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Hände die eine ausgeschnittene Familie aus Papier hält
Quelle: © panthermedia.net / Monika Schüll

Unterhaltsvollstreckung im EU-Ausland

Europäische Vollstreckungstitel

Unterhaltsvollstreckung aus dem deutschen Schuldtitel

Die nachfolgenden Ausführungen sollen lediglich einen Überblick vermitteln und erfolgen unverbindlich und ohne Gewähr.
Die zu beachtenden in- und ausländischen Rechtsgrundlagen und internationalen Vorschriften sind zum Teil ständigen Änderungen unterworfen.
Daher kann keine Gewähr für die Vollständigkeit und inhaltliche Richtigkeit der nachstehenden Angaben übernommen werden.

Vorbemerkungen

Nein.
Die Europäische Unterhaltsverordnung (EU-Verordnung Nr. 4/2009 (EuUnthVO) sowie die Haager Unterhaltsvollstreckungsübereinkommen gelten nach den Regeln des Günstigkeitsprinzips nebeneinander, vergl. Art. 69 EuUnthVO.

Die Haager Unterhaltsvollstreckungsübereinkommen beanspruchen keine ausschließliche Geltung für die Anerkennung und Vollstreckung der in ihrem Anwendungsbereich fallenden Unterhaltstitel.
Die Europäische Unterhaltsverodnung hat jedoch Vorrang vor den Haager Unterhaltsvollstreckungsübereinkommen, Art. 69 II EuUnthVO.

Wurde die Schuldnerpartei im Abänderungstitel zur Zahlung eines Zusatzbetrages verurteilt, unterscheidet das Vollstreckbarerklärungsverfahren bzw. die Zwangsvolllstreckung zwischen Altentscheidung (bisheriger Unterhaltsbetrag) und Neuentscheidung (Zusatzbetrag).
Will die Gläubigerpartei wegen des gesamten ihr zustehenden Unterhalts vollstrecken, muss sie im ausl. Vollstreckungsmitgliedstaat mit dem Auszug (Formblatt II EuUnthVO) die Vollstreckbarerklärung für Alt- und Neuentscheidung beantragen bzw. einen Auszug aus der Alt- und Neuentscheidung (Formblatt I EuUnthVO) für die unmittelbare Zwangsvollstreckung im EU-Ausland erwirken.

Europäische Unterhaltsverordnung (Verfahren ohne Exequatur)

EU-Verordnung Nr. 4/2009 (Kapitel IV Abschnitt 1 EuUnthVO) 

Muss ich für die Zwangsvollstreckung aus der deutschen Entscheidung/dem deutschen Vergleich zuvor das Vollstreckbarerklärungsverfahren in dem anderen EU-Mitgliedstaat durchführen?

Nein.
Nach der Europäischen Unterhaltsverordnung bedarf die Gläubigerpartei zur Einleitung der Zwangsvollstreckung aus einem vollstreckbaren deutschen Unterhaltstitel lediglich der Erteilung eines gerichtlichen Auszugs aus dem Schuldtitel.

Die Erteilung eines Auszugs (Formblatt I EuUnthVO) ist nicht zu verwechseln mit der Vollstreckbarerklärung im Exequaturverfahren.

Diese sind für den Unterhaltstitel aus den EU-Mitgliedstaaten, die durch das Haager Protokoll vom 23. 11. 2007 (Haager Protokoll von 2007) gebunden sind, abgeschafft worden.

Mit 

  • der Abschaffung des Exequaturverfahrens, 
  • der Errichtung zentraler Behörden,
  • der verstärkten grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der zentralen Behörden in der Europäischen Union,
  • der Abschaffung finanzieller Hürden,
  • dem erweiterten Auskunftsrecht der zentralen Behörden gegenüber Behörden in den anderen EU-Mitgliedstaaten

soll die grenzüberschreitende Geltendmachung und Durchsetzung der Unterhaltsansprüche erleichtert werden.

