROG erforderlich, endabgewogen worden (§ 7 Abs. 5 ROG). Auch die Streichung des bisherigen Grundsatzes 6.1-2 habe einer Abwägung bedurft, die nicht erfolgt sei. Der Verweis auf Aussagen des Koalitionsvertrags genüge den Abwägungsanforderungen weder für die Änderung eines Ziels noch eines Grundsatzes der Raumordnung. Soweit der Plangeber auf die verbliebenen Grundsätze 6.1-6 und 6.1-8 verweise, sei dies unzureichend, denn diese seien ersichtlich allgemeiner und unverbindlicher gefasst als der gestrichene Grundsatz 6.1-2. Wenn der Plangeber zu der Auffassung gelange, dass die bisher in Ziffer 6.1-2 enthaltene Vorgabe nicht mehr geboten oder erforderlich sei, müsse er dies nachvollziehbar darlegen. In Bezug auf die Änderung des Ziels 6.4-2 fehle es insbesondere an einer Auseinandersetzung mit der Endabgewogenheit der bisherigen 80-ha-Grenze. Auch eine ausreichende Ermittlung und Bewertung der raumordnerischen Folgen der abgesenkten Schwelle sei nicht erkennbar. Angesichts der Materialien dränge sich auf, dass auch diese Änderung allein politisch begründet sei, nämlich mit der Ermöglichung des „newParks“ in T.. Die Änderung des Ziels 6.6-2 stelle der Plangeber unrichtig als bloße Folge der Änderung in Ziel 2-3 dar. Die Auswirkungen würden weder ermittelt noch bewertet oder abgewogen. Dies wäre aber geboten gewesen, denn wenn eine umweltverträgliche Festsetzung künftig nur noch für neue Vorhaben verlangt werde, werde die Inanspruchnahme von Freiraum für die Erweiterung bestehender Standorte stark erweitert. Damit handele es sich nicht nur um eine bloße Folgeänderung, sondern um eine eigenständige Zieländerung zur erleichterten Inanspruchnahme von Freiraum.
192Aus Abs. 3 des Ziels 7.2-2 sei die Möglichkeit der Unterschutzstellung als Nationalpark für den bisherigen Truppenübungsplatz F. gestrichen worden, ohne dass die Synopse hierfür eine Begründung enthalte. Im Umweltbericht werde dazu auf die im Koalitionsvertrag enthaltene Behauptung verwiesen, nach der es für die Ausweisung als Nationalpark an der erforderlichen Akzeptanz in der Region fehle. Hierin liege schon deshalb ein Abwägungsfehler, weil dies nie belastbar ermittelt worden sei. Tatsächlich sei das Gegenteil der Fall. Der Antragsteller habe in seiner Stellungnahme u. a. auf Umfrageergebnisse von Juni 2018 verwiesen, nach denen 85% der Bevölkerung von NRW sich den Nationalpark F. wünschten. Weiter heiße es im Umweltbericht unrichtig, durch die Änderung ergäben sich keine materiellen Verschlechterungen der Naturschutzwürdigkeit der Flächen. Damit habe der Plangeber mögliche Folgen nicht erkannt. Die bisherige Vorgabe, dass ein Nationalpark möglich sei, sei eine Ziel-Konkretisierung gewesen. Die nachfolgende Planungsebene sei gehalten gewesen, Festsetzungen zu treffen, die einen Nationalpark ermöglichten. Diese Konkretisierung sei ohne die hierfür nötige Ermittlung, Bewertung und Abwägung der Folgen gestrichen worden.
193Die Änderung des Ziels 7.3-1, der neue Grundsatz 10.2-3 und die Streichung der Zielsetzungen betreffend die Erreichung von Mindestanteilen der Stromversorgung aus Windkraft im bisherigen Ziel 10.2-2 hätten das gemeinsame Anliegen, den LEP in eine den Ausbau der Windenergie erschwerende Fassung zu bringen. Begründet werde dies mit dem Koalitionsvertrag und angeblich fehlender gesellschaftlicher Akzeptanz. Tragfähige raumordnerische Gründe würden nicht genannt. Auch die Kabinettvorlangen von Oktober/November 2017 und vom 16. April 2018 nähmen ausschließlich auf politische Aussagen aus dem Koalitionsvertrag Bezug. Die auch im Koalitionsvertrag angeführte angeblich fehlende gesellschaftliche Akzeptanz der Windkraft sei kein raumordnerischer Belang. Zudem sei die Annahme durch nichts belegt. Im Gegenteil habe im Beteiligungsverfahren die U. AG Studienergebnisse benannt, die eine hohe bis sehr hohe Zustimmung der deutschen Bevölkerung zum Ausbau der Windenergie auswiesen. Dem habe der Antragsgegner nichts entgegengesetzt, sondern lediglich seine „Pauschalbehauptung der Vorbehalte in der Bevölkerung“ wiederholt. In Bezug auf den Grundsatz 10.2-3 habe das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Urteil vom 20. Januar 2020 - 2 D 100/17.NE -, bereits ausgeführt, eine städtebauliche oder raumordnerische Konzeption sei nicht zu erkennen. Letztlich stehe hinter der Änderung nur ein politischer Wille, der eine sachgerechte Abwägung der nach Bundesrecht zu berücksichtigenden Belange nicht ersetzen könne. Mit der Modifikation des Satzes 2 und der Streichung des Satzes 4 in Ziel 7.3-1 wolle der Plangeber Projektierer demotivieren, Windenergieanlagen im Wald zu betreiben. Projektierer müssten künftig einen Bedarfsnachweis gemäß Satz 3 sowohl dem Grunde nach als auch unter Darlegung nicht zur Verfügung stehender Flächen außerhalb des Waldes führen. Hinzukomme, dass nach der Ergänzung des Satzes 2 die Zielsetzung Wald in der Regionalplanung anderweitige Nutzungen regelmäßig ausschließe. Eine sachgerechte Abwägung sei nicht zu erkennen. Auch die Abstandregelung im neuen Grundsatz 10.2-3 habe keine fachliche Grundlage und sei nicht abgewogen. Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz habe in seiner Stellungnahme vom 14. Dezember 2018 zur Kabinettvorlage von 30. November 2018 ausgeführt, ein pauschalisierter Abstand lasse sich weder immissionsschutzrechtlich noch nach den Vorgaben der TA Lärm oder nach den Bewertungskriterien für Schattenwurf begründen. Zudem hätten diverse Beteiligte im Aufstellungsverfahren, etwa die Bezirksregierung M., in Frage gestellt, ob angesichts des 1.500m-Abstandskriteriums und der Entprivilegierung von Windkraftanlagen im Wald überhaupt noch substantiell Raum für Windkraft geschaffen werden könne. Dazu nehme der Plangeber in seiner Erwiderung keine eigene Einschätzung vor, sondern verweise lediglich auf die nachfolgenden Planungsebenen. Eine Abwägung auf der Ebene der Landesplanung erfolge nicht.
194Die Streichung der bisherigen Regelungen betreffend die Mindestanteile der Stromversorgung in NRW aus Windenergie (Ziel 10.2-2) sowie die regionalplanerische Sicherung von Vorranggebieten für die Windenergie in bestimmten Flächenumfängen (Grundsatz 10.2-3) seien ebenfalls rein politisch von dem Bestreben getragen, den Ausbau der Windenergie zu erschweren. Konkrete Aussagen zu den Folgen seien weder in der Abwägungssynopse noch im Umweltbericht enthalten. Die bisherige Zielfestlegung 10.2-2 sei zudem endabgewogen und aus dem Klimaschutzplan NRW, Teil II.3, S. 70. Stand Dezember 2015, abgeleitet gewesen. Die Verpflichtung zu einer solchen Umsetzung ergebe sich aus den §§ 3, 6 KlimaSchG NRW und aus § 12 LPlG NRW. Auch mit diesen Umständen habe der Antragsgegner sich nicht auseinandergesetzt. Wenn der Plangeber in den Erläuterungen zum neuen Grundsatz 10.2-3 darauf verweise, dass die kommunale Bauleitplanung der Windkraft substantiell Raum schaffen müsse, verweigere er eine eigene Abwägung und verkenne, dass die Vorgabe, der Windkraft substantiell Raum zu schaffen, nach der Rechtsprechung (z. B. OVG NRW im Urteil vom 17. Januar 2019 - 2 D 63/17.NE -, juris, Rn. 64 f.) nicht nur für die Bauleitplanung, sondern auch für die Landesebene der Raumordnung gelte. Wie das bisherige Ziel 10.2-2 seien auch der bisherige Grundsatz 10.2-3 und der nun gestrichene Satz 4 der Festlegung 7.3-1 Teil eines abgewogenen, planerischen Gesamtkonzepts zum Klimaschutz gewesen. Speziell zur damaligen Festlegung 10.2-3 sei in den Erläuterungen zum LEP 2017 auf die im Jahr 2012 vom LANUV erarbeitete „Potentialstudie Windkraft“ Bezug genommen worden, die für NRW ein Flächenpotential von insgesamt ca. 113.000 ha für die Windenergienutzung nachgewiesen habe. Aus dieser Potentialstudie sei der Umfang der Flächenfestlegungen in der bisherigen Ziffer 10.2-3 für die einzelnen Regionalplanregionen abgeleitet worden. Mit der nun vorgenommenen Änderung habe der Plangeber diese Festlegungen aufgehoben, ohne sich mit den in jahrelangen Planungs-, Ermittlungs- und Abwägungsprozessen erarbeiteten raumordnerischen Gründen der bisherigen Fassung auch nur ansatzweise auseinanderzusetzen. Die bisherigen Festlegungen zur Windenergie hätten als Teil eines raumplanerischen Gesamtkonzepts sowohl den Anforderungen des § 2 Abs. 2 Nr. 6 ROG als auch den - auch raumplanerisch umzusetzenden - Klimazielen (§§ 3, 6 KlimaSchG NRW, § 12 LPlG NRW) genügt. Mit den unter den Ziffern 7.3-1, 10.2-2 und 10.2-3 vorgenommenen Änderungen habe der Antragsgegner sie ohne Ermittlung und Abwägung ersatzlos gestrichen. Ohne eine Steuerung auf Landesebene seien die Klimaziele nicht zu erfüllen. Kommunale Planungsträger hätten es aufgrund ihrer Größe und Ortsbezogenheit schwerer als überregionale Körperschaften, sich gegen gegebenenfalls bestehende örtliche Stimmungen und für die Wahrnehmung öffentlicher Interessen einzusetzen. Die politisch gewollte Verlagerung auf die kommunale Ebene werde zu einem „Verhinderungswettbewerb“ zwischen benachbarten Gemeinden führen. Die Streichung des Privilegierungssatzes 4 im Ziel 7.3-1 zusammen mit der Abstandregelung im neu gefassten Grundsatz 10.2-3 habe die vom Plangeber beabsichtigte Folge, dass die Projektierer von Windenergieanlagen künftig Waldbereiche und Bereiche innerhalb eines 1.500m-Radius zu Wohngebieten meiden würden. Zwar beanspruche das Ziel 7.3-1 keine absolute Geltung, sondern sehe in Satz 3 Ausnahmen vor. Die vorgenommene „Entprivilegierung“ von Wald bedeute aber, dass einem Windenergie-Ausbau in Außenbereichsflächen, die im Regionalplan als Wald ausgewiesen seien, § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB solange entgegenstehe, bis es außerhalb der Waldgebiete keine hinreichenden Bereiche für Windenergieanlagen mehr gebe. Die künftig zunächst vorgesehene Realisierung von Windenergieanlagen außerhalb von ausgewiesenen Waldgebieten sei problematisch, weil viele für den Ausbau von Windenergie insbesondere hinsichtlich der Windhöffigkeit besonders relevante Höhenlagen mit der raumordnerischen Zielsetzung „Wald“ versehen seien. Den Vorhabenträgern und Genehmigungsbehörden werde - zudem ohne die Bereitstellung von Bewertungskriterien - auferlegt, die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise mögliche Realisierung von Windenergieanlagen im Außenbereich durch den aufwendigen (und hinsichtlich seiner rechtlichen Belastbarkeit unsicheren) Nachweis des Nichtvorhandenseins geeigneter Flächen außerhalb des Waldes darzulegen. Hinzu komme, dass im Kontext der neuen Maßgabe des Mindestabstands im Grundsatz 10.2-3 weitere Konflikte geschaffen worden seien. Der Plangeber hätte deshalb auch prüfen, darstellen und hinsichtlich der Konsequenzen nachvollziehbar abwägen müssen, ob Windenergieanlagen künftig zur Wahrung des Mindestabstands aus Grundsatz 10.2-3 ausnahmsweise im Wald zulässig seien oder ob die nur als Grundsatz ausgestaltete Abstandsvorgabe aufgrund der Zielvorgabe des 7.3-1 nicht beachtet werden müsse.
195Der neue LEP schaffe in dieser Hinsicht unausgegoren und absehbar ein hohes Maß an Rechtsunsicherheit. Die vom Plangeber zur Änderung des Ziels 7.3-1 angeführte Begründung erweise sich als unschlüssig und abwägungsfehlerhaft, wenn die raumordnerische Entprivilegierung von Windenergieanlagen im raumordnerisch gesicherten Wald dazu führe, dass Windenergieanlagen gerade entgegen dem neuen Grundsatz 10.3-2 in näher an Wohngebieten gelegenen, waldfreien Flächen realisiert werden müssten. Ein solches Heranrücken an Wohnbebauung sei ersichtlich eher geeignet, die von der Landesregierung angeführten „Akzeptanzprobleme“ in der Bevölkerung zu forcieren als die bisher mögliche Bereitstellung von Waldfläche für den Ausbau der Windenergie. Auch sei nicht ersichtlich, dass ermittelt worden sei, ob in Folge der pauschalen Entprivilegierung von Windkraftanlagen in Waldflächen einerseits und des zu beachtenden Vorsorgeabstands zu Wohnbebauung andererseits überhaupt ausreichend Raum für erneuerbare Energien, insbesondere die Windkraft, bleibe, um die NRW-Klimaschutzziele zu erreichen. Im Umweltbericht fehle es an den für die Bewertung und Abwägung erforderlichen Aussagen. Dort heiße es bezüglich der Änderungen der Ziffern 10.2-2 und 10.2-3 zum Schutzgut Klima nur, es ließen sich keine räumlich konkreten Auswirkungen auf einzelne Gebiete und das Schutzgut „Luft und Klima“ beschreiben und bewerten. Für die im weiteren aufgestellte Behauptung, unter Bezug auf das EEG-Ausschreibungsverfahren würden die geplanten Änderungen „keinen Einfluss auf den Ausbau der Windenergienutzung in Deutschland insgesamt haben“, finde sich keine belastbare Grundlage. Nicht nur in NRW, sondern auch in anderen Bundesländern gebe es politische Bestrebungen, die Windkraft zurückzudrängen. Im Jahr 2019 sei der Windkraftausbau bundesweit fast zum Erliegen gekommen. Ein Windkraftausbau nach dem EEG-Ausschreibungsverfahren funktioniere nur, wenn hierfür erforderliche Flächen rechtssicher zur Verfügung stünden. Die Aussage des Plangebers im Umweltbericht, die beabsichtigte Flächenreduzierung in einem der flächenmäßig größeren Bundesländer werde keine Auswirkungen haben, sei ersichtlich „ins Blaue hinein“ getroffen und werde den Anforderungen an einen sachgerechten Umweltbericht als Abwägungsgrundlage nicht gerecht. Dies gelte umso mehr, als der Umweltbericht übersehe, dass die geänderten Festlegungen 7.3-1, 10.2-2 und 10.2-3 zentrale Bestandteile der Umsetzung des KlimaSchG NRW gewesen seien und deshalb insbesondere auch hätte ermittelt werden müssen, ob und wenn ja in welchem zeitlichen Rahmen die NRW-Klimaziele nach der Verlagerung der Planung von der Landes- auf die Regional- bzw. Kommunalebene überhaupt noch erreicht werden könnten. Berechnungen oder Ermittlungen zu den Auswirkungen der Änderungen auf den Ausbau der erneuerbaren Energien und die Erreichung der Klimaziele NRW seien nicht ersichtlich, obwohl die §§ 12 LPlG NRW, 4 Abs. 1 KlimaSchG NRW die Bedeutung dieser Aspekte für die raumordnerische Planung ausdrücklich hervorhöben. Denn auch wenn auf LEP-Ebene keine „Megawatt-genaue“ oder „ha-genaue“ Ausbauentwicklung möglich sei, zeige gerade der Aufstellungsvorgang zum LEP 2017 mit seinen Verweisen auf die LANUV-Potentialstudie 2012 und weiteren Ermittlungen, dass Aussagen zum Stand und zu den möglichen Auswirkungen der beabsichtigen Änderungen auf die weitere Entwicklung möglich und geboten seien. Eine landesplanerische Ausweisung von Vorranggebieten zur Windenergienutzung sei unerlässlich, um eine effektive regionalplanerische Steuerung zur Vermeidung von Konflikten mit dem Naturschutz zu ermöglichen. Dies habe der Antragsteller bereits in seinen Stellungnahmen vom 18. Januar und 12. Juli 2018 ausgeführt. Mit diesen Ausführungen habe der Antragsgegner sich aber nicht auseinandergesetzt. Schon dies begründe einen offensichtlichen und ergebnisrelevanten Abwägungsmangel. Auch im Übrigen seien nachvollziehbare raumordnerische Erwägungen des Antragsgegners nicht ersichtlich. In der Synopse würden lediglich Passagen des Koalitionsvertrags angeführt. Dies stelle einen Abwägungsausfall, zumindest aber ein „massives“ Ermittlungs- und Bewertungsdefizit dar.
196In Folge der Änderung der Ziele 8.1-6 und 8.1-7 würden alle sechs größeren Flughäfen für landesbedeutsam erklärt. Auch die bisher nur regional bedeutsamen Flughäfen V., S. und N. seien damit nun „bedarfsgerecht zu entwickeln und in den internationalen und nationalen Flugverkehr einzubinden“. Zuvor sei diese Vorgabe auf die Flughäfen M., Q. und C. beschränkt, außerdem einschränkend formuliert sowie auf eine Luftverkehrskonzeption des Landes bezogen gewesen. Zudem würden nun alle sechs Flughäfen als Vorranggebiet festgelegt; entgegenstehende raumbedeutsame Nutzungen oder Funktionen seien dort ausgeschlossen (§ 7 Abs. 3 Nr. 1 ROG). Die Synopse enthalte nur eine politische Begründung, die auf den Koalitionsvertrag Bezug nehme. Zu den erheblichen unmittelbaren und mittelbaren Folgen für die Umwelt und für raumordnerische Belange (Freiraumschutz und Siedlungsentwicklung in der Umgebung der Flughäfen) durch die Inanspruchnahme von Böden, die Versiegelung von Flächen, erhöhte oder verlagerte Lärm- und Luftschadstoffemissionen und -immissionen etc. seien weder ausreichend ermittelt noch abgewogen worden. Im Umweltbericht heiße es, konkrete Aussagen zu künftigen Belastungen seien nicht möglich. Dies befreie den Plangeber aber nicht davon zu ermitteln, welche Folgen sich insbesondere durch die drei zusätzlich für landesbedeutsam erklärten Flughäfen ergeben könnten. Denn selbstverständlich sei es möglich, zumutbar und geboten, zum Beispiel zu ermitteln, welcher Maßnahmen es bei diesen drei Flughäfen bedürfe, um das Ziel der Einbindung in den internationalen Flugverkehr zu erreichen. So stellten etwa die J. und die A. für den internationalen Flugverkehr Anforderungen an Länge und Breite der Startbahnen. Danach dürfe eine Startbahnlänge von um die 3.000 m erforderlich sein, die V. und N. bisher nicht hätten. Natürlich sei nicht erforderlich. die Umweltauswirkungen der geänderten Festsetzungen in der Tiefe der Umweltverträglichkeitsprüfung eines Planfeststellungsverfahrens zu untersuchen. Allerdings sei es mit geringem Aufwand möglich zu ermitteln und zu beschreiben, welche Flächen an den jeweiligen Flughäfen für die angestrebte oder jedenfalls neu ermöglichte Entwicklung zur Verfügung stünden und wie diese bisher genutzt würden. Der Umweltbericht enthalte dazu nichts. Auch eine Abwägung finde nicht statt. Im Übrigen könne es sich bei den geänderten Zielen 8.1-6 und 8.1-7 mangels Endabwägung und mangels hinreichender Bestimmtheit insbesondere der Formulierung „bedarfsgerechte Entwicklung“ rechtlich nicht um Ziele, sondern allenfalls um Grundsätze der Raumordnung handeln. Schon dies habe die Unwirksamkeit der Festlegungen zur Folge, denn es bedeute, dass das ausdrücklich verfolgte Planungsziel und das erreichte Planungsergebnis vom Plangeber unerkannt auseinanderfielen.
197Die Änderungen von Zielen und Grundsätzen in Bezug auf die raumordnerische Festlegung von Flächen für den Rohstoffabbau (Ziffern 9.2-1 bis 9.2-4) ließen ebenfalls eine tragfähige Begründung vermissen. Nach der Änderung des Ziels 9.2-1 könnten in den Regionalplänen in Bezug auf die Rohstoffsicherung auch „einfache“ Vorranggebiete festgelegt werden. Die Festlegung von Vorranggebieten mit der Wirkung von Eignungsgebieten, mit der gleichzeitig der Rohstoffabbau im übrigen Plangebiet ausgeschlossen werde, sei nicht mehr verpflichtend, obwohl der Plangeber diese Festsetzung in seinen Abwägungssynopsen selbst als „bewährt“ bezeichne. Eine tragfähige Begründung, warum er die bisherige Regelung trotzdem geändert habe, gebe es nicht. Es werde lediglich angegeben, dass die Festlegung von Vorranggebieten mit Eignungswirkung planerisch und methodisch aufwendig sei. Ursprünglich sei vorgesehen gewesen, dass Vorranggebiete mit der Wirkung von Eignungsgebieten dann festgesetzt werden müssten, wenn „besondere planerische Konflikte“ dies erforderlich machten. Auf den berechtigten Einwand hin, dass damit kein hinreichend bestimmbares Kriterium festgelegt werde, sei auf die Vorgabe verzichtet und die Entscheidung der Regionalplanung überlassen worden, ohne Kriterien vorzugeben. Für die Vorgabe einer Festsetzung von „Eignungsgebieten“ durch den LEP spreche der dadurch zu schaffende Ausgleich zwischen den Belastungen der Anwohner und Standortkommunen sowie der Natur und Umwelt auf der einen Seite und den Interessen der Wirtschaft an einer ausreichenden Rohstoffversorgung auf der anderen Seite. Gegen eine solche Ausweisung möge der vom Antragsgegner angeführte Mehraufwand sprechen, allerdings habe der Antragsgegner es unterlassen anzugeben, welcher Mehraufwand zu bewältigen sei. Auch finde sich kein Anhaltspunkt, in welchen Fällen der Mehraufwand dieses - auch aus Sicht des Antragsgegners bewährten - Verfahrens bisher keinen Nutzen getragen habe. Soweit er auf kritische Stellungnahmen im Beteiligungsverfahren erwidert habe, dass „in Teilen von NRW Rohstoffe lediglich vereinzelt vorkommen“ und „dann eine positive Sicherung des Rohstoffvorkommens vorgenommen werden könne, ohne zugleich auch eine negative Begrenzung des Rohstoffabbaus vorzunehmen“, sei dies unschlüssig. Denn in diesen Fällen sei die Festlegung von Eignungsgebieten ersichtlich gerade nicht „planerisch und methodisch aufwendig“, da nur in geringem Umfang über Rohstoffvorkommen entschieden werden müsse. Auch das Argument, die verschiedenen Belange seien im Regionalplanverfahren bzw. in der konkreten fachplanerischen Vorhabenentscheidung zu berücksichtigen, trage nicht. Diese nachgeordnete Prüfung sei in Bezug auf jede LEP-Festsetzung durchzuführen. Sie könne eine Steuerung durch landesweite Vorgaben nicht ersetzen. Durch den Grundsatz 9.2-4 sollten in die Regionalpläne darüber hinaus „Reservegebiete“ aufgenommen werden. Diese Änderungen beruhten ersichtlich auf unzureichender Sachverhaltsermittlung und der bloßen Übernahme der Wünsche der Rohstoffindustrie. Deren Interessen würden ohne nachvollziehbare Begründung bevorzugt.
198Die Herabsetzung des bisherigen Ziels zum Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung in Ziffer 10.1-4 sei ausschließlich - so z. B. im Umweltbericht - mit dem politischen Wunsch nach „Deregulierung“ begründet worden. Zum Klimaschutz finde sich im Umweltbericht nur die Angabe, aufgrund der Änderung eintretende konkrete Auswirkungen auf einzelne Gebiete und das Schutzgut „Luft und Klima“ ließen sich weder bewerten noch beschreiben. Mit den Gründen, aus denen die nun geänderte Festlegung ursprünglich getroffen worden sei, habe sich der Plangeber nicht befasst. Sachverhalt, entscheidungserhebliche Umstände und Bewertungskriterien seien nicht ermittelt worden. Eine Abwägung widerstreitender raumordnerischer Belange habe nicht stattgefunden. Auch die Vorgaben des § 12 LPlG und des § 4 Abs. 1 KlimaSchG NRW seien (erneut) unberücksichtigt geblieben. Den nach § 7 Abs. 7 ROG für die Aufhebung eines Ziels ebenso wie für dessen Aufstellung geltenden Abwägungsanforderungen genüge das nicht. Anstatt einer verbindlichen Festlegung, die technisch erschließbaren und wirtschaftlich nutzbaren Potenziale der Kraft-Wärme-Kopplung aus Klimaschutzgründen auszuschöpfen, gebe es nur noch die als Grundsatz gefasste Aufforderung an die Regional- und Bauleitplanung, für künftige Planungen Flächen vorzusehen, die gegebenenfalls irgendwann für Kraft-Wärme-Kopplung genutzt werden könnten. Für den Umweltbericht und die Abwägung hätte z. B. ermittelt werden können und müssen, welche (bestehenden) erschließbaren und wirtschaftlich nutzbaren Potentiale der Kraft-Wärme-Kopplung nach der Änderung nicht mehr Gegenstand eines Ziels der Landesplanung seien würden. Daraus hätte sich annäherungsweise ableiten lassen, welches CO2-Einsparpotential wegfallen und was dies für die Vorgaben des KlimaSchG NRW bedeuten werde.
