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Aus- und Weiterbildung

Quelle: Justiz NRW

Informationen für Praktikerinnen und Praktiker

Interessierte Kräfte und Anbieter/innen von Aus- und Weiterbildungen finden hier Hinweise zu den rechtlichen Grundlagen und zur Qualifikation sowie Tätigkeit der psychosozialen Prozessbegleitung.

Sie sind beruflich mit der psychosozialen Prozessbegleitung befasst? Sie interessieren sich für eine Aus- oder Weiterbildung zur psychosozialen Prozessbegleiterin bzw. zum psychosozialen Prozessbegleiter oder bieten eine entsprechende Aus- oder Weiterbildung an? Hier finden Sie Informationen über die rechtlichen Grundlagen und Hinweise zur Qualifikation und Tätigkeit der psychosozialen Prozessbegleitung


Welche Voraussetzungen muss ich erfüllen, um als psychosoziale Prozessbegleiterin oder psychosozialer Prozessbegleiter tätig werden zu können?

Psychosoziale Prozessbegleitung darf nur von besonders qualifizierten und beruflich erfahrenen Fachkräften angeboten werden. Vor Tätigwerden ist die Durchführung eines Anerkennungsverfahrens notwendig, in dem das Vorliegen der erforderlichen (fachlichen) Qualifikationen nachgewiesen werden muss.

Die Grundanforderungen an die fachliche, persönliche und interdisziplinäre Qualifikation legt § 3 des Gesetzes über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren (PsychPbG) fest.

Für die fachliche Qualifikation ist danach Voraussetzung, dass die anzuerkennende Person

  1. einen Hochschulabschluss im Bereich Sozialpädagogik, Soziale Arbeit, Pädagogik, Psychologie oder eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem dieser Bereiche,
  2. praktische Berufserfahrung in einem der vorgenannten Bereiche (also in der Sozialpädagogik, Sozialen Arbeit, Pädagogik oder Psychologie) und
  3. den Abschluss einer von einem Land anerkannten Aus- oder Weiterbildung zum psychosozialen Prozessbegleiter bzw. -begleiterin

vorweisen kann (§ 3 Absatz 2 PsychPbG).

Zur persönlichen Qualifikation gehören insbesondere Beratungskompetenz, Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Belastbarkeit sowie organisatorische Kompetenz (§ 3 Absatz 3 PsychPbG). Für die interdisziplinäre Qualifikation ist insbesondere ein zielgruppenbezogenes Grundwissen in Medizin, Psychologie, Viktimologie, Kriminologie und Recht erforderlich (§ 3 Absatz 4 Satz 1 PsychPbG).

Schließlich wird vorausgesetzt, dass die psychosozialen Prozessbegleiterinnen und -begleiter Kenntnisse der regionalen Opferhilfestruktur aufweisen (§ 3 Absatz 4 Satz 2 PsychPbG).


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Zitate
aus der Praxis

„Ich finde es für meine Arbeit sehr entlastend, dass da noch jemand ist, der sich um meine Mandantin kümmert. Mit ihr draußen wartet zum Beispiel und sie stabilisiert“ (Nebenklagevertreterin)


Das erforderliche (persönliche) Anerkennungsverfahren ist nach § 4 PsychPbG von den Ländern durchzuführen, die darüber hinaus auch weitere Anforderungen an Berufsausbildung, praktische Berufserfahrung, spezialisierte Weiterbildung und regelmäßige Fortbildungen aufstellen können. Diesen Spielraum füllen für Nordrhein-Westfalen das nordrhein-westfälische AGPsychPbG und die zugehörige Ausführungsverordnung.

§ 1 AGPsychPbG schreibt in Ergänzung zu den oben genannten Standards aus § 3 Absatz 2 PsychPbG inhaltliche Anforderungen an die Qualifikation der anzuerkennenden psychosozialen Prozessbegleiterinnen und Prozessbegleiter fest.

Dabei konkretisiert § 1 Absatz 1 Nummer 2 AGPsychPbG die Regelung des § 3 Absatz 2 Satz 2 PsychPbG dahingehend, dass in der Regel eine mindestens zweijährige praktische Berufserfahrung in der Sozialpädagogik, Sozialen Arbeit, Pädagogik oder Psychologie erforderlich ist.

Weiterhin regelt § 1 Absatz 1 Nummer 3 AGPsychPbG, dass Voraussetzung für die Anerkennung der Nachweis der persönlichen Zuverlässigkeit der psychosozialen Prozessbegleiterinnen und -begleiter ist. Dazu gehört insbesondere das Fehlen von Vorstrafen, welches durch Vorlage eines Führungszeugnisses nachzuweisen ist (§ 4 Absatz 2 Satz 2 AGPsychPbG). Eine Konkretisierung des Begriffs der persönlichen Zuverlässigkeit wird in der Ausführungsverordnung vorgenommen.

Bei begründeten Zweifeln am Vorliegen der erforderlichen persönlichen und interdisziplinären Qualifikationen (§ 3 Absatz 3 und Absatz 4 Satz 1 PsychPbG) oder an ausreichenden Kenntnissen der regionalen Opferhilfestrukturen (§ 3 Absatz 4 Satz 2 PsychPbG) kann die Anerkennung versagt werden (§ 1 Absatz 2 AGPsychPbG).

Schließlich führt das AGPsychPbG in § 9 Absatz 1 den Grundsatz der länderübergreifenden Anerkennung ein. Das bedeutet, dass psychosoziale Prozessbegleiterinnen und -begleiter, die in einem anderen Bundesland anerkannt worden sind, grundsätzlich auch in Nordrhein-Westfalen anerkannt sind, ohne ein weiteres Anerkennungsverfahren durchführen zu müssen.

Die Anerkennung ist auf jeweils höchstens fünf Jahre befristet (§ 6 Absatz 1 Satz 1 AGPsychPbG). Nach Ablauf dieser Frist muss jeweils ein Antrag auf weitere Anerkennung gestellt werden (§ 6 Absatz 1 Satz 3 und 4 AGPsychPbG). Hierzu muss keine erneute (komplette) Weiterbildung absolviert werden. Jedoch wird geprüft, ob die psychosozialen Prozessbegleiterinnen und -begleiter in den vorangegangenen fünf Jahren ihrer Pflicht zur regelmäßigen Teilnahme an Maßnahmen der Fortbildung und Supervision/kollegialen Beratung (vgl. unten) nachgekommen sind.

Auch nach Anerkennung unterliegen die psychosozialen Prozessbegleiterinnen und -begleiter besonderen Pflichten. Ein Verstoß gegen diese Pflichten kann den Widerruf der Anerkennung nach sich ziehen.

  • So müssen sie nach § 5 Absatz 1 AGPsychPbG Verschwiegenheit über die ihnen im Rahmen ihrer Tätigkeit bekannt gewordenen Umstände, die nicht allgemein zugänglich sind, bewahren. Da ihnen aber kein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, bleiben sie zur Aussage gegenüber den Behörden, insbesondere vor Gericht, verpflichtet.
  • Nach § 5 Absatz 2 AGPsychPbG sind anerkannte psychosoziale Prozessbegleiterinnen und -begleiter verpflichtet

    • mindestens in jedem zweiten Kalenderjahr an Fortbildungsveranstaltungen und
    • in jedem Jahr an Maßnahmen der Supervision oder kollegialen Beratung

teilzunehmen.

Weitere Einzelheiten werden in der Ausführungsverordnung geregelt.


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Zitate
aus der Praxis

Vielen Dank! Wenn Sie mir das so erklären, fühlt die Last sich um Kilos leichter an." (begleitete Zeugin)


Wie läuft das Anerkennungsverfahren ab?

Nach § 3 Absatz 1 AGPsychPbG sind die Oberlandesgerichte Düsseldorf, Hamm und Köln für die Durchführung der personenbezogenen Anerkennung in Nordrhein-Westfalen zuständig. Nähere Einzelheiten sind in der Ausführungsverordnungexterner Link, öffnet neues Browserfenster / neuen Browser-Tab geregelt.

Sie können Ihren Antrag auf Anerkennung als psychosoziale Prozessbegleiterin oder psychosozialer Prozessbegleiter unmittelbar an das zuständige Oberlandesgericht richten. Durch diese erfolgt für den Fall der Anerkennung auch die Eintragung in das elektronische Verzeichnis der psychosozialen Prozessbegleiterinnen und -begleiter.