 

Kann ich aus dem deutschen Unterhaltstitel unmittelbar die Zwangsvollstreckung in dem anderen EU-Mitgliedstaat betreiben?

Ja.
Kapitel IV Abschnitt 1 der Europäischen Unterhaltsverordnung ermöglicht die direkte Vollstreckung aus einem deutschen Schuldtitel in einem anderen EU-Mitgliedstaat, da Deutschland an das Haager Protokoll vom 23. 11. 2007 gebunden ist.

Kapitel IV Abschnitt 1 der Europäischen Unterhaltsverordnung schafft das Vollstreckbarerklärungsverfahren ab.

Damit entfällt das Verfahren zur Vollstreckbarerklärung, das bislang der Vollstreckung aus deutschen Schuldtiteln vorgeschaltet war.

Die Gläubigerpartei kann sich daher im Vollstreckungsmitgliedstaat direkt an das Vollstreckungsorgan wenden.

Soll z. B. aus einem deutschen Unterhaltstitel in den Niederlanden vollstreckt werden, so kann die Gläubigerpartei sich direkt an den Gerichtsvollzieher in den Niederlanden wenden.

Ein deutscher Unterhaltstitel ist in den anderen EU-Mitgliedstaaten zu vollstrecken wie eine nationale Entscheidung, Art. 17 EuUnthVO.

Weder die Entscheidung noch der gerichtliche Auszug dürfen im Vollstreckungsmitgliedstaat in der Sache selbst nachgeprüft werden, vergl. Art. 42 EuUnthVO.

Wie ist der zeitliche Anwendungsbereich des Kapitels IV Abschnitt 1 (Art. 17 – 22) der Europäischen Unterhaltsverordnung vom 18.12.2008 im Verhältnis zu Deutschland?
Welcher Zeitpunkt ist hierbei maßgebend?
In welchen Fällen kann ein Auszug (Formblatt I EuUnthVO) erteilt werden?

Am 18.06.011 sind in Unterhaltssachen 

  • die Brüssel I-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 44/2001) 

sowie

  • die Europäische Vollstreckungstitel-Verordnung vom 21.04.2004 (EU-Verordnung Nr. 805/2004)

durch die Europäische Unterhaltsverordnung vom 18.12.2008 (EU-Verordnung Nr. 4/2009) ersetzt worden, Erwägungsgrund 44, Art. 1 und 68 EuUnthVO.

Im Verhältnis zu Deutschland findet Kapitel IV Abschnitt 1 der EU-Verordnung Nr. 4/2009 Anwendung ab 18.06.2011, Art. 76 III EuUnthVO.

Für gerichtliche Entscheidungen ist 

  • der Zeitpunkt der Einleitung des gerichtlichen Verfahrens (Antragstellung bzw. Beantragung des Mahnbescheids) 

maßgebend.

Für gerichtliche Vergleiche ist dagegen 

  • der Zeitpunkt der Errichtung des Vergleichs oder des gerichtlichen Beschlusses aufgrund schriftlichen Vergleichsvorschlags der Verfahrensbeteiligten 

maßgebend.

Soweit das gerichtliche Verfahren nach dem 17.06.2011 eingeleitet worden ist (Antragstellung bzw. Beantragung des Mahnbescheids; 
das Eingangsdatum bei Gericht ist hierbei maßgebend), kann das Gericht einen Auszug 
(Formblatt I EuUnthVO) aus der gerichtlichen Entscheidung erteilen.

Soweit der Vergleich nach dem 17.06.2011 geschlossen worden ist oder der gerichtliche Beschluss aufgrund eines schriftlichen Vergleichsvorschlags nach dem 17.06.2011 ergangen ist, kann das Gericht einen Auszug (Formblatt I EuUnthVO) aus dem Vergleich erteilen.