199Der Antragsteller beantragt,
200die am 5. August 2019 im Gesetz- und Verordnungsblatt bekannt gemachte Verordnung zur Änderung der Verordnung über den Landesentwicklungsplan vom 12. Juli 2019 mit Ausnahme der Ziffern 9.2-2 und 9.2-3 für unwirksam zu erklären,
201hilfsweise festzustellen, dass die am 5. August 2019 im Gesetz- und Verordnungsblatt bekannt gemachte Verordnung zur Änderung der Verordnung über den Landesentwicklungsplan vom 12. Juli 2019 mit Ausnahme der Ziffern 9.2-2 und 9.2-3 rechtswidrig ist,
202weiter hilfsweise die genannte Verordnung hinsichtlich der Änderung der Ziele 2-3, 2-4, 6.4-2, 6.6-2, 7.2-2, 7.3-1, 8.1-6, 9.2-1, 10.1-4 sowie 10.2-2 und der Grundsätze 6.1-2 sowie 10.2-3 für unwirksam zu erklären.
203Der Antragsgegner beantragt,
204den Normenkontrollantrag zurückzuweisen.
205Zur Begründung führt der Antragsgegner im Wesentlichen aus:
206Der Antrag sei unzulässig, weil der Antragsteller nicht antragsbefugt sei. Zwar könne er als nach § 3 Abs. 1 UmwRG anerkannte Umweltvereinigung nach § 2 Abs. 1 UmwRG Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG genannten Entscheidungen einlegen. Die angegriffene Änderung des LEP NRW sei aber keine solche Entscheidung. Vom sachlichen Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG seien gemäß § 48 Satz 2 UVPG Raumordnungspläne nach Anlage 5 Nr. 1.5 UVPG ausgenommen, die Flächen für die Windenergienutzung oder für den Abbau von Rohstoffen auswiesen. Um einen solchen Plan handele es sich beim LEP NRW. Durch ihn würden - über die räumliche Konkretisierung seiner Vorgaben in den Regional- und Bauleitplänen - auch Flächen zur Windenergienutzung und zum Rohstoffabbau ausgewiesen. Das Tatbestandsmerkmal des „Flächenausweisens“ sei ein unbestimmter Rechtsbegriff, der der Auslegung bedürfe. Von der Wortbedeutung her werde durch das Ausweisen von Flächen in einem Plan diesen Flächen ein bestimmter Zweck oder eine bestimmte Nutzung zugewiesen. Diese Zuweisung erfolge in der Systematik der Raumplanung durch den Landesentwicklungsplan, die Regionalpläne und die Bauleitpläne, wobei auf der Landesebene vor allem textliche Festsetzungen in Form von Zielen und Grundsätzen die Rahmenplanung vorgegeben würden. Durch seine Leitbildfunktion habe der Landesentwicklungsplan an der Nutzungszuweisung einen großen, wenn auch nur abstrakt mittelbaren Anteil. So setze er z. B. die verschiedenen Flächennutzungen zueinander ins Verhältnis. Flächen zur Rohstoffsicherung seien etwa Gegenstand der Ziele 9.2-1, 9.2-5 und 9.3-1. Für die Nutzung erneuerbarer Energien würden konkrete Anforderungen an Flächen gestellt z. B. in den Grundsätzen 10.2.1, 10.2-2 und 10.2-3. Dabei sei zu berücksichtigen, dass Ziele der Raumordnung gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG verbindliche Festlegungen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raumes enthielten, die auf der nachgeordneten Ebene nicht durch Abwägung überwunden werden könnten. Grundsätze seien nach § 4 Abs. 1 ROG als Vorgaben für nachfolgende Abwägungsentscheidungen zu berücksichtigen. Auch in systematischer Hinsicht sei eine Differenzierung zwischen dem Landesentwicklungsplan und dem Regionalplan vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt gewesen. Beide seien Raumordnungspläne i. S. d. § 13 ROG und i. S. d. Anlage 5 Nr. 1.5. Rechtsfolge des § 48 Satz 2 UVPG sei, dass der gesamte Raumordnungsplan keiner gerichtlichen Kontrolle aufgrund des UmwRG unterliege. Die Nichtigerklärung einzelner Festsetzungen würde das Gesamtkonzept des Raumordnungsplans aus dem Gleichgewicht bringen. Für dieses Ergebnis spreche auch die Begründung des Gesetzgebers in BT-Drs. 18/9526, S. 49. Danach habe die ursprünglich in Satz 2 des § 16 Abs. 4 UVPG enthaltene Regelung dem Umstand Rechnung tragen sollen, dass das System der Raumordnung in Deutschland mehrstufig sei. Die gerichtliche Überprüfbarkeit der Bauleitpläne, die auf der Grundlage der in Absatz 4 Satz 2 genannten Raumordnungspläne ergingen, bleibe unberührt. In Rechtsbehelfen gegen diese Bauleitpläne sei eine Inzidentprüfung des früheren Plans möglich. Damit zeige die Gesetzesbegründung deutlich, dass gesetzgeberisch nur ein gerichtlicher Schutz gegen nachgeordnete Planungsentscheidungen intendiert gewesen sei. Lediglich in der letzten Instanz der Bauleitpläne würden konkret Bürgerinteressen tangiert, sodass (erst) an dieser Stelle der Rechtsschutz angelegt sei.
207Im Übrigen liege bereits der Entwurf einer Zweiten Verordnung zur Änderung der Verordnung über den LEP NRW vor, der eine Vielzahl der vom Antragsteller angegriffenen Regelungen, insbesondere zum Ausbau erneuerbarer Energien, betreffe. Der Entwurf werde in der Plenarsitzung des Landtags am 21. März 2024 beraten.
208Der Normenkontrollantrag sei auch unbegründet.
209Die Öffentlichkeit sei ordnungsgemäß beteiligt worden. Ein Verstoß gegen § 9 Abs. 2 Satz 2 ROG bzw. § 13 LPlG NRW liege nicht vor. Der Pflicht zur öffentlichen Auslegung des Entwurfs des Raumordnungsplans, seiner Begründung und des Umweltberichts sei der Antragsgegner nachgekommen. Die Auffassung des Antragstellers, die Stellungnahmen der Träger öffentlichen Belange und der anerkannten Umweltverbände hätten als weitere zweckdienliche Unterlagen ausgelegt werden müssen, entspreche nicht der Konzeption des § 9 Abs. 2 Satz 2 ROG. Die Vorschrift unterstelle die Entscheidung, welche weiteren Unterlagen als zweckdienlich eingestuft und folglich ausgelegt werden müssten, ausdrücklich der Einschätzung der für den Raumordnungsplan zuständigen Stelle. Beachtliche „Fehler“ könne es hierbei nicht geben. Deshalb enthalte § 11 Abs. 1 ROG auch keine Unbeachtlichkeitsregelung. Die Einschätzung unterliege keiner gerichtlichen Kontrolle. Es liege auch kein Verstoß gegen die §§ 19, 42 UVPG vor. § 42 Abs. 1 UVP ordne die entsprechende Geltung der §§ 19, 21 Abs. 1 und 22 UVPG für die Öffentlichkeitsbeteiligung nur an, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt sei. § 42 Abs. 2 UVPG treffe eine andere Bestimmung nicht nur, wie der Antragsteller annehme, für den Umfang der Auslegung, sondern damit mittelbar auch für die Bekanntmachung. Die Vorschrift differenziere ebenfalls zwischen zwingend auszulegenden Unterlagen und solchen, deren Einbeziehung die zuständige Behörde für zweckmäßig halte. Die Ausübung dieses Einschätzungsspielraus entziehe sich der gerichtlichen Kontrolle. Auch wenn sich die Vorschrift ausdrücklich nur auf den Umfang der auszulegenden Unterlagen beziehe, wirke sie sich mittelbar auch auf die Anforderungen an die Unterrichtungspflicht im Rahmen der Bekanntmachung zu Beginn des Beteiligungsverfahrens aus. Zwar verlange § 19 Abs. 1 Nr. 6 UVPG die Bezeichnung der das Vorhaben betreffenden entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der zuständigen Behörde zu Beginn des Beteiligungsverfahrens vorlägen, ohne zwischen zwingend auszulegenden und weiteren Unterlagen zu unterscheiden. Indes könne die Bekanntmachungspflicht nicht über die Auslegungspflicht hinausgehen. In der Bekanntmachung auf Unterlagen hinzuweisen, die dann aber nicht ausgelegt würden, weil die zuständige Behörde sie - in Wahrnehmung ihres Einschätzungsspielraums - für nicht zweckdienlich erachte, sei nicht geboten. Aus der Bezugnahme des § 19 Abs. 1 Nr. 7 UVPG auf § 19 Abs. 1 Nr. 6 UVPG folge gerade, dass Unterlagen die von Nr. 6 erfasst würden, auch auszulegen seien. Gleiches ergebe sich aus § 19 Abs. 2 Satz 1 UVPG, der ebenfalls die Auslegung der in § 19 Abs. 1 Nr. 6 UVPG genannten Unterlagen vorsehe.
210Der Umweltbericht sei ordnungsgemäß aufgestellt worden. Die Kennzeichnung als „Entwurf“ sei unschädlich. Im Übrigen sei der Umweltbericht i. S. d. § 8 ROG ‑ anders als der Umweltbericht nach §§ 2a, 10 Abs. 3 Satz 2 BauGB oder die zusammenfassende Erklärung nach § 10 Abs. 3 ROG - nicht Bestandteil der Unterlagen, die nach Inkrafttreten des Raumordnungsplans zu jedermanns Einsicht auszulegen seien. Lediglich während des Aufstellungsprozesses sei der Umweltbericht nach § 9 Abs. 2 Satz 1 ROG Gegenstand der Öffentlichkeitsbeteiligung und somit auszulegen. Diesem Auslegungserfordernis sei der Antragsgegner nachgekommen. Auch den Anforderungen des § 8 ROG sei genügt. In formeller Hinsicht verlange § 8 Abs. 1 ROG, dass die Umweltprüfung von der für den Raumordnungsplan zuständigen Stelle durchgeführt werde, dass der Untersuchungsrahmen festgelegt werde und bei dieser Festlegung die öffentlichen Stellen, deren umwelt- und gesundheitsbezogener Aufgabenbereich von den Umweltauswirkungen des Raumordnungsplans berührt werden könne, beteiligt würden. Dieses Verfahren sei eingehalten worden, insbesondere sei der festgelegte Untersuchungsrahmen ausdrücklich auf S. 7 ff. des Umweltberichts wiedergegeben. Die maßgeblichen öffentlichen Stellen seien mit Schreiben vom 21. Dezember 2017 beteiligt worden. Soweit der Antragsteller vermeintliche inhaltliche Unzulänglichkeiten des Umweltberichts rüge, mache er materiell-rechtliche Fehler geltend. Dies ergebe sich auch daraus, dass er auf die Fehlerfolgenlehre des § 11 Abs. 4 Nr. 1 ROG verweise. Danach sei ein Mangel des Umweltberichts nach § 8 Abs. 1 ROG nur beachtlich, wenn der Umweltbericht in wesentlichen Punkten unvollständig sei und diese Punkte nicht Gegenstand der zusammenfassenden Erklärung nach § 10 Abs. 3 ROG seien. Vollständig sei ein Umweltbericht, wenn er zu allen in Anlage 1 zu § 8 Abs. 1 ROG angesprochenen Elementen die wesentlichen Gesichtspunkte behandele. Wann er „in wesentlichen Punkten unvollständig sei“, könne nur im Einzelfall bestimmt werden. Jedenfalls unschädlich sei, wenn er Punkte unerwähnt lasse, die nicht abwägungsrelevant seien, etwa „Bagatellbetroffenheiten“ oder Belange, die auf dieser Abwägungsebene nicht relevant seien. Gerade Letzteres spiele eine Rolle für die unzutreffende Auffassung des Antragstellers, die Umweltprüfung genüge nicht den gesetzlichen Mindestanforderungen an die Ermittlung und Bewertung der Auswirkungen auf die Umwelt bzw. das Klima. Denn im Ergebnis habe der Plangeber eine dem Konkretisierungsgrad des Landesentwicklungsplans entsprechende Umweltprüfung vorgenommen. Es gelte der Grundsatz der Ebenenspezifik, der Mehrfachprüfungen verhindern solle. Eine Detailprüfung müsse sich auf die Ebene konzentrieren, auf der sie wegen der Detailschärfe der Festsetzungen konkret erfolgen könne. Der Antragsgegner habe eine zulässige Abschichtung der Umweltprüfung von der Landesebene auf die Ebene der regionalen bzw. der kommunalen Planung vorgenommen. Eine „Vollprüfung“ bereits auf Landesebene hätte keine sinnvollen Ergebnisse liefern können, da es an einer dafür notwendigen räumlichen Konkretisierung fehle. Deshalb teile der Plangeber in der Synopse der geplanten Änderungen des LEP NRW ausdrücklich mit, räumlich-konkrete Auswirkungen auf Umweltschutzgüter könnten nicht beschrieben werden. Gleichzeitig habe er zum Ausdruck gebracht, es sei damit zu rechnen, dass verschiedene geplante Änderungen des LEP NRW zu seiner intensiveren Inanspruchnahme von Freiraum führen könnten, was sich indes erst auf einer nachgeordneten Planungsebene konkret beschreiben lasse. Dies entspreche dem Grundsatz der planerischen Zurückhaltung, bestimmten Belangen nicht bereits auf der höchsten Planungsebene Rechnung zu tragen, sondern für den Interessenausgleich auf die nachgeschalteten Planaufstellungsverfahren zu verweisen. Auch die Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 und des Art. 12 Abs. 2 SUP-Richtlinie 2001/42/EG an die Beteiligung der Öffentlichkeit und die Qualität des Umweltberichts seien - entgegen der Auffassung des Antragstellers - gewahrt. Im Übrigen sei die Richtlinie schon kein tauglicher Prüfungsmaßstab, denn sie entfalte keine unmittelbare Bindungswirkung, sondern bedürfe der Umsetzung in nationales Recht. Soweit der Antragsteller moniere, der Antragsgegner sei der Einschätzung des Umweltberichts durch das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes NRW (MULNV NRW) in dessen Stellungnahme vom 14. Dezember 2018 nicht gefolgt, sei dies für die formelle Rechtmäßigkeit der Planänderung unerheblich. Das Ministerium habe ausschließlich inhaltliche Bedenken geäußert. Im Übrigen unterliege der Plangeber keiner Pflicht, Einwänden von Ministerien Folge zu leisten. Das Ergebnis der Umweltprüfung nach § 8 ROG sowie die Stellungnahmen aus dem Beteiligungsverfahren nach § 9 ROG seien in der Abwägung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 ROG lediglich zu berücksichtigen. Damit sei gemeint, dass die jeweiligen Belange im Abwägungsvorgang eine ihrem Gewicht entsprechende Rolle spielen müssten, was von der Irrelevanz bis zur Verbindlichkeit reichen könne. Die Abwägungsentscheidung sei dem materiellen Recht zuzuordnen.
211Auch dem Begründungserfordernis des § 7 Abs. 5 ROG sei der Antragsgegner nachgekommen. Von einem Verstoß sei nur auszugehen, wenn eine Begründung entweder völlig fehle oder nicht über Leerformeln - etwa die bloße Widergabe des Planinhalts - hinausgehe. Die Begründung sei kein Erfordernis der Raumordnung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ROG. Das Gesetz gebe - anders als etwa für den Umweltbericht in der Anlage 1 zu § 8 Abs. 1 ROG - auch keinen notwendigen Inhalt vor. Der Inhalt solle sich - wie auch etwa bei Begründungen zu Bebauungsplänen - auf die wesentlichen Gesichtspunkte, insbesondere die Planungsziele und die tragenden Gründe der Abwägung, beschränken. Diesen formellen Anforderungen genüge die angeführte Begründung. Eine eventuelle Unvollständigkeit sei im Übrigen nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 Hs. 2 ROG unbeachtlich. Soweit der Antragsteller rüge, dass die Begründung bloß politische und keine raumordnerischen Gründe anführe, betreffe dies die materielle Rechtmäßigkeit.
212Die Änderung des LEP NRW sei auch materiell rechtmäßig. Insbesondere liege kein Verstoß gegen das Gebot der sachgerechten Abwägung i. S. d. § 7 Abs. 2 Satz 1 ROG vor. Die (lediglich) hinsichtlich der Zielkerne notwendig abschließende Abwägung habe der Plangeber jeweils vorgenommen. Der Antragsteller verkenne augenscheinlich, dass eine Nutzung von ursprünglich freien Flächen auch gesellschafts-, siedlungs- und wirtschaftspolitisch geboten sein könne.
213Die Behauptung des Antragstellers, der Plangeber habe zur Begründung der Änderung des Ziels 2-3 allein politische Erwägungen angeführt, sei nicht richtig. Koalitionspolitische Erwägungen hätten allein als Anlass der Planänderung eine Rolle gespielt. Dies legten sowohl die Synopse der Änderungen (rechte Spalte) als auch der Umweltbericht (Ziffer 2.3.1, S. 19) ausdrücklich offen. Darüber hinaus würden im LEP NRW und im Umweltbericht hinreichende Gründe für die Planänderung angeführt, die sich nicht auf politische Erwägungen beschränkten. Die Behauptung des Antragstellers, der Plangeber habe in Bezug auf Ziel 2-3 allein die Belange des Siedlungsraums berücksichtigt, sei nicht richtig. Aus den Erläuterungen zu Ziel 2-3 ergebe sich, dass er den Siedlungsraum, den Freiraum und das wechselseitige Spannungsverhältnis beider Belange im Blick gehabt habe. Auch der Umweltbericht lasse erkennen, dass der Plangeber die möglichen „negativen Auswirkungen auf unterschiedliche Schutzgüter der Umweltprüfung“ gesehen und abgewogen habe. So habe er ausdrücklich ausgeführt, die Auswirkungen würden dadurch relativiert, dass die beabsichtigten Flächeninanspruchnahmen teilweise Verlagerungen von ohnehin vorhandenen Planungsbedarfen darstellten, die nicht zwangsläufig mit einer Zunahme der Flächeninanspruchnahme verbunden seien. Im Umweltbericht werde darüber hinaus erörtert, dass und warum allenfalls eine geringfügige Zersiedelung der Landschaft zu befürchten sei. Zudem setze der Umweltbericht die Zieländerung ins Verhältnis zur „Nullvariante“. Aus der Synopse der Stellungnahmen der institutionellen Beteiligten ergebe sich außerdem, dass der Plangeber sämtliche Einwände zur Kenntnis genommen und sie entweder unter Anführung einer Begründung nicht umgesetzt oder zum Anlass für Anpassungen genommen habe. Die Behauptung des Antragstellers, bei den im Übrigen in der Erläuterung des Landesentwicklungsplans zu Ziel 2-3 angeführten Gesichtspunkten handele es sich lediglich um Erklärungen, was mit den jeweiligen Änderungen gemeint sei, sei nicht richtig. Den Erläuterungen ließen sich zahlreiche Aspekte entnehmen, die für ein Überwiegen der Siedlungsentwicklung stritten, so etwa die notwendige Stärkung der Belange kleinerer Ortsteile, bei denen es sich nicht um regionalplanerisch festgelegte Siedlungsbereiche handele (dazu auch Ziel 2-4), die Stärkung der Belange von Kommunen hinsichtlich der Erweiterung und Nachfolgenutzung vorhandener Betriebsstandorte, die Stärkung kleinerer Handwerksbetriebe, die Stärkung bestehender Strukturen für Erholung, Sport, Freizeit und Tourismus, der Schutz von Baudenkmälern sowie die Gewährleistung, dass Kommunen ihre gesetzlichen Aufgaben im Brand- und Katastrophenschutz erfüllen könnten.
214Auch das neue Ziel 2-4 sei nicht lediglich auf (koalitions-)politische Erwägungen gestützt. Ausweislich des Umweltberichts (S. 19 f.) sei dem Plangeber bewusst gewesen, dass es Einfluss auf die Siedlungsentwicklung in den kleinen Ortsteilen haben werde. Zugleich habe er aber auch gesehen, dass für die durch Ziel 2-4 ermöglichten Entwicklungen kein zusätzlicher Bedarf in Allgemeinen Siedlungsbereichen (ASB) oder Gewerbe- und Industriebereichen (GIB) vorgehalten werden müsse. Unter Bezugnahme auf den Umweltbericht habe der Plangeber auch in seinen Erwiderungen auf die Stellungnahmen der institutionellen Beteiligten mehrfach betont, dass ihm die Auswirkungen des Ziels 2-4 auf die Flächeninanspruchnahme bewusst seien, gleichzeitig aber zum Ausdruck gebracht, dass der Umfang der potentiellen Inanspruchnahme in mehrfacher Hinsicht begrenzt sei. Letztlich habe die bedarfsgerechte Siedlungsentwicklung auch in kleineren Ortsteilen, die Weiterentwicklung kleinerer Ortsteile zu Allgemeinen Siedlungsbereichen (ASB) und der langfristig wirtschaftliche Betrieb der öffentlichen Infrastruktur in der Abwägung überwogen. Auch die sog. Nullvariante sei geprüft worden, aber als Alternative nicht in Betracht gekommen.
215Bei der ersatzlos gestrichenen Ziffer 6.1-2 handele es sich nicht um ein Ziel, sondern nur um einen Grundsatz der Raumordnung i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 3 ROG. Eine abschließende Abwägung sei nicht erforderlich. Die vom Antragsteller gerügten politischen Erwägungen seien auch hier lediglich Anlass, nicht Begründung der Änderung, wie sich aus der Änderungssynopse ausdrücklich ergebe. Dem Umweltbericht und der Synopse zu den Stellungnahmen der institutionellen Beteiligten sei vielmehr zu entnehmen, dass dem Plangeber die möglichen Auswirkungen der Streichung auf das Schutzgut „Fläche“ bewusst gewesen seien, er der Schaffung bezahlbaren Wohnraums aber ein höheres Gewicht beigemessen habe. Dies sei zulässig, erst recht vor dem Hintergrund, dass die Streichung des Grundsatzes letztlich kaum Konsequenzen habe. Anders als der Antragsteller meine, führe die Streichung des Grundsatzes 6.1-2 nicht dazu, dass die Vorgaben des § 2 Abs. 2 Nr. 6 Satz 3 ROG nicht mehr eingehalten würden. Zwar sei richtig, dass § 2 Abs. 2 Nr. 6 Satz 3 ROG vorsehe, die erstmalige Inanspruchnahme von Freiflächen für Siedlungs- und Verkehrsflächen zu verringern. Quantifizierte Vorgaben zur Verringerung der Flächeninanspruchnahme, wie der Grundsatz 6.1-2 sie enthalten habe, nenne die Vorschrift aber nur als eines unter mehreren möglichen Instrumenten. Der Plangeber könne sich genauso gut auf andere Mittel, z. B. auf eine vorrangige Ausschöpfung der Potentiale für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, stützen. Entscheidend sei allein, dass die Vorgabe des § 2 Abs. 2 Nr. 6 Satz 3 ROG eingehalten werde. Dies sei insbesondere aufgrund der im LEP NRW enthaltenen Ziele bzw. Grundsätze 6.1-1, 6.1-6 und 6.1-8 der Fall, wie auch in der Synopse der geplanten Änderungen ausgeführt werde. Auch auf das Siedlungsmonitoring, das seit dem Jahr 2010 im LEP NRW verankert und im Übrigen auch gesetzlich vorgesehen sei, habe die Streichung des Grundsatzes 6.1-2 keinen Einfluss, worauf der Umweltbericht - ebenso wie auf die Verpflichtung der Kommunen, sich bei der Bauleitplanung mit der Verringerung der zusätzlichen Flächeninanspruchnahme auseinanderzusetzen - auch hinweise.
216Auch für die Änderung des Ziels 6.4-2 seien der Sachverhalt und die Konsequenzen ordnungsgemäß ermittelt und die Vor- und Nachteile hinreichend abgewogen worden. Der Plangeber habe herausgearbeitet, wie viele ehemalige LEP-VI-Flächen in den vergangenen Jahrzehnten in Anspruch genommen worden seien und wie hoch der Flächenbedarf für Großvorhaben üblicherweise sei. Wie in der Synopse der geplanten Änderungen ausgeführt, sei nur eine einzige ehemalige LEP-VI-Fläche, nämlich in V. B., genutzt worden. Dass aufgrund der Änderung des Ziels 6.4-2 nun inflationär Flächen für Großvorhaben in Anspruch genommen würden, sei angesichts der „Historie“ nicht zu erwarten, zumal in Ziel 6.4-1 nur vier Standorte für landesbedeutsame flächenintensive Großvorhaben vorgesehen seien. Darüber hinaus habe der Antragsgegner bei seiner Abwägung eine im Auftrag von „W.“ durchgeführte Untersuchung berücksichtigt, aus der sich ergebe, dass von den 75 in Deutschland und in sechs Nachbarländern seit 2009 vorgefundenen Investitionsvorhaben von über 12 ha die ganz überwiegende Mehrheit weniger als 50 ha aufgewiesen habe. Siedlungsmonitoring zeige für einzelne Regionen sogar, dass die meisten Flächeninanspruchnahmen in Gewerbe- und Industriegebieten unter 10 ha lägen. Dies zeige, dass die Vorgabe des Mindestflächenbedarfs von 50 ha eine wirksame Abgrenzung landesbedeutsamer flächenintensiver Großvorhaben von kommunalen und regional bedeutsamen Gewerbegebieten gewährleiste. Dies werde in den Erläuterungen, der Synopse der Änderungen, der Synopse der Stellungnahmen der institutionellen Beteiligten und der Synopse der Stellungnahmen der Bürgerinnen und Bürger deutlich. Ausweislich des Umweltberichts sei dem Antragsgegner auch bewusst gewesen, dass die Änderung zu einer zügigeren Inanspruchnahme der vier Standorte für landesbedeutsame flächenintensive Großvorhaben führen könne. Die Konfliktpotentiale der grundsätzlichen Bereitstellung dieser Flächen seien schon im Umweltbericht 2013 abgewogen worden. Räumlich-konkrete Auswirkungen einer möglicherweise frühzeitigeren Inanspruchnahme seien nicht zu prognostizieren.
