Seite drucken Entscheidung als PDF runterladen
1. Für die bei Prüfung eines Anspruchs auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Entnahme eines Wolfs nach § 45 Abs. 7 BNatSchG zu erstellende Gefahrenprognose kommt es nicht darauf an, ob bereits ein ernster Schaden eingetreten ist, sondern ob nach der insoweit maßgeblichen Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ein solcher Schaden in der Zukunft droht.
2. Dabei ist ausgehend von den zuvor dokumentierten Schadenfällen und unter Betrachtung der Entwicklung der Übergriffe nach Art und Zahl in der Vergangenheit zu bestimmen, wie hoch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die Wahrscheinlichkeit ist, dass das geschützte und zur Entnahme vorgesehene Tier zukünftig einen ernsten Schaden bei demjenigen verursachen wird, der die Ausnahmegenehmigung begehrt.
3. Nicht ausreichend ist eine abstrakte Gefährdung, vielmehr bedarf es deutlicher Anhaltspunkte für konkrete Gefährdungen. Je ernster der Schaden ist, den es abzuwenden gilt, desto geringere Anforderungen sind an den Grad der Wahrscheinlichkeit zu stellen.
4. In einem Wolfsterritorium wird ein hundertprozentiger Schutz vor Wolfsübergriffen nicht zu erreichen sein. Das insgesamt fünfmalige Überwinden des vom DBBW und vom BfN empfohlenen Herdenschutzes in Gestalt von 120 cm hohen Elektrozäunen innerhalb eines Zeitraums von mehr als drei Jahren genügt nicht für die Annahme, dass dieses Verhalten als ein vom üblichem Beuteschema eines Wolfes abweichendes, erlerntes und gefestigtes Jagdverhalten anzusehen ist, solange zahlreiche Übergriffe dokumentiert werden, in denen ein Mindestmaß an wolfsabweisendem Schutz nicht gegeben war.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
2Der Kläger betreibt in I. eine Schafzucht im Nebenerwerb. Seine Herde umfasst insgesamt ca. 180 Tiere, darunter 90 Mutterschafe, 20 Ziegen sowie 70 Jungtiere.
3Seit 2009 treten in NRW vereinzelt Wölfe auf. Im Jahr 2018 wurde erstmals die – im Volksmund „H. “ genannte – Fähe XX000x aus dem Herkunftsrudel „T. “ im Territorium T1. nachgewiesen und vor diesem Hintergrund am 1. Oktober 2018 das Wolfsgebiet T1. ausgewiesen. Diese umfasst auf einer Fläche von 957 km² einen bedeutenden Anteil des Naturparks I1. N. mit seinen ausgedehnten Wäldern und angrenzenden Kulturlandschaften. Nach Westen hin erstreckt sich das Wolfsgebiet bis zum Rhein, im Süden bis zur Bundesautobahn (BAB) 0. Es umfasst u.a. die Städte- und Gemeindegebiete T1. , I. , E. , P. , C. , W. , I2. , S. und E1. . Die umliegende „Pufferzone um das Wolfsgebiet“ erstreckt sich auf einer Fläche von 2.805 km² auf die angrenzenden Gemeinden.
4Zu der Wölfin gesellte sich im Jahr 2020 der Rüde XX0000x aus dem gleichen Herkunftsrudel. Nach letzten Erkenntnissen leben aktuell beide Wölfe sowie ein inzwischen etwa einjähriger Nachkomme als Rudel in dem Wolfsgebiet.
5Im Wolfsterritorium wurden in den Jahren 2018 und 2019 durch das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) jeweils 18 Übergriffe auf Nutztiere dokumentiert, die der Beklagte – ungeachtet nicht sicherer Individualisierung in drei Fällen – sämtlich der Wölfin XX000x zuordnete. Im Jahr 2018 wurden dabei insgesamt 47 Nutztiere getötet und 40 verletzt und im Jahr 2019 ausweislich der beim LANUV geführten Tabelle „Nutztierrisse“ (mit Stand 22. Februar 2021) 39 Nutztiere getötet und 17 verletzt. Im Jahr 2020 sind weitere 20 Übergriffe registriert worden, von denen 15 ausweislich der beim LANUV geführten Tabelle eindeutig der Wölfin XX000x zugeordnet werden konnten. Bei diesen 15 Übergriffen waren insgesamt 20 getötete Nutztiere (16 Schafe und dreimal Damwild) sowie neun verletzte Nutztiere zu verzeichnen. Bei fünf Angriffen mit nicht eindeutiger Zuordnung wurden weitere fünf Nutztiere getötet und zwei verletzt.
6Im Jahr 2021 sind im Wolfsgebiet T1. ausweislich der vom LANUV geführten und im Internet veröffentlichten Tabelle „Nutztierrisse“,
7https://wolf.nrw/wolf/de/management/nutztierrisse,
8bisher fünf Wolfsübergriffe im Territorium sicher nachgewiesen, von denen ein Riss der XX000x zuzuordnen ist, ein Riss dem XX0000x und bei einem weiteren Riss die Spuren von beiden Wölfen nachweisbar sind. Bei zwei von fünf Rissen ist eine Zuordnung nur zum Haplotyp02 möglich, nicht aber eine Individualisierung. Das letzte dokumentierte Rissereignis datiert vom 1. März 2021. Insgesamt wurden bei den Rissereignissen sechs Nutztiere getötet und ein Tier verletzt.
9In den Jahren 2018 und 2019 war auch die Herde des Klägers von den Wolfsübergriffen betroffen, nämlich im September und Oktober 2018, im Juni und Juli 2019 sowie im November und Dezember 2019, bei denen 25 Schafe getötet und vier Schafe verletzt wurden.
10Die beiden Übergriffe am 19. und 24. Dezember 2019 nahm der Kläger mit der Begründung, er habe nunmehr den zehnten Wolfsübergriff auf seine Herde zu beklagen, zum Anlass, am 24. Dezember 2019 die Entnahme der Wölfin und hilfsweise ihre Vergrämung zu beantragen.
11Im Rahmen der Prüfung dieses Antrags holte der Beklagte fachlichen Rat beim LANUV und dieses wiederum mehrere Stellungnahmen bei der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) ein, deren Aufgabe darin besteht, bundesweit aufbereitete Daten zu den Vorkommensgebieten und zur Bestandsentwicklung des Wolfes zur Verfügung zu stellen und bei speziellen Fragen Beratung für die Naturschutzbehörden anzubieten. Wegen des Inhalts der Stellungnahmen vom 29. Januar 2019, vom 30. August 2019 und vom 17. Dezember 2019 wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.