Die Vorschriften der Art. 75 I, 76 EuUnthVO sind dahingehend auszulegen, dass aus dem deutschen Unterhaltstitel nur dann unmittelbar im Vollstreckungsmitgliedstaat vollstreckt werden kann, falls der Schuldtitel 

  • im Ursprungsmitgliedstaat (Deutschland) zeitlich im Anwendungsbereich des Kapitels IV Abschnitt 1 (Art. 17 - 22) der Europäischen Unterhaltsverordnung 

 und 

  • im Vollstreckungsmitgliedstaat zeitlich im Anwendungsbereich der EU-Verordnung Nr. 4/2009 

fällt.

Dies gilt unabhängig davon, ob der Vollstreckungsmitgliedstaat an das Haager Protokoll vom 23.11.2007 gebunden ist.

 

Wie ist der zeitliche Anwendungsbereich der Europäischen Unterhaltsverordnung vom 18.12.2008 im Verhältnis zum Vollstreckungsmitgliedstaat?

In zeitlicher Hinsicht gilt die EU-Verordnung Nr. 4/2009 ab 01.03.2002 oder dem späteren EU-Beitritt, Art. 76 EuUnthVO.

Nach dem am 19. 10. 2005 in Brüssel unterzeichneten Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark findet die Europäische Unterhaltsverordnung vom 18.12.2008 im Verhältnis zu

  • Dänemark 

Anwendung ab 01. 07. 2007;
die EU-Verordnung Nr. 44/2001 ist am 01. 07. 2007 in Dänemark in Kraft getreten, vergl. Art. 12 II des vorgenannten Abkommens und Unterrichtung über den Zeitpunkt des Inkrafttretens des vorgenannten Abkommens im Amtsblatt der EU Nr. L 94/70 vom 04. 04. 2007. 

Im Verhältnis zu

  • Kroatien 

findet die Europäische Unterhaltsverordnung vom 18.12.2008 zeitgleich mit dem EU-Beitritt am 01.07.2013 Anwendung.

Obwohl 

  • Dänemark 

sowie

  • das Vereinigte Königreich

nicht an das Haager Protokoll von 2007 gebunden sind, kann aus dem Auszug  (Formblatt I EuUnthVO) zu dem deutschen Schuldtitel dort unmittelbar die Zwangsvollstreckung betrieben werden.

Im Verhältnis zu künftigen EU-Mitgliedstaaten, deren EU-Beitritt erst nach Inkrafttreten der vorgenannten Verordnung erfolgt, gilt die EU-Verordnung Nr. 4/2009 im Regelfall erst mit dem Zeitpunkt des EU-Beitritts.

Den genauen Zeitpunkt der Errichtung des Vergleichs oder der Verfahrenseinleitung hinsichtlich der gerichtlichen Entscheidung, aus dem/der mit dem gerichtlichen Auszug (Formblatt I EuUnthVO) im Vollstreckungsmitgliedstaat unmittelbar vollstreckt werden kann, entnehmen Sie bitte der anl. Übersicht:

Vollstreckungsstaat  (EU-Mitgliedstaat, in dem die Zwangsvollstreckung betrieben werden soll): zeitlicher Anwendungsbereich des Kapitels IV Abschnitt 1 (Art. 17 - 22) der EU-Verordnung Nr. 4/2009 für den deutschen Schuldtitel:
Belgien ab 18.06.2011
Bulgarien ab 18.06.2011
Dänemark ab 18.06.2011
Estland ab 18.06.2011
Finnland ab 18.06.2011
Frankreich ab 18.06.2011
Griechenland ab 18.06.2011
Irland ab 18.06.2011
Italien ab 18.06.2011
Kroatien ab 01.07.2013
Lettland ab 18.06.2011
Litauen ab 18.06.2011
Luxemburg ab 18.06.2011
Malta ab 18.06.2011
Niederlande ab 18.06.2011
Österreich ab 18.06.2011
Polen ab 18.06.2011
Portugal ab 18.06.2011
Rumänien ab 18.06.2011
Schweden ab 18.06.2011
Slowakei ab 18.06.2011
Slowenien ab 18.06.2011
Spanien ab 18.06.2011
Tschechische Republik ab 18.06.2011
Ungarn ab 18.06.2011
Vereinigtes Königreich 18.06.2011 
bis
31.12.2020
Zypern ab 18.06.2011

Deutsche Entscheidungen aus den ab 01.01.2021 neu eingeleiteten Verfahren können aufgrund des Brexit nicht mehr mit dem Auszug (Formblatt I EuUnthVO) unmittelbar im Vereinigten Königreich vollstreckt werden.
Dies gilt auch für deutsche Vergleiche, die nach dem 31.12.2020 geschlossen wurden.