217Die Änderung des Ziels 6.6-2 sei logische Folge der Änderung des Ziels 2-3. Die Auswirkungen dieser Folgeänderung habe der Plangeber erwogen, wie sich insbesondere aus dem Umweltbericht und der Synopse der Stellungnahmen der institutionellen Beteiligten ergebe. In die Abwägung habe er insbesondere eingestellt, dass durch die Änderung vorhandene Strukturen effizienter genutzt werden könnten. Die geänderten Ziele 2-3 und 6.6-2 stellten so sicher, dass es für die genannten Einrichtungen keine neuen isolierten Freiraumstandorte geben werde. Dass der Plangeber nicht nur die Belange des Siedlungsraums, sondern auch den Schutz des Freiraums im Blick gehabt habe, zeige sich auch in seinen Erwiderungen auf die Stellungnahmen derjenigen institutionellen Beteiligten, die vorgeschlagen hätten, das Ziel 6.6-2 großzügiger zu fassen und für neue Standorte mehr Spielraum einzuräumen bzw. das Ziel zu einem Grundsatz abzuschwächen.
218Die Änderung des Ziels 7.2-2 sei hinreichend abgewogen und verstoße nicht gegen höherrangiges Recht. Sie führe zu keiner materiellen Verschlechterung für die Naturschutzwürdigkeit des Truppenübungsplatzes F.. Eine Ausweisung als Nationalpark sei weiterhin möglich. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass diejenigen Flächen des Truppenübungsplatzes, die naturschutzwürdig seien, ohnehin schon besonderen Schutz genössen, weil sie als FFH- oder Vogelschutzgebiete gesichert seien (§ 32 Abs. 1 BNatSchG). Diesen Schutz habe der Plangeber auf S. 96 des LEP NRW ausdrücklich berücksichtigt. Auch auf die mit den Jahren gewachsene bewährte infrastrukturelle Abstimmung zwischen Behörden, Eigentümern und Nutzern, die notwendig sei, um die Schutzqualität zu sichern, habe die Änderung keinen Einfluss. Auf diese Umstände habe der Plangeber im Umweltbericht sowie in zahlreichen Stellungnahmen im Beteiligungsverfahren hingewiesen. Im Übrigen sei auf die Ausführungen auf S. 96 des LEP NRW zu verweisen, die darlegten, dass eine weitere Folgenermittlung und -abwägung den nachfolgenden Planungsebenen vorbehalten sei.
219Die Änderungen der Ziele und Grundsätze betreffend den Ausbau der Windenergie seien nicht zu beanstanden. Sie beruhten sämtlich auf einem sachgerechten Abwägungsvorgang, der alle maßgeblichen Belange einschließlich des Klimawandels berücksichtigt habe. Daraus, dass Aussagen des Koalitionsvertrags Anlass der Änderungen gewesen seien, ergebe sich nichts anderes. Aus Seite 2 der Begründung zur Änderung des LEP NRW ergebe sich, dass Hintergrund der Neufassungen die Energiewende sei. Die Akzeptanz der Bevölkerung für die Windenergie habe erhalten werden sollen, Vorbehalte hätten ausgeräumt und kommunale Entscheidungsspielräume gestärkt werden sollen. Das vom Antragsteller angeführte Urteil des OVG NRW vom 20. Januar 2020 - 2 D 100/17.NE - stehe einer Rechtmäßigkeit der die Windkraftnutzung betreffenden Änderungen des LEP NRW nicht entgegen, denn diese seien nicht Gegenstand der Entscheidung gewesen. Der Zweite Senat des Oberverwaltungsgerichts habe sich mit den Änderungen nicht detailliert beschäftigt. Die in der Bevölkerung immer noch bestehenden Vorbehalte würden durch etwa 750 Stellungnahmen im Beteiligungsverfahren belegt. Genau diesen Einwendungen habe der Plangeber Rechnung tragen wollen. Darüber hinaus habe nicht einseitig Windkraft gefördert werden sollen, sondern ein „breiterer Mix“ unterschiedlicher erneuerbarer Energien. Die Änderung des Ziels 10.2-2 und seine Änderung in einen Grundsatz sowie die Streichung des Grundsatzes 10.2-3 dienten der Stärkung der kommunalen Planungshoheit und ermöglichten eine stärkere Berücksichtigung der lokalen Bedürfnisse. Zudem diene diese Überantwortung auf die kommunale Ebene der Beschleunigung des Ausbaus der Windenergie. Denn durch den Verzicht auf die raumordnerischen Festlegungen für die Windenergienutzung falle nun eine Planungsebene und damit ein erheblicher Abstimmungsbedarf der Kommunen mit den Regionalplanungsbehörden weg. Kommunen erhielten die Möglichkeit, allein gestaltend tätig zu werden, was eine effizientere und mehr an den örtlichen Gegebenheiten ausgerichtete Planung des Ausbaus der Windenergie erwarten lasse. Die Belange des Klimaschutzes hätten im Rahmen der Abwägung ausreichend Berücksichtigung gefunden. Der Plangeber habe mehrfach betont, dass den Klima- und Ausbauzielen der erneuerbaren Energien durch die Änderung kein Riegel vorgeschoben, sondern durch die Förderung der Akzeptanz der Windkraft gerade sichergestellt werden solle, dass der Ausbau auf der kommunalen Planungsebene nicht auf Gegenwehr stoße. Dafür sei auch Voraussetzung, die alleinige Konzentration auf den Neubau von Windenergieanlagen zu relativieren. Nach der Auffassung des Plangebers könnten die Belange des Anwohner-, Arten-, Landschafts- und Naturschutzes ebenso wie des Klimaschutzes im Rahmen eines Ausgleichs am besten zur Geltung kommen, wenn eine Neuausrichtung der erneuerbaren Energien stattfinde. Der Schwerpunkt in der Windenergie solle auf dem Repowering liegen. Darüber hinaus solle ein breiterer Mix unterschiedlicher erneuerbarer Energien zum Einsatz kommen. Im Übrigen sei der Klimaschutz ein „Querschnittsthema“, das den gesamten LEP NRW durchziehe. Besonders komme dies auf Seite 10 des LEP NRW zum Ausdruck, wo ausdrücklich Ausführungen zum Klimaschutz und zum Klimaschutzplan gemacht würden. Soweit der Antragsteller sich gegen die Anpassung des Ziels 7.3-1 wende, sei daran zu erinnern, dass die Aufhebung der Privilegierung von Waldgebieten für den Ausbau von Windenergieanlagen solche Anlagen im Wald nicht kategorisch ausschließe, was in den Erläuterungen auch ausdrücklich betont werde. Ausnahmeregelungen blieben unter den in der Neuregelung genannten Voraussetzungen möglich. Durch die Änderung solle aber, wie in der Zusammenfassenden Erklärung ausgeführt, dem Schutz des Waldes Rechnung getragen werden, indem zunächst Offenlandflächen in Anspruch genommen würden. Mit seiner Kritik verkenne der Antragsteller, dass der Schutz des Waldes und der Biotopverbunde im Kampf gegen die Erderwärmung neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien ebenfalls eine herausragende Bedeutung habe. Die vom Antragsteller gerügte Abstandsregelung in Ziffer 10.2-3 sei lediglich als Grundsatz der Raumordnung ausgestaltet. Bei Vorliegen besonders gewichtiger Gründe könne diese Planaussage also auf den nachgeordneten Planungsebenen im Wege der Abwägung überwunden werden. In den Materialien heiße es daher, die Abstandsvorgabe sei einzuhalten, soweit die örtlichen Verhältnisse dies ermöglichten. Die Abstandsregelung nehme Rücksicht auf die Gesichtspunkte der Lärm- und Lichtbeeinträchtigung, der Bedrängungs- und Schattenwirkung und der räumlichen Entwicklungs- und Gestaltungsmöglichkeit der Kommunen. Sie gelte vor dem Hintergrund, dass der Windenergie auf der Ebene der kommunalen Planung im Außenbereich aufgrund von § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB in Relation zu den örtlichen Verhältnissen substanzieller Raum zu verschaffen sei. Die Auffassung des Antragstellers, dass nach den Änderungen des LEP NRW kein substantieller Raum mehr für den Ausbau der Windkraft verbleibe, sei daher nicht richtig. Auch die vom Antragsteller angeführte Statistik zum Ausbau der Windenergie führe nicht weiter. Sie enthalte zu NRW und der hiesigen weiteren Entwicklung keine Angaben. Nach einem „Factsheet“ des „Bundesverbands WindEnergie“ zum Windenergieausbau an Land habe NRW bundesweit den größten Anteil an Zubau des Jahres 2020 gehabt.
220Auch die Änderung der Ziele 8.1-6 und 8.1-7 betreffend die Landesbedeutsamkeit der bisher nur als regional bedeutsam eingestuften Flughäfen sei nicht zu beanstanden. Der Antragsteller verkenne, dass diese Flughäfen schon bisher in den internationalen Flugverkehr eingebunden gewesen seien. Mit der Bezeichnung als landesbedeutsam sei zudem keine Änderung der Flächenfestlegungen verbunden. Über die tatsächlichen Entwicklungen auf diesen Flughäfen bestehe, wie in der Zusammenfassenden Erklärung nach § 10 Abs. 3 ROG angegeben, keine Gewissheit. Auf Landesebene erfolge keine weitergehende räumliche Konkretisierung. Daher seien auch keine räumlich konkreten Auswirkungen auf einzelne Umweltschutzgüter zu benennen. Es gälten die Grundsätze der planerischen Zurückhaltung und der ebenenspezifischen Betrachtung. Vor einer etwaigen Ausweitung eines der Flughäfen habe die nachgeordnete Planungsebene die Umweltbelange zu ermitteln und zu bewerten. Von einem Abwägungsdefizit oder einem Abwägungsausfall auf der Landesebene könne keine Rede sein. Mit den bereits auf dieser Ebene erkennbaren Auswirkungen habe der Plangeber sich auseinandergesetzt. Der Vorwurf, es seien lediglich politische Zielvorgaben umgesetzt worden, treffe nicht zu.
221Die in Ziffer 9.2-1 getroffene Änderung sei schon kein tauglicher Angriffspunkt einer Normenkontrolle. Wenn den Trägern der Regionalplanung nunmehr freigestellt werde, ob sie die Bereiche für die Sicherung und den Abbau oberflächennaher Bodenschätze für nichtenergetische Rohstoffe (BSAB) als Vorranggebiete oder als Vorranggebiete mit der Wirkung von Eignungsgebieten festsetzten, werde ihnen lediglich eine Wahlmöglichkeit eingeräumt. Dies sei mit einer Rechtskontrolle nicht angreifbar, denn es bestehe keine Verpflichtung des Plangebers, bestimmte Gebiete zwingend vorzugeben. Eine Zweckmäßigkeitskontrolle finde nicht statt. Insoweit gelte der Grundsatz der planerischen Gestaltungsfreiheit und der Ausgestaltung der Planung als final determiniertes, methodisches Lenkungsmittel zukünftigen Geschehens. Dem Plangeber stehe es frei, den nächsten Planungsebenen Vorgaben zu machen und diese auch zu ändern. Im Übrigen sei die Änderung auch genügend abgewogen worden. Zielkern der Regelung 9.2-1 sei die Festlegung von BSAB. Ob dies durch die Ausweisung von Vorranggebieten erfolge, die eine innergebietliche Ausschlusswirkung gegenüber anderen Funktionen oder Nutzungen entfalteten, oder ob zusätzlich eine außergebietliche Ausschlusswirkung des Rohstoffabbaus statuiert werde, sei für den Zielkern ohne Belang. In beiden Fällen finde eine Planung zur Sicherung der Rohstoffversorgung statt. Wie sich insbesondere aus der Zusammenfassenden Erklärung nach § 10 Abs. 3 ROG ergebe, habe die Einführung der Wahlmöglichkeit folgenden, im Rahmen der Entscheidungsfindung ausreichend gewürdigten Hintergrund: Mit der Festlegung von Vorranggebieten mit Eignungswirkung würden Flächen für den Rohstoffabbau gesichert und gleichzeitig werde der Rohstoffabbau im übrigen Plangebiet ausgeschlossen. Hierdurch würden neben der Sicherung der Rohstoffversorgung auch der Rohstoffabbau und damit verbundene Konflikte eingeschränkt. Dies erfordere eine schlüssige gesamträumliche Planungskonzeption. Die Festlegung eines Vorranggebiets erfordere dagegen nur eine Abwägung der im Gebiet vorhandenen Nutzungen. Eine Gesamtkonzeption für das Plangebiet sei gerade nicht erforderlich. Die Wahlmöglichkeit überlasse es den Trägern der Regionalplanung, selbst zu entscheiden, ob sie bezüglich der BSAB eine Gesamtkonzeption für ihr Plangebiet erstellen oder - weniger aufwendig - lediglich eine positive Sicherung des Rohstoffvorkommens ohne gleichzeitige negative Begrenzung des Rohstoffabbaus vornehmen wollten. Nach den Erläuterungen zu Ziel 9.2-1 komme es für die Entscheidung auf die planerische Erforderlichkeit an. Die erste Variante solle insbesondere gewählt werden, wenn sich ein Bedarf für räumliche Konzentration und hohe Nutzungskonflikte ergäben. Lägen solche Umstände nicht vor, etwa weil bestimmte Rohstoffe in Teilen von NRW nur vereinzelt vorkämen, entstünden keine großräumigen Konfliktlagen, sodass auf eine Konzentrationszonenplanung verzichtet werden könne. Dadurch, dass den nachfolgenden Planungsebenen eine anhand der jeweiligen örtlichen Gegebenheiten auszuübende Wahlmöglichkeit eingeräumt werde, würden öffentliche oder private Belange nicht eingeschränkt.
222Der Grundsatz 9.2-4 sei rechtlich nicht zu beanstanden, insbesondere sei er ordnungsgemäß abgewogen. Da nicht in allen Plangebieten der Regionalplanung Reservegebiete für alle Rohstoffgruppen umgesetzt werden könnten, seien weitere Festlegungen auf Landesebene nicht erfolgt. Mit der Einordnung als Grundsatz sei sichergestellt, dass die Rohstoffvorkommen in die planerische Abwägung der nachstehenden Planungsebenen eingebunden würden. Ein Abwägungsfehler sei schon deshalb ausgeschlossen, weil diese Planaussage durch entgegenstehende Belange im Rahmen der Abwägung überwunden werden könne. Auch die Begründung sei ausreichend. In der Erläuterung werde ausgeführt, dass dieser Grundsatz zur langfristigen Sicherung bedeutender Lagerstätten aufgestellt werde, um eine Nutzung von Rohstoffvorkommen auch für spätere Generationen offenzuhalten.
223Die Umwandlung des bisherigen Ziels zum Ausbau der Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung in einen Grundsatz der Raumordnung (Ziffer 10.1-4) sei - anders als der Antragsteller meine - nicht allein politisch begründet. Die Änderung betreffe lediglich die Bindungswirkung, nicht den Inhalt der Regelung. Darauf und nicht allein auf einen politischen Wunsch beziehe sich der im Umweltbericht enthaltene Verweis auf die Deregulierung. Auch die übrigen die Änderung der Ziffer 10.1-4 betreffenden Ausführungen im Umweltbericht seien nicht zu beanstanden. Sie zeigten, dass der Plangeber sich bei der Abwägung am Grundsatz der Ebenenspezifik orientiert habe. Alternativen einschließlich der „Nullvariante“ seien berücksichtigt worden. Die Ergebnisse des Umweltberichts und die diesbezüglichen Stellungnahmen seien gewürdigt worden.
224Mit Urteil vom 3. Mai 2022 - 11 D 109/19.NE - hat der erkennende Senat die vom Antragsteller angegriffene Verordnung bereits für unwirksam erklärt, soweit sie in Ziel 9.2-2 die Angabe „20“ durch die Angabe „25“ und in Ziel 9.2-3 Satz 1 die Angabe „10“ durch die Angabe „15“ ersetzt.
225Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners Bezug genommen.
226E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
227Der Antrag hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
228A. Der Normenkontrollantrag ist mit dem Hauptantrag zulässig.
229I. Der Normenkontrollantrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i. V. m. § 109a JustG NRW statthaft.
230Nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO entscheidet das Oberverwaltungsgericht auf Antrag über die Gültigkeit von anderen (als den in Nr. 1 genannten) im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt. § 109a JustG NRW trifft eine solche Bestimmung. Danach entscheidet das Oberverwaltungsgericht über die Gültigkeit von im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, auch soweit sie nicht in § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO genannt sind. Der Normenkontrollantrag des Antragstellers richtet sich gegen eine solche Rechtsvorschrift. Gegenstand des Antrags ist die am 5. August 2019 im Gesetz- und Verordnungsblatt bekannt gemachte Verordnung zur Änderung der Verordnung über den Landesentwicklungsplan vom 12. Juli 2019. Da die Änderungen als Rechtsverordnung beschlossen wurden, haben sie die Qualität einer unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift i. S. d. § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO unabhängig davon, ob sie Ziele oder Grundsätze der Raumordnung enthalten.
231Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Juni 2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226 = juris, Rn. 5 ff.; Bay. VGH, Urteil vom 22. Januar 2009 - 4 N 08.708 -, juris, Rn. 20.
232II. Der Antragsteller ist nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG befugt, einen Normenkontrollantrag nach § 47 Abs. 1 VwGO zu stellen, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend zu machen.
2331. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG kann eine gemäß § 3 UmwRG anerkannte Vereinigung, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG einlegen, wenn sie geltend macht, dass diese Entscheidung Rechtsvorschriften widerspricht, die für sie von Bedeutung sein können.
234Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Antragsteller ist eine gemäß § 3 UmwRG anerkannte Vereinigung. Die angegriffene Verordnung zur Änderung der Verordnung über den Landesentwicklungsplan vom 12. Juli 2019 ist eine Entscheidung i. S. d. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG. Diese Vorschrift erfasst u. a. Entscheidungen über die Annahme von Plänen i. S. d. § 2 Abs. 7 UVPG, für die entweder nach Anlage 5 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (a) oder nach landesrechtlichen Vorschriften (b) eine Pflicht zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung (SUP) bestehen kann; ausgenommen hiervon sind Pläne und Programme, über deren Annahme durch formelles Gesetz entschieden wird. Der LEP NRW ist ein Plan i. S. d. § 2 Abs. 7 UVPG. Er ist in § 13 Abs. 1 Satz 1 ROG bundesrechtlich vorgesehen und als Raumordnungsplan nach § 13 ROG gemäß Ziffer 1.5 der Anlage 5 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung SUP-pflichtig.
2352. Aus § 48 Satz 2 UVPG ergibt sich nichts anders. Die Vorschrift erklärt § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG für nicht anwendbar auf einen Raumordnungsplan nach Anlage 5 Nr. 1.5 oder 1.6, der Flächen für die Windenergienutzung oder für den Abbau von Rohstoffen ausweist. Die gegen einen solchen Plan eröffneten Rechtsschutzmöglichkeiten bestimmen sich allein nach der Verwaltungsgerichtsordnung in Verbindung mit dem Raumordnungsgesetz.
236Vgl. Erbguth, Rechtsschutz gegen Raumordnungspläne - unter besonderer Berücksichtigung des § 48 UVPG, in: DVBl. 2018, S. 897 (904); Hoppe/Beckmann/Kment, UVPG, UmwRG, 5. Aufl. 2018, § 48 UVPG, Rn. 4; Reidt/Eckart, in: Schink/Reidt/Mitschang, UVPG, 2018, § 48 Rn. 3.
237Der Gesetzgeber begründet dies damit, dass das System der Raumordnung und Bauleitplanung in der Regel mehrstufig und im Rahmen von Rechtsbehelfen „gegen Bauleitpläne sowie gegen Zulassungsentscheidungen auf Projektebene“ auch eine „Inzidentüberprüfung“ der übergeordneten Pläne möglich sei.
238Vgl. BT-Drs. 18/9526, S. 49 zu § 16 Abs. 4 Satz 2 UVPG a. F.
239Die angegriffenen Änderungen des LEP NRW unterfallen dieser Regelung nicht. Inwiefern die Regelung völker- und unionsrechtskonform ist, bedarf deshalb keiner Entscheidung.
240Vgl. bejahend unter Verweis auf die Mehrstufigkeit der Raum- und Bauleitplanung Reidt/Eckart, in: Schink/Reidt/Mitschang, UVPG, 2018, § 48 Rn. 3; verneinend mit Blick auf Art. 9 Abs. 3 der Aarhus-Konvention Erbguth, Rechtsschutz gegen Raumordnungspläne - unter besonderer Berücksichtigung des § 48 UVPG, in: DVBl. 2018, S. 897 (904 ff.).
241a) Zwar ist der LEP NRW ein Plan im Sinne der Anlage 5 Nr. 1.5 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung. Denn Nr. 1.5 erfasst Raumordnungspläne nach § 13 ROG, damit auch den landesweiten Raumordnungsplan nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ROG.
242b) Die angegriffenen Änderungen enthalten aber keine „Ausweisung von Flächen“ für die Windenergie oder den Rohstoffabbau.
243aa) Der Begriff der Ausweisung von Flächen nach § 48 Satz 2 UVPG meint die Zuordnung bestimmter Funktionen oder Nutzungen zu einem bestimmten Bereich des Planungsraums. Er umfasst insbesondere die Festlegung der in § 7 Abs. 3 ROG genannten Gebiete (Vorranggebiete, Vorbehaltsgebiete, Eignungsgebiete, Eignungsgebiete für den Meeresbereich, Vorranggebiete mit der Wirkung von Eignungsgebieten).
244Vgl. Reidt/Eckart, in: Schink/Reidt/Mitschang, UVPG, 2018, § 48 Rn. 7.
245Dagegen kann von einer „Ausweisung von Flächen“ nicht gesprochen werden, wenn der Plan lediglich abstrakte und rein textliche Festlegungen von Zielen (oder gar Grundsätzen) der Raumordnung enthält, die die Windenergie oder die Rohstoffnutzung betreffen.
246Vgl. so allerdings wohl Erbguth, Rechtsschutz gegen Raumordnungspläne - unter besonderer Berücksichtigung des § 48 UVPG, in: DVBl. 2018, S. 897 (904 und 906): „Festsetzungen zur Windenergie oder zur Rohstoffnutzung“ bzw. „Ausweisungen zur Windenergie oder Rohstoffsicherung“.
247Den konkrete Gebiets- und abstrakte Ziel- oder Grundsatzbestimmungen gleichermaßen erfassenden Begriff der „Festlegung“ im Sinne des Raumordnungsrechts (vgl. etwa §§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 Nr. 2 und 3, 7 Abs. 1, 3 und 4 sowie 13 Abs. 4 ROG) hat der Gesetzgeber gerade nicht gewählt. Auch von anderen umfassenderen Formulierungen wie etwa „Festsetzungen“, „Regelungen“, „Bestimmungen“ oder „Ausweisungen“ zu oder in Bezug auf Windenergienutzung oder Rohstoffabbau hat er abgesehen und ausdrücklich nur Pläne erfasst, die „Flächen“ für die Windenergienutzung oder für den Abbau von Rohstoffen „ausweisen“.
248Sollte er - mit Blick auf das in der Gesetzesbegründung angeführte mehrstufige System der Raumordnung - gleichwohl einen umfassenden Ausschlusstatbestand beabsichtigt haben,
249vgl. in diesem Sinne Erbguth, Rechtsschutz gegen Raumordnungspläne - unter besonderer Berücksichtigung des § 48 UVPG, in: DVBl. 2018, S. 897 (905),
250hätte dies im Wortlaut des § 48 Satz 2 UVPG jedenfalls keinen hinreichenden Niederschlag gefunden. Rechtsstaatliche Anforderungen an die Normbestimmtheit gebieten, für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift auf den in ihr zum Ausdruck kommenden objektivierten Willen des Gesetzgebers abzustellen, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt, nicht jedoch auf die subjektive Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe. Der Entstehungsgeschichte kommt für die Auslegung regelmäßig nur insofern Bedeutung zu, als sie die Richtigkeit einer nach den allgemeinen Grundsätzen ermittelten Auslegung bestätigt oder Zweifel behebt, die ansonsten nicht ausgeräumt werden können. In den Gesetzesmaterialien dokumentierte (etwaige) Vorstellungen der gesetzgebenden Instanzen können nicht mit dem objektiven Gesetzesinhalt gleichgesetzt werden.
251Vgl. BVerfG, Urteile des Zweiten Senats vom 21. Mai 1952 - 2 BvH 2/52 -, BVerfGE 1, 299 (312) = juris, Rn. 56, und vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13, BVerfGE 144, 20 (212 f.) = juris, Rn. 555, m. w. N.; VerfGH NRW, Beschluss vom 16. Juni 2020 - VerfGH 65/19-VB-3 -, juris, Rn. 13.
252An der danach gebotenen Objektivierung eines etwaigen gesetzgeberischen Willens zu einem derart weit gefassten Ausschlusstatbestand fehlt es hier.
253Dieses Begriffsverständnis lässt den Verweis in Anlage 5 Nr. 1.5 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung auf den landesweiten Raumordnungsplan nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ROG auch nicht - wie der Antragsgegner unter Verweis auf die Systematik der Raumordnung, nach der die Landesplanung ihre „Leitbildfunktion“ insbesondere durch abstrakte textliche Festlegungen von Zielen und Grundsätzen der Raumordnung, nicht aber durch konkrete Gebietsfestlegungen erfüllt, nahelegt - von vornherein leerlaufen. Eine Ausweisung von Flächen kann grundsätzlich auch in einem landesweiten Raumordnungsplan getroffen werden. Dies zeigt etwa Ziffer 7.2-2 LEP NRW, die die im LEP zeichnerisch festgelegten Gebiete für den Schutz der Natur bzw. Standorte geplanter Talsperren betrifft.
254bb) Die angegriffene Änderung des LEP NRW enthält unter Ziffer 7.3-1, 10.2-2 und 10.2-3 Bestimmungen, die den Ausbau der Windenergie betreffen, und unter Ziffer 9.2-1 bis 9.2-4 Bestimmungen, die sich auf die raumordnerische Festlegung von Flächen für den Rohstoffabbau beziehen. Eine Zuordnung der Windenergienutzung oder des Rohstoffabbaus zu einem bestimmten Bereich des Planungsraums trifft der LEP NRW damit nicht. Unter den genannten Ziffern finden sich jeweils rein textliche Bestimmungen, die einer sachlichen oder räumlichen Konkretisierung durch die Träger der Regionalplanung bedürfen.
255Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Mai 2022 - 11 D 135/20.NE -, juris, Rn. 161.