Für die Antragsstellung bedienen Sie sich bitte der folgenden Formulare und fügen die dort genannten Nachweise bei:

Nach § 4 Absatz 1 Satz 2 AGPsychPbG sind Sie verpflichtet, bei der Meldebehörde ein erweitertes Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 Nummer 1 des Bundeszentralregistergesetzes zur Vorlage bei dem zuständigen Oberlandesgericht zu beantragen. Für die Beantragung dieses erweiterten Führungszeugnisses benötigen Sie eine schriftliche Aufforderung, welche Ihnen nach Stellung des Anerkennungsantrages zugesandt werden wird. Sie können sich zur Beschleunigung aber auch bereits vorab an das zuständige Oberlandesgericht wenden und um Übersendung des Aufforderungsschreibens bitten.

Welches Oberlandesgericht örtlich für die Bearbeitung der Anträge zuständig ist, bestimmt sich nach § 3 Absatz 1 AGPsychPbG vorrangig danach, in welchem Bezirk Sie Ihre berufliche Niederlassung haben, in Ermangelung einer solchen ist Ihr Wohnsitz maßgebend. Haben Sie in Nordrhein-Westfalen weder eine berufliche Niederlassung noch einen Wohnsitz, ist zuständige Stelle die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts, in deren oder dessen Bezirk Sie Ihre Tätigkeit vorwiegend ausüben möchten. Eine Hilfestellung kann die Adressdatenbank der Gerichte und Staatsanwaltschaften mit Postleitzahlensuche bieten: http://www.justizadressen.nrw.de/og.php?MD=nrw.

Bei weiteren Fragen wenden Sie sich bitte ebenfalls an das zuständige Oberlandesgericht:

Oberlandesgericht Düsseldorf
Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf; E-Mail: poststelle@olg-duesseldorf.nrw.de
Ansprechpartner: Dezernat 6, Serviceeinheit.Dezernat_06@olg-duesseldorf.nrw.de

Oberlandesgericht Hamm
Heßlerstraße 53, 59065 Hamm; E-Mail: poststelle@olg-hamm.nrw.de
Ansprechpartner: Uwe Heibach, Tel: 02381 272-5402

Oberlandesgericht Köln
Reichenspergerplatz 1, 50670 Köln; E-Mail: poststelle@olg-koeln.nrw.de
Ansprechpartner: Bernd Vogt, Tel.: 0221 7711-306

Wie kann ich in das Verzeichnis der psychosozialen Prozessbegleiterinnen und -begleiter eingetragen werden?

Die Eintragung in das elektronische Verzeichnis (§ 10 AGPsychPbG) erfolgt durch die Oberlandesgerichte im Rahmen des Anerkennungsverfahrens. Die Daten werden dabei über ein besonderes Formular erfasst, dem Sie auch weitere Informationen entnehmen können. In dem Verzeichnis werden auch Angaben zu örtlichem und sachlichem Tätigkeitsschwerpunkt erfasst.

Was hat es mit den örtlichen und sachlichen Tätigkeitsschwerpunkten auf sich?

Nach dem Konzept des Bundesgesetzgebers das beispielsweise in § 3 Absatz 4 Satz 2 PsychPbG zum Ausdruck kommt, sollen die psychosozialen Prozessbegleiterinnen und Prozessbegleiter im Interesse einer effektiven Opferbegleitung mit den sonstigen örtlichen Hilfsangeboten für Opfer „vernetzt“ sein. In der Regel werden psychosoziale Prozessbegleiterinnen und Prozessbegleiter daher an bestimmten örtlichen Tätigkeitsschwerpunkten tätig. § 4 Absatz 2 Satz 3 AGPsychPbG erlaubt die Angabe von in der Regel bis zu drei Landgerichtsbezirken als örtlichen Tätigkeitsschwerpunkt, der dann auch in das landesweite Verzeichnis (§ 10 Absatz 2 Satz 1 AGPsychPbG) eingetragen wird. Damit ist gewährleistet, dass im Fall der Beiordnung eines nicht durch das Opfer selbst benannten Begleiters in der Regel eine ortsnahe Auswahl erfolgt, wenn nicht andere sachliche Gründe beispielweise spezielle Bedürfnisse eines Opfers, die von einer ortsnahen Begleiterin oder einem ortsnahen Begleiter nicht bedient werden können vorliegen. Für den Fall, dass ein Opfer selbst eine bestimmte Begleiterin oder einen bestimmten Begleiter benennt, obliegt die Einschätzung, ob ausreichende Kenntnisse des örtlichen Opferhilfenetzwerks vorhanden sind, nach dem Konzept des § 3 Absatz 4 Satz 2 PsychPbG hingegen vorrangig den Begleiterinnen und Begleitern selbst.

Die Angabe eines sachlichen Tätigkeitsschwerpunktes zur Aufnahme in das Verzeichnis nach § 10 AGPsychPbG ermöglicht den anerkannten psychosozialen Prozessbegleiterinnen und Prozessbegleitern zudem, ihre Tätigkeit grundsätzlich auf bestimmte Opfer- (beispielsweise Differenzierung nach Geschlecht und Alter) und/oder Deliktsgruppen (beispielsweise: Opfer von Sexualdelikten) auszurichten, ohne dass damit eine automatische Beschränkung der Tätigkeit auf diese Gruppen einhergeht. Nähere Einzelheiten sind in der Ausführungsverordnungexterner Link, öffnet neues Browserfenster / neuen Browser-Tab geregelt.

Hilfestellungen für die Beiordnung als psychosoziale Prozessbegleiterin bzw. als psychosozialer Prozessbegleiter

Um die Beiordnung für Verletzte einer Straftat zu vereinfachen, haben wir einen Musterantrag PDF-Dokument, öffnet neues Browserfenster / neuen Browser-Tab  entwickelt, mit dem die Beiordnung bei Gericht beantragt werden kann.

Welche Vergütung erhalte ich für die Tätigkeit in der psychosozialen Prozessbegleitung?

Für den Fall der Beiordnung durch ein Gericht erhalten die psychosozialen Prozessbegleiterinnen und -begleiter eine Vergütung aus der Staatskasse. Einzelheiten sind in §§ 5 ff. PsychPbG geregelt. Für die Tätigkeit zahlt die Staatskasse eine Vergütung in Höhe von

  • 520 Euro im Vorverfahren
  • 370 Euro im gerichtlichen Verfahren im ersten Rechtszug und
  • 210 Euro nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens,

mithin insgesamt bis zu 1.100 Euro (§ 6 PsychPbG). Mit dieser Vergütung sind auch Ansprüche auf Ersatz anlässlich der Ausübung der psychosozialen Prozessbegleitung entstandener Aufwendungen und Auslagen sowie Ansprüche auf Ersatz der auf die Vergütung entfallenden Umsatzsteuer abgegolten.

Ist die psychosoziale Prozessbegleiterin oder der psychosoziale Prozessbegleiter als Angehöriger oder Mitarbeiter einer nicht öffentlichen Stelle also insbesondere einer Opferunterstützungs- bzw. Opferhilfeeinrichtung tätig geworden, steht die Vergütung der Stelle zu (§ 5 Absatz 2 PsychPbG).

Eine Ausschlussklausel enthält § 5 Absatz 3 PsychPbG. Danach wird auch für die beigeordneten psychosozialen Prozessbegleiterinnen und -begleiter keine Vergütung aus der Staatskasse fällig, wenn

  • sie als Angehörige oder Mitarbeiter einer Behörde oder einer sonstigen öffentlichen Stelle die psychosoziale Prozessbegleitung in Erfüllung ihrer Dienstaufgabe wahrnehmen oder
  • sie als der Angehörigen oder Mitarbeiter einer nicht öffentlichen Stelle, die psychosoziale Prozessbegleitung in Erfüllung ihrer Aufgabe wahrnehmen und die Stelle für die Durchführung der psychosozialen Prozessbegleitung stellenbezogene Förderungen erhält.

Für den Fall, dass psychosoziale Prozessbegleitung ohne eine gerichtliche Beiordnung geleistet wird, ist die Vergütung in einer Vereinbarung mit der Klientin oder dem Klienten zu regeln.