12Nach Anhörung des Klägers lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 29. Juni 2020 die Entnahme der Wölfin und die hilfsweise beantragte Vergrämung ab. Zur Begründung führte der Beklagte im Kern aus, der Wolf sei im Anhang IV der FFH-Richtlinie (FFH-RL) gelistet und gelte damit gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 13 und 14 BNatSchG als besonders bzw. streng geschützt, weshalb eine Entnahme grundsätzlich verboten sei. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung lägen nicht vor. Zwar sei im Fall des Klägers unter Berücksichtigung des Bestandsverlusts von 26 % des von ihm gehaltenen Gesamtbestandes ein ernster landwirtschaftlicher Schaden gegeben, allerdings lägen keine Erkenntnisse vor, dass die vom Kläger bereits umgesetzten Herdenschutzmaßnahmen – Ertüchtigung der Zäune und nächtliche Aufstallung – nicht wirksam seien. Es lägen keine gesicherten Erkenntnisse über die Art des Eindringens vor. Zudem bestünden zumutbare Alternativen zu der vom Kläger begehrten Entnahme der Wölfin. Die Anwendung angemessener Herdenschutzmaßnahmen stelle eine zumutbare Alternative dar. Dazu gehöre auch die Möglichkeit des Einsatzes von Herdenschutzhunden, deren Anschaffung vom Land NRW mit bis zu 100% der Kosten gefördert werde. Bei der Beurteilung, welche Maßnahmen zum Schutz von Weidetierbeständen vor Wolfsübergriffen typischerweise effektiv und zumutbar seien, könne auf die „Hinweise zur Erteilung artenschutzrechtlicher Ausnahmen nach § 45 Abs. 7 beim Wolf“ des ad-hoc-Arbeitskreises von Bund und Ländern vom 30. Oktober 2018 zurückgegriffen werden, wobei diese ausdrücklich keine abschließende Darstellung zumutbarer Alternativen enthielten. Schließlich komme auch eine Befreiung nach § 67 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG nicht in Betracht.
13Der Kläger hat am 10. Juli 2020 Klage gegen diesen Bescheid erhoben, soweit der Beklagte durch diesen die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Entnahme der Wölfin abgelehnt hat.
14Am 11. November 2020 ereignete sich ein weiterer Übergriff der Wölfin XX000x auf die Herde des Klägers, bei der ein Tier getötet wurde. Ob bei diesem Übergriff der vom Kläger aufgestellte Zaun Mängel aufwies, ist zwischen den Beteiligten streitig.
15Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor: Der Beklagte verkenne, dass die Wölfin XX000x nachweislich gelernt habe, den Herdenschutz durch Springen zu überwinden. Ein Lerneffekt zeige sich sowohl durch die örtliche Spezialisierung der Übergriffe als auch durch die Art und Weise der Übergriffe (Überspringen von Zäunen). Selbst wenn die Zäune nicht bei allen Übergriffen den empfohlenen Anforderungen genügt hätten, so habe sich sehr wohl gezeigt, dass die Wölfin problemlos stromführende Zäune mit einer Höhe von 120 cm überspringe. Dies rechtfertige die Annahme, dass das Überwinden derartiger Schutzzäune zum erlernten und gefestigten Jagdverhalten gehöre. Typischerweise würden Wölfe Zäune untergraben. Das Überspringen von Zäunen sei dagegen untypisch und daher auffällig. Die meisten Wölfe würden einen Elektrozaun von 90 cm Höhe respektieren. In seltenen Fällen hätten einzelne Wölfe einen derartigen Zaun jedoch übersprungen und hätten Beute an den Schafen gemacht. Hierdurch seien sie gleichsam für ihr mutiges Überspringen belohnt worden. In einem solchen Fall müsse der betreffende Zaun – möglicherweise alle Zäune in der Umgebung – auf mindestens 120 cm erhöht werden. Darüber hinausgehende Anforderungen an den Herdenschutz könnten im Rahmen der Gefahrenprognose nicht gestellt werden.
16Soweit Schwachstellen in den Zäunen gefunden und beanstandet worden seien, sei der Beklagte den Nachweis schuldig geblieben, dass die Wölfin genau an diesen Schwachstellen eingedrungen sei. Auch am 19. und 24. Dezember 2019 seien die Zäune intakt gewesen und bei der Besichtigung nicht beanstandet worden, so dass denklogisch nur ein Überspringen erfolgt sein könne. Grabespuren seien nicht gefunden worden. Nach den Übergriffen seien Kratzspuren im Boden aufgefunden worden, wie sie typischerweise anzutreffen seien, wenn die Wölfe vor dem Überspringen die Bodenqualität prüfen würden.
17Nicht nur bei ihm, sondern auch bei anderen Tierhaltern sei der empfohlene Herdenschutz bereits überwunden worden. Den Schafhaltern sei es beim Umsetzen der Schafe von einer Fläche auf die andere nicht zuzumuten, dauerhaft immer wieder mobile Zäune von höher als 120 cm auf- und abzubauen. Außerdem würden die Zäune mit zunehmender Höhe anfälliger gegen Windlast. Da die Schäfer in der betroffenen Region mangels rechtzeitiger Information über das Wolfsvorkommen nicht rechtzeitig die Vorgaben der Behörden zum Herdenschutz hätten umsetzen können, sei es für XX000x ein leichtes gewesen, sich an Schafe als Beutetiere zu gewöhnen und auf diese zu spezialisieren. Die Wölfin sei erblich vorbelastet, was das Überspringen von Zäunen angehe. Sie stamme aus dem T2. Rudel, das dafür bekannt sei, aus der Art zu schlagen. Die Wahrscheinlichkeit sei hoch, dass sie von ihren Eltern das Überspringen erlernt und in ihrem eigenen Territorium umgesetzt habe. XX000x werde von ihrem Bruder XX0000x und inzwischen von einem Welpen begleitet. Es bestehe die konkrete Gefahr, dass weitere inzestuöse Nachkommen gezeugt würden und dass die Mutterwölfin ihren Nachfahren die Angriffstechnik beibringe. Die dann zu erwartenden Schäden würden ebenfalls erheblich.
18Der Kläger ist ferner der Ansicht, es bestünden keine zumutbaren Alternativen zur Zulassung einer Ausnahme von § 44 BNatSchG. Die beiden Risse Ende des Jahres 2019 zeigten, dass kein wirksamer Schutz seiner Nutztiere durch Zäune möglich sei. Eine nächtliche Aufstallung der Schafe sei wegen des damit verbundenen Zeit- und Kostenaufwands nicht möglich bzw. nicht zumutbar. Sie sei auch nicht artgerecht. Außerdem setze ein nächtliches Aufstallen voraus, dass genügend Weidefläche in der Nähe des Stalls sei, woran es hier fehle. Die Flächen in unmittelbarer Nähe eines Stalls würden durch permanentes Beweiden Gefahr laufen, nicht genügend Futter herzugeben. Auch sei infolge des Schafkots ein überhöhter Nitrateintrag in den Boden zu befürchten. Ungeachtet dessen habe er inzwischen mit Genehmigung der zuständigen Behörde einen Schafstall errichtet. Die hierfür angefallen Baukosten von ca. 150.000 € seien nicht subventioniert, sondern aus seinen eigenen Mitteln bestritten worden.