256Die als Ziel der Raumplanung gefasste Ziffer 7.3-1 Satz 2 LEP NRW verpflichtet die Regionalplanung zur Festlegung von Waldbereichen, die eine Inanspruchnahme durch entgegenstehende Nutzungen in der Regel ausschließen. Ziffer 7.3-1 Satz 3 LEP NRW erlaubt einen Eingriff in die durch die Regionalplanung geschützten Waldbereiche durch andere Nutzungen - etwa Windenergieanlagen - bei Beschränkung auf das unbedingt erforderliche Maß und soweit die Planung nicht an anderer Stelle realisierbar ist. Eine Gebietsfestlegung auf der Ebene der Landesplanung ist damit nicht verbunden. Eine Zuordnung der Windenergienutzung zu bestimmten Flächen erfolgt nicht. Entsprechende Ausweisungen können vielmehr - auch innerhalb bestehender Waldbereiche - erst aufgrund von Verhältnismäßigkeitserwägungen durch die nachgeordneten Planungsebenen erfolgen.
257Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 10. November 2022 - 4 A 16.20 -, juris, Rn. 22.
258Die als Grundsatz gefasste Ziffer 10.2-2 LEP NRW sieht die fakultative Festlegung („können … festgelegt werden“) von Vorranggebieten für die Windenergienutzung in den Regionalplänen vor. Eine Ausweisung von Flächen für die Windenergienutzung bereits auf der Ebene des LEP NRW ist auch dieser Regelung nicht zu entnehmen. Die Gebietsfestsetzung bleibt den Trägern der Regionalplanung vorbehalten. Ziffer 10.2-3 sieht einen „planerischen Vorsorgeabstand“ vor, der bei der „planerischen Steuerung von Windenergieanlagen in Regionalplänen und in kommunalen Flächennutzungsplänen“ eingehalten werden „soll“, wobei zu allgemeinen und reinen Wohngebieten ein Abstand von 1.500 Metern vorzusehen „ist“. Auch mit diesem Grundsatz hat der Plangeber ersichtlich keine Flächen für die Windenergie ausgewiesen.
259Ziffer 9.2-1 verpflichtet die Träger der Regionalplanung, Bereiche für die Sicherung und den Abbau oberflächennaher Bodenschätze für nichtenergetische Rohstoffe als Vorranggebiete oder als Vorranggebiete mit der Wirkung von Eignungsgebieten festzulegen. Welche Flächen sie entsprechend ausweisen, bleibt ihnen überlassen. Eine Zuordnung auf der Ebene der Landesplanung erfolgt nicht. Die Zielbestimmung in Ziffer 9.2-2 betrifft den Zeitraum, für den - bezogen auf die im jeweiligen regionalen Plangebiet verfügbaren Rohstoffarten - eine bedarfsgerechte Versorgung zu gewährleisten ist. Ziffer 9.2-3 regelt in Form einer Zielbestimmung die Fortschreibung der Bereiche für die Sicherung und den Abbau oberflächennaher Bodenschätze für nichtenergetische Rohstoffe. Beide Regelungen haben räumliche Konsequenzen zumindest im Hinblick auf diejenigen Bereiche, in denen (in den Regionalplänen) bereits BSAB festgesetzt sind,
260vgl. dazu: OVG NRW, Urteil vom 3. Mai 2022 ‑ 11 D 135/20.NE -, juris, Rn. 161.
261Sie enthalten aber keine (originären) räumlichen Zuordnungen auf der Ebene der Landesplanung. Nach dem Grundsatz in Ziffer 9.2-4 sollen für die langfristige Rohstoffversorgung Reservegebiete in die Erläuterungen zum Regionalplan aufgenommen werden. Auch damit ist keine Ausweisung von Flächen durch den LEP NRW verbunden.
262III. Der Antragsteller ist mit seinen Einwendungen nicht gemäß § 9 Abs. 2 Satz 4 ROG präkludiert. Dass er seine Stellungnahmen erst nach Ablauf der in § 9 Abs. 2 Satz 3 ROG geregelten Auslegungsfrist abgegeben hätte, macht auch der Antragsgegner nicht geltend.
263IV. Der Normenkontrollantrag ist fristgerecht gestellt worden. Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist der Antrag innerhalb eines Jahres nach der Bekanntmachung der Änderung der Rechtsvorschrift zu stellen. Die Änderung des LEP NRW ist im Gesetz- und Verordnungsblatt, Ausgabe 2019 Nr. 17 vom 5. August 2019 (erneut) bekannt gemacht worden und am Tag nach der Verkündung, also am 6. August 2019, in Kraft getreten. Der am 23. Juli 2020 gestellte Normenkontrollantrag des Antragstellers wahrt diese Jahresfrist.
264V. Dem Antragsteller fehlt unabhängig vom Stand des Verfahrens für die dritte Änderung des LEP NRW nicht das Rechtsschutzbedürfnis für den vorliegenden Normenkontrollantrag.
265Das Erfordernis eines allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses soll verhindern, dass ein Gericht mit einem nutzlosen Anliegen befasst wird. Das lässt sich aus dem auch im Prozessrecht geltenden Gebot von Treu und Glauben, dem Verbot des Missbrauchs prozessualer Rechte und dem gleichfalls für die Gerichte geltenden Grundsatz der Effizienz staatlichen Handelns ableiten. Insoweit ist das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis eine für alle der Verwaltungsgerichtsordnung unterliegenden Verfahren einheitliche, ungeschriebene Zulässigkeitsvoraussetzung. Bei Normenkontrollanträgen gilt es gleichermaßen für natürliche und juristische Personen wie für einen anerkannten Umweltverband. Das folgt bereits aus § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 UmwRG, wonach eine Umweltvereinigung (nur) „Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung“ einlegen kann.
266Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Januar 2023 - 4 CN 8.21 -, juris, Rn. 9, m. w. N.
267An das Rechtsschutzbedürfnis für Normenkontrollanträge von Umweltverbänden sind indes keine hohen Anforderungen zu stellen. Es ist bei einer nach § 2 Abs. 1 UmwRG bestehenden Antragsbefugnis grundsätzlich gegeben. Anders als bei einem Antrag eines Antragstellers nach § 47 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 VwGO, der eine Rechtsverletzung geltend machen muss, entfällt es nicht ausnahmsweise dann, wenn der angegriffene Plan bereits vollständig vollzogen ist und die Rechtsstellung des Antragstellers durch einen erfolgreichen Angriff auf den Plan nicht mehr aktuell verbessert werden kann. Den Umweltverbänden wird (auch) im deutschen Recht - in Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben - eine besondere Rolle eingeräumt. Sie können, auch ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen Entscheidungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG einlegen, wenn die in § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 UmwRG genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Damit bedarf es für die Einleitung eines Normenkontrollverfahrens nach § 47 Abs. 1 VwGO keiner Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Daran anknüpfend ist es nicht gerechtfertigt, für das Rechtsschutzbedürfnis eines Umweltverbandes maßgeblich darauf abzustellen, ob sich durch den Erfolg im Normenkontrollverfahren „seine Rechtsstellung verbessert“. Denn der Umweltverband wird nicht im eigenen Interesse, sondern altruistisch zur Förderung der Ziele des Umweltschutzes tätig. Es geht mithin nicht um seine „Rechtsstellung“, die er durch einen Normenkontrollantrag verbessern möchte, sondern darum, ob der Umweltverband noch Verbesserungen zum Schutz der Umwelt erreichen kann. Dies ist auch dann grundsätzlich zu bejahen, wenn der angefochtene Plan bereits vollständig umgesetzt wurde oder bereits Gegenstand eines erneuten Änderungsverfahrens ist. Denn sollte der Normenkontrollantrag erfolgreich sein, besteht die Möglichkeit, durch das Normenkontrollverfahren gewonnene Erkenntnisse für eine etwaige oder bereits begonnene Neuplanung fruchtbar zu machen. Eine solche Neuplanung kann zu einer Verbesserung des Umweltschutzes beitragen, weil nicht ausgeschlossen ist, dass sich der Plangeber bei Unwirksamkeit des Plans für eine für die Umwelt günstigere Planung entscheidet.
268Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Januar 2023 - 4 CN 8.21 -, juris, Rn. 12 f., m. w. N. zu einem Normenkontrollantrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO betreffend einen bereits umgesetzten Bebauungsplan.
269B. Der Normenkontrollantrag ist mit dem Hauptantrag im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
270I. Die nach den §§ 11 Abs. 5 ROG, 15 Satz 2 LPlG NRW bestehenden Rügeobliegenheiten hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 5. August 2018 gewahrt.
271II. Die Verordnung zur Änderung des LEP NRW ist nicht nach den §§ 9 Abs. 2 Satz 2 ROG, 13 Satz 1 LPlG NRW verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Die Rüge des Antragstellers, dass neben dem Planentwurf mit Begründung und dem Umweltbericht keine weiteren Unterlagen ausgelegt worden seien, verfängt nicht. Nach den §§ 9 Abs. 2 Satz 2 ROG, 13 Satz 1 LPlG NRW sind neben dem Planentwurf, dessen Begründung und - im Falle einer Umweltprüfung - dem Umweltbericht weitere nach Einschätzung der für den Raumordnungsplan zuständigen Stelle zweckdienliche Unterlagen auszulegen. Die Entscheidung über die Zweckdienlichkeit ist ausdrücklich der Einschätzung der Planungsbehörde überlassen. Bei der Einschätzung kommt der Behörde ein Spielraum zu. Die behördliche Entscheidung unterliegt keiner oder jedenfalls nur einer auf Beurteilungsfehler beschränkten gerichtlichen Überprüfung.
272Vgl. OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 23. Mai 2019 ‑ OVG 2 A 4.19 -, juris, Rn. 61; Schubert, in: Kment, Raumordnungsgesetz, 2019, § 9 Rn. 55; Runkel, in: Spannowsky/Runkel/Goppel: ROG 2. Aufl. 2018, § 9 Rn. 33.
273Die Frage bedarf hier keiner Entscheidung. Für Beurteilungsfehler der Planungsbehörde (bereits) bei der Entscheidung über die auszulegenden Unterlagen - etwa für eine fehlerhafte Sachverhaltsermittlung oder sachwidrige Erwägungen - ist nichts ersichtlich.
274Dass Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2001/42/EG vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme, der verlangt, Behörden und der Öffentlichkeit innerhalb ausreichend bemessener Fristen frühzeitig und effektiv Gelegenheit zu geben,“ zum Entwurf des Plans oder Programms sowie zum begleitenden Umweltbericht Stellung zu nehmen“, weitergehende Anforderungen stellte, ist entgegen den Ausführungen des Antragstellers nicht ersichtlich.
275Auch aus den §§ 19, 42 UVPG ergibt sich nichts anderes. § 42 Abs. 1 UVPG ordnet die entsprechende Anwendung u. a. des die Unterrichtung der Öffentlichkeit betreffenden § 19 UVPG nur an, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt wird. § 42 Abs. 2 Satz 2 UVPG trifft eine andere Bestimmung. Danach sind neben dem Entwurf des Plans oder Programms und dem Umweltbericht nur solche weiteren Unterlagen auszulegen, deren Einbeziehung die zuständige Behörde für zweckmäßig hält. Eine Zweckmäßigkeitskontrolle ist nicht Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Prüfung.
276III. Der Umweltbericht ist ordnungsgemäß aufgestellt worden.
277Die Kennzeichnung als „Entwurf“ ist unschädlich. Das Dokument ist nach § 9 Abs. 2 Sätze 1 und 2 ROG ausgelegt worden. Dabei war eindeutig erkennbar, dass es vom Plangeber stammt und mit dessen Wissen und Wollen für das Planänderungsverfahren endgültig Geltung beansprucht.
278Der Umweltbericht genügt auch den formellen Anforderungen des § 8 Abs. 1 ROG. Welche Angaben der Umweltbericht danach enthalten muss, ist - in Umsetzung von Art. 5 und Anhang I der Richtlinie 2001/42/EG - im Anhang 1 geregelt, wobei, wie auch in Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie vorgesehen, nur die Angaben zu verlangen sind, die vernünftigerweise zu erwarten sind.
279Vgl. Spannowsky, in: Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG Kommentar, 2. Auflage 2018, § 8 Rn. 62.
280Der Umweltbericht ist von der nach den §§ 8 Abs. 1 Satz 1 ROG, 3 Nr. 1 LPlG NRW zuständigen Stelle, der Landesplanungsbehörde, erstellt worden. Der Untersuchungsrahmen wurde gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 ROG festgelegt (S. 7 ff.). Die inhaltlichen Anforderungen nach § 8 Abs. 1 ROG i. V. m. Anlage 1 sind erfüllt. Der Umweltbericht enthält in formeller Hinsicht die für die Änderung vernünftigerweise zu erwartenden Angaben, insbesondere eine Einleitung mit den nach Nr. 1 der Anlage 1 vorgesehenen Inhalten (Kurzdarstellung des Inhalts und der wichtigsten Ziele der geplanten Änderung, S. 6; Darstellung der in den einschlägigen Gesetzen und Plänen festgelegten Ziele des Umweltschutzes, die für den Raumordnungsplan von Bedeutung sind, und der Art, wie diese Ziele und die Umweltbelange bei der Aufstellung berücksichtigt wurden, S. 4 f.), sowie eine Beschreibung und Bewertung der Umweltauswirkungen, die in der Umweltprüfung nach § 8 Abs. 1 ermittelt wurden, mit den in Nr. 2 der Anlage 1 geregelten Angaben (S. 13 ff.). Technisch-methodische Angaben i. S. d. Nr. 3 der Anlage 1 finden sich, soweit für die in Rede stehende Änderung vernünftigerweise zu erwarten, unter „Methodik“ (S. 7) und „Geplante Maßnahmen zur Überwachung der erheblichen Auswirkungen der Durchführung des Raumordnungsplans auf die Umwelt“ (S. 60) und „Allgemein verständliche Zusammenfassung“ (S. 61 f.).
281IV. Die der Änderung des LEP NRW beigefügte Begründung genügt den Anforderungen nach § 7 Abs. 5 ROG.
282Nach dieser Vorschrift ist Raumordnungsplänen eine Begründung beizufügen. Inhaltliche Anforderungen an die Begründung stellt § 7 Abs. 5 ROG nicht auf. Die Begründung soll jedoch das Verständnis und die Nachprüfbarkeit der Festlegungen ermöglichen. Diesem Zweck entsprechend sind vor allem die tragenden Gründe für die Planung anzugeben. Als Mindestinhalt sind die Angaben zu verlangen, die § 2a Satz 1 Nr. 1 BauGB für Bauleipläne vorsieht, nämlich die Ziele, Zwecke und wesentlichen Auswirkungen des Plans. Nicht ausreichend sind völlig nichtssagende Leerformeln ohne Bezug zu dem konkreten Plan oder eine bloße Planbeschreibung. Mit Blick auf das (formelle) Begründungserfordernis unbeachtlich ist es, wenn die Begründung unvollständig ist (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 ROG). Allerdings kann eine unvollständige Begründung unter dem Gesichtspunkt eines Abwägungsdefizits materiell-rechtlich Bedeutung erlangen.
283Vgl. Spannowsky, in: Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG Kommentar, 2. Auflage 2018, § 7 Rn. 93 ff.; § 11 Rn. 51; Kment, ROG Kommentar, § 7 Rn. 99; § 11 Rn. 44 ff.
284Den formellen Anforderungen des § 7 Abs. 5 ROG wird die der angegriffenen Änderung des LEP NRW beigefügte Begründung gerecht. Der Plangeber hat zwar zunächst allgemein ausgeführt, welches Ziel er mit der Änderung verfolgt, nämlich „die Raumordnung in NRW flexibler und zukunftsfähiger“ zu machen, indem die Regional- und Bauleitplanung „ausreichende Spielräume“ erhalte, die Planungssicherheit erhöht werde und die Wirtschaft „ausreichende Entwicklungsspielräume“ erhalte. Auf diese Ausführungen folgen nähere Begründungen der „wichtigsten Änderungen“. Ländliche Regionen und Ballungsräume erhielten gleichwertige Entwicklungschancen, da künftig bedarfsgerechter auch in Ortschaften mit weniger als 2.000 Einwohnern neue Wohn-, Gewerbe- und Industrieflächen dargestellt werden könnten. Die Möglichkeiten, Gewerbe- und Industrieflächen werde gerade für kleine und mittlere Unternehmen erweitert. Auch darüber hinaus werde ein am Bedarf der Wirtschaft orientiertes, differenziertes Flächenangebot geschaffen. Die Sicherung auch großer Flächen als Gewerbe- und Industriestandorte bleibe möglich. Für die planerische Aufgabe der Energiewende sei Akzeptanz erforderlich, jedoch stoße der Ausbau der Windenergie in weiten Teilen des Landes inzwischen auf Vorbehalte in der Bevölkerung. Mit den nun vorgenommenen Änderungen solle die Akzeptanz für die Nutzung der Windenergie erhalten und sollten kommunale Entscheidungsspielräume gestärkt werden. Damit hat der Plangeber die aus seiner Sicht tragenden Gründe für die vorgenommenen Änderungen dargelegt und deren Zwecke, Ziele und - soweit ermittelt und erwogen, was eine Frage der Abwägung in materieller Hinsicht ist - wesentlichen Auswirkungen genannt.
285V. Die beanstandeten Planänderungen erweisen sich allerdings mit Ausnahme der Ziffern 6.4-2 und 9.2-1 als rechtswidrig und unwirksam.
286Die Planänderungen in den Ziffern 2-3 und 2-4 (dazu 2. a) aa)), 6.6-2 (dazu 2. a) bb)), 6.1-2 (dazu 2. a) cc)) 7.2-2 (dazu 2. b)), 7.3-1 (dazu 2. c) aa), 10.2-2 und 10.2-3 (dazu 2. c) bb)), 10.1-4 (dazu 2. d)), 8.1-6 und 8.1-7 (dazu 2. e)), sowie 9.2-4 (dazu 2. f)) verstoßen gegen das nach § 7 Abs. 7 ROG auch für Änderungen von Raumordnungsplänen geltende in § 7 Abs. 2 Satz 1 ROG normierte Abwägungsgebot. Die Abwägungsmängel sind jeweils erheblich (dazu 2. g)). Nicht zu beanstanden sind dagegen die Planänderungen in den Ziffern 6.4-2 (dazu 3. a)) und 9.2-1 (dazu 3. b)). Sie haben jeweils unabhängig von den unwirksamen Regelungen Bestand (dazu 3. c)).
287Die weiteren in der Verordnung vom 5. August 2019 enthaltenen Änderungen (5-4, 8.2-7, 10.2-1 und 10.2-5) hat der Antragsteller nicht im Einzelnen angegriffen. Insoweit ist der erkennende Senat ungeachtet des Gebots, im Normenkontrollverfahren das eigentliche Rechtschutzbegehren des Antragstellers nicht aus den Augen zu verlieren, nicht gehalten, sich gleichsam ungefragt auf Fehlersuche zu begeben.
288Vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 17. September 2013 - 4 BN 40.13 -, juris, Rn. 12, m. w. N.
2891. Nach § 7 Abs. 2 Satz 1, Abs. 7 ROG sind bei der Aufstellung der Raumordnungspläne die öffentlichen und privaten Belange, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind, gegeneinander und untereinander abzuwägen. In der Abwägung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 ROG sind nach dessen Satz 2 das Ergebnis der Umweltprüfung nach § 8 ROG sowie die Stellungnahmen im Beteiligungsverfahren nach § 9 ROG zu berücksichtigen. Nach § 7 Abs. 7 ROG gelten die Vorschriften über die Aufstellung von Raumordnungsplänen auch für die Änderung, Ergänzung und Aufhebung.
290a) Das Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattfindet oder in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss.
291Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Mai 2015 - 4 CN 4.14 -, NVwZ 2015, 1537 (1538) = juris, Rn. 14; OVG NRW, Urteil vom 3. Mai 2022 - 11 D 135/20.NE -, juris, Rn. 177.
292In die Abwägung sind alle öffentlichen und privaten Belange einzustellen, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind. Abwägungsrelevant sind alle Belange, die mehr als geringwertig, schutzwürdig, nicht mit einem Makel behaftet und für den Planer erkennbar sind. Aus den Aufgaben der Raumordnung als einer zusammenfassenden, übergeordneten Planung, ihrer weiträumigen Sichtweise und ihrem Rahmencharakter ergibt sich die Befugnis des Planungsträgers zur Typisierung. Das Abwägungsmaterial braucht mithin nicht so kleinteilig zusammengestellt zu werden wie auf den nachgeordneten Planungsebenen, es sei denn, kleinteilige private Belange wären dann auch auf der nachfolgenden Planungs- oder Zulassungsebene nicht mehr zu prüfen
293Vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Februar 2016 ‑ 4 BN 37.15 -, BauR 2016, 1004 (1005 f.) = juris, Rn. 9, m. w. N.; OVG NRW, Urteil vom 3. Mai 2022 - 11 D 135/20.NE -, juris, Rn. 179.
294Bei der planerischen Abwägung wird zwischen drei Phasen, nämlich der Ermittlung der Belange, deren Gewichtung und Bewertung und der Ausgleichsentscheidung im Verhältnis der Belange zueinander, also ihrer Relation, unterschieden. Dieses Mehrphasenmodell der Abwägung hat nicht nur Bedeutung für die Kontrollperspektive, sondern folgt auch der gedanklichen Struktur planerischer Entscheidungen: Nur ein Belang, der in seiner konkreten Bedeutung ermittelt worden ist, kann mit dem ihm zukommenden Gewicht in die nachfolgende Abwägungsentscheidung eingestellt werden; nur bei Einstellung aller Belange in die Abwägung mit dem ihnen jeweils objektiv zukommenden Gewicht ist eine „richtige“ Planungsentscheidung, d. h. eine Entscheidung gewährleistet, bei der die von der Planung berührten Belange so zu einander ins Verhältnis gesetzt worden sind, dass dem Gewicht der einzelnen Belange auch entsprochen wird und die Entscheidung dem Rechnung trägt. Gedanklich geht es in den verschiedenen Phasen der Abwägung darum, über den Vorgang der Informationsgewinnung und der Informationsverarbeitung eine Ausgleichsentscheidung zwischen verschiedenen Belangen zu treffen, wobei diese entsprechend ihrer objektiven Gewichtigkeit proportional sein muss. Dabei kommt der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials als Phase der Informationsbewertung dieser Belange eine Gelenkfunktion zur eigentlichen Abwägung zu: Die Einstellung der Belange ist gewissermaßen das „Nadelöhr“, durch das die Belange Eingang in den Vorgang der Gewichtung und letztlich der Ausgleichsentscheidung finden. Nur ermittelte und gewichtete Belange bilden die Basis für die Planungsentscheidung.
295Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Mai 2022 - 11 D 135/20.NE -, juris, Rn. 187; Schink, Planerische Abwägung bei der Festlegung von Vorranggebieten für die Rohstoffnutzung in der Raumordnung, UPR 2012, 369 = juris, S. 10 f., m. w. N.
296Die an die Abwägung im Einzelnen zu stellenden Anforderungen richten sich nach dem Regelungsgehalt der raumordnerischen Festlegung. Das Abwägungsgebot gilt sowohl für Ziele als auch für Grundsätze der Raumplanung. Allerdings sind die Anforderungen, die an die Ermittlungstiefe und die Abwägungsdichte zu stellen sind, umso höher, je konkreter und strikter die raumordnerische Festlegung ausgestaltet ist.
297Vgl. Runkel, in: Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG, Kommentar, 2. Auflage 2018, § 7 Rn. 37.
298b) Festlegungen mit Zielqualität nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG müssen abschließend abgewogen sein. Auch sie bedürfen zwar in aller Regel der weiteren Konkretisierung - etwa durch eine fachplanungsrechtliche Entscheidung -, um zu genauen Festlegungen für einzelne raumbedeutsame Maßnahmen zu gelangen. Mit ihnen trifft der Plangeber aber eine Entscheidung, die für die Abwägungs- und Ermessensentscheidungen der nachfolgenden Planungsebenen bindend sein soll. Vor diesem Hintergrund ist es im Hinblick auf das rechtsstaatliche Abwägungsgebot nicht zu beanstanden, wenn die Maßstäbe der Abwägung ebenenspezifisch bestimmt werden und dem Plangeber einer höherstufigen Planung ein größerer administrativer Gestaltungsraum eingeräumt wird.
299Vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Februar 2008 ‑ 1 BvR 2722/06 -, NVwZ 2008, 780 = juris, Rn. 57; OVG NRW, Urteil vom 3. Mai 2022 - 11 D 135/20.NE -, juris, Rn. 181; Runkel, in: Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG, Kommentar, 2. Auflage 2018, § 7 Rn. 40, 42, m. w. N.
300Die an die Abwägung zu stellenden Anforderungen werden - auch für Ziele der Raumordnung - dadurch begrenzt, dass es sich bei den Raumordnungsplänen lediglich um rahmensetzende Planungen handelt; die detailscharfe Maßnahmeplanung ist der Fachplanung vorbehalten. Abschließend abgewogen sein muss ferner nur der nachfolgende Planungsentscheidungen bindende, raumordnerische „Zielkern“, während der „Zielrahmen“ der Konkretisierung durch nachfolgende Planungsentscheidung überlassen bleibt. Die raumordnerische Abwägung ist deshalb keine „erschöpfende“ Abwägung.
301Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Mai 2022 - 11 D 135/20.NE -, juris, Rn. 183; Bay. VerfGH, Urteil vom 15. Juli 2002 - Vf. 10-VII-00, 12-VII-00 -, juris, Rn. 89, m. w. N.
302Der „Zielkern“ ist von anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu beachten. Er kann nicht durch Abwägung überwunden werden. Demgegenüber unterliegt der raumordnerische Rahmen einer Zielfestlegung einer konkreten planerischen Ausgestaltung auf nachfolgenden Planungsebenen, sodass bei dieser konkreten Ausgestaltung eine abwägende Entscheidung auf der nachfolgenden Planungsebene möglich ist.
303Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Mai 2022 - 11 D 135/20.NE -, juris, Rn. 185; Schink, Planerische Abwägung bei der Festlegung von Vorranggebieten für die Rohstoffnutzung in der Raumordnung, UPR 2012, 369 = juris, S. 16.
304Für die abschließende Abwägung eines „Zielkerns“ bedarf es einer vertieften Ermittlung der öffentlichen und privaten Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind, und einer umfassenden Bewertung.
305Vgl. Runkel, in: Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG, Kommentar, 2. Auflage 2018, § 7 Rn. 39.
306c) Bei Festlegungen mit Grundsatzqualität sind die Anforderungen geringer. Eine Abwägung muss klar erkennbar sein. Sie erfolgt aber nicht abschließend. Der Plangeber kann sich darauf beschränken, die ihm selbst bekannten und im Beteiligungsverfahren vorgetragenen Belange gegeneinander und untereinander abzuwägen, ohne selbst weitergehende tatsächliche Ermittlungen oder Prognosen anzustellen.
