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Frau in Metallbetrieb

Quelle: © panthermedia.net / Bernd Geller

Das Tarifvertragsrecht

Aufgaben, Begriff, Entstehung und Geltungsbereich

Hier erhalten Sie weitere Informationen zum Tarifvertragsrecht.

Nach obenBegriff des Tarifvertrags

Was ist ein Tarifvertrag? Welchen Inhalt haben Tarifverträge?

Der Tarifvertrag ist ein Vertrag zwischen Tarifvertragsparteien.

Tarifvertragsparteien sind auf Seiten der Beschäftigten die Gewerkschaften. Auf der Arbeitgeberseite werden die Tarifverträge regelmäßig durch Arbeitgebervereinigungen für bestimmte Branchen und Bezirke abgeschlossen (sog. Flächentarifverträge). Allerdings kann auch ein einzelnes Unternehmen Partei des Tarifvertrags und dieser auf bestimmte Standorte beschränkt sein (sog. Haus- oder Firmentarifvertrag)

In der Bundesrepublik Deutschland gelten derzeit über 80.000 verschiedene Tarifverträge.

Je nach dem geregelten Inhalt unterscheidet man Mantel- bzw. Rahmentarifverträge, welche die allgemeinen Arbeitsbedingungen regeln, Gehalts- und Lohntarifverträge, Tarifverträge über Sonderzahlungen, Urlaubsabkommen, Rationalisierungsschutzabkommen u.v.m.

Mantel- bzw. Rahmentarifverträge werden häufig für die Dauer mehrerer Jahre abgeschlossen. Gehalts- und Lohntarifverträge werden in der Regel nach kürzeren Zeiträumen neu verhandelt und abgeschlossen.

Nach obenAufgaben der Tarifverträge

Tarifverträge regeln den Arbeitsmarkt, in dem sie als Kollektivverträge verbindliche Vorgaben für die individuellen Arbeitsverträge machen. Sie gewährleisten hierdurch arbeitsvertragliche Mindestbedingungen für die vom Tarifvertrag betroffenen Beschäftigten. Sie erfüllen vor diesem Hintergrund eine Schutzfunktion.

Tarifverträge nutzen jedoch nicht nur den Beschäftigten. Aus Sicht der Arbeitgeberseite leisten Tarifverträge einen Beitrag zu einheitlichen Wettbewerbsbedingungen jedenfalls bezogen auf die tarifunterworfenen Unternehmen. Hinzu kommt die Friedens- und Ordnungsfunktion der Tarifverträge. Während der Laufzeit der Tarifverträge besteht Friedenspflicht, d.h. es darf nicht gestreikt werden. Im Übrigen erhalten die Unternehmen für die Laufzeit der Tarifverträge Planungs- und Kalkulationssicherheit.

Bei Verbands- und Flächentarifverträgen kommt hinzu, dass der Konflikt um Löhne und Arbeitszeiten von den Betrieben ferngehalten und auf die Verbände verlagert wird.

Der Staat gewährleistet gemäß Art. 9 Abs. 3 GG die Koalitionsfreiheit, d.h. das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, diesen beizutreten oder diesen fernzubleiben.

Im Übrigen ist aus Sicht des Staates mit dem Tarifvertragssystem eine wirkungsvolle Entlastungsfunktion verbunden, da die Verbände die tariflichen Arbeitsbedingungen im Allgemeinen autonom ohne Mithilfe des Staates vereinbaren.

Nach obenEntstehung eines Tarifvertrages

Tarifverträge entstehen in der Regel ohne den Einsatz von Arbeitskampfmitteln in Folge von Verhandlungen der Tarifvertragsparteien.

Bleiben die Tarifvertragsverhandlungen jedoch ergebnislos, können die Tarifvertragsparteien auf die Arbeitskampfmittel wie Warnstreik, Streik und Aussperrung zurückgreifen.

Das Arbeitskampfrecht ist gesetzlich nicht geregelt. Nach der Rechtsprechung gilt jedoch für alle Arbeitskampfmaßnahmen, dass diese unter dem Gebot der Verhältnismäßigkeit stehen. Arbeitskampfmaßnahmen dürfen nur von den Tarifvertragsparteien geführt werden. Sogenannte „wilde Streiks" einzelner Beschäftigtengruppen sind rechtswidrig. Zweck der Arbeitskampfmaßnahme muss es sein, die Tarifvertragspartei zum Abschluss eines Tarifvertrags zu bewegen. Andere Zwecke, etwa politische Ziele, dürfen mit einem Arbeitskampf regelmäßig nicht verfolgt werden.

Arbeitskampfmaßnahmen dürfen nach dem Ultima-Ratio-Prinzip nur nach Ausschöpfung aller Verständigungsmöglichkeiten ergriffen werden. Allerdings sind Warnstreiks auch schon vor der förmlichen Beendigung von Tarifvertragsverhandlungen zulässig, wenn die Gewerkschaft ihre Verhandlungsmöglichkeiten ohne begleitende Arbeitskampfmaßnahmen als ausgeschöpft ansieht.

Nach obenGeltungsbereich der Tarifverträge

Für welche Mitarbeiter gelten die Regelungen der Tarifverträge?

Eine Tarifbindung besteht in der Regel nur, soweit einerseits die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft und andererseits die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber selbst Partei des Tarifvertrags oder aber Mitglied der tarifschließenden Arbeitgebervereinigung ist. In diesem Fall gilt der Tarifvertrag kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit.

Unabhängig hiervon sind ca. 450 Tarifverträge in der Bundesrepublik Deutschland für allgemeinverbindlich erklärt worden. Diese allgemeinverbindlichen Tarifverträge erfassen die Arbeitsverhältnisse unabhängig davon, ob eine wechselseitige Mitgliedschaft bei den Tarifvertragsparteien besteht. Allgemeinverbindliche Tarifverträge finden sich vor allem in Branchen, in denen eine besondere Schutzbedürftigkeit der Beschäftigten angenommen wird (Reinigungsgewerbe, Baugewerbe, Hotel- und Gaststättengewerbe etc.). Allgemeinverbindliche Tarifverträge können auch branchenspezifische Mindestlöhne festlegen.

Häufig finden Tarifverträge auch kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung Anwendung. So vereinbaren tarifgebundene Arbeitgeberinnen oder Arbeitgeber nicht selten mit allen Beschäftigten – unabhängig von deren Gewerkschaftszugehörigkeit – die Geltung der einschlägigen Tarifverträge über eine sogenannte Bezugnahmeklausel. Diese kann dynamisch hinsichtlich der jeweils geltenden Tarifverträge oder statisch bzgl. eines oder mehrerer genau bezeichneter Tarifverträge ausgestaltet sein.