19Der Einsatz von Herdenschutzhunden sei für ihn – den Kläger – ebenfalls keine zumutbare Alternative. Solche Hunde seien nicht für jeden Schäfer empfehlenswert. Herdenschutzhunde müssten idealerweise ein gewisses Alter habe, über Erfahrungen verfügen und seien nicht ohne weiteres am Markt zu erwerben. Je nach Alter und Ausbildung koste ein Herdenschutzhund bis zu 6.000 €. Zusätzlich falle je Hund ein Betrag von etwa 2.500 € jährlich für Futter und Unterhalt an. Erst ab einer Herdenmindestgröße von 100 Tieren werde die Anschaffung gefördert. Seine Herde untergliedere sich in vier verschiedene Herden, so dass er insgesamt acht Herdenschutzhunde benötigen würde. Er selbst unterschreite mit seiner Herde ohnehin die geforderte Mindestgröße. Außerdem passe der Einsatz von Herdenschutzhunden nicht zu seinen betrieblichen Strukturen. Bei einem anderen Schäfer, der bereits Herdenschutzhunde einsetze, seien ebenfalls Übergriffe erfolgt.
20Der Entnahme stehe nicht generell der gegenwärtige Erhaltungszustand der Wolfspopulation entgegen. Die Entnahme eines Einzelwolfes sei angesichts des günstigen Erhaltungszustands dieser Art mit mehr als 140 erschlossenen Territorien in Deutschland ohne signifikante Bedeutung. Dies gelte sogar dann, wenn man nur auf die Population in NRW abstelle.
21Der wirtschaftliche Schaden, der ihm unmittelbar durch die Risse entstanden sei, belaufe sich auf ca. 150 Euro je Tier. Darüber hinaus habe er weitere Folgeschäden erlitten. Die Zahl der Verlammungen und der nicht trächtig gewordenen Tiere sei signifikant gestiegen. 23 von 90 Muttertieren hätten keinen Nachwuchs. Der Erwerb tragender Schafe sei mit großem Aufwand verbunden. Durch die Wolfsübergriffe und die Nachsorge seien ihm Ausfallzeiten und Umsatzverluste entstanden, da er neben der Schafzucht landwirtschaftliche Lohnarbeiten und handwerkliche Arbeiten als Tischler ausübe.
22Die im Zuge des gerichtlichen Verfahrens erstellte gutachterliche Stellungnahme der DBBW vom 28. Januar 2021 lasse Fragen offen. Nicht nachvollziehbar sei insbesondere, warum die DBBW die Auffassung vertrete, dass der geforderte enge zeitliche und räumliche Zusammenhang nicht erfüllt sei. XX000x habe schon längst unter Beweis gestellt, in den definierten zeitlich-räumlich engen Abständen Nutztiere hinter empfohlenen Schutzmaßnahmen zu töten. Außerdem sei die der DBBW und dem Gericht zur Verfügung gestellte Rissliste in mehreren, relevanten Punkten fehlerhaft. Es gebe offenbar verschiedene, nicht deckungsgleiche Versionen der Risslisten. Der Aufbau der Rissliste als solche – egal welche Version – sei für eine externe Begutachtung zu oberflächlich, weil sie Angaben zur räumlichen Zuordnung nur in Gestalt der Gemeindebezeichnung enthalte. Außerdem sei mehrfach bei – im einzelnen aufgeführten – Rissvorfällen zu Unrecht die Bemerkung enthalten, dass der empfohlene Herdenschutz nicht eingehalten gewesen sei.
23Bezüglich der erforderlichen Neutralität zur Erstellung einer derartigen Stellungnahme seien von vornherein grundsätzliche Zweifel angebracht, da sich wesentliche Mitarbeiter des DBBW bereits stark für den Erhalt freilebender Wölfe eingesetzt hätten. Das zeigten zum einen die bisherigen Veröffentlichungen von Frau H1. L. und Frau J. S1. , aber auch deren sonstige Aktivitäten. Beide betrieben z.B. gemeinsam das M. Institut für Wolfsmonitoring und -forschung in Deutschland, welches u.a. die Integration der Wölfe in ihren Lebensraum und ihre Akzeptanz bei der Bevölkerung unterstütze, und sie seien auch im Rahmen einer Kooperation mit dem „Freundeskreis frei lebender Wölfe“ aktiv. Zudem habe im vorliegenden Fall der Auftraggeber mit seinem Fazit bei der Auftragsbeschreibung dem Auftragnehmer, der DBBW, klar signalisiert, wie das erwartete Ergebnis der Stellungnahme aussehen solle.
24Der Kläger nimmt ferner Bezug auf die Kleine Anfrage 5272 des Abgeordneten S2. T3. SPD (LT-Drucksache 17/13290) und auf die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5071 vom 3. März 2021 des Abgeordneten S2. T3. SPD (LT-Drucksache 17/12887).
25Der Kläger beantragt,
26den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 29. Juni 2020 zu verpflichten, ihm auf seinen Antrag vom 24. Dezember 2019 eine Ausnahmegenehmigung zur Entnahme der Wölfin XX000x zu erteilen.
27hilfsweise,
28den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 29. Juni 2020 zu verpflichten, seinen Antrag vom 24. Dezember 2019 auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Entnahme der Wölfin XX000x unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
29Der Beklagte beantragt,
30die Klage abzuweisen.
31Er wendet ein: Nach der Rechtsprechung des EUGH müsse eine restriktive Auslegung der Ausnahmetatbestände entscheidungsleitend sein. Mit dem Ablehnungsbescheid sei bestätigt worden, dass ein ernsthafter Schaden im Sinne des Gesetzes vorliege. Eine Ausnahme dürfe ungeachtet dessen jedoch nur zugelassen werden, wenn zumutbare Alternativen nicht gegeben seien und sich der Erhaltungszustand der Populationen einer Art nicht verschlechtere, soweit nicht Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 92/43/EWG weitergehende Anforderungen enthalte. Neben den vom Kläger inzwischen ergriffenen Maßnahmen, wie Ertüchtigung der Zäune und temporäre nächtliche Aufstallung, sei die Anwendung angemessener Herdenschutzmaßnahmen eine angemessene Alternative. Dies gelte z.B. auch für den Einsatz von Herdenschutzhunden.
32Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
33Er hat im Laufe des Gerichtsverfahrens eine weitere Stellungnahme der DBBW eingeholt. Diese hat sich unter dem 29. Januar 2021 im Kern wie folgt geäußert:
34„Wir leiten aus den geschilderten Informationen ab, dass die Wölfin XX000x über die Jahre anhand von vielen Möglichkeiten, Nutztiere zu töten, die wenig oder gar nicht geschützt sind, gelernt hat, unter bestimmten Bedingungen auch fachlich empfohlene Schutzmaßnahmen zu überwinden. Sie zeigt dieses Verhalten aber bisher nicht in zeitlich-räumlich engen Abständen, d.h. in eskalierender Form, sondern als seltene Ausnahme. In den meisten Fällen tötet sie Nutztiere, bei denen sie gar keine oder nur geringe Schutzmaßnahmen überwinden muss.“
35Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
36Entscheidungsgründe:
37Die Klage bleibt sowohl mit dem Hauptantrag als auch mit dem Hilfsantrag ohne Erfolg.
38Der Haupt- und Hilfsantrag sind zulässig.
39Der Kläger ist im Besonderen klagebefugt. Nach § 42 Abs. 2 VwGO ist eine Klage, sofern gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, dann zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein. Eine ausdrückliche Regelung, wem ein Recht auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG – oder auf fehlerfreie Ermessensauübung der Behörde bei der Entscheidung darüber – zusteht, enthält die Vorschrift nicht. Nach der Schutznormtheorie ist in der Regel derjenige klagebefugt, dessen Schutz von der in Anspruch genommenen Vorschrift bezweckt wird.
40Vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Februar 1977 - IV C 22.75 -, juris Rn. 26, und vom 11. Oktober 2016 - 2 C 11/15 -, juris Rn. 27; VG Sigmaringen, Urteil vom 2. April 2019 - 3 K 74/17 -, juris Rn. 13; Sodan, in: Sodan / Ziekow, VwGO, 5. Auflage (2018), § 42, Rn. 386 ff., m. w. N.
41Vorliegend erscheint es möglich, dass der Kläger von dem Normzweck des § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG, umfasst ist. Die Vorschrift gewährt eine Ausnahme zum Zwecke der Abwendung von Schäden im Bereich der Land-, Forst-, Fischerei- und Wasserwirtschaft, soweit diese „ernst“ sind. Zweck der Norm ist es, Ausnahmen für die berufsmäßige Land-, Forst-, Fischerei-, Wasser- oder sonstige Wirtschaft zuzulassen, wenn es zu einer Beeinträchtigung oder Verschlechterung der wirtschaftlichen Grundlage einzelner Betriebe kommt.
42Vgl. Lau in: Frenz / Müggenborg, BNatSchG, 3. Auflage (2021), § 45 BNatSchG Rn. 17.
43Eine solche Beeinträchtigung seines Nebenerwerbsbetriebes aufgrund des artenschutzrechtlichen Entnahme- / Tötungsverbotes macht der Kläger hier geltend.
44Sowohl der Haupt- als auch der Hilfsantrag sind jedoch unbegründet.
45Der auf die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der Ausnahmegenehmigung gerichtete Hauptantrag ist unbegründet. Die ablehnende Entscheidung des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Dem Kläger steht nach der in Entscheidungen über Verpflichtungs- und Bescheidungsklagen grundsätzlich maßgeblich Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung,
46vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juni 2003 - 4 B 14/03 -, juris Rn. 9, m.w.N.,
47kein Anspruch auf Erteilung der begehrten Ausnahme vom Entnahmeverbot zu.
48Ermächtigungsgrundlage für die begehrte Ausnahme ist § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG. Danach können die zuständigen Naturschutzbehörden unter anderem von den Verboten des § 44, mithin auch von dem artenschutzrechtlichen Tötungs- und Entnahmeverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, unter das als besonders und streng geschützte Art (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 13 und 14 BNatSchG) der Wolf fällt, Ausnahmen zur Abwendung ernster land-, forst-, fischerei-, wasser- oder sonstiger erheblicher wirtschaftlicher Schäden zulassen. Eine Ausnahme darf nach § 45 Abs. 7 Satz 2 BNatSchG nur zugelassen werden, wenn zumutbare Alternativen nicht gegeben sind und sich der Erhaltungszustand der Populationen einer Art nicht verschlechtert, soweit nicht Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 92/43/EWG weiter gehende Anforderungen enthält. Artikel 16 Absatz 3 der Richtlinie 92/43/EWG und Artikel 9 Absatz 2 der Richtlinie 2009/147/EG sind zu beachten (§ 45 Abs. 7 Satz 3 BNatSchG).
49Auch wenn § 45 Abs. 7 Satz 1 BNatSchG – anders als etwa § 30 Abs. 3 BNatSchG – kein ausdrückliches Antragserfordernis enthält, wird eine naturschutzrechtliche Ausnahme gemäß § 45 Abs. 7 Satz 1 BNatSchG nur auf Antrag erteilt.
50Vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27. Juli 2018 - 2 M 61/18 -, juris Rn. 7.
51Den hiernach erforderlichen Genehmigungsantrag hat der Kläger gestellt. Der Kläger, der einen landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb führt, ist als von Übergriffen des Wolfs Betroffener auch antragsbefugt.
52Es fehlt für die begehrte Erteilung einer Ausnahmegenehmigung vom Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG jedoch bereits an dem erforderlichen Ausnahmegrund.
53§ 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG gewährt eine Ausnahme zum Zwecke der Abwendung von Schäden im Bereich der Land-, Forst-, Fischerei- und Wasserwirtschaft, soweit diese „ernst“ sind. Gleiches gilt für die Abwendung sonstiger ernster wirtschaftlicher Schäden. Der Ausnahmegrund findet seine Entsprechung in Art. 16 Abs. 1 Buchst. b) Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (FFH-RL). Danach können die Mitgliedstaaten u. a. von den Bestimmungen der Art. 12 und 13 FFH-RL zur Verhütung ernster Schäden insbesondere an Kulturen und in der Tierhaltung sowie an Wäldern, Fischgründen und Gewässern sowie an sonstigen Formen von Eigentum abweichen.
54Bis zur Änderung durch Gesetz vom 4. März 2020 stellte § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG noch auf „erhebliche“ Schäden ab. Mit dem Begriffswechsel von „erheblich“ auf „ernst“ soll zwar immer noch zum Ausdruck gebracht werden, dass ein mehr als nur geringfügiger Schaden vorliegen bzw. zu erwarten sein muss, es aber keiner unzumutbaren Belastung, insbesondere keiner Existenzgefährdung oder eines unerträglichen Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, bedarf.
55Vgl. Lau in: Frenz / Müggenborg, BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 45 BNatSchG Rn. 17.
56Auch nach der Gesetzesänderung verbleibt es zudem dabei, dass lediglich in Bezug auf die berufsmäßige Land-, Forst-, Fischerei-, Wasser- oder sonstige Wirtschaft die Ausnahme nach Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 eröffnet ist, wobei gemäß § 45a Abs. 2 Satz 2 BNatSchG ernste wirtschaftliche Schäden auch dann drohen können, wenn ein Wolf nicht landwirtschaftlich gehaltene Weidetiere reißt, soweit diese durch zumutbare Herdenschutzmaßnahmen geschützt waren.
57Vgl. Lau in: Frenz / Müggenborg, BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 45 BNatSchG Rn. 17.
58In diesem Zusammenhang ist unerheblich, dass das Land NRW als Ausgleich von Schäden an Nutz- und Haustieren Billigkeitsleistungen gewährt. Zwar werden gerissene Weide- oder Haustiere nach Bestätigung der Verletzung oder des Todes durch Wolfsübergriffe nach Antrag bei den Bezirksregierungen entschädigt, sofern die entsprechenden Voraussetzungen dafür erfüllt werden.
59Vgl. im Einzelnen: Richtlinien über die Gewährung von Billigkeitsleistungen und Zuwendungen zur Minderung oder Vermeidung von durch den Wolf verursachten wirtschaftlichen Belastungen (Förderrichtlinien Wolf), Runderlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz - III-4 - 615.14.01.01 - vom 3. Februar 2017 mit Stand vom 29. Dezember 2020.
60Doch ist für die Prüfung der Erheblichkeit des drohenden Schadens nicht von einem rein wirtschaftlich-monetären Schadensverständnis auszugehen. Art. 16 Abs. 1 Buchst. b) FFH-Richtlinie, deren Umsetzung § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG dient, trägt dem grundrechtlichen Schutz des Privateigentums im Unionsrecht Rechnung, so dass für § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG Entsprechendes zu gelten hat. Mit jedem Riss tritt eine Eigentumsverletzung (Art. 14 GG) und damit ein landwirtschaftlicher Schaden ein. Daher wird eine verursachte Eigentumsverletzung durch eine Kompensationsleistung Dritter nicht unbeachtlich.
61Vgl. Niedersächsisches OVG, Beschlüsse vom 26. Juni 2020 - 4 ME 97/20 -, juris Rn. 30, und vom 22. Februar 2019 - 4 ME 48/19 -, juris Rn. 6; VG Oldenburg, Beschluss vom 15. Februar 2019 - 5 B 472/19 -, juris Rn. 19; Rüwe, NdsVBl 2020, 65 (69).
62Für die zu erstellende Gefahrenprognose kommt es nicht darauf an, ob bereits ein ernster Schaden eingetreten ist, sondern ob ein solcher Schaden in der Zukunft droht.
63Vgl. Niedersächsisches OVG, Beschlüsse vom 24. November 2020 - 4 ME 199/20 -, juris Rn. 11 und vom 26. Juni 2020 - 4 ME 116/20 -, juris Rn. 24.
64Dies folgt aus der vom Gesetzgeber verwendeten Formulierung, dass die Ausnahmen „zur Abwendung“ von Schäden zugelassen werden können. Neben möglichen zukünftigen Schadenereignissen sind aber bereits erfolgte Rissereignisse bzw. Schäden in die Gefahrenprognose mit einzubeziehen.
65Vgl. Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 22. Februar 2019 - 4 ME 48/19 -, juris Rn 6; VG Oldenburg, Beschluss vom 15. Februar 2019 - 5 B 472/19 -, juris Rn. 16; Rüwe, NdsVBl 2020, 65 (68).
66Der bereits eingetretene oder noch drohende Schaden muss kausal auf Einwirkungen der Tiere zurückzuführen sein. Darüber hinaus genügen reine Vermögensschäden, insbesondere die Verhinderung der Realisierung etwaiger Gewinnaussichten, noch nicht für die Eröffnung des Ausnahmetatbestands des Abs. 7 Satz 1 Nr. 1.
67Lau in: Frenz / Müggenborg, BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 45 BNatSchG Rn. 18.
68Nicht ausreichend ist eine abstrakte Gefährdung, vielmehr bedarf es deutlicher Anhaltspunkte für konkrete Gefährdungen.
69Vgl. Köck, NuR 2018, 812 (814); Rüwe, NdsVBl. 2020, 65 (69).
70Je ernster der Schaden ist, den es abzuwenden gilt, desto geringere Anforderungen sind an den Grad der Wahrscheinlichkeit zu stellen. Die Schadensprognose hat nicht schematisch zu erfolgen und hängt nicht pauschal von einer bestimmten Mindestzahl von Rissvorfällen innerhalb eines Jahres ab. Es kommt vielmehr auf eine einzelfallbezogene Würdigung der konkreten Umstände an.
71Vgl. Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 24. November 2020 - 4 ME 199/20 -, juris Rn. 19.
72Im Falle des Klägers ist für die gerichtliche Entscheidung nicht darauf abzustellen, ob dem Kläger zum Zeitpunkt der Antragstellung bei der Beklagten oder zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung ein (nach der früheren Gesetzesfassung) erheblicher Schaden bzw. (nach der gegenwärtig geltenden Fassung) ein ernster Schaden drohte, oder ob ein derartiger Schaden zu diesem Zeitpunkt bei ihm bereits eingetreten war. Vielmehr ist ausgehend von den bisher dokumentierten Rissvorfällen und unter Betrachtung der Entwicklung der Übergriffe nach Art und Zahl in der Vergangenheit zu bestimmen, wie hoch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die Wahrscheinlichkeit ist, dass die Wölfin GW954f zukünftig einen ernsten Schaden beim Kläger verursachen wird.
73Der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung, ein beim Betroffenen bereits eingetretener erheblicher bzw. ernster Schaden mache eine solche Gefahrenprognose entbehrlich, kann in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Ein bereits eingetretener ernster Schaden stellt zwar ein gewichtiges Indiz dafür dar, dass zukünftig weitere ernste Schäden drohen, die es abzuwenden gilt. Ein bereits eingetretener ernster Schaden kann jedoch allenfalls für eine begrenzte Dauer eine Gefahrenprognose entbehrlich machen. Beispielsweise kann ein aufgrund von Wolfsübergriffen entstandener ernster landwirtschaftlicher Schaden, der langezurückliegt, nicht mehr dazu berechtigen, auch Jahre später noch – etwa nachdem auf Grund eines um die Entnahme geführten Rechtsstreits der Instanzenweg beschritten wurde – den dafür verantwortlichen Wolf zu entnehmen, wenn es in der dazwischen liegenden Zeitspanne zu keinerlei Übergriffen mehr gekommen ist und andere Anhaltspunkte für bevorstehende erneute Rissaktivitäten nicht erkennbar sind. Denn mit der Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG soll nicht ein „Fehlverhalten“ des nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG geschützten Tieres sanktioniert werden, sondern es sollen (weitere) ernste Schäden abgewendet werden. War in der Vergangenheit – wovon der Beklagte in dem streitgegenständlichen Bescheid bezogen auf den Zeitpunkt seiner Entscheidung ausgegangen ist – ein ernster Schaden bereits eingetreten, so führt dies nicht zwingend zu der Schlussfolgerung, dass diese Annahme auch noch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung Geltung entfaltet. Haben sich nämlich Faktoren verändert, die Einfluss auf die Art und Weise und/oder die Häufigkeit von Wolfsübergriffen haben können, so ist dem in der Gefahrenprognose Rechnung zu tragen. Hat etwa die Umsetzung von Herdenschutzmaßnahmen bereits zu einem deutlichen Rückgang der Rissereignisse geführt, ist dies bei der Gefahrenprognose zu berücksichtigen.
74So liegt der Fall hier.
75Ist für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG ungeachtet des von dem Beklagten im streitgegenständlichen Bescheid in Bezug auf den Betrieb des Klägers angenommenen (erheblichen) Schadens eine Gefahrenprognose erforderlich, so sind hierfür die in der Vergangenheit aufgetretenen Übergriffe in ihrer Gesamtheit – und nicht nur beim Kläger – in den Blick zu nehmen. Denn nur bei einer solchen Gesamtschau der Rissereignisse, die alle maßgeblichen Umstände einbezieht, lassen sich Rückschlüsse auf das frühere und zukünftige Jagdverhalten der Wölfin ziehen. Überwindet beispielsweise ein Wolf mehrfach die empfohlenen Schutzmaßnahmen und reißt Weidetiere, ist davon auszugehen, dass ein solcher Wolf gelernt hat, dass Nutztiere eine leicht zu erlegende Beute sind und immer wieder einen Weg suchen wird, Schutzmaßnahmen zu überwinden. Gegebenenfalls wird dieses Verhalten auch an andere Wolfsindividuen weitergegeben. Wölfe sind soziale Tiere, bei denen viele Verhaltensweisen nicht angeboren, sondern erlernt sind. Eine solche Potenzierung aufgrund erlernten Verhaltens und dessen möglicher Weitergabe kann dann dazu führen, dass ein ernster Schaden für den betroffenen Betrieb droht. Lässt sich eine konkrete Bedrohung der Weidetierhaltung feststellen, können daran Ausnahmeentscheidungen geknüpft werden. Diese sind zeitlich und räumlich genau einzugrenzen. Parameter für die Schadensprognose im Einzelfall können insbesondere sein: Häufigkeit des Überwindens des empfohlenen Herdenschutzes, enger zeitlicher Zusammenhang der Rissereignisse (im Regelfall maximal vier Wochen), enger räumlicher Zusammenhang (maximal die Größe eines Territoriums), Lernverhalten des Wolfes.
76Vgl. Anlage 4 zum schriftlichen Bericht des BMU für die 91. Umweltministerkonferenz zu TOP 22 „Umgang mit dem Wolf“:, S. 7 f.
77Ausgehend hiervon konnte die Kammer vorliegend nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand nicht die notwendige volle Überzeugung gewinnen, dass der Kläger auch in Zukunft mit hinreichender Wahrscheinlichkeit und der gebotenen Häufigkeit von Übergriffen der Wölfin XX000x auf seine Herde unter Überwindung des ihm zuzumutenden Herdenschutzes betroffen sein wird, die einen ernsten wirtschaftlichen Schaden für ihn befürchten lassen. Selbst wenn es der Wölfin in Einzelfällen gelungen sein sollte, sogar den empfohlenen Herdenschutz in Gestalt von Elektrozäunen zu überwinden, so gibt es derzeit keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Wölfin zunehmend auf die Bejagung von Schafen spezialisiert hat und Herdenschutzzäune hiergegen keinen Schutz mehr bieten.
78Für den optimalen Schutz und in Fällen, in denen Maßnahmen des Mindestschutzes von Wölfen überwunden wurde, werden elektrische Zäune mit folgenden Eigenschaften bzw. in folgender Kombination empfohlen:
79mind. 120 cm Höhe, straff gespannt und bodenbündiger Abschluss (Netzzaun) bzw. unterster Draht/Litze bei max. 20 cm;
niedrigere Netzzäune (≥ 90 cm) können durch eine zusätzliche oder integrierte Breitbandlitze auf 120 cm Höhe aufgestockt werden; alternativ können sie auch in Kombination mit Herdenschutzhunden eingesetzt werden;
Draht-/Litzenzäune sollten aus mind. fünf Drähten/Litzen bestehen (Abstand vom Boden 20, 40, 60, 90, 120 cm).
Grundlage für diese Empfehlungen sind langjährige Erfahrungen aus Skandinavien und in verschiedenen Bundesländern mit Wolfsvorkommen in Deutschland. Hierbei zeigte sich, dass in mehreren Situationen, in denen Wölfe gelernt hatten, 90 cm hohe Elektronetze zu überwinden, durch die Kombination der Netze mit einer in ca. 120 cm Höhe darüber gespannten Breitbandlitze oder durch die Kombination der Netze mit gut arbeitenden Herdenschutzhunden weitere Übergriffe verhindert werden konnten. Die bisherigen Erfahrungen mit Herdenschutzmaßnahmen und sich daraus ableitende empfohlene Präventionsmaßnahmen wurden Anfang 2019 im BfN-Skript "Empfehlungen zum Schutz von Weidetieren und Gehegewild vor dem Wolf" veröffentlicht.
84Vgl. zu alldem: Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.), Empfehlungen zum Schutz von Weidetieren und Gehegewild vor dem Wolf, BfN-Skripten 530 (2019), S. 7 f.; DBBW, https://dbb-wolf.de/Wolfsmanagement/herdenschutz.
85Demgegenüber werden für den nach Ziff. 2.4.1.2 der Förderrichtlinien Wolf für die Zuerkennung einer Billigkeitsleistung gebotenen Grundschutz geringere Anforderungen gestellt. Hiernach können Billigkeitsleistungen innerhalb eines bekannt gegebenen Wolfsgebiets gewährt werden, wenn die Voraussetzungen der Nummer 2.4.1.1 vorliegen und bei der Haltung von Schafen, Ziegen und Gehegewild vor dem Schadenseintritt folgender Grundschutz bestand:
86a. ein mindestens 90 Zentimeter hohes stromführendes Elektronetz oder ein Zaun mit mindestens fünf stromführenden Litzen (untere stromführende Litze maximal 20 Zentimeter über dem Boden), die jeweils über eine Spannung von mindestens 2,5 Kilovolt und 2 Joule Entladungsenergie verfügen, oder
b. ein stationärer Zaun von mindestens 120 Zentimeter Höhe mit einem Untergrabeschutz (mit einem bodengleichen Spanndraht oder stromführender Litze) oder
c. für Gehegewild ein mindestens 180 Zentimeter hohes Knotengitter oder Maschendrahtzaun mit jeweiligem Untergrabeschutz.
In einer Übergangszeit bis zum 17. September 2020 oder von einem halben Jahr nach Bekanntgabe eines Wolfsgebiets konnte ein Schaden auch ohne einen entsprechenden Grundschutz ausgeglichen werden.
91Die Herde des Klägers war vornehmlich in den Jahren 2018 und 2019 von Übergriffen und Rissen betroffen, hingegen seit Beginn des Jahres 2020 nur noch ein einziges Mal. Dabei ereignete sich der erste Übergriff im September 2018, ohne dass der sog. Grundschutz im Sinne von Ziff. 2.4.1.2 der Förderrichtlinien Wolf gewahrt gewesen wäre. Auch sämtliche Übergriffe der Wölfin bei anderen Nutztierhaltern im Jahr 2018 erfolgten, ohne dass die Wölfin hierfür den Grundschutz nach den Förderrichtlinien hätte überwinden müssen. Vielmehr kamen diverse Zaunkonstruktionen zum Einsatz, die dem nach den Förderrichtlinien gebotenen Grundschutz nicht genügten. Diese Rissereignisse haben sämtlich außer Betracht zu bleiben. Denn im Rahmen der Gefahrenprognose kommt es nur darauf an, ob die Rissereignisse den Schluss zulassen, dass bei dem Wolf, dessen Tötung genehmigt wird, der Angriff auf die betroffenen Nutztiere als erlerntes und gefestigtes Jagdverhalten anzusehen ist. Dies verbietet es, Rissereignisse in die Schadensprognose einzubeziehen, bei denen die Weidetiere dem Wolf geradezu schutzlos ausgeliefert waren. In diesem Fall wäre nämlich nicht auszuschließen, dass es sich bei dem Riss um ein Zufallsereignis handelt, bei der ein oder mehrere Wölfe, die ansonsten ein unauffälliges Jagdverhalten zeigen, lediglich eine leichte Gelegenheit zum Beutemachen ausgenutzt haben. Ein Rissereignis kann daher nur dann in die Gefahrenprognose einbezogen werden, wenn für die betroffenen Nutztiere ein Mindestmaß an wolfsabweisendem Schutz gegeben war.
92Vgl. Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 24. November 2020 - 4 ME 199/20 -, juris Rn. 17.
93Bei der Betrachtung des weiteren Schadenverlaufs fällt auf, dass die Herde des Klägers beim zweiten Übergriff im Oktober 2018 sowie nachfolgend in der Zeitspanne bis zum 17. November 2019 von weiteren fünf Übergriffen im Jahr 2019 betroffen war, bei denen der Grundschutz eingehalten worden war, wohingegen nach mängelfreier Umsetzung des weitergehenden Herdenschutzes gemäß den o.g. Empfehlungen von BfN und DBBW die Tiere des Klägers nur noch im Dezember 2019 zweimal Übergriffen ausgesetzt waren. Im darauffolgenden Jahr 2020 hatte der Kläger nur mehr einen einzigen Rissvorfall – im November – zu beklagen, wobei zugunsten des Klägers unterstellt werden mag, dass bei dem seine Herde betreffenden Übergriff am 11. November 2020 ebenfalls der vom DBBW empfohlene (höhere) Schutz – mittels 120 cm Elektronetz mit Litze – gegeben war. Dem stehen aber in den Jahren 2019 und 2020 zahlreiche Angriffe auf Nutztiere anderer Halter gegenüber, bei denen nicht einmal der Grundschutz gewahrt worden war. Dies gilt für acht von zehn Übergriffen im Jahr 2019 und für 17 von 19 Übergriffen im Jahr 2020 (vgl. Tabelle „Nutztierrisse“ mit Stand 22.02.2021). Für das Jahr 2020 sind demnach für das gesamte Wolfsgebiet insgesamt nur drei Übergriffe – nämlich am 26. August 2020 und am 27. August 2020 jeweils in T1. sowie (auf die Herde des Klägers) am 11. November 2020 in I. – dokumentiert, in denen mindestens der Grundschutz nach den Förderrichtlinien gegeben war.
94Waren in allen übrigen Fällen, die sich im Jahr 2020 ereignet haben, die Schutzmaßnahmen der betroffenen Tierhalter unzureichend im Sinne der von den Förderrichtlinien gestellten geringeren Anforderungen, so zeigt dies, dass der Kläger nicht etwa nur aus Zufall von weiteren Angriffen auf seine Herde – von dem Übergriff am 11. November 2020 abgesehen – verschont geblieben ist, sondern weil die Wölfin XX000x weiterhin diejenige Beute bevorzugt, die für sie leichter zu erreichen ist. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung versucht hat, die geringe Anzahl der von ihm seit Beginn des Jahres erlittenen Schadensfälle mit der Aufstallung der Tiere und des Verbringens auf andere Weideflächen außerhalb des von ihm so bezeichneten „Hotspots“ zu erklären, vermochten seine Ausführungen das Gericht nicht zu überzeugen. Ungeachtet dessen, dass die Tiere jedenfalls nicht in Gebiete außerhalb des Wolfsterritoriums verbracht wurden und dass die diesbezüglichen Erklärungen des Klägers zur Verbringung und zur Aufstallung auch auf entsprechende Nachfragen des Gerichts zu konkreten Zeiträumen und Orten vage und ausweichend geblieben sind, hat der Kläger eingeräumt, dass wenigstens eine Teilherde von 22 Tieren jedenfalls im Sommer 2020 auf den angestammten Weideflächen verblieben ist, ohne dass sich ein Wolfsübergriff ereignet hätte. Soweit bei anderen Tierhaltern Rissereignisse im Jahr 2021 dokumentiert wurden, war auch in diesen Fällen ausreichender Grundschutz nach den Förderrichtlinien nicht gegeben. Lediglich in Bezug auf den Vorfall am 1. Februar 2021 ist ausweislich der Tabelle mit Stand vom 22. Februar 2021 festgestellt worden, dass der Grundschutz eingehalten wurde. Daraus lässt sich ableiten, dass der Kläger, der sich erkennbar stets bemüht hat, den Herdenschutz durch dementsprechende Maßnahmen zu verbessern, auch zukünftig bei Einhaltung des Herdenschutzes nur mit geringer Wahrscheinlichkeit der Gefahr ausgesetzt sein wird, dass die Wölfin XX000x oder ein von ihr „angelerntes“ Tier, unter Überwindung dieses Herdenschutzes Tiere aus seiner Herde reißen wird. Diese Gefahr ist jedenfalls nach gegenwärtiger Prognose so gering, dass sich die Entnahme der Wölfin XX000x als Individuum einer streng geschützten Art gegenwärtig nicht rechtfertigen lässt.
95Selbst wenn es der Wölfin im vergangenen Jahr in wenigen Einzelfällen – nämlich einmal im November beim Kläger und zweimal im August bei anderen Schafhaltern – gelungen sein sollte, sogar den über den Grundschutz hinausgehenden, empfohlenen Herdenschutz zu überwinden, so gibt es doch nach dem derzeitigen Erkenntnisstand keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Wölfin zunehmend auf die Bejagung von Schafen spezialisiert hat und Herdenschutz in Gestalt von 120 cm hohen Elektrozäunen hiergegen generell keinen Schutz mehr bietet. Das insgesamt fünfmalige Überwinden des vom DBBW und vom BfN empfohlenen Herdenschutzes in Gestalt von 120 cm hohen Elektrozäunen innerhalb eines Zeitraums von mehr als drei Jahren genügt nicht für die Annahme, dass dieses Verhalten als ein vom üblichem Beuteschema eines Wolfes abweichendes, erlerntes und gefestigtes Jagdverhalten anzusehen ist, solange zahlreiche Übergriffe dokumentiert werden, in denen nicht einmal ein Mindestmaß an wolfsabweisendem Schutz gegeben war. Das Gericht geht davon aus, dass in einem Wolfsterritorium ein hundertprozentiger Schutz vor Wolfsübergriffen nicht zu erreichen sein wird und es in Einzelfällen dem Wolf auch gelingen mag, empfohlenen Herdenschutz zu überwinden. Das bisherige Verhalten der Wölfin zeigt aber, dass Wildtiere nach wie vor eine gewichtige, wenn nicht sogar die Hauptquelle ihrer eigenen Ernährung und der Ernährung des Rudels bilden, denn von den in den Jahren 2020 und auch 2021 dokumentierten Rissen kann sich die Wölfin, erst recht nicht das Rudel, in ausreichender Weise ernährt haben. Zu Recht verweisen der Beklagte und der Beigeladene in diesem Zusammenhang auf das reiche Nahrungsangebot an Wildtieren im Wolfsterritorium.
96Die Kammer sieht sich in ihrer Einschätzung durch die DBBW bestätigt, deren Fachkompetenz und Unvoreingenommenheit auch unter Berücksichtigung der klägerischen Einwendungen nicht in Frage zu stellen ist. In ihrer Stellungnahme vom 28. Januar 2021 weist die DBBW darauf hin, auffallend sei, dass in 2018 und 2020 der Anteil von Übergriffen auf Weidetiere, die nicht mindestens nach Grundschutz (entsprechend der Förderrichtlinie Wolf NRW) geschützt sind, sehr hoch sei. Diese Übergriffe würden die Mehrheit der Fälle ausmachen. Ausgehend von etwa 18 Übergriffen pro Jahr würden die Wölfe in T1. an etwa jedem 20. Tag Nutztiere töten. Dies zeige, dass sie ihre Ernährung weitgehend mit Wildtierrissen bestritten, d.h. Nutztiere töteten, wenn sie die Gelegenheit dazu hätten. Sie bräuchten Nutztiere aber nicht als Nahrungsgrundlage.
97Soweit der Kläger geltend macht, das Gericht müsse auch berücksichtigen, dass der wirtschaftliche Schaden, der ihm durch die Risse entstanden sei, sich nicht nur auf 150 Euro für jedes gerissene Tier belaufe, sondern die Zahl der Verlammungen und der nicht trächtig gewordenen Tiere signifikant gestiegen sei und er zudem durch die Wolfsübergriffe berufliche Ausfallzeiten und Umsatzverluste erlitten habe, hat dieser Vortrag keine andere Gefahrenbeurteilung zur Folge.
98Im Rahmen der Gefahrenprognose kann die vom Kläger geltend gemachte Zahl der Verlammungen und der Tiere, die nicht trächtig geworden sind, keine Berücksichtigung finden. Es lässt sich bereits nicht feststellen, dass die Verlammungen und die Abnahme der Zahl trächtiger Mutterschafe kausal auf Einwirkung der Wölfin zurückzuführen ist. Auch viele andere Faktoren können den Zuchterfolg nachteilig beeinflussen. Eine Verursachung durch die Wolfsübergriffe erscheint zwar möglich, ist aber nicht verifiziert. Soweit es die geltenden Ausfallzeiten und Umsatzverluste betrifft, mag offenbleiben, ob derartige Vermögensschäden als Folgeschäden grds. in die Schadenbewertung einzubeziehen sind. Wird aber im Rahmen der Gefahrenprognose – wie dargelegt – davon ausgegangen, dass der Kläger in Zukunft allenfalls vereinzelt Übergriffe auf seine Herde zu befürchten hat, so ist ausgehend von den klägerischen Angaben nicht ersichtlich, dass die dem Kläger hierdurch drohenden Beeinträchtigungen seines Betriebes den Grad eines ernsten landwirtschaftlichen Schadens erreichen würden.
99Ob des Fehlens der Tatbestandsvoraussetzungen des § 45 Abs. 7 BNatSchG ist zugleich der auf eine Neubescheidung (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO) gerichtete Hilfsantrag unbegründet.
100Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen waren nicht aus Billigkeit dem Kläger aufzuerlegen, denn der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich somit keinem Kostenrisiko (§ 154 Abs. 3 VwGO) ausgesetzt.
101Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
102Rechtsmittelbelehrung:
103Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
104Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden.
105Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
106Die Berufung ist nur zuzulassen,
1071. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
1082. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
1093. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
1104. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
1115. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
112Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen.
113Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen.
114Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
115Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
116Beschluss:
117Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
118Gründe:
119Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 2 GKG in Höhe des sog. Auffangwertes erfolgt, weil der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet.
120Rechtsmittelbelehrung:
121Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird.
122Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
123Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
124Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
125Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
126War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.