307Vgl. Runkel, in: Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG, Kommentar, 2. Auflage 2018, § 7 Rn. 39.
308d) Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und als solches der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen. Diese beschränkt sich im Rahmen des Abwägungsgebots daher auf die Frage, ob der Plangeber die abwägungserheblichen Gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich zutreffend bestimmt hat und ob er - auf der Grundlage des derart zutreffend ermittelten Abwägungsmaterials - die aufgezeigten Grenzen der ihm obliegenden Gewichtung eingehalten hat.
309Vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 7. Juli 1978 - IV C 79.76 u.a. -, juris, Rn. 59; sowie OVG NRW, Urteil vom 17. November 2023 - 11 A 182/22 -, juris, Rn. 88 f., m. w. N.
3102. Diesen Maßstäben genügen die angefochtenen Änderungen in den Ziffern 2-3 und 2-4, 6.6-2, 6.1-2, 7.2-2, 7.3-1, 10.2-2 und 10.2-3, 10.1-4, 8.1-6 und 8.1-7, sowie 9.2-4 nicht. Die Abwägungsmängel sind auch erheblich.
311Für die Prüfung maßgeblich sind die der angegriffenen Verordnung beigefügte Begründung, die Erläuterungen der jeweiligen Ziele und Grundsätze, die zusammenfassende Erklärung nach § 10 Abs. 3 ROG und der Umweltbericht, außerdem weitere Materialien, insbesondere der Entwurf der geplanten Änderungen und die Synopse der Stellungnahmen aus dem Beteiligungsverfahren.
312a) Den geänderten Festsetzungen betreffend die Inanspruchnahme von Freiraum in den Ziffern 2-3 und 2-4, 6.6-2 und 6.1-2 liegt keine hinreichende Abwägung zugrunde.
313aa) Die angegriffenen Änderungen in den Ziffern 2-3 und 2-4 bestimmen das für die Siedlungsentwicklung geltende Regel-Ausnahme-Verhältnis, nach dem Bauflächen und Baugebiete grundsätzlich im regionalplanerisch festgelegten Siedlungsraum (Ziffer 2-3 Satz 2), abweichend unter bestimmten Voraussetzungen im regionalplanerisch festgelegten Freiraum dargestellt und festgelegt werden können, neu, indem sie die Ausnahmetatbestände erweitern (Ziffer 2-3 Sätze 3 und 4 sowie Ziffer 2-4).
314(1) Diese Regelungen haben - auch in Anbetracht ihrer Regel-Ausnahme-Struktur - Zielqualität.
315Ziele i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG sind nicht nur nach dem Wortlaut strikt formulierte landesplanerische Vorgaben, die durch zwingende Formulierungen als Mussvorschriften ausgestaltet sind. Auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, können die Merkmale einer „verbindlichen Vorgabe“ oder einer „landesplanerischen Letztentscheidung“ bzw. einer „abschließenden landesplanerischen Abwägung“ erfüllen, wenn der Plangeber neben der Regel auch die Voraussetzungen der Ausnahme mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit selbst festlegt. Dabei können auch abstrakte Kriterien genügen. Lässt sich die landesplanerisch gebilligte Reichweite der Ausnahmetatbestände durch Auslegung ermitteln, kann die für die Ziele der Raumordnung vorausgesetzte Letztverbindlichkeit bejaht werden. Für die Auslegung sind sowohl der Wortlaut als auch die vom Plangeber angeführte Begründung heranzuziehen.
316Vgl. BVerwG, Urteile vom 16. Dezember 2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = juris, Rn. 8 m. w. N., 10, und vom 10. November 2022 - 4 A 16.20 -, juris, Rn. 22; Bay. VGH, Beschluss vom 3. Januar 2013 - 1 NE 12.2151-, juris, Rn. 5.
317Diesen Anforderungen genügt das in den Ziffern 2-3 und 2-4 neu gefasste Regel-Ausnahme-System.
318In Ziffer 2-3 Satz 4 sind die Neuregelungen unter dem ersten bis fünften Spiegelstrich enthalten. Die Spiegelstriche 6 und 7 übernehmen die schon bisher geregelten Ausnahmen. Von den Neuregelungen in Ziffer 2-3 Satz 4, sind die unter dem ersten Spiegelstrich („wenn [die Bauflächen und Baugebiete] unmittelbar an den Siedlungsraum anschließen und die Festlegung des Siedlungsraums nicht auf einer deutlich erkennbaren Grenze beruht“) und unter dem fünften Spiegelstrich („wenn es sich um Tierhaltungsanlagen handelt, die nicht der Privilegierung gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB unterliegen“) geregelten Ausnahmen von der Siedlungsentwicklung innerhalb der regionalplanerisch festgelegten Siedlungsbereiche schon nach ihrem Wortlaut hinreichend verbindlich gefasst. Die unter dem zweiten, dritten und vierten Spiegelstrich aufgeführten Ausnahmetatbestände lassen mit dem Merkmal der Angemessenheit einer Erweiterung, (Nach-)Folgenutzung oder Weiterentwicklung zwar nach ihrem Wortlaut Raum für eine Abwägungsentscheidung der nachgeordneten Planungsebene. Der Plangeber hat die Kriterien dieser Abwägung in den Erläuterungen ‑ nämlich in den Absätzen 13 bis 27 - aber jeweils näher bestimmt und damit hinreichend verbindliche Vorgaben im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG getroffen.
319Entsprechendes gilt, soweit in Ziffer 2-4 Satz 1 die Formulierung „bedarfsgerechte, an die vorhandene Infrastruktur angepasste Siedlungsentwicklung“ sowie in Ziffer 2-4 Satz 2 das Merkmal der „bedarfsgerechten Entwicklung, … wenn ein hinreichend vielfältiges Infrastrukturangebot zur Grundversorgung sichergestellt ist“ einen Einschätzungs- und Abwägungsspielraum der nachgeordneten Planungsebenen eröffnen. Auch insoweit hat der Plangeber in den Absätzen 2 bis 8 der Erläuterungen zu Ziffer 2-4 sowohl das Merkmal „bedarfsgerecht“ als auch die an die Infrastruktur zu stellenden Anforderungen näher bestimmt und den nachgeordneten Planungsebenen damit hinreichend bestimmte Entscheidungskriterien vorgegeben.
320(2) Zielkern der angegriffenen Festlegungen in den Ziffern 2-3 und 2-4 LEP NRW sind die durch die Neufassungen der Sätze 3 und 4 in Ziffer 2-3 sowie die Ergänzung der Ziffer 2-4 erweiterten Ausnahmetatbestände. Diese Voraussetzungen für die Siedlungsentwicklung bzw. die Darstellung und Festsetzung von Bauflächen und Baugebieten im regionalplanerisch festgelegten Freiraum sind von den nachfolgenden Planungsträgern zu beachten und können nicht durch Abwägung überwunden werden. Sie zugrunde gelegt, verbleibt den nachgeordneten Planungsträgern - innerhalb des Zielrahmens - ein Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum, ob, in welchem Umfang und an welchen Standorten sie im regionalplanerisch festgelegten Freiraum eine Siedlungsentwicklung in bereits bestehenden Ortsteilen betreiben bzw. darüber hinaus Bauflächen und Baugebiete darstellen und festsetzen.
321(3) Der Zielkern bedurfte der Endabwägung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass er keine strikte Vorgabe zu einer von der Regel der Ziffer 2-3 Satz 2 abweichenden Festlegung von Siedlungsbereichen bzw. Bauflächen und Baugebieten im regionalplanerisch festgelegten Freiraum enthält, sondern den nachgeordneten Planungsträgern unter verbindlicher Vorgabe der Voraussetzungen (lediglich) entsprechende Möglichkeiten eröffnet. Erforderlich war demnach eine umfassende Abwägung im Sinne der Ermittlung und Bewertung der durch diese Regel-Ausnahme-Festlegungen berührten Belange. Dieser Anforderung genügt die den angegriffenen Zielkernfestlegungen der Ziffern 2-3 und 2-4 zugrundeliegende Abwägung nicht.
322Im Ergebnis hat der Plangeber der Flexibilität der Träger der Bauleitplanung, Siedlungsentwicklung auch im regionalplanerisch festgelegten Freiraum zu betreiben, den Vorrang gegenüber anderen Belangen - insbesondere dem Freiraumschutz - gegeben. Dabei fehlt es an einer hinreichenden Ermittlung und Bewertung der durch das neue Regel-Ausnahme-System eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten berührten Belange als wesentliche Grundlage der Abwägung. Vielmehr lassen die Unterlagen aus dem Planänderungsverfahren darauf schließen, dass das Verfahren in Bezug auf die Änderung der Ziffern 2-3 und 2-4 nicht ergebnisoffen geführt wurde, sondern der Plangeber aufgrund politischer Festlegungen im Koalitionsvertrag von vornherein zu den Änderungen entschlossen war und die betroffenen Belange schon deshalb nicht näher ermittelt und bewertet hat.
323In der Begründung zur Einleitung des Änderungsverfahrens heißt es, die „Umsetzung“ u. a. der Aussage des Koalitionsvertrags zu „Mehr Flexibilität bei der Flächenausweisung“ bedürfe eines „LEP-Änderungsverfahrens“ (vgl. Kabinettvorlage zur Änderung des LEP NRW, Stand: 23. Oktober 2017, S. 3). Ausweislich des Protokolls des Ausschusses für Wirtschaft, Energie und Landesplanung vom 24. Januar 2018 (APr 17/156 S. 29) erklärte der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie zu den geplanten Änderungen des LEP NRW u. a., Ziel sei es, „die Änderungen (…) auf möglichst wenige Punkte zu begrenzen, um in einem zeitlich und inhaltlich kompakten Verfahren den Landesentwicklungsplan im Sinne des Koalitionsvertrags zu ändern.“ Wie aus der Synopse der geplanten Änderungen ersichtlich sei, liege „der Schwerpunkt der vorgesehenen LEP-Änderung in der Umsetzung dieser Vereinbarung“. Im Entwurf der geplanten Änderungen des LEP NRW vom 17. April 2018 werden als „Anlass/Begründung“ der Neuregelungen in den Ziffern 2-3 und 2-4 allein Aussagen des Koalitionsvertrags genannt, nach denen ländliche Regionen und Ballungsräume wieder gleichwertige Entwicklungschancen erhalten und zu diesem Zweck die Kommunen Flexibilität und Entscheidungskompetenzen zurückerhalten sollten. Es solle ‑ so der Koalitionsvertrag ‑ ermöglicht werden, dass neue Wohngebiete und Wirtschaftsflächen auch in Orten mit weniger als 2.000 Einwohnern ausgewiesen werden könnten, und dass Tierhaltungsanlagen im Außenbereich und nicht nur in Industrie- und Gewerbegebieten errichtet werden.
324Diese Erwägungen wurden in der Synopse der Stellungnahmen der institutionellen Beteiligten aufgenommen (entsprechend wiedergegeben in Anlage 2 der zusammenfassenden Erklärung nach § 10 Abs. 3 ROG, S. 3 ff.). In der Synopse heißt es zur Änderung der Ziffer 2-3 bzw. zur neu eingefügten Ziffer 2-4 ebenfalls, mit den neuen Ausnahmen sollten die Gemeinden bei der kommunalen Bauleitplanung mehr Flexibilität und Entscheidungskompetenzen bei der Flächenausweisung erhalten. Dazu gehöre auch, dass den ländlichen Regionen wieder gleichwertige Entwicklungschancen eingeräumt und bedarfsgerecht neue Wohngebiete und Wirtschaftsflächen ausgewiesen werden könnten. Dies werde „voraussichtlich in Summe (mit) einer entsprechenden Flächeninanspruchnahme einhergehen“. Speziell in Bezug auf Tierhaltungsanlagen bestehe das ausdrückliche Ziel, die planerische Verantwortung der Städte und Gemeinden bei der Standortsuche zu stärken. Fragen der Freirauminanspruchnahme und der Vermeidung negativer Begleiterscheinungen seien auf der Ebene der Bauleitplanung zu klären. Es werde bewusst der Weg der Planung gewählt und nicht auf mögliche Zielabweichungsverfahren gesetzt, die kein vergleichbares Maß an Flexibilität herstellen könnten wie eine Zielausnahme. Mit der Regelung in Ziffer 2-4 verfolge der Plangeber das Ziel, für kleinere Ortsteile mit in der Regel weniger als 2.000 Einwohnern zusätzliche Entwicklungsspielräume zu ermöglichen. Dies werde „voraussichtlich in Summe zu einem zusätzlichen Wachstum der kleineren Ortsteile führen und dort mit einer entsprechenden Flächeninanspruchnahme einhergehen“. Der Grundsatz, dass sich die Siedlungsentwicklung innerhalb der regionalplanerisch festgelegten Siedlungsbereiche zu vollziehen habe, bleibe bestehen. Der Plangeber gehe davon aus, dass der Schutz des Freiraums und ein angemessener Interessenausgleich im jeweils konkreten Einzelfall auch mit den neuen Ausnahmen möglich seien. An der Zielsetzung der flächensparenden und bedarfsgerechten Siedlungsentwicklung werde festgehalten. In der zusammenfassenden Erklärung nach § 10 Abs. 3 ROG ist u. a. festgehalten, im Ergebnis würden die Gründe für die Planänderung als gewichtiger eingestuft als die vorgetragenen Bedenken. Die der Änderungsverordnung beigefügte Begründung fasst diese Gründe zusammen. Sie verweist auf das Ziel, die Raumordnung in NRW flexibler und zukunftsfähiger zu gestalten. Ländliche Regionen und Ballungsräume erhielten gleichwertige Entwicklungschancen, die Kommunen Flexibilität und Entscheidungskompetenzen bei der Flächenausweisung, um Ortschaften mit weniger als 2.000 Einwohnern bedarfsgerechter zu entwickeln.
325Im Umweltbericht (dazu auch die zusammenfassende Erklärung nach § 10 Abs. 3 ROG, Anlage 1, S. 2 f.) stellt der Plangeber als „Übergreifende Entwicklungstrends für das Land Nordrhein-Westfalen“ zunächst u. a. heraus, die Freirauminanspruchnahme habe in NRW von 1995 bis 2008 auf einem Niveau von durchschnittlich 15 ha pro Tag stagniert, von 2009 bis 2015 sei ein Rückgang auf durchschnittlich ca. 10 ha pro Tag zu verzeichnen gewesen. Neben der Ausdehnung der Siedlungsflächen bestünden im raumordnerisch definierten Freiraum zahlreiche weitere Nutzungsansprüche - etwa für den Abbau von Rohstoffen oder den Ausbau erneuerbarer Energien, insbesondere der Windenergie -, die zu einer baulichen und technischen Überprägung der freien Landschaft führten. Diese Entwicklung könne erhebliche Umweltauswirkungen haben. Bei einer weiter ansteigenden Intensität der Raumnutzung könnten die Struktur und das Erscheinungsbild der Kulturlandschaft weiter verändert, die Lebensräume und Lebensbedingungen der heimischen Tiere und Pflanzen gefährdet sowie Beeinträchtigungen des Bodens, des Wasserhaushalts und des lokalen Klimas hervorgerufen werden. Zu den geplanten Neuregelungen in den Ziffern 2-3 und 2-4 heißt es dann, „Anlass und Ziel der geplanten Änderung“ seien „insbesondere“ die bereits im Entwurf der geplanten Änderungen wiedergegebenen Aussagen des Koalitionsvertrags. Zur „Beschreibung und Bewertung der voraussichtlichen Umweltauswirkungen“ heißt es: Die geplante Änderung des Ziels 2-3 könne zu stärkeren Inanspruchnahmen oder der Entwicklung von Standorten im Freiraum und voraussichtlich negativen Auswirkungen auf unterschiedliche Schutzgüter der Umweltprüfung führen. „Insbesondere“ könnten das Umfeld von Ortsteilen mit weniger als 2.000 Einwohnern und von bereits im Außenbereich bestehenden Betrieben „sowie auch andere Flächen im Freiraum“ betroffen sein. Diese Flächeninanspruchnahmen stellten jedoch teilweise lediglich „Verlagerungen von ohnehin vorhandenen Planungsbedarfen“ dar, die nicht zwangsläufig mit einer größeren Flächeninanspruchnahme verbunden seien. Auch die Verlagerung von Bedarfen könne fast alle Schutzgüter der Umwelt betreffen. Eine Zersiedelung der Landschaft werde dadurch begrenzt, dass die neu geregelten Ausnahmen teilweise auf eine „angemessene“ Entwicklung beschränkt seien. Räumlich konkrete Auswirkungen auf die einzelnen Schutzgüter der Umweltprüfung ließen sich weder beschreiben noch bewerten. Zur sog. Nullvariante wird ausgeführt: Bei Beibehaltung der bisherigen Regelung müsse sich die Siedlungsentwicklung „grundsätzlich“ innerhalb der regionalplanerisch festgelegten Siedlungsbereiche vollziehen. Eine bauleitplanerische Siedlungsentwicklung außerhalb dieser Festlegungen wäre stärker eingeschränkt. Die Beibehaltung der bisherigen Regelung „kommt aus den übergeordneten Zielvorstellungen des Planungsträgers nicht als anderweitige Planungsmöglichkeit in Erwägung“. Hierzu wird auf die Ausführungen unter „Anlass und Ziel der geplanten Änderung“ - also die dort genannten Aussagen des Koalitionsvertrags - verwiesen. Andere Planungsmöglichkeiten werden nicht erwogen. Eine Beschreibung und Bewertung solcher Alternativen sei nicht möglich, weil sich räumlich konkrete Auswirkungen der geplanten Regelung auf einzelne Gebiete oder Schutzgüter nicht beschreiben ließen.
326Weder diesen Erwägungen des Plangebers noch den diesbezüglichen weiteren Unterlagen lässt sich entnehmen, dass das Abwägungsmaterial vor der Planentscheidung so ausreichend zusammengestellt worden ist, dass auf dieser Grundlage die erforderliche abschließende und gerechte Abwägung der einzustellenden Belange hätte vorgenommen werden können.
327Als ausschlaggebenden Gesichtspunkt der Änderungen in Ziffer 2-3 und 2-4 hat der Plangeber in der Synopse der Stellungnahmen der institutionellen Beteiligten jeweils seine Absicht benannt, die Flexibilität der Träger der Bauleitplanung bei der Ausweisung von Wohngebieten und Wirtschaftsflächen insbesondere in ländlichen Regionen und Ortsteilen mit i. d. R. weniger als 2.000 Einwohnern zu steigern. Dieser Gesichtspunkt, der etwa mit Blick auf die nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 Sätze 2 und 3 ROG in Ballungsräumen und ländlichen Regionen gleichermaßen zu erfüllenden Aufgaben raumplanerisch zu regeln sein mag, hätte zum Zwecke einer gerechten Abwägung mit anderen betroffenen Belangen, insbesondere dem Freiraumschutz, indes jedenfalls der weiteren Aufklärung in tatsächlicher Hinsicht bedurft.
328Aus dem vorliegenden Abwägungsmaterial ergibt sich nicht, inwiefern der Plangeber die aufgrund des neu gefassten Regel-Ausnahme-Systems „in Summe“ für möglich gehaltene Flächeninanspruchnahme mit Blick auf eine Gewichtung und Bewertung des Belangs „Freiraumschutz“ ermittelt hat. Erst recht ist nicht zu entnehmen, dass er sie in eine Abwägung eingestellt hat. Der Plangeber geht zwar davon aus, die Entwicklung einer stetig zunehmenden Inanspruchnahme von Freiraum könne erhebliche Umweltauswirkungen haben. (So im Übrigen auch eine Stellungnahme des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur und Verbraucherschutz NRW [MULNV] vom 14. Dezember 2018, das u. a. ausführt, der vorgesehene umfangreiche Ausnahmekatalog in Ziel 2-3 lasse „den allgemeinen Freiraumschutz faktisch leer laufen“. Es stehe zu erwarten, dass die erweiterten Ausnahmetatbestände zu entsprechenden Planungen auf Wald-, Biotop- und landwirtschaftlichen Flächen führen würden.) Gleichwohl ist nicht zu erkennen, dass der Plangeber versucht hätte, die Auswirkung der in den Ziffern 2-3 und 2-4 neu geschaffenen Möglichkeiten der Inanspruchnahme von Freiraum auch nur ansatzweise zu prognostizieren. So bleibt etwa offen, in welchem (ungefähren) Umfang der Plangeber durch die erweiterten Ausnahmetatbestände ermöglichte Planungen der Kommunen erwartete und ob bzw. in welchem Maße er deshalb mit einer Steigerung der angegebenen durchschnittlichen täglichen Freirauminanspruchnahme der letzten Jahre rechnete. Eine entsprechende - zumindest grobe - Prognose wäre dem Plangeber möglich gewesen, denn durch Abfragen bei den Bezirksregierungen oder Kommunen kann ermittelt werden, ob bzw. welche bereits konkretisierte(n) Vorhaben - etwa die Ausweisung von Bauland in Ortsteilen mit weniger als 2.000 Einwohnern oder die Errichtung von Tierhaltungsanlagen angrenzend an bereits bestehende Betriebe im Außenbereich - aufgrund der in der Vergangenheit engeren Grenzen für die Inanspruchnahme von Freiraum nicht realisiert werden konnten. Entsprechende Daten lagen dem Plangeber offenbar auch vor. In einem Vermerk zur Vorbereitung eines Gespräches eines Staatssekretärs des federführenden Ministeriums mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 15. Januar 2018 werden u. a. „Praxisfälle“ von „regionalplanerischen Konflikten bei kleinen Ortsteilen“ aus den Regierungsbezirken G. (z. B. Z.-L. und R., Ortsteil K.) und P. (Gemeinde D., Ortsteil E., und Gemeinde I., Ortsteile H. und X.) aufgeführt, die zum Teil „mit der neuen Ergänzung von Ziel 2-3 lösbar“ sein könnten. Dass entsprechende Informationen Eingang in eine Abwägungsentscheidung gefunden hätten, ist gleichwohl nicht erkennbar. Auf welcher tatsächlichen Grundlage der Plangeber die Entscheidung zur Änderung der Ziffern 2-3 und 2-4 getroffen hat, bleibt vielmehr offen.
329Auch eine Abwägungsentscheidung ist (schon mangels Grundlage) nicht erkennbar und vom Plangeber, wie die Materialien zeigen, auch nicht beabsichtigt gewesen. Vielmehr kam für ihn aufgrund der sich aus dem Koalitionsvertrag ergebenden „übergeordneten Zielvorstellungen“ von vornherein nur die vorgenommene Änderung in Betracht. Die Beibehaltung der bisherigen Regelung zog er ausdrücklich nicht „in Erwägung“. Dass das Verfahren nicht ergebnisoffen geführt wurde, sondern der Plangeber bereits aufgrund des Koalitionsvertrags zu der vorgenommenen Änderung der Ziffern 2-3 und 2-4 entschlossen war, wird schließlich durch die Bewertung einer Stellungnahme des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur und Verbraucherschutz NRW (MULNV) verdeutlicht. Das MULNV hatte u. a. den „Verzicht auf mehr Flexibilität bei der Flächenausweisung in Ziel 2-3“ angeregt. Zu dieser Anregung heißt es in einer Kurzbewertung der Ressortstellungnahmen (Email vom 24. November 2017): „Die Stellungnahme des MULNV überrascht. Würde einzelnen Forderungen des MULNV gefolgt, würde der Koalitionsvertrag nicht sachgerecht umgesetzt und das Ziel der LEP-Änderung würde nicht erreicht. Deshalb sind sämtliche Änderungen des MULNV abzulehnen.“ Im Einzelnen heißt es weiter, der Anregung des MULNV zur unveränderten Beibehaltung des Ziels 2-3 werde nicht gefolgt. Die Erleichterung von Betriebserweiterungen vorhandener Betriebe und die Ermöglichung feinsteuernder Bauleitplanung im Freiraum sei „ein Kernpunkt des Koalitionsvertrags“.
330(4) Mit Blick auf die nicht ausreichende Ermittlung und Bewertung der von den Planänderungen berührten Belange fehlte es schon an einer Grundlage für eine dem Gebot gerechter Abwägung entsprechende Entscheidung.
331Es ist mangels entsprechender Ermittlung im Abwägungsvorgang nicht nachvollziehbar, auf welcher Grundlage der Plangeber einen gerechten Ausgleich zwischen dem für die Änderung ausschlaggebenden, in seiner Bedeutung allerdings nicht weiter hinterfragten Belang der größeren „Flexibilität“ der Kommunen bei der Siedlungsentwicklung im regionalplanerisch festgelegten Freiraum auf der einen Seite und der dadurch möglichen, aber weder genauer bezeichneten noch näher ermittelten „Entwicklung von Standorten im Freiraum (mit) voraussichtlich negativen Auswirkungen auf unterschiedliche Schutzgüter der Umweltprüfung“ auf der anderen Seite hätte herbeiführen können.
332Da die durch diese Planänderungen betroffenen Umweltbelange in ihrer jeweils konkreten Bedeutung nicht ausreichend ermittelt worden sind, konnte der Plangeber diese Belange weder zutreffend gewichten noch ihrem jeweiligen objektiven Gewicht entsprechend in eine gerechte Abwägung einstellen.
333bb) Entsprechendes gilt für die angegriffene Änderung der Zielbestimmung in Ziffer 6.6-2.
334Mit dieser Änderung werden die Anforderungen an Standorte für raumbedeutsame, überwiegend durch bauliche Anlagen geprägte Erholungs-, Sport-, Freizeit- und Tourismuseinrichtungen nur noch auf neue Standorte bezogen. Der Plangeber ordnet die Änderung der Zielbestimmung in Ziffer 6.6-2 sowohl im Entwurf der geplanten Änderungen als auch in der Synopse zu den Stellungnahmen der institutionellen Beteiligten ohne gesonderte Begründung als „Folgeänderung“ des neu gefassten Regel-Ausnahme-Systems in Ziffer 2-3 ein. Das ist insoweit konsequent, als die Zielfestlegung in Ziffer 6.6-2 vor der Änderung für „Erholungs-, Sport-, Freizeit- und Tourismuseinrichtungen“ unabhängig davon galt, ob es sich um die Weiterentwicklung bestehender Standorte oder um die Errichtung neuer handelte, während die Weiterentwicklung nunmehr den (erleichterten Voraussetzungen) der Ziffer 2-3 Satz 4, 3. Spiegelstrich unterfällt, während die geänderte Ziffer 6.6-2 Anforderungen nur noch für neue Standorte aufstellt.