In welchen Fällen kann der gerichtliche Auszug (Formblatt I EuUnthVO) nicht erteilt werden?

Soweit das gerichtliche Verfahren vor dem 18.06.2011 eingeleitet worden ist, kann ein Auszug (Formblatt I EuUnthVO) aus der gerichtlichen Entscheidung nicht erteilt werden, auch wenn die Entscheidung nach dem 17.06.2011 ergangen ist.

Stattdessen ist in diesen Fällen auf Antrag der Gläubigerpartei ein Auszug  (Formblatt II EuUnthVO) zu erteilen bzw. ggfs. gem. Art. 9 EuVTVO 
(EU-Verordnung Nr. 805/2004) der Schuldtitel als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen zu bestätigen, Art. 75 II EuUnthVO i. V. m. Art. 27 EuVTVO.

Soweit der Vergleich vor dem 18.06.2011 geschlossen worden ist oder der gerichtliche Beschluss aufgrund eines schriftlichen Vergleichsvorschlags vor dem 18.06.2011 ergangen ist, kann das Gericht einen Auszug (Formblatt I EuUnthVO) aus dem Vergleich ebenfalls nicht erteilen.

Stattdessen ist in diesen Fällen auf Antrag der Gläubigerpartei ein Auszug (Formblatt II EuUnthVO) zu erteilen bzw. ggfs. gem. Art. 24 I EuVTVO 
(EU-Verordnung Nr. 805/2004) der Schuldtitel als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen zu bestätigen, 
Art. 75 II EuUnthVO i. V. m. Art. 27 EuVTVO.


Wie kann ich die Zwangsvollstreckung betreiben, wenn Kapitel IV Abschnitt 1 der Europäischen Unterhaltsverordnung vom 18.12.2008 keine Anwendung findet?

Wurde der Vergleich vor dem 18.06.2015 errichtet oder das gerichtliche Verfahren vor dem 18.06.2015 eingeleitet, findet dagegen Kapitel IV Abschnitt 2 der EU-Verordnung Nr. 4/2009 Anwendung.

Es bedarf in diesen Fällen der Durchführung eines Vollstreckbarerklärungsverfahren nach der Europäischen Unterhaltsverordnung vom 18.12.2008 (EuUnthVO), sofern der Schuldtitel nicht zuvor als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen bestätigt worden ist.

Wie und von wem erhalte ich den gerichtlichen Auszug (Formblatt I EuUnthVO)?

 Die Erteilung eines Auszugs bedarf eines Antrags;
der Antrag kann jederzeit an das Gericht, das den Schuldtitel erlassen hat, gestellt werden.
Dieser kann sogar bereits in dem verfahrenseinleitenden Schriftstück (Antragsschrift, Unterhaltsfestsetzungsantrag, Kostenfestsetzungsantrag) gestellt werden.

Der Antrag unterliegt keinem Anwaltszwang, § 13 RpflG.

Die Erteilung des Auszugs (Formblatt I EuUnthVO) erfolgt durch den Rechtspfleger, § 20 Zi. 10 RpflG.

Das Formblatt I EuUnthVO steht in allen Amtssprachen der EU-Mitgliedstaaten im Europäischen Justizportal online zur Verfügung.

Der Auszug wird mit dem Schuldtitel verbunden, § 30 II AUG.

 

Warum soll der gerichtliche Auszug (Formblatt I EuUnthVO) mit der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels verbunden werden?

Die Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels dient als Nachweis des Bestehens der titulierten Unterhaltsforderung.
Zahlungen bzw. Teilzahlungen werden vom Gerichtsvollzieher auf dem vollstreckbaren Schuldtitel vermerkt, §§ 757 I, (794 I, 795) ZPO, 120 FamFG.

 

Benötige ich für den gerichtlichen Auszug (Formblatt I EuUnthVO) eine Rechtskraftbescheinigung?

Nein.
Deutsche Unterhaltsentscheidungen sind bereits kraft Gesetzes mit Wirksamwerden vollstreckbar (§ 120 II FamFG bzw. § 86 II FamFG).

Nur falls der Beschlusstenor keinen Ausspruch zur sofortigen Wirksamkeit enthält, bedarf es der Rechtskraft.
Gem. Art. 39 EuUnthVO kann das Gericht die Entscheidung für vorläufig vollstreckbar erklären.

 

Benötige ich für den gerichtlichen Auszug (Formblatt I EuUnthVO) die Bezifferung des dynamisierten Unterhaltstitels (§ 1612 a BGB)?

Ja.
Handelt es sich bei dem deutschen Schuldtitel um einen dynamisierten Unterhaltstitel (§ 1612 a BGB), so bedarf dieser für die Zwangsvollstreckung im EU-Ausland zuvor der Bezifferung, §§ 245 FamFG, 72 AUG.

Die Bezifferung erfolgt auf Antrag durch den Rechtspfleger, § 25 Zi. 2 b) RpflG. 
Der Antrag unterliegt keinem Anwaltszwang, § 13 RpflG.

Bitte wenden Sie sich insoweit an das Gericht, das den Schuldtitel erlassen hat;
der Rechtspfleger nimmt auf Antrag die begehrte Bezifferung vor.

Da die erforderlichen Angaben bereits im gerichtlichen Auszug enthalten sind, kann die Bezifferung im Einzelfall ggfs. entbehrlich sein.

 

Benötige ich für den gerichtlichen Auszug (Formblatt I EuUnthVO) einen Urkundennachweis über den Bedingungseintritt i. S. d. §§ 726 I ZPO, 120 FamFG oder über die Rechtsnachfolge i. S. d. §§ 727 ff. ZPO, 120 FamFG?

Ja, 
obwohl die EU-Verordnung Nr. 4/2009 insoweit keine Regelung enthält.

Da der Auszug die Funktion einer Vollstreckungsklausel übernimmt, bedarf es insoweit der Vorlage des urkundlichen Nachweises über den Bedingungseintritt bzw. die Rechtsnachfolge auf Gläubiger- oder Schuldnerseite.

Der (erneute) Urkundennachweis ist dagegen nicht erforderlich, sofern der Bedingungseintritt bzw. die Rechtsnachfolge dem Gericht bereits offenkundig ist oder bereits zuvor eine Vollstreckungsklausel zu der Entscheidung/dem Vergleich nach §§ 724, 726, 727 ff., (794 I, 795) ZPO, 120 FamFG erteilt worden ist und die Tatsache (Bedingung) bzw. die Rechtsnachfolge somit von dem Gericht bereits zuvor geprüft worden ist.

 

Benötige ich für den gerichtlichen Auszug (Formblatt I EuUnthVO) ebenfalls einen Urkundennachweis über meine Zug um Zug-Leistung an die Schuldnerpartei i. S. d. §§ 726 II ZPO, 120 FamFG?

Ja, 
obwohl die EU-Verordnung Nr. 4/2009 insoweit keine Regelung enthält.

Hängt die Zwangsvollstreckung von einer Zug um Zug-Leistung der Gläubigerpartei ab, kann ein Auszug aus dem Schuldtitel nur dann erteilt werden, wenn die Gläubigerpartei dem Gericht nachweist, dass sie vorgeleistet hat oder die ihr obliegende Leistung in Annahmeverzug begründender Weise der Schuldnerpartei angeboten hat.

Da es Zug um Zug-Verurteilungen (Zug um Zug-Zahlungsverpflichtungen) nicht in allen EU-Mitgliedstaaten gibt, kann der Nachweis der Schuldnerbefriedigung oder des Annahmeverzugs der Schuldnerpartei dem ausl. Vollstreckungsorgan nicht überlassen bleiben, dem derartige Feststellungen aus o. g. Gründen möglicherweise unbekannt sind.

Da der gerichtliche Auszug die Funktion einer Vollstreckungsklausel übernimmt, bedarf es daher aus den o. g. Gründen - entgegen Art. 20, (48) EuUnthVO, §§ 726 II, 756, 765, (794 I, 795) ZPO, 120 FamFG - der Vorlage der Nachweise über die Schuldnerbefriedigung oder den Annahmeverzug der Schuldnerpartei.

Welche Voraussetzungen müssen für die Erteilung des gerichtlichen Auszugs (Formblatt I EuUnthVO) erfüllt sein?

Für die Erteilung eines Auszugs müssen u. a. folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Gebundenheit des Ursprungsmitgliedstaats (Deutschland) an das Haager Protokoll vom 23. 11. 2007,
  2. der deutsche Schuldtitel muss auf der Grundlage des Hager Protokolls vom 23. 11. 2007 ergangen sein,
  3. hinreichende Bestimmbarkeit des deutschen Schuldtitels 
     (betragsmäßige Bezifferung des   
     Unterhaltsanspruchs oder Bestimmbarkeit der 
     Unterhaltsforderung aus dem Schuldtitel),
  4. der deutsche Schuldtitel muss in den Anwendungsbereich des Kapitels IV Abschnitt 1 der Europäischen Unterhaltsverordnung fallen,
  5. vorläufige Vollstreckbarkeit der Forderung in Deutschland
     (Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Vollstreckungsklausel zum Schuldtitel müssen vorliegen.).

Ob das erkennende Gericht zuständig war, oder ob bestimmte verfahrensrechtliche Mindestanforderungen eingehalten worden sind, ist für die Erteilung des gerichtlichen Auszugs unerheblich.

 

Wann fällt der Schuldtitel in den Anwendungsbereich des Kapitels IV Abschnitt 1 der Europäischen Unterhaltsverordnung?

Der Unterhaltstitel fällt in den Anwendungsbereich des Kapitels IV Abschnitt 1 der Europäischen Unterhaltsverordnung, falls

  • es sich hierbei um einen Unterhaltstitel im Sinne des Art. 2 EuUnthVO handelt,
  • in diesem Unterhaltsansprüche im Sinne des Art. 1 EuUnthVO tituliert worden sind

und

  • das gerichtliche Verfahren nach dem 17.06.2011 eingeleitet worden ist oder der Vergleich nach dem 17.06.2011 errichtet worden ist.

Welche Anforderungen werden bei der Erteilung des gerichtlichen Auszugs aus Säumnisentscheidungen an die Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks/des gleichwertigen Schriftstücks/der Ladung zum Gerichtstermin gestellt?
Reicht eine wirksame Zustellung nach den deutschen Verfahrensvorschriften insoweit aus?

Grundsätzlich reicht insoweit eine wirksame Zustellung nach den deutschen Verfahrensvorschriften aus.

Der rechtzeitige Zugang 

  • des verfahrenseinleitenden Schriftstücks (Unterhaltsfestsetzungsantrag/Antragsschrift unter Fristsetzung/Kostenfestsetzungsantrag unter Fristsetzung) 

bzw. 

  • der gleichwertigen Schriftstücke 

    (Belehrung unter Fristsetzung/Mahnbescheid/Ladung zum Gerichtstermin/Vergütungsfestsetzungsantrag unter Fristsetzung) 

an die Schuldnerpartei sollte jedoch eingehalten werden.

Ansonsten hätte die Schuldnerpartei ