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Justitia

Quelle: © panthermedia.net/ ligorosi

Straftaten aufklären und Opfer schützen

Die Aufklärung und schuldangemessene Ahndung von Straftaten in einem rechtsstaatlichen Verfahren ist essenzieller Bestandteil eines gerechten und funktionierenden Staatswesens. Täterinnen und Täter müssen für ihre Handlungen zur Verantwortung gezogen werden.


Dies dient zugleich der Vorbeugung von neuen Straftaten und der Stärkung des Vertrauens der Bürgerinnen und Bürger in Recht und Gerechtigkeit. Eine nachhaltige Strafverfolgung dient damit dem Schutz der Rechte aller. Zugleich muss in einem Rechtsstaat auch die Unschuldsvermutung geachtet und Verteidigungsrechte müssen respektiert werden. Anderseits darf sich der Blick der Strafverfolgung nicht allein auf die mutmaßlichen Täterinnen und Tätern richten. Die Position und die Rechte von Opfern von Straftaten ist von gleichermaßen hoher Bedeutung. Opfer von Straftaten sind für die Justiz NRW nicht nur Zeuginnen oder Zeuge, sondern Verfahrensbeteiligte mit eigenen Rechten. Ziel muss es sein, es ihnen zu erleichtern, ihre Pflichten als Zeugin oder Zeuge wahrzunehmen und sie zugleich bei der Wahrnehmung ihrer Rechte zu unterstützen. Eine gut informierte und aktive Beteiligung der verletzten Person am Verfahren kann einen wesentli-chen Beitrag zur Bewältigung der Folgen einer Straftat leisten.

Im rechtstaatlichen Verfahren entscheiden die Richterinnen und Richter sowie Schöffinnen und Schöffen unabhängig. Auch die Staatsanwaltschaften ermitteln inhaltlich unabhängig. Sie sind dem Legalitätsprinzip verpflichtet und ermitteln ohne Ansehen der Person. Sie unterliegen in NRW nach ständiger Verwaltungspraxis (sog. "Zehn Leitlinien") ministeriellen Weisungen nur im Ausnahmefall, wenn nämlich die zuständige Generalstaatsanwaltschaft gegen eine rechtlich fehlerhafte Sachbehandlung zu Unrecht nicht einschreitet. Dies sichert ein faires von unsach-licher Einflussnahme freies Verfahren, das auch die unschuldigen Personen vor Verurteilung schützt.

Die Justiz NRW nimmt diese Aufgaben gewissenhaft und effektiv wahr. 19 Staatsanwaltschaften arbeiten - vor Ort gut vernetzt und bürgernah - mit den Gerichten und den zuständigen Polizeidienststellen vertrauensvoll zusammen. Verfahren, für die besondere kriminalistische oder rechtliche Kenntnisse erforderlich sind, oder Verfahren mit besonderen Anforderungen an den Opferschutz werden dabei von fachkundigen Sonderdezernentinnen und Sonderdezernenten bearbeitet und teil-weise auch vor Gericht von besonderen Spruchkörpern verhandelt.

Zentralstellen und Schwerpunktstaatsanwaltschaften

Für besondere Kriminalitätsphänomene, die typischerweise in umfangreichen Ermittlungskomplexe einmünden und regelmäßig bezirksübergreifende, häufig auch internationale Ermittlungen erfordern, können gemäß § 143 Absatz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) Schwerpunktstaatsanwaltschaften oder landesweite Zentralstellen eingerichtet werden. Davon hat NRW in bislang sechs Bereichen Gebrauch gemacht.

Staatsanwältin / Staatsanwalt vor Ort

Auf der anderen Seite muss die Strafverfolgung aber auch auf aktuelle Entwicklungen in örtlich begrenzten Kriminalitätsschwerpunkten punktgenau reagieren können. Das Projekt der "Staatsanwältin / des Staatsanwaltes vor Ort" hat sich dabei seit 2017 bewährt. Anstelle einer Verteilung auf verschiedene Dezernate bei den Staatsanwaltschaften werden Verfahren tatortsbezogen in einer Hand konzentriert. Dies fördert den Aufbau lokaler Expertise, das einfachere Erkennen tatübergreifender Zusammenhänge, einen unmittelbaren und schnellen Austausch zwischen den beteiligten Stellen sowie eine Fokussierung auf spezielle örtliche und/oder kriminologische Umstände.

Jugendkriminalität

Besonders wichtig ist die Kenntnis lokaler Besonderheiten naturgemäß im Bereich der Jugendkriminalität. Der Straffälligkeit junger Menschen konsequent und zügig mit passgenauen Maßnahmen zu begegnen, ist eine zentrale Aufgabe. Die "Jugendstaatsanwältinnen und Jugendstaatsanwälte für den Ort" bearbeiten sämtliche von Jugendlichen und Heranwachsenden begangene Straftaten einer Gemeinde bzw. einem Stadtteil. Sie sind örtliche Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für alle mit der Jugendarbeit befassten Stellen einschließlich Schulen, Heimen und Jugendtreffs. In enger Zusammenarbeit mit Polizei, Jugendhilfe und freien Trägern können sie effizient und ortsbezogen auf jugendliche Straftäterinnen und Straftäter reagieren. Ziel ist es, junge Menschen, die kriminell geworden sind, in ein straffreies Leben zu führen. Dabei helfen auch Besprechungen mit den verantwortlichen Partnern von Stadt und Polizei, die Planung und Durchführung von "Diversionstagen" und die Erarbeitung örtlich geprägter Intensivtäterkonzepte.

Häuser des Jugendrechts für Intensivtäter

Eine weitere qualitative Optimierung erreicht die Sachbearbeitung von Jugendstrafverfahren durch die Zusammenführung von Polizei, Staatsanwaltschaft und Jugendgerichtshilfe "unter einem Dach" in den "Häusern des Jugendrechts für Intensivtäter". Bereits die Tatsache, dass Justiz und Polizei "Tür an Tür" sitzen und die Jugendstaatsanwältin oder der Jugendstaatsanwalt jederzeit greifbar ist, ermöglicht eine nachdrückliche Einwirkung auf die jungen Straftäterinnen und Straftäter. Sie kommen gleich zu Beginn des Ermittlungsverfahrens mit der Jugendstaatsanwältin oder dem Jugendstaatsanwalt in Kontakt. Bereits während der Ermittlungen können ihnen die Folgen ihres Verhaltens deutlich gemacht und in unmittelbarer Abstimmung mit der Jugendgerichtshilfe zugleich Handlungsoptionen aufgezeigt werden.

Opferschutz

Bei alledem verfolgt das Ministerium der Justiz eine konsequent opferorientierte Justizpolitik. Opfer einer Straftat, insbesondere einer Gewalttat zu werden, gehört zu den schlimmsten Erfahrungen eines Menschen. Neben der Aufklärung und schuldangemessenen Ahndung der Straftaten ist es deshalb eine vordringliche Pflicht des Rechtsstaates, den Opfern nach einer Straftat die bestmögliche Hilfestellung zu geben. Darauf haben alle Bürgerinnen und Bürger Anspruch, unabhängig von ihrem Alter, ihrer sexuellen und geschlechtlichen Identität, ihrer Herkunft, Hautfarbe oder Religion. Im Einklang mit der EU-Opferschutz-Richtlinie gilt es, eine etwa vorhandene besondere Schutzbedürftigkeit einer verletzten Person zu erkennen, die persönlichen Verhältnisse von Zeuginnen und Zeugen sowie Art und Umstände der mutmaßlichen Straftat zu berücksichtigen und das Verfahren soweit möglich darauf auszurichten.

Koordinatorinnen und Koordinatoren für den Opferschutz bei den Staatsanwaltschaften und vielen Gerichten bündeln deshalb opferschutzbezogenes Fachwissen in der Praxis, beraten und unterstützen die Leitungen der Gerichte bzw. Staatsanwaltschaften bei der Ausgestaltung opfersensibler Abläufe sowie der opferschutzbezogenen Öffentlichkeitsarbeit.

Psychosoziale Prozessbegleitung

Bei schweren Gewalt- und Sexualstraftaten kann eine psychosoziale Prozessbegleitung die Belastungen durch ein Strafverfahren wesentlich verringern. In allen Landgerichtsbezirken in Nordrhein-Westfalen stehen geschulte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz, aber auch viele spezialisierte Beratungsstellen mit diesem Angebot den Verletzten zur Verfügung. Zentrale Anlaufstelle für alle Opfer von Straftaten ist die Beauftragte für den Opferschutz. Sie informiert und nimmt eine Lotsenfunktion zu den vielfältigen Unterstützungsangeboten der Opferhilfereinrichtungen wahr. Als unabhängige Stimme der Opfer berät sie zudem die Landesregierung und das Parlament bei der Fortentwicklung des justiziellen Opferschutzes.

Schließlich kann auch bei der Durchsetzung gesetzlicher Entschädigungsansprüche oder der Beantragung von Hilfen in Notsituationen mit Rat und Tat geholfen werden. Zuletzt trägt auch eine opferbezogene Vollzugsgestaltung bei, dass Verletzte und deren Angehörige auch nach dem Urteil nicht allen gelassen werden.

Verantwortlich: Ministerium der Justiz in NRW, Abteilung III, Stand: 2024