335Die Änderung der Ziffer 6.6-2 leidet damit an den gleichen Defiziten wie die Änderung der Ziffer 2-3. Eine Ermittlung, Bewertung und Abwägung der (auch) durch die Änderung der Ziffer 6.6-2 berührten Belange hat nicht stattgefunden. Der Plangeber war ersichtlich bereits von vornherein aufgrund des Koalitionsvertrags zur Änderung entschlossen. Im Umweltbericht (dazu auch die zusammenfassende Erklärung nach § 10 Abs. 3 ROG, Anlage 1, S. 9 ff.) wird lediglich darauf hingewiesen, neue Standorte für Erholungs-, Sport-, Freizeit- und Tourismuseinrichtungen könnten „generell durch eine Freirauminanspruchnahme zu Beeinträchtigungen unterschiedlicher Umweltschutzgüter führen“, von der „Steuerungswirkung“ der geänderten Zielbestimmung in Ziffer 6.6-2 gingen aber „tendenziell positive Umweltauswirkungen“ aus, da eine Zersiedlung und die Inanspruchnahme isolierter Freiraumstandorte für neue Anlagen vermieden werde. Damit hat der Plangeber sich - allenfalls - mit den (weiterhin geltenden) Regelungen der Ziffer 6.6-2 für neue Standorte befasst, (auch an dieser Stelle) aber nicht damit, dass die Erweiterung bestehender Standorte nunmehr dem neu gefassten Ausnahmeregime in Ziffer 2-3 unterfällt. Zudem bezieht sich auch die Bewertung der Stellungnahme des MULNV in der genannten Email des federführenden Ministeriums vom 24. November 2017 ausdrücklich auch auf den angeregten „Verzicht auf die Änderung Ziel 6.6-2 (Tourismuseinrichtungen im Freiraum)“. Nach dem allgemeinen Hinweis auf die beabsichtigte Umsetzung des Koalitionsvertrags wird in Bezug auf die Änderung in Ziffer 6.6-2 näher ausgeführt, zum einen werde davon ausgegangen, dass die Änderungen von Ziel 2-3 beibehalten würden, die geplante Änderung von Ziffer 6.6-2 also schon deshalb bestehen bleibe. Darüber hinaus sei es wichtig, auch im Freiraum vorhandene Landgasthöfe oder Reitställe erweitern zu können. Wenn das MULNV anrege, das Ziel 6.6-2 so zu verschärfen, dass die Belange der Landwirtschaft bei der Prüfung neuer Standorte Vorrang hätten, entspreche dies nicht „der Intention des Koalitionsvertrags“.
336cc) Ebenfalls entsprechend ist die Streichung des bisher in Ziffer 6.1-2 enthaltenen Grundsatzes zu beurteilen.
337Nach dem bisher in Ziffer 6.1-2 geregelten Grundsatz sollte die Regional- und Bauleitplanung die flächensparende Siedlungsentwicklung im Sinne des Leitbildes, in NRW das tägliche Wachstum der Siedlungs- und Verkehrsfläche bis zum Jahr 2020 auf 5 ha und langfristig auf „Netto-Null“ zu reduzieren, umsetzen. Diesen Grundsatz hat der Plangeber aufgegeben.
338Auch die Streichung einer Regelung stellt eine Änderung eines Raumordnungsplans dar, die nach § 7 Abs. 7 und Abs. 2 Satz 1 ROG der Abwägung bedarf. Dies gilt auch für die Streichung einer zuvor durch eine Abwägungsentscheidung der unteren Planungsebenen zu überwindende „Soll-Regelung“. Allerdings sind die Anforderungen, die an die Ermittlungstiefe und Abwägungsdichte zu stellen sind, entsprechend gering. Selbst geringen Anforderungen genügen die vom Plangeber für die Streichung der Ziffer 6.1-2 angestellten Erwägungen aber nicht, denn eine Abwägungsentscheidung ist nicht erkennbar.
339In der Synopse der geplanten Änderungen hat der Plangeber ausgeführt, „Anlass/Begründung“ für die beabsichtigte Änderung sei „insbesondere“ die folgende Aussage des Koalitionsvertrags: „Damit die Kommunen mehr geeignete Wohnbaufläche bereitstellen können, werden wir unnötige Hemmnisse zur Ausweisung von Bauland aus dem Landesentwicklungsplan entfernen“. Der 5-ha-Grundsatz sei (auch nach der bereits erfolgten Herabstufung vom Ziel zum Grundsatz) weiterhin als ein solches Hemmnis empfunden worden. § 2 Abs. 2 Nr. 6 Satz 3 ROG werde trotz der Streichung weiter umgesetzt, insbesondere durch das nach wie vor im LEP enthaltene Ziel 6.1-1. In der Synopse der Stellungnahmen der institutionellen Beteiligten (dazu auch zusammenfassende Erklärung nach § 10 Abs. 3 ROG, Anlage 2, S. 29 ff.) nimmt der Plangeber auf die Stellungnahme des Antragstellers hin auf diese Ausführungen Bezug. Darüber hinaus verweist er darauf, dass in vielen Städten bezahlbarer Wohnraum fehle und daher (den angeführten Aussagen des Koalitionsvertrags entsprechend) eine Erleichterung der „Wohnbaulandausweisung“ vertretbar sei. Auch der Umweltbericht (dazu auch zusammenfassende Erklärung nach § 10 Abs. 3 ROG, Anlage 1, S. 5 ff.) verweist unter „Anlass und Ziel der geplanten Änderung“ (trotz der Angabe „insbesondere“) allein auf die genannte Passage des Koalitionsvertrags. Zur Beschreibung und Bewertung der voraussichtlichen Umweltauswirkungen heißt es, voraussichtlich sei das Schutzgut „Fläche“ betroffen. Aussagen zu räumlich-konkreten Auswirkungen auf einzelne Schutzgüter seien auf der Ebene der Landesplanung nicht möglich. Bei Beibehaltung der „Nullvariante“ könne sich die Flächeninanspruchnahme eventuell durch die stärkere Berücksichtigung flächensparender Festsetzungen auf der Ebene der Bauleitplanung reduzieren. Die Beibehaltung der „Nullvariante“ komme aber aus den übergeordneten, unter „Anlass und Ziel“ der Änderung wiedergegebenen Zielvorstellungen des Plangebers nicht in Betracht. Zudem bezieht sich die in der Email vom 24. November 2017 enthaltene allgemeine Bewertung der Anregungen des MULNV, die Stellungnahme überrasche, sämtliche Forderungen seien abzulehnen, denn würde einzelnen gefolgt, werde der Koalitionsvertrag nicht sachgerecht umgesetzt und das Ziel der LEP-Änderungen nicht erreicht, auch auf die Streichung des Grundsatzes 6.1-2. Zu der Anregung, den Grundsatz 6.1-2 beizubehalten, heißt es dort außerdem u. a.: „Dieser Punkt ist im Hinblick auf die vorlaufende politische Diskussion in der letzten Legislaturperiode politisch zu entscheiden.“
340Damit zeigen die Materialien in der Gesamtschau, dass der Plangeber auch zur Streichung des Grundsatz 6.1-2 politisch bereits von vornherein entschlossen war und eine raumordnerische Abwägung nicht ergebnisoffen angestellt hat.
341b) Die angegriffene Änderung der Ziffer 7.2-2 Absatz 3 verstößt ebenfalls gegen das Abwägungsgebot nach § 7 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 7 ROG.
342Mit der Änderung in Ziffer 7.2-2 Absatz 3 hat der Plangeber die Vorgabe aufrechterhalten, das im LEP NRW zeichnerisch festgelegte Gebiet für den Schutz der Natur, das den derzeitigen Truppenübungsplatz F. überlagert, durch Festlegungen der Regionalplanung „in seiner Einzigartigkeit und naturräumlichen Funktionsvielfalt als einer der bedeutendsten zusammenhängenden Biotopkomplexe in Nordrhein-Westfalen“ zu erhalten. Er hat aber die Maßgabe gestrichen, dies „so“ zu tun, „dass die Unterschutzstellung als Nationalpark möglich ist“. Diese Maßgabe nahm Bezug auf die Voraussetzungen der Unterschutzstellung als Nationalpark nach § 24 Abs. 1 BNatSchG und konkretisierte so die an die Regionalplanung gerichtete Zielvorgabe.
343Es stellt sich bereits die Frage, ob die ohne diese Konkretisierung verbleibende Regelung noch die für eine Zielvorgabe nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG zu verlangende Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit aufweist oder sich nunmehr materiell als Grundsatz i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 3 ROG darstellt. Dies bedarf aber keiner Entscheidung. Denn es ist schon nicht erkennbar, dass der Neufassung überhaupt eine (für Ziele und Grundsätze der Raumordnung gleichermaßen erforderliche) städtebauliche oder raumordnerische Konzeption zugrunde liegt und der Plangeber überhaupt eine raumordnerische Abwägung angestellt hat. Aus den Materialien ergibt sich lediglich eine Bezugnahme auf den Koalitionsvertrag und die bereits darin enthaltene, nicht mit einer Begründung versehene Annahme einer in der Region fehlenden Akzeptanz für eine Unterschutzstellung des Gebiets als Nationalpark.
344Als „Anlass/Begründung“ der vorgenommenen Streichung wird im Entwurf der geplanten Änderungen des LEP NRW nichts angeführt. Die entsprechende Spalte ist leer. In der Synopse zu den Stellungnahmen der institutionellen Beteiligten heißt es im Wesentlichen, die Landesregierung sei der Auffassung, dass für die Ausweisung eines Nationalparks F. derzeit die erforderliche „breite Akzeptanz“ in der Region fehle (so auch die zusammenfassende Erklärung nach § 10 Abs. 3 ROG, Anlage 2, S. 57). Das Beteiligungsverfahren habe deutlich gemacht, dass die Mehrheit der Anrainerkommunen und -kreise die Änderung begrüße. Auf die vom Antragsteller angeführten Umfrageergebnisse aus den Jahren 2009, 2012 und 2018 geht der Plangeber nicht ein. Im Übrigen verweist er darauf, das Beispiel des Nationalparks Eifel zeige, dass es zur Ausweisung eines Nationalparks keiner entsprechenden Festlegung im LEP bedürfe. Im Umweltbericht (dazu auch die zusammenfassende Erklärung nach § 10 Abs. 3 ROG, Anlage 1, S. 11 f.) wird ausgeführt, das in Ziffer 7.2-2 geregelte „Erhaltungsziel“ solle nicht mehr auf die Möglichkeit einer Unterschutzstellung als Nationalpark bezogen werden. „Anlass“ dieser Änderung sei die folgende Aussage im Koalitionsvertrag: „Die insgesamt erfolgreiche Entwicklung des Nationalparks Eifel und der bestehenden Naturparke in Nordrhein-Westfalen werden wir verstetigen und mit den Beteiligten vor Ort vertiefen. Für die Ausweisung eines Nationalparks F. fehlt die erforderliche breite Akzeptanz in der Bevölkerung der Region. Wir werden prüfen, wie der Erhalt der Sennelandschaft in ihrer jetzigen Form und unter Beibehaltung der gegenwärtigen Flächennutzung sichergestellt werden kann“. „(A)nderweitige Planungsmöglichkeiten“, etwa die Beibehaltung der „Nullvariante“, und „Gründe für die Wahl der geprüften Alternativen“ werden in der dafür vorgesehenen Spalte nicht genannt. Dort heißt es lediglich, aufgrund der geplanten Änderung ließen sich auf der Ebene des LEP keine räumlich konkreten Auswirkungen auf einzelne Schutzgüter der Umweltprüfung im Bereich des Truppenübungsplatzes beschreiben und bewerten.
345Ein raumordnerischer Belang, der in eine Abwägung hätte eingestellt werden können, ergibt sich aus diesen Erwägungen nicht. Die vorgenommene Streichung beruht erklärtermaßen allein auf dem Aspekt der fehlenden „breiten Akzeptanz“ in der regionalen Bevölkerung, der schon wegen seiner Unschärfe weder ein raumordnerischer (vgl. § 2 ROG) noch ein bauleitplanerisch tauglicher oder handhabbarer Belang (vgl. § 1 Abs. 6 BauGB) ist.
346Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. Januar 2020 - 2 D 100/17.NE -, juris, Rn. 203.
347Auch im Übrigen ist eine Abwägungsentscheidung nicht erkennbar. Der Plangeber beschränkt sich darauf, auf Aussagen des Koalitionsvertrags zu verweisen, ohne darüber hinaus (auch) raumordnerische Erwägungen erkennen zu lassen.
348c) Entsprechendes gilt für die geänderten Festsetzungen betreffend die Errichtung von Windenergieanlagen in den Ziffern 7.3-1, 10.2-2 und 10.2-3.
349aa) Die ausdrücklich als Ziel der Raumplanung formulierte Ziffer 7.3-1 „Walderhaltung und Waldinanspruchnahme“ regelt im unverändert gebliebenen Satz 1 die Bewahrung und Weiterentwicklung von Wald. Satz 2 der Regelung hat der Plangeber dahingehend geändert, dass die Festlegung als Waldbereich in der Regel eine Inanspruchnahme durch entgegenstehende Nutzungen ausschließt. Satz 3, nach dem Waldbereiche für entgegenstehende Planungen nur in Anspruch genommen werden dürfen, wenn hierfür „ein Bedarf nachgewiesen ist, dieser nicht außerhalb von Waldbereichen realisierbar ist und eine Waldumwandlung auf das unbedingt erforderliche Maß beschränkt wird“, ist unverändert geblieben. Den bisherigen Satz 4, wonach die Errichtung von Windenergieanlagen möglich war, „sofern wesentliche Funktionen des Waldes nicht erheblich beeinträchtigt“ wurden, hat der Plangeber mit der angegriffenen Änderung gestrichen.
350(1) Ziffer 7.3-1 ist trotz ihrer ausdrücklichen Bezeichnung als Ziel der Raumplanung (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG) nach ihrem materiellen Gehalt als ein der Abwägung zugänglicher Grundsatz (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 ROG) einzuordnen. Zwar können, wie ausgeführt, auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, die Merkmale des § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG erfüllen, wenn der Plangeber neben der Regel auch die Voraussetzungen einer Ausnahme mit hinreichender Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit selbst festlegt. Diesen Anforderungen an eine verbindliche Zielvorgabe wird die Bestimmung aber nicht gerecht. Die Voraussetzungen für eine Ausnahme sind ungeachtet der zunächst strikt scheinenden Formulierung („nicht realisierbar“, „unbedingt erforderliche Maß“) gerade mit dem Verweis auf eine anderweitige Realisierbarkeit des Vorhabens auf Verhältnismäßigkeitserwägungen bezogen. Denn es kann nicht angenommen werden, dass jeweils allein die technische Machbarkeit unter Beachtung zwingenden Rechts den Ausschlag geben soll. Dies wird durch die Erläuterungen zu Ziffer 7.3-1 bestätigt. Danach darf eine angestrebte Nutzung nicht innerhalb eines regionalplanerisch festgelegten Waldbereichs realisiert werden, wenn für den mit der Planung verfolgten Zweck eine zumutbare Alternative besteht (LEP NRW, Erläuterungen zu Ziff. 7.3-1 Abs. 11). Diese Zumutbarkeitserwägungen sprechen für die Einordnung als Grundsatz der Raumordnung nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 ROG, der in der Abwägungsentscheidung (nur) zu berücksichtigen ist.
351Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. November 2022 - 4 A 16.20 -, juris, Rn. 22.
352Diese Einordnung stellt die Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit der Festlegung ‑ anders als der Antragsteller (zu Ziffer 8.1-6) meint - nicht in Frage. Welche Qualität der Plangeber einer Festsetzung subjektiv beigemessen hat, ist nicht konstitutiv. Eine unrichtige Einordnung als Ziel (oder Grundsatz) der Raumordnung ist für sich genommen unerheblich. Maßgeblich ist der materielle Gehalt der Regelung. Eine Festsetzung in einem Raumordnungsplan, der es an der für ein Ziel nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG vorauszusetzenden Verbindlichkeit fehlt, kann deshalb - wie hier - als planerischer Grundsatz nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 ROG anzusehen sein. Sie ist dann an den für Grundsätze der Raumordnung geltenden Rechtmäßigkeitsanforderungen zu messen.
353Vgl. Runkel, in: Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG, 2. Aufl. 2018, § 3 Rn. 13; Kümper, in: Kment, ROG, 2019, § 3 Rn. 13, 81, 87.
354(2) Die Änderung der Ziffer 7.3-1 bedurfte der Abwägung. Diese Abwägung musste - der Grundsatzqualität der Regelung entsprechend - nicht abschließend erfolgen. Selbst diesen geringeren Anforderungen genügen die Erwägungen des Plangebers nicht, denn es ist schon nicht erkennbar, dass der Änderung überhaupt ein - in eine Abwägung einzustellender - raumordnerischer Belang zugrunde liegt. Aus den Materialien ergibt sich als für den Plangeber maßgebliches Kriterium vielmehr lediglich die bereits im Koalitionsvertrag angeführte, nicht näher begründete Annahme, der Ausbau von Windenergie stoße „in weiten Teilen des Landes“ bzw. „in der Bevölkerung“ auf zunehmende Vorbehalte, sodass es gelte, noch verbliebene Akzeptanz zu erhalten.
355In der Synopse der beabsichtigten Änderungen werden unter „Anlass/Begründung“ (ungeachtet des Zusatzes „insbesondere“) allein Aussagen des Koalitionsvertrags angeführt, nach denen der „massive Ausbau“ der Windenergienutzung in „weiten Teilen des Landes auf zunehmende Vorbehalte in der Bevölkerung“ stoße und „die Akzeptanz für die Nutzung der Windenergieanlagen erhalten“ werden solle. Dazu seien - nach dem Koalitionsvertrag - folgende Änderungen vorzunehmen: Die kommunale Entscheidungskompetenz solle gestärkt und die im LEP NRW derzeit enthaltene Verpflichtung zur Ausweisung von Windvorrangzonen und zur Privilegierung von Windenergie im Wald aufgehoben werden. In der Synopse der Stellungnahmen der institutionellen Beteiligten heißt es insbesondere, die Landesregierung nehme die Möglichkeit der grundsätzlichen Errichtung von Windenergieanlagen im Wald zurück. Mit Blick auf die Rechtsprechung zu § 35 BauGB, nach der für die Windenergie „substanziell Raum“ geschaffen werden müsse, könne der Wald aber kein absolutes Tabukriterium sein (so auch die zusammenfassende Erklärung nach § 10 Abs. 3 ROG, Anlage 2, S. 59). Im Umweltbericht (dazu auch die zusammenfassende Erklärung nach § 10 Abs. 3 ROG, S. 13 f.) wird als Anlass und Ziel der beabsichtigten Änderung die Aussage des Koalitionsvertrags genannt, nach der - angesichts der zunehmenden Vorbehalte in der Bevölkerung und zum Erhalt der Akzeptanz - die Verpflichtung zur Ausweisung von Windvorrangzonen ebenso wie die Privilegierung von Windenergieerzeugung im Wald aufgehoben werden sollen. Voraussichtliche Umweltauswirkungen seien ein stärkerer Schutz des Waldes, möglicherweise einhergehend mit einer stärkeren Inanspruchnahme von Offenlandflächen. Die sog. Nullvariante, die weiterhin eine privilegierte Inanspruchnahme von Waldbereichen für Windenergie erlaube, komme aus den übergeordneten, unter Anlass und Ziel der geplanten Änderung ausgeführten Zielvorstellungen des Planungsträgers nicht „in Erwägung“. Die Begründung der Änderungsverordnung verweist darauf, für die planerische Aufgabe der Energiewende sei Akzeptanz erforderlich, der Ausbau der Windenergie stoße jedoch in weiten Teilen des Landes inzwischen auf Vorbehalte in der Bevölkerung. Mit den Änderungen zur Standortfestlegung für die Nutzung erneuerbarer Energien sollten die Akzeptanz erhalten und kommunale Entscheidungsspielräume gestärkt werden.
356Damit liegt der Änderung tragend der Aspekt der Sicherung einer „Akzeptanz für die Nutzung von Windenergieanlagen“ in der Bevölkerung zugrunde, die jedoch schon wegen ihrer Unschärfe und fehlenden Greifbarkeit als solche kein raumordnerischer Belang i. S. d. § 2 ROG ist. Im Übrigen lässt sich den Unterlagen auch nicht entnehmen, inwiefern diese Akzeptanz gerade durch einen gesteigerten Schutz von Waldflächen erhalten würde. Letztlich steht hinter der Änderung, wie die Bezugnahmen (jeweils allein) auf den Koalitionsvertrag zeigen, ein politischer Wille, der eine sachgerechte Abwägung raumordnerischer Belange nicht ersetzen kann.
357Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. Januar 2020 - 2 D 100/17.NE -, juris, Rn. 203.
358Soweit der Plangeber, eine gesteigerte „Akzeptanz“ der Windenergie in der Bevölkerung auch durch eine Stärkung der kommunalen Entscheidungskompetenz erhalten will, mögen für die Änderung die gemeindliche Planungshoheit und das Gebot der planerischen Konfliktbewältigung streiten. Dies bedarf aber keiner Entscheidung. Es ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass der Plangeber diese Belange im Rahmen einer (raumordnerischen) Abwägung berücksichtigt hätte. Vielmehr beruht die Entscheidung des Plangebers auch in Bezug auf die Änderung der Ziffer 7.3-1 tragend auf politischen Vorfestlegungen.
359bb) Entsprechendes gilt für die Änderungen der Ziffern 10.2-2 und 10.2-3.
360In Ziffer 10.2-2 hat der Plangeber die bisherige Zielvorgabe, zur Umsetzung der energiepolitischen Ziele des Landes NRW, in den Regionalplänen Gebiete für die Nutzung der Windenergie als Vorranggebiete festzulegen, durch einen Grundsatz ersetzt, nach dem in den Regionalplänen Gebiete für die Nutzung der Windenergie als Vorranggebiete festgelegt werden können. Als „Anlass/Begründung“ auch dieser Änderung wird in der Synopse der geplanten Änderungen (ungeachtet der Formulierung „insbesondere“) allein die bereits zu Ziffer 7.3-1 angeführte Passage des Koalitionsvertrags benannt. In der Synopse der Stellungnahmen der institutionellen Beteiligten heißt es insbesondere, der Ausbau der Windenergie stoße in Teilen des Landes auf Vorbehalte in der Bevölkerung. Viele Bürgerinnen und Bürger wünschten sich einen maßvolleren Ausbau. Um die Akzeptanz zurückzugewinnen, solle künftig ein breiterer Mix unterschiedlicher erneuerbarer Energien zum Einsatz kommen und ein Schwerpunkt der Windenergieplanung auf dem Repowering liegen. Ein Ziel der Landesregierung sei in diesem Zusammenhang auch die Stärkung der kommunalen Planungshoheit (so auch die zusammenfassende Erklärung nach § 10 Abs. 3 ROG, Anlage 2, S. 83). Künftig werde es überwiegend den Kommunen obliegen, die Windenergie zu steuern. Die Regionen in NRW, die bereits über eine verbindliche Regionalplanung zur Windenergiesteuerung verfügten, hätten diese in enger Abstimmung mit den Kommunen erarbeitet. Dies entspreche der Intention der Landesregierung und gewährleiste einen maßvollen und umsichtigen Ausbau der Windenergie. Im Umweltbericht (dazu die zusammenfassende Erklärung nach § 10 Abs. 3 ROG, Anlage 1, S. 27 ff.) wird als Anlass und Ziel der geplanten Änderung ebenfalls allein die genannte Aussage des Koalitionsvertrags angeführt. Zur Beschreibung und Bewertung der voraussichtlichen Umweltauswirkungen heißt es u. a., der Verzicht auf die verpflichtende Festlegung von Vorranggebieten - sowie auf Vorgaben zum Umfang der Flächenfestlegungen in Ziffer 10.2-3 - in der Regionalplanung könne dazu beitragen, dass dem Anwohner-, Landschafts- und Naturschutz beim Bau von Windenergieanlagen in der Abwägung mehr Gewicht eingeräumt werden könne. Allerdings sei der Windenergienutzung in NRW weiterhin in substanzieller Weise Raum zu verschaffen. Räumlich konkrete Auswirkungen seien auf der Landesebene nicht zu beschreiben. Die „Nullvariante“ komme aus den übergeordneten Zielvorstellungen des Planungsträgers, dargestellt unter „Anlass und Ziel der Änderung“, „nicht in Erwägung“.
361In Ziffer 10.2-3 hat der Plangeber den bisherigen Grundsatz zum Umfang der in den Regierungsbezirken für die Nutzung von Windenergie festzulegenden Flächen gestrichen und an dessen Stelle einen Grundsatz der Raumordnung gesetzt, nach dem bei der planerischen Steuerung von neu zu errichtenden Windenergieanlagen zu Allgemeinen Siedlungsbereichen und zu Wohnbauflächen jeweils ein den örtlichen Verhältnissen angemessener „Vorsorgeabstand“ vorgesehen werden soll, der zu allgemeinen und reinen Wohngebieten 1.500 Meter beträgt.
362Auch als „Anlass/Begründung“ der Streichung des Grundsatzes zum Umfang der Flächenfestlegungen für die Windenergie wird in der Synopse der geplanten Änderungen auf die bereits zu den Änderungen der Ziffern 7.3-1 und 10.2-2 angeführte Passage des Koalitionsvertrags verwiesen. In der Synopse der Stellungnahmen der institutionellen Beteiligten wird (erneut) darauf verwiesen, der Ausbau der Windenergie stoße in Teilen des Landes auf Vorbehalt in der Bevölkerung (so auch die zusammenfassende Erklärung nach § 10 Abs. 3 ROG, Anlage 2, S. 86). Viele Bürgerinnen und Bürger wünschten sich einen maßvolleren Ausbau. Um die Akzeptanz zurückzugewinnen, solle künftig ein breiterer Mix unterschiedlicher erneuerbarer Energien zum Einsatz kommen und ein Schwerpunkt der Windenergieplanung auf dem Repowering liegen.
363Als „Anlass/Begründung“ des neuen Grundsatzes „Abstand von Bereichen/Flächen von Windenergie“ wird in der Synopse der geplanten Änderungen angeführt: Die Landesregierung habe es sich zum Ziel gesetzt, den Ausbau der Windenergie neu zu gestalten und so die Akzeptanz für die Windenergie zu fördern. Einen Beitrag dazu solle die Möglichkeit einer Abstandsregelung zu empfindlichen Wohnnutzungen leisten. In der Synopse der Stellungnahmen der institutionellen Beteiligten heißt es entsprechend im Wesentlichen, die Festlegung eines Abstands von 1.500 Metern zwischen Windenergieanlagen und reinen bzw. allgemeinen Wohngebieten beruhe auf einer Entscheidung der Landesregierung. Viele Bürgerinnen und Bürger wünschten sich einen maßvolleren Ausbau der Windenergie, der die Interessen des Umwelt- und Naturschutzes ebenso wie die Bedürfnisse der Anwohner berücksichtige. Diesem Wunsch werde mit der Festlegung eines im Rahmen der Regional- und Bauleitplanung zu berücksichtigenden Vorsorgeabstands von 1.500 Metern zu zwei besonders schützenswerten Gebietskategorien entsprochen (so auch die zusammenfassende Erklärung nach § 10 Abs. 3 ROG, Anlage 2, S. 89). Im Umweltbericht (dazu die zusammenfassende Erklärung nach § 10 Abs. 3 ROG, Anlage 1, S. 27 ff.) heißt es, Anlass für den neuen Grundsatz 10.2-3 sei „das politische Ziel der Landesregierung“, den Ausbau der Windenergie neu zu gestalten und die Akzeptanz der Bevölkerung als wesentlichen Bestandteil der Energiewende zu fördern. Dazu leiste die Möglichkeit einer Abstandregelung einen Beitrag. Durch die neue Regelung werde das unmittelbare Wohnumfeld voraussichtlich stärker geschützt („Schutzgut Mensch“), in „weniger technisch überprägten Landschaften“ werde die Konzentration von Windenergieanlagen steigen, wodurch tendenziell andere Schutzgüter („Landschaft“, „Tiere“) betroffen seien. Räumlich konkrete Auswirkungen seien auf der Ebene der Landesplanung nicht vorhersehbar. Die Beibehaltung der „Nullvariante“ wird nicht erwogen. „Gründe für die Wahl der geprüften Alternativen“ werden in der dafür vorgesehenen Spalte nicht genannt.
364Damit liegt auch den Änderungen der Grundsätze 10.2-2 und 10.2-3 tragend der Aspekt der Sicherung einer „Akzeptanz für die Nutzung von Windenergieanlagen“ in der Bevölkerung zugrunde, die jedoch schon wegen ihrer Unschärfe und fehlenden Greifbarkeit kein raumordnerischer Belang i. S. d. § 2 ROG ist. Im Übrigen lässt sich den Materialien in Bezug auf den neu geregelten Vorsorgeabstand auch nicht entnehmen, inwiefern diese Akzeptanz gerade durch einen Abstand von 1.500 Metern erhalten würde. Letztlich steht auch hinter diesen Änderungen, wie die Bezugnahmen (jeweils allein) auf den Koalitionsvertrag bzw. auf die - bereits gefasste - Entscheidung der Landesregierung zeigen, ein politischer Wille, der eine sachgerechte Abwägung raumordnerischer Belange nicht ersetzen kann.
365Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. Januar 2020 - 2 D 100/17.NE -, juris, Rn. 203.
366d) Entsprechend ist die Änderung in Ziffer 10.1-4 zu bewerten. Mit ihr hat der Plangeber die bisher ausdrücklich als Ziel der Raumordnung formulierte Bestimmung zur Nutzung der „Potenziale der kombinierten Strom- und Wärmeerzeugung und der Nutzung von Abwärme zum Zwecke einer möglichst effizienten Energienutzung“ als Soll-Vorschrift und Grundsatz der Raumordnung ausgestaltet. Auch diese Änderung beruht, wie die Materialien zeigen, letztlich auf politischen Erwägungen zur „Akzeptanz“ der Bevölkerung „für die Energiewende“, ohne dass eine raumordnerische Abwägung erkennbar ist. Dabei kann dahinstehen, ob die Aufhebung einer ausdrücklich als Zielbestimmung formulierten Regelung, wie der Antragsteller meint, ebenso wie deren Aufstellung der Endabwägung bedarf. Selbst die geringeren für die Aufstellung eines Grundsatzes der Raumordnung geltenden Anforderungen sind nicht erfüllt.
367In der Synopse der geplanten Änderungen heißt es lediglich, die Änderung diene der Deregulierung. Als Grundsatz gefasst sei die Regelung für die unteren Planungsebenen nicht mehr bindend, sondern der Abwägung zugänglich. Dieser Gesichtspunkt wird auch in der Synopse der Stellungnahmen der institutionellen Beteiligten angeführt. Weiter heißt es dort, auch zukünftig solle eine Befassung der nachfolgenden Planungsträger mit den Anforderungen der Kraft-Wärme-Kopplung und der Nutzung von Abwärme erfolgen. „Um die Akzeptanz für die Energiewende zurückzugewinnen“, setze die Landesregierung auf einen „breiteren Mix unterschiedlicher erneuerbarer Energien aus Wind, Photovoltaik, Geothermie, Biomasse und Kraftwärmekopplung“ (so auch die zusammenfassende Erklärung nach § 10 Abs. 3 ROG, Anlage 2, S. 81 f.). Im Umweltbericht heißt es, die Änderung diene der „Deregulierung“, mit der den Möglichkeiten der Regional- und Bauleitplanung Rechnung getragen werde, die Gestaltung der Energienutzung rechtlich zu regeln (so auch die zusammenfassende Erklärung nach § 10 Abs. 3 ROG, Anlage 1, S. 25). Aussagen über räumlich konkrete Auswirkungen auf einzelne Schutzgüter seien nicht möglich (so auch die zusammenfassende Erklärung nach § 10 Abs. 3 ROG, Anlage 1, S. 25). Die Entwicklung des Umweltzustands bei Wahl der „Nullvariante“ sei nicht zu prognostizieren. Eine Beschreibung und Bewertung in Betracht kommender anderweitiger Planungsmöglichkeiten sei - ohne Prognose räumlich konkreter Auswirkungen - nicht möglich.
368Danach verfolgt der Planungsgeber auch mit der Änderung der Ziffer 10.1-4 das Ziel, eine nicht näher bestimmte, als verloren unterstellte „Akzeptanz für die Energiewende zurückzugewinnen“. Auch dieser Zielsetzung fehlen begriffliche Schärfe und Greifbarkeit. Sie ist kein raumordnerischer Belang i. S. d. § 2 ROG.
369Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. Januar 2020 - 2 D 100/17.NE -, juris, Rn. 203.
370Dem Ziel, Akzeptanz zurückzugewinnen, dient ausweislich der Materialien auch die angeführte „Deregulierung“. Zwar mag für den schlagwortartig mit diesem Begriff belegten Effekt der Änderung - die Eröffnung eines Abwägungsspielraums der unteren Planungsebenen - auch die Planungshoheit der Träger der Regional- und Bauleitplanung streiten. Selbst wenn damit ein raumordnerischer Belang benannt sein sollte, führte dies aber zu keinem anderen Ergebnis. Es ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass der Plangeber die Planungshoheit der nachgeordneten Planungsträger im Rahmen einer Abwägung berücksichtigt hätte, deren Ergebnis nicht bereits durch die politische Entscheidung im Koalitionsvertrag vorgegeben gewesen wäre.
371e) Auch der Änderung der Ziffern 8.1-6 und 8.1-7 liegt keine ordnungsgemäße Abwägung zugrunde.
372Mit der Änderung der Zielvorgabe in Ziffer 8.1-6 wird die bisherige Unterscheidung zwischen landesbedeutsamen Flughäfen (bisher: M., Q. und C.), die einschließlich der Flächen für die Flughafeninfrastruktur sowie für flughafenaffines Gewerbe bedarfsgerecht zu entwickeln sind, und regionalbedeutsamen Flughäfen (bisher: V., S./Lippstadt und N./Laarbruch), deren Sicherung und Entwicklung „im Einklang mit der Luftverkehrskonzeption des Landes und der Entwicklung der landesbedeutsamen Flughäfen“ erfolgte, aufgegeben. Stattdessen werden alle sechs „(i)m Rahmen der dezentralen Flughafeninfrastruktur“ als landesbedeutsame Flughäfen eingeordnet, die einschließlich der Flächen für die Flughafeninfrastruktur sowie für flughafenaffines Gewerbe „bedarfsgerecht“ zu entwickeln sind, „um das Land NRW in den internationalen und nationalen Flugverkehr einzubinden“. In Ziffer 8.1-7 werden entsprechende redaktionelle Änderungen vorgenommen. In den Erläuterungen zu Ziffer 8.1-6 heißt es weiterhin, ein „Bedarf an Neubau von Flugplätzen“ bestehe im Planungszeitraum nicht, vielmehr gelte es, die bestehenden Flughäfen bedarfsgerecht zu entwickeln bzw. zu sichern. Gestrichen wurde u. a. der Zusatz, den Bedarf beurteile die Oberste Luftverkehrsbehörde vorhabenbezogen auf Basis von Bedarfsprognosen externer Gutachter.
373Ziffer 8.1-6 ist, anders als der Antragsteller vorträgt, weiterhin (auch) nach ihrem materiellen Gehalt als Ziel der Raumordnung i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG gestaltet, denn sie ist für die Träger der Regionalplanung schon nach ihrem Wortlaut strikt verbindlich. Die vom Antragsteller aufgeworfene Frage, ob das Kriterium der „bedarfsgerechten“ Entwicklung ohne nähere Konkretisierung, insbesondere nach der in den Erläuterungen vorgenommenen Streichung, (noch) den an rechtsstaatliche Normsetzung zu stellenden Bestimmtheitsanforderungen,
374vgl. etwa, OVG NRW, Urteil vom 3. Mai 2022 - 11 D 135/20.NE -, juris, Rn. 96 m. w. N.,
375genügt, kann offenbleiben. Die Neuregelung der Ziffer 8.1-6 und die redaktionelle Folgeänderung der Ziffer 8.1-7 verstoßen jedenfalls gegen das Abwägungsgebot (§ 7 Abs. 2 Satz 1, Abs. 7 ROG).
376Der Zielkern der Neuregelung - das Gebot der bedarfsgerechten Entwicklung auch der Flughäfen V., S./Lippstadt und N./Laarbruch - bedurfte der Endabwägung. Erforderlich war eine umfassende Abwägung im Sinne der Ermittlung und Bewertung der durch dieses Entwicklungsgebot berührten Belange.
377Dieser Anforderung genügt die den angegriffenen Zielkernfestlegungen der Ziffern 8.1-6 und 8.1-7 zugrundeliegende Abwägung nicht. Der Plangeber hat im Ergebnis dem Anliegen, für alle Standorte die gleichen Entwicklungsmöglichkeiten zu schaffen, den Vorrang gegenüber anderen Belangen - insbesondere dem Freiraumschutz und der Siedlungsentwicklung in der Umgebung der betroffenen Flughäfen - eingeräumt. Die berührten Belange als wesentliche Grundlage der Abwägung hat er weder hinreichend ermittelt noch bewertet und ‑ mangels hinreichender Abwägungsgrundlage - auch keine Abwägungsentscheidung getroffen.
378Aus der Synopse der Stellungnahmen der institutionellen Beteiligten ergibt sich, dass der Plangeber tragend darauf abgestellt hat, mit der geplanten Änderung des Ziels 8.1-6 (und den Folgeänderungen in Ziffer 8.1-7) werde „der Zielsetzung der Landesregierung entsprochen, die Differenzierung in landes- und regionalbedeutsame Flughäfen aufzuheben, um allen Standorten die gleichen Entwicklungsmöglichkeiten zu geben“ (so auch die zusammenfassende Erklärung nach § 10 Abs. 3 ROG, Anlage 2, S. 61). Die Festlegungen bezögen sich nur auf eine mögliche planerische Flächensicherung im Bedarfsfall. Den nachgelagerten fachgesetzlichen Verfahren werde nicht vorgegriffen. Auf die Stellungnahme etwa des Antragstellers, statt der Aufhebung der bisherigen Differenzierung sei eine Ausrichtung u. a. an einer überarbeiteten Luftverkehrskonzeption für NRW erforderlich, wird nicht näher eingegangen. Auch mit der Stellungnahme der „Flughafen Q. GmbH“, die planerische Gleichstellung der sechs in Ziffer 8.1-6 genannten Flughäfen sei nicht sinnvoll, weil die Flughäfen in NRW, wie den jeweiligen Statistiken zu entnehmen sei, im internationalen Luftverkehrsnetz unterschiedliche Stellenwerte hätten, sodass eine differenzierte, auf statistischen Daten beruhende Differenzierung geboten sei, hat sich der Plangeber nicht auseinandergesetzt. Im Entwurf der geplanten Änderungen und im Umweltbericht (dazu auch die zusammenfassende Erklärung nach § 10 Abs. 3 ROG, Anlage 1, S. 15 ff.) werden als „Anlass/Begründung“ bzw. als „Anlass und Ziel der geplanten Änderung“ jeweils zwei Aussagen des Koalitionsvertrags angeführt, nach denen „die Unterscheidung in Landes- und Regionalbedeutsamkeit von Flughäfen und Häfen“ im LEP NRW aufgegeben bzw. die „willkürliche Unterscheidung zwischen regional- und landesbedeutsamen Flughäfen und Häfen“ aufgehoben werden solle, um allen Standorten die gleichen Entwicklungsmöglichkeiten zu geben. Im Umweltbericht wird weiter ausgeführt, über tatsächlich zu erwartende Entwicklungen an einzelnen Standorten bestehe keine Gewissheit. Aussagen über konkret räumliche Auswirkungen der Änderung auf einzelne Umweltschutzgüter seien auf der Landesebene nicht möglich. Die Beibehaltung der bisherigen Festlegung „kommt aus den übergeordneten Zielvorstellungen des Planungsträgers nicht als anderweitige Planungsmöglichkeit in Erwägung“. Hierzu wird auf die Ausführungen unter „Anlass und Ziel der geplanten Änderung“ - also die dort genannten Aussagen des Koalitionsvertrags - verwiesen. Eine Beschreibung und Bewertung von in Betracht kommenden anderen Planungsmöglichkeiten sei nicht möglich, weil sich räumlich konkrete Auswirkungen der geplanten Regelung auf einzelne Gebiete oder Schutzgüter nicht beschreiben ließen.
379Mit dem Ziel, die Differenzierung in landes- und regionalbedeutsame Flughäfen aufzuheben, um allen Standorten die gleichen Entwicklungsmöglichkeiten zu geben, mag der Plangeber einen Abbau regionaler Ungleichgewichte nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 Satz 5 ROG und damit einen raumordnerischen Belang verfolgen. Indes wäre zum Zweck einer gerechten Abwägung mit anderen durch die Regelungen betroffenen Belangen - insbesondere dem Freiraumschutz und der Siedlungsentwicklung in der Umgebung der neu als landesbedeutsam erfassten Flughäfen - jedenfalls eine weitere Aufklärung in tatsächlicher Hinsicht geboten gewesen.
380Der Plangeber gibt den regionalen Planungsträgern vor, die Flughäfen V., S./Lippstadt und N./Laarbruch nicht mehr (lediglich) im Einklang mit der Luftverkehrskonzeption des Landes und der Entwicklung der Flughäfen M., Q. und C., sondern mit diesen gleichwertig „bedarfsgerecht“ zu entwickeln, ohne die Auswirkungen dieses Entwicklungsgebots auch nur ansatzweise zu ermitteln. So geht etwa die „T. V. GmbH“ in ihrer Stellungnahme nachvollziehbar davon aus, die Änderung ermögliche die „Entwicklung des Verkehrsflughafens V. zu einem multifunktionalen Wirtschaftsstandort mit (flughafenaffinem) Gewerbe und mit wettbewerbsfähigen Rahmenbedingungen für den Flugbetrieb“. Mit welchen Auswirkungen des in dieser Weise für insgesamt drei weitere - im Übrigen bereits räumlich konkretisierte - Standorte erteilten Entwicklungsauftrags der Plangeber rechnete, ergibt sich aus den Materialien nicht. So fehlt etwa eine nachvollziehbare Prognose, ob und in welchem (ungefähren) Umfang er an den jeweiligen Flughäfen eine zusätzliche Flächeninanspruchnahme erwartete. Damit fehlte dem Plangeber (auch) in Bezug auf die Änderung der Ziffern 8.1-6 und 8.1-7 schon eine hinreichende Abwägungsgrundlage.
381Eine Abwägungsentscheidung ist ebenfalls nicht erkennbar und vom Plangeber, wie der Umweltbericht zeigt, auch in Bezug auf diese Änderung nicht beabsichtigt gewesen. Vielmehr kam für ihn, wie die Materialien zeigen, aufgrund der sich aus dem Koalitionsvertrag ergebenden „übergeordneten Zielvorstellungen“ von vornherein nur die vorgenommene Änderung in Betracht. Die Beibehaltung der bisherigen Regelung zog er aufgrund der politischen Zielvorstellung ausdrücklich nicht „in Erwägung“. Andere Planungsmöglichkeiten wurden nicht erwogen.
382f) Auch der neu eingefügte Grundsatz „Reservegebiete“ in Ziffer 9.2-4 erweist sich wegen Verstoßes gegen das Abwägungsgebot nach § 7 Abs. 2 Satz 1, Abs. 7 ROG als rechtswidrig. Einer abschließenden Abwägung bedurfte diese Regelung mit Grundsatzqualität nicht. Indes sind selbst die an die Abwägung eines Grundsatzes der Raumordnung zu stellenden Anforderungen nicht erfüllt, denn es ist nicht erkennbar, dass der Plangeber überhaupt eine Abwägungsentscheidung getroffen hat.
383Im Entwurf der LEP-Änderung heißt es unter „Begründung/Anlass“ der Änderung in Ziffer 9.2-4, der Anlass ergebe sich aus der Interpretation der bei Ziel 9.2-2 genannten Aussage des Koalitionsvertrags. Danach sollte die Ausweisung von Versorgungszeiträumen und Reservezeiträumen für die Rohstoffsicherung wieder auf je 25 Jahre verlängert werden. Eine verpflichtende Vorgabe von Reservegebieten könne nicht in allen Planungsgebieten der Regionalplanung umgesetzt werden. Reservegebiete sollten für die langfristige Rohstoffversorgung aber vorgesehen werden, analog der Bezeichnung „Reservezeiträume“ im Koalitionsvertrag. In der Synopse der Stellungnahmen der institutionellen Beteiligten heißt es darüber hinaus im Wesentlichen, die textlichen Regelungen sollten von der Regionalplanung festgesetzt werden. Dabei bestehe die Möglichkeit, die unterschiedlichen regionalen Gegebenheiten zu berücksichtigen (so auch die zusammenfassende Erklärung nach § 10 Abs. 3 ROG, Anlage 2, S. 80). Im Umweltbericht (dazu auch die zusammenfassende Erklärung nach § 10 Abs. 3 ROG, Anlage 1, S. 23 f.) wird zu Inhalt und Ziel des Grundsatzes in Ziffer 9.2-4 ausgeführt, die Änderung diene der langfristigen Rohstoffversorgung. Anlass sei die Interpretation der bei Ziel 9.2-2 genannten Aussage des Koalitionsvertrags. Zur „Nullvariante“ heißt es, die Beibehaltung der bisherigen Regelung - keine konkreten Vorgaben zu Reservegebieten - komme aus den übergeordneten Zielvorstellungen des Planungsträgers, dargestellt unter Anlass der Regelung, nicht „in Erwägung“. Eine Abwägung raumordnerischer (dem Plangeber bekannter oder im Beteiligungsverfahren vorgetragener) Belange ist den Materialien damit nicht zu entnehmen. Der Plangeber verweist (auch) zur Änderung der Ziffer 9.2-4 allein auf ein politisches (ebenso der mit Urteil des erkennenden Senats vom 3. Mai 2022 ‑ 11 D 135/20.NE - für unwirksam erklärten Änderung der Ziffer 9.2-2 zugrundeliegendes) Ziel des Koalitionsvertrags.
384g) Die festgestellten Abwägungsmängel sind jeweils erheblich.
385Gemäß § 11 Abs. 3 Satz 2 ROG sind Mängel im Abwägungsvorgang nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Das ist jeweils der Fall.
386aa) Die festgestellten Abwägungsmängel sind offensichtlich. Ein Mangel im Abwägungsvorgang ist offensichtlich, wenn er auf objektiv feststellbaren Umständen beruht und ohne Ausforschung der Entscheidungsträger über deren Planungsvorstellungen für den Rechtsanwender erkennbar ist.
387Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 11. April 2013 - 4 CN 2.12 -, NVwZ 2013, 1017 (1018) = juris, Rn. 9, m. w. N.; OVG NRW, Urteil vom 3. Mai 2022 - 11 D 135/20.NE -, juris, Rn. 227.
388Die dargestellten Abwägungsmängel sind - wie dargelegt - jeweils aus den Materialien des Aufstellungsvorgangs ersichtlich.
389bb) Die Mängel waren auch von Einfluss auf das Abwägungsergebnis. Ein Mangel ist auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falls die konkrete Möglichkeit besteht, dass die Planung ohne den Mangel anders ausgefallen wäre.
390Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 11. April 2013 - 4 CN 2.12 -, NVwZ 2013, 1017 (1018) = juris, Rn. 9, m. w. N.; OVG NRW, Urteil vom 3. Mai 2022 ‑ 11 D 135/20.NE -, juris, Rn. 231.
391Dabei kommt es einerseits nicht auf den positiven Nachweis eines Einflusses auf das Abwägungsergebnis an. Andererseits genügt aber auch nicht die (wohl stets zu bejahende) abstrakte Möglichkeit, dass ohne den Mangel anders geplant worden wäre.
392Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2003 - 4 BN 47.03 -, BauR 2004, 1130 = juris, Rn. 4 (zu § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB); OVG NRW, Urteil vom 3. Mai 2022 - 11 D 135/20.NE -, juris, Rn. 233.
393Eine konkrete Möglichkeit besteht vielmehr erst dann, wenn sich anhand der Planunterlagen oder sonst erkennbarer oder naheliegender Umstände die Möglichkeit abzeichnet, dass der Mangel im Abwägungsvorgang von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sein kann. Hat sich der Planungsträger von einem unzutreffend angenommenen Belang leiten lassen und sind andere Belange, die das Abwägungsergebnis rechtfertigen könnten, weder im Planverfahren angesprochen noch sonst ersichtlich, so ist die unzutreffende Erwägung auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen.
394Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 1992 - 4 B 71.90 -, BauR 1992, 344 (346) = juris, Rn. 13; OVG NRW, Urteil vom 3. Mai 2022 - 11 D 135/20.NE -, juris, Rn. 235.
395Nach diesem Maßstab ist davon auszugehen, dass die Abwägungsmängel jeweils von Einfluss auf das Abwägungsergebnis waren. Den festgestellten Abwägungsmängeln ist gemein, dass der Plangeber sich jeweils maßgeblich von politischen Vorfestlegungen im Koalitionsvertrag hat leiten lassen und deshalb keine hinreichende raumordnerische Abwägungsentscheidung getroffen hat, sei es, dass er seinen Erwägungen schon keinen raumordnerischen Belang i. S. d. § 2 ROG zugrunde gelegt hat, sei es, dass er die durch die jeweilige Änderung betroffenen Belange nicht hinreichend ermittelt, bewertet und zueinander ins Verhältnis gesetzt hat. Durch diese verkürzte Betrachtungsweise hat sich der Plangeber jeweils der Möglichkeit begeben, durch entsprechende tatsächliche Erkenntnisse zu einer anderen Einsicht zu gelangen. Insofern haben sich die Abwägungsmängel jeweils auf das Abwägungsergebnis ausgewirkt, zumal andere Belange, welche das Abwägungsergebnis hätten rechtfertigen können, jeweils nicht im Planänderungsverfahren angesprochen worden oder sonst ersichtlich sind.
3963. Die Planänderungen in den Ziffern 6.4-2 und 9.2-1 sind nach § 7 Abs. 2 Satz 1, Abs. 7 ROG nicht zu beanstanden. Für diese Änderungen hat der Plangeber die Abwägungsanforderungen erfüllt. Insbesondere hat er nicht allein auf koalitionspolitische Ziele verwiesen. Insofern greift der Vortrag des Antragstellers, die zweite Änderung des LEP NRW sei generell allein politisch motiviert und begründet gewesen, zu weit.
397a) Mit der Änderung der Zielbestimmung in Ziffer 6.4-2 wird der Mindestflächenbedarf der raumbedeutsamen, industriell geprägten Vorhaben mit besonderer Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes NRW, an denen landesbedeutsame Standorte für flächenintensive Großvorhaben vorzubehalten sind, von 80 auf 50 ha herabgesetzt.
398Diese Herabsetzung macht den Zielkern aus. Sie bedurfte der umfassenden Abwägung im Sinne der Ermittlung und Bewertung der durch sie berührten Belange. Dieser Anforderung ist der Plangeber gerecht geworden.
399Der Plangeber hat im Ergebnis das Anliegen einer zügigen Entwicklung insbesondere des in T./O. gelegenen Standorts „Y.“ für landesbedeutsame flächenintensive Großvorhaben (aber auch der übrigen drei Standorte nach Ziffer 6.4-1) umgesetzt. Damit verfolgt er einen raumordnerischen Belang, nämlich die Entwicklung einer (auch) langfristig wettbewerbsfähigen und räumlich ausgewogenen Wirtschaftsstruktur nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 ROG. Die durch die Neuregelung berührten Belange hat der Plangeber hinreichend ermittelt, bewertet und abgewogen.
400Er hat im Wesentlichen folgende Erwägungen angestellt: In der Synopse der geplanten Änderungen heißt es: Anlass für die geplante Änderung sei „insbesondere“ eine den sog. Y. betreffende Aussage des Koalitionsvertrags. Der erste dieses Industrieareal in T. betreffende Teil-Bebauungsplan enthalte eine vermarktbare GE-/GI-Fläche von nur 60 ha, weil die Entwicklung weiterer Flächen die Realisierung der Ortsumgehung O. voraussetze. Die Herabsetzung der Mindestbedarfsfläche begründe sich „jedoch nicht nur aus dem im Koalitionsvertrag manifestierten politischen Wunsch, Y. in den nächsten Jahren - und damit vor Realisierung der Ortsumgehung O. - zum Top-Standort für neue Industrie in Nordrhein-Westfalen zu machen“. Vielmehr lasse sie sich „fachlich auch damit begründen“, dass zum einen in den vergangenen Jahrzehnten keine der ehemaligen LEP VI-Flächen mit Ausnahme des Gebietes in V.-B. (JK.) zweckentsprechend in Anspruch genommen worden sei, und zum anderen auch nach der Herabsetzung im Hinblick auf die Mindestgröße noch ein ausreichender „Abstand“ der landesbedeutsamen zu den regionalbedeutsamen Angeboten für emittierende Gewerbe- und Industriegebiete gegeben sei. Beispielhaft sei auf die im neuen Regionalplan M. festgelegten „GIB mit der Zweckbindung Standorte für flächenintensive Vorhaben und Industrie“ zu verweisen, die eine Mindestflächeninanspruchnahme von 5 bzw. 10 ha vorgäben. Als weiteres Argument lasse sich anführen, dass sich der weitaus größte Teil von Flächeninanspruchnahmen (soweit bekannt) unterhalb der 20 ha-Schwelle bewege. In der Synopse der Stellungnahme der institutionellen Beteiligten (dazu auch die zusammenfassende Erklärung nach § 10 Abs. 3 ROG, Anlage 2, S. 41 ff.) wird zu den Einwänden u. a. des Antragstellers ausgeführt: Anders als dargestellt werde die Änderung nicht im Wesentlichen mit einer Aussage des Koalitionsvertrags zum Standort „Y.“ in T. begründet. Aus Sicht des Plangebers werde in NRW weiterhin ein gewisses Angebot für flächenintensive Großvorhaben benötigt, um im internationalen und nationalen Wettbewerb bestehen zu können. Die Anzahl solcher Standorte sei jedoch schon im letzten LEP-Verfahren deutlich reduziert worden. Die nun festgesetzte Mindestfläche gewährleiste weiterhin einen ausreichenden Abstand zu „klassischen Industrie- und Gewerbegebieten“. Dies gelte nicht nur im Vergleich zu den im Regionalplan M. gesicherten regionalbedeutsamen Standorten, die bereits in der Synopse der geplanten Änderungen genannt seien, sondern werde durch erste Erkenntnisse aus dem aktuellen Siedlungsflächenmonitoring auch für andere Regionen, etwa das RVR-Gebiet und den Regierungsbezirk P. bestätigt. Im Umweltbericht (die zusammenfassende Erklärung nach § 10 Abs. 3 ROG, Anlage 1, S. 7 f.) heißt es zur Änderung der Ziffer 6.4-2: Anlass für die beabsichtigte Änderung sei „insbesondere“ die den „Y.“ in T. betreffende Aussage des Koalitionsvertrags. Durch das Herabsetzen des Mindestflächenbedarfs werde „u. U. eine schnellere Inanspruchnahme dieses, aber auch der anderen drei (in Ziffer 6.4-1 festgelegten) Standorte für landesbedeutsame flächenintensive Großvorhaben ermöglicht“. Zur Beschreibung und Bewertung der voraussichtlichen Umweltauswirkungen wird ausgeführt, an der grundsätzlichen Bereitstellung der vier Standorte für landesbedeutsame flächenintensive Großvorhaben ändere sich nichts. Für alle diese Standorte seien bereits im Umweltbericht 2013 erhöhte Konfliktpotentiale für jeweils unterschiedliche Schutzgüter prognostiziert worden. Die Änderung könne lediglich dazu führen, dass die Standorte früher in Anspruch genommen werden könnten. Räumlich-konkrete Umweltauswirkungen einer solchen früheren Inanspruchnahme seien auf der Ebene der Landesplanung nicht zu prognostizieren. Zur sog. Nullvariante heißt es: Bei Beibehaltung der bisherigen Regelung würden mögliche Umweltauswirkungen, die auf der Ebene des LEP jedoch nicht räumlich konkret zu beschreiben und bewerten seien, erst später eintreten. Die „Nullvariante“ komme aus den übergeordneten Zielvorstellungen des Plangebers, für die auf die Ausführungen unter „Anlass und Ziel der geplanten Änderung“ verwiesen wird“, nicht „in Erwägung“.
401Diesen Erwägungen des Plangebers und den diesbezüglichen Unterlagen ist hinreichendes Material für eine Abwägung auf der Ebene der Landesplanung zu entnehmen. Insbesondere ergibt sich aus der Synopse der geplanten Änderungen und der Synopse der Stellungnahmen der institutionellen Beteiligten, dass sich der Plangeber nicht allein von politischen Zielvorgaben des Koalitionsvertrags hat leiten lassen, sondern raumordnerische Erwägungen angestellt hat. Insbesondere hat er auf den tatsächlichen Raumbedarf abgestellt, indem er aufgezeigt hat, in welchem Umfang ehemalige LEP VI-Flächen überhaupt in Anspruch genommen worden seien und welcher Flächenbedarf für Großvorhaben üblicherweise zu verzeichnen gewesen sei. Dabei ist er sich des notwendigen „Abstands“ der landesbedeutsamen zu den regionalbedeutsamen Flächenangeboten bewusst gewesen. Darüber hinaus hat er auf seine Einschätzung zur Bedeutung der Mindestflächenfestsetzung für den Erhalt der nationalen und internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Landes NRW verwiesen. Die Auswirkungen der Absenkung des Mindestflächenbedarfs, nämlich die schnellere Inanspruchnahme jedenfalls des Standorts T./O., möglicherweise auch der übrigen drei Standorte für landesbedeutsame flächenintensive Großvorhaben, hat der Plangeber im Umweltbericht erwogen. Für die Einschätzung, welche Umweltauswirkungen damit früher zu gewärtigen seien, hat er in nicht zu beanstandender Weise auf den Umweltbericht 2013 Bezug genommen, der für alle vier Standorte erhöhte Konfliktpotentiale für jeweils unterschiedliche Schutzgüter prognostiziert hat (Umweltbericht 2013, S. 53 ff. i. V. m. Anlage 1). Damit ist eine ausreichende Abwägungsentscheidung des Plangebers erkennbar, die auch durch die Angabe im Umweltbericht, Anlass der Neuregelung sei „insbesondere“ (also nicht allein) die den „Y.“ in T. betreffende Aussage des Koalitionsvertrags und die (erneut) gewählte Formulierung, die „Nullvariante“ komme „nicht in Erwägung“, nicht durchgreifend in Frage gestellt wird. Die Vertreterin des Antragsgegners hat in der mündlichen Verhandlung zu Recht darauf hingewiesen, dass die Raumplanung regelmäßig auch politischen Einflüssen unterliegt und ein politischer Anlass eine darüber hinausgehende Abwägung raumplanerischer Belange nicht ausschließt. Auch die weitere Angabe im Umweltbericht, es seien keine Aussagen über räumlich konkrete Auswirkungen auf einzelne Schutzgüter zu treffen, ist in Bezug auf die Änderung der Ziffer 6.4-2 nicht zu beanstanden. Die - nun gegebenenfalls früher eintretenden - Umweltauswirkungen sind für die einzelnen Standorte im Umweltbericht 2013, auf den der Plangeber Bezug genommen hat, bereits hinreichend erwogen worden.
402b) Nach der geänderten Regelung in Ziffer 9.2-1 sind in den Regionalplänen Bereiche für die Rohstoffsicherung und den Abbau oberflächennaher Bodenschätze nicht mehr zwingend als Vorranggebiete mit der Wirkung von Eignungsgebieten festzulegen, sondern entweder als Vorranggebiete oder als Vorranggebiete mit der Wirkung von Eignungsgebieten. Im Änderungsverfahren war zunächst eine Fassung beabsichtigt, nach der regelmäßig Vorranggebiete und lediglich „bei besonderen Konfliktlagen“ ausnahmsweise Vorranggebiete mit der Wirkung von Eignungsgebieten vorzusehen gewesen wären. Die ausdrückliche Beschränkung der Festlegung von Vorranggebieten mit der Wirkung von Eignungsgebieten auf die Fälle „besonderer Konfliktlagen“ wurde - unter anderem auf die Einwendung des Antragstellers im Beteiligungsverfahren hin - fallengelassen. Die Regel-Ausnahme-Struktur wurde daraufhin in die Erläuterungen zu Ziffer 9-2.1 aufgenommen. Danach erfolgt die planerische Sicherung der heimischen Bodenschätze in den Regionalplänen im Grundsatz durch die Festlegung von BSAB als Vorranggebiete (insbesondere Erläuterungen Absatz 2). Für die - vom Grundsatz abweichend weiterhin mögliche - Festlegung von Vorranggebieten mit der Wirkung von Eignungsgebieten wird eine planerische Erforderlichkeit vorausgesetzt, die sich insbesondere durch den Bedarf für räumliche Konzentration der Abgrabung und hohe Nutzungskonflikte ergeben könne. Entsprechend der regionalen Besonderheiten könne dies bei einzelnen oder mehreren Rohstoffgruppen im gesamten Planungsgebiet oder in Teilräumen vorkommen. Die planerische Erforderlichkeit könne insbesondere vorliegen bei großflächig verbreiteten Rohstoffvorkommen mit hohem Abgrabungsdruck oder bei regional konzentrierten, bedeutenden Rohstoffvorkommen mit hoher räumlicher Nutzungskonkurrenz der Fall sein (insbesondere Erläuterungen Absätze 3 und 4).
403aa) Die Regelung hat Zielqualität. Sie wird den Anforderungen an eine verbindliche Zielvorgabe auch in Anbetracht ihrer - sich aus den Erläuterungen ergebenden - Regel-Ausnahme-Struktur gerecht. Der Plangeber hat neben der Regel in den Erläuterungen auch die Voraussetzungen der Ausnahme anhand abstrakter Kriterien mit hinreichender Bestimmbarkeit festgelegt. Damit gibt er den Trägern der Regionalplanung nicht lediglich Direktiven für nachfolgende Abwägungsentscheidungen an die Hand, sondern macht ihnen für die Festlegung von BSAB verbindliche Vorgaben.
404bb) Zielkern der neugefassten Ziffer 9.2-1 ist die die Verpflichtung der Regionalplanung zur Festlegung von BSAB regelmäßig als Vorranggebiete, abweichend bei - näher bestimmter - planerischer Erforderlichkeit ausnahmsweise als Vorranggebiete mit der Wirkung von Eignungsgebieten.
405Dieser Zielkern bedurfte der Endabwägung. Erforderlich war eine umfassende Abwägung im Sinne der Ermittlung und Bewertung der durch diese Regel-Ausnahme-Festlegung berührten Belange. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die bisher zwingende Festlegung als Vorranggebiet mit der Wirkung von Eignungsgebieten bei planerischer Erforderlichkeit auch weiterhin verbindlich bleibt.
406Dieser Anforderung genügt die der angegriffenen Zielbestimmung in Ziffer 9.2-1 zugrundeliegende Abwägung.
407Der Plangeber hat im Ergebnis dem Anliegen der Verfahrenserleichterung bei der Festsetzung von BSAB den Vorrang vor anderen Belangen eingeräumt. Damit verfolgt er einen raumordnerischen Belang, nämlich eine Vereinfachung der vorsorgenden Sicherung sowie der geordneten Aufsuchung und Gewinnung von standortgebundenen Rohstoffen nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 Satz 4 ROG. Gleichzeitig trägt er dem auch für Ziele der Raumordnung geltenden Gebot der Erforderlichkeit,
408vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Februar 2005 - 4 BN 1.05 -, juris, Rn. 15; Kümper, in: Kment, Raumordnungsgesetz, 2021, § 3 Rn. 48; jeweils m. w. N.,
409Rechnung. Die durch die Neuregelung berührten Belange hat der Plangeber hinreichend ermittelt, bewertet und abgewogen.
410Nach der Synopse der geplanten Änderungen, der Synopse zu den Stellungnahmen der institutionellen Beteiligten (dazu auch die zusammenfassende Erklärung nach § 10 Abs. 3 ROG, Anlage 2, S. 74 ff.) sowie nach den Ausführungen zu Anlass und Ziel der geplanten Änderung der Ziffer 9.2-1 im Umweltbericht (dazu auch die zusammenfassende Erklärung nach § 10 Abs. 3 ROG, Anlage 1, S. 28 f.) ist der Plangeber tragend von folgenden Erwägungen ausgegangen: Die bisherige Steuerung des Rohstoffabbaus in NRW über die Festlegung von Vorranggebieten mit der Wirkung von Eignungsgebieten habe sich bei besonderen Konfliktlagen - insbesondere in Gebieten mit flächigen Rohstoffvorkommen - planerisch bewährt. Die Festlegung von Konzentrationszonen schaffe in dieser Konstellation einen Ausgleich zwischen den Belangen der Anwohner und Standortgemeinden auf der einen Seite und den Interessen der Wirtschaft an einer ausreichenden Rohstoffversorgung auf der anderen Seite. Die Steuerung über Vorranggebiete mit der Wirkung von Eignungsgebieten sei jedoch planerisch aufwendig und mache die Anpassung der gesamträumlichen Planungskonzepte „relativ unflexibel“. Zudem sei sie fachlich nicht immer zwingend angezeigt. Bei Rohstoffvorkommen, die in NRW insgesamt verbreitet seien, räumlich aber nicht flächig vorkämen, entstünden keine (großflächigen) Konfliktlagen, die aus fachlicher Sicht eine Konzentrationszonenplanung erforderten. Der Verzicht auf eine (zwingende) Konzentrationszonenplanung habe den Vorteil deutlicher Verfahrenserleichterungen. Die planerischen Grundlagen seien wesentlich einfacher und schneller zu erarbeiten, zudem könnten Änderungen flexibler vorgenommen werden. Künftig solle den Trägern der Regionalplanung die Wahl gelassen werden, ob sie Vorranggebiete mit oder ohne die Wirkung von Eignungsgebieten festsetzen. Der Entscheidungsspielraum für die Festlegung von Vorranggebieten mit Eignungswirkung solle - nach der Stellungnahme des Antragstellers - nicht auf Gebiete mit „besonderen Konfliktlagen“ beschränkt werden. Die Entscheidungskriterien werden in den Erläuterungen bestimmt. Zur Bewertung der voraussichtlichen Umweltauswirkungen der geänderten Ziffer 9.2-1 führt der Plangeber im Umweltbericht aus, der Wegfall der (zwingenden) Konzentrationszonenplanung könne zur Folge haben, dass sich die Anzahl der Abgrabungsstandorte im jeweiligen Planungsraum erhöhe. Dabei sei nicht zwangsläufig auch mit einer Steigerung der Abbaumenge zu rechnen, da sich der Rohstoffabbau am Bedarf orientiere. Bei einer stärkeren Streuung des Abgrabungsgeschehens würden sich aber Anzahl und Umfang der Flächen, die störenden Randeffekten von Abgrabungen unterlägen (z. B. Lärmemissionen und Grundwasserabsenkungen) „tendenziell erhöhen“. Weiterhin könne sich in Räumen, in denen keine Konzentrationsplanung mehr erfolge, der „Druck“ auf Flächen mit empfindlichen Nutzungen oder Schutzanforderungen „tendenziell erhöhen“. Diese Entwicklungen könnten alle Schutzgüter der Umweltprüfung betreffen. Ihnen werde jedoch durch die Festlegung entgegengewirkt, dass „bei besonderen Konfliktlagen“ Vorranggebiete mit der Wirkung von Eignungsgebieten - bzw. nach der aufgrund der Einwände im Beteiligungsverfahren getroffenen Regelung bei näher bestimmter planerischer Erforderlichkeit - festzulegen seien. Da auf der Ebene der Landesplanung keine räumliche Konkretisierung einzelner Standorte erfolge, seien keine Aussagen über konkrete räumliche Auswirkungen auf einzelne Schutzgüter möglich. Zur „Nullvariante“ heißt es, ungeachtet der Aussage, dass mit dem geltenden LEP eine frühzeitige planerische Steuerung auf geeignete Standorte mit geringerem Konfliktpotential möglich sei, lasse sich die Entwicklung des Umweltzustands ohne die Planänderung nicht weitergehend prognostizieren. Die „Nullvariante“ komme aus den übergeordneten Zielvorstellungen des Plangebers, wie sie unter „Anlass und Ziel der geplanten Änderung“ ausgeführt seien, nicht „in Erwägung“. In der Bewertung einer Stellungnahme des MULNV in der genannten Email vom 24. November 2017 heißt es, in Bezug auf die Festlegungen, die den Rohstoffabbau betreffen, wende sich das MULNV (neben der im Koalitionsvertrag vorgesehenen Verlängerung der Versorgungszeiträume) gegen den Verzicht auf die Festlegung von Vorranggebieten mit Eignungswirkung, weil es durch diese Änderung eine Ausweitung des Abgrabungsgeschehens befürchte. Der Anregung zur Beibehaltung der bisherigen Regelung werde nicht gefolgt. „Bei Abgrabungen, die fachrechtlich ausreichend gesteuert werden könnten, wie fast alle Festgesteine, (sei) eine regionalplanerische Steuerung über Vorranggebiete ausreichend. Lediglich flächig vorkommende Rohstoffe, wie z. B. die Kiesvorkommen am Niederrhein, (benötigten) eine weitere Begrenzung über das Instrument der Vorranggebiete mit Eignungswirkung“ (Hervorhebungen im Original).
411Diesen Erwägungen des Plangebers und den diesbezüglichen Planunterlagen ist hinreichendes Material für eine Abwägung zu entnehmen. Der Plangeber hat ausgeführt, in welchen Konstellationen sich die Konzentrationszonenplanung bisher bewährt habe und in welchen es ihrer nach den bisherigen Erfahrungen nicht bedürfe. Insbesondere im Umweltbericht hat er die jedenfalls „tendenziell“ erwarteten Auswirkungen der Änderung - der Planungsebene entsprechend abstrakt - ermittelt. Die betroffenen Belange sind auch hinreichend abgewogen worden. Aus den Materialien, insbesondere aus dem Umweltbericht, der Synopse der Stellungnahmen der institutionellen Beteiligten und der Email vom 24. November 2017 ergibt sich, dass der Plangeber zur Änderung der Ziffer 9.2-1 nicht bereits von vornherein aufgrund einer politischen Festlegung im Koalitionsvertrag entschlossen war, sondern sie unter Berücksichtigung und nach Abwägung auch der durch sie betroffenen Belange aufgrund einer fachlichen Einschätzung getroffen hat. So hat er insbesondere im Umweltbericht erwogen, dass die Änderung eine stärkere Streuung des Abgrabungsgeschehens zur Folge haben werde, die mit einer gesteigerten Flächeninanspruchnahme und entsprechenden „störenden Randeffekten von Abgrabungen“ einhergehen werde. Diesen Auswirkungen werde jedoch durch die bei besonderen Konfliktlagen (bzw. nach der in Kraft getretenen Fassung bei näher bestimmter planerischer Erforderlichkeit) weiterhin verbindliche Konzentrationszonenplanung begegnet, sodass im Ergebnis das Ziel der (regelmäßigen) Verfahrenserleichterung überwiege. Damit ist eine ausreichende Abwägungsentscheidung des Plangebers erkennbar, die in der Gesamtschau durch die im Umweltbericht (erneut) gewählte Formulierung, die „Nullvariante“ komme „nicht in Erwägung“, nicht in Frage gestellt wird. Auch die Angabe, es seien keine Aussagen über konkrete räumliche Auswirkungen auf einzelne Schutzgüter möglich, ist nicht zu beanstanden. Einer näheren räumlichen Konkretisierung der möglicherweise eintretenden breiteren Streuung des Rohstoffabbaus bedurfte es auf der Ebene der Landesplanung nicht.
412c) Die nicht zu beanstandeten Änderungen der Ziffern 6.4-2 und 9.2-1 können selbstständig Bestand haben. Die Unwirksamkeit der Ziffern 2-3 und 2-4, 6.6-2, 6.1-2, 7.2-2, 7.3-1, 10.2-2 und 10.2-3, 10.1-4, 8.1-6 und 8.1-7, sowie 9.2-4 hat nicht im Wege der Gesamtunwirksamkeit auch die Nichtigkeit der Änderungen in den Ziffern 6.4-2 und 9.2-1 zur Folge.
413Grundsätzlich umfasst die stattgebende Entscheidung im Normenkontrollverfahren die gesamte Norm. Im Planungsverfahren stellt die Teilunwirksamkeit zur Gesamtunwirksamkeit eine von besonderen Umständen abhängende Ausnahme dar. Die Unwirksamkeit einzelner Festlegungen einer Norm führt - nach den allgemeinen Grundsätzen über die teilweise Nichtigkeit von Gesetzen und anderen Rechtsvorschriften (vgl. auch § 139 BGB) - ausnahmsweise dann nicht zur Gesamtunwirksamkeit eines Plans, wenn dieser objektiv teilbar ist, also ein isolierbarer Fehler vorliegt. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Bebauungsplan ist geklärt, dass Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, dann nicht zu dessen Gesamtnichtigkeit führen, wenn die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen für sich betrachtet noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB bewirken können und wenn die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch einen Plan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte. Umgekehrt ist eine Gesamtnichtigkeit festzustellen, wenn eine einzelne nichtige Festsetzung mit dem gesamten Bebauungsplan in einem untrennbaren Zusammenhang steht.
414Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. September 2002 - 4 CN 1.02 -, BVerwGE 117, 58 = juris, Rn. 12, Beschlüsse vom 24. April 2013 - 4 BN 22.13 -, juris, Rn. 3, und vom 6. November 2007 - 4 BN 44.07 -, juris, Rn. 3; OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 16. Juni 2014 - OVG 10 A 8.10 -, juris, Rn. 135.
415Es ist letztlich eine Frage des jeweiligen Einzelfalls, ob eine fehlerhafte Festsetzung zur Gesamt- oder zur Teilnichtigkeit des Plans führt.
416Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. September 2013 - 4 BN 40.13 -, juris, Rn. 6; Beschluss vom 6. November 2007 - 4 BN 44.07 -, juris, Rn. 3; OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 16. Juni 2014 - OVG 10 A 8.10 -, juris, Rn. 135.
417Diese Rechtsprechung ist auf einen Raumordnungsplan zu übertragen.
418Vgl. OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 16. Juni 2014 ‑ OVG 10 A 8.10 -, juris, Rn. 136.
419Auf ihrer Grundlage ist im vorliegenden Einzelfall eine Ausnahme von der Gesamtunwirksamkeit zu machen. Die Änderungen der Ziffern 6.4-2 und 9-2.1 sind von den genannten wegen beachtlicher Abwägungsmängel unwirksamen Änderungen des LEP NRW objektiv teilbar. Die dargestellten Abwägungsmängel nach § 7 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 7 ROG beziehen sich auf die Änderungen der Ziffern 6.4-2 und 9.2-1 gerade nicht. Den Änderungen der Ziffern 6.4-2 und 9.2-1 liegen, wie ausgeführt, jeweils ein raumordnerischer Belang nach § 2 Abs. 2 ROG und eine den Anforderungen des § 7 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 7 ROG genügende Abwägung der betroffenen, auf der Ebene der Landesplanung erkennbaren und bedeutsamen Belange zugrunde. Insoweit hat der Plangeber sich nicht (im Fall der Ziffer 6.4-2 nicht allein) von politischen Festlegungen leiten lassen, sondern die jeweiligen Änderungen (auch) fachlich begründet. Die Änderungen der Ziffern 6.4-2 und 9-2.1 bilden mit dem verbleibenden Gesamtgefüge des LEP NRW auch eine sinnvolle raumplanerische Ordnung. Sowohl die Herabsetzung des Mindestflächenbedarfs der landesbedeutsamen Standorte für flächenintensive Großvorhaben in Ziffer 6.4-2 als auch die Verpflichtung, Bereiche für die Rohstoffsicherung und den Abbau oberflächennaher Bodenschätze grundsätzlich als Vorranggebiete und ausnahmsweise als Vorranggebiete mit der Wirkung von Eignungsgebieten festzusetzen, stellen inhaltlich selbstständige Regelungen dar, die unabhängig von den wegen der festgestellten Abwägungsmängel unwirksamen Änderungen bestehen können. Die Materialien des Änderungsverfahren lassen darauf schließen, dass der Plangeber im Zweifel auch eine Änderung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte. Auch nach der wiedergegebenen ausdrücklichen Erklärung des Ministers für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie in der Sitzung des Ausschusses für Energie, Wirtschaft und Landesplanung vom 24. Januar 2018 (Apr 17/156 S. 29) liege zwar „der Schwerpunkt“ der LEP-Änderung in der Umsetzung des Koalitionsvertrags. Der Wille, gegebenenfalls auch unabhängig von dieser politischen Vereinbarung die auf die Ziffern 6.4-2 und 9.2-1 beschränkten Änderungen vorzunehmen, kommt aber darin zum Ausdruck, dass der Plangeber die Änderungen der Ziffern 6.4-2 und 9-2.1 jeweils (auch) unabhängig von politischen Vereinbarungen im Koalitionsvertrag fachlich begründet hat. Diese Gründe haben unabhängig von den politisch verfolgten Zielen Bestand.
420C. Soweit der Hauptantrag des Antragstellers unbegründet ist, haben auch die Hilfsanträge keinen Erfolg. Sie sind insoweit aus den gleichen Gründen unbegründet wie der Hauptantrag.
421D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Antragsteller hat mit seinem Hauptantrag beantragt, die am 5. August 2019 im Gesetz- und Verordnungsblatt bekannt gemachte Verordnung zur Änderung der Verordnung über den Landesentwicklungsplan vom 12. Juli 2019 mit Ausnahme der Ziffern 9.2-2 und 9.2-3 für unwirksam zu erklären. Die Verordnung enthält Änderungen von insgesamt 20 Zielen oder Grundsätzen der Raumordnung (Ziel 2-3, Ziel 2-4, Grundsatz 5-4, Grundsatz 6.1-2, Ziel 6.4-2. Ziel 6.6-2, Ziel 7.2-2, Ziel 7.3-1, Ziel 8.1-6, Ziel 8.1-7, Grundsatz 8.2-7, Ziel 9.2-1, Ziel 9.2-2, Ziel 9.2-3, Grundsatz 9.2-4, Ziel 10.1-4, Ziel 10.2-1, Ziel 10.2-2, Grundsatz 10.2-3, Ziel 10.2-5). Davon hat der Antragsteller mit seinem Hauptantrag 18 angegriffen. In Bezug auf 12 Änderungen hat der Hauptantrag Erfolg. Zwei angegriffene Änderungen sind rechtmäßig, zu vier Änderungen hat der Antragsteller nichts vorgetragen. Dieses Verhältnis entspricht näherungsweise der angegebenen Kostenquote. Die Hilfsanträge fallen kostenrechtlich nicht ins Gewicht.
422Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
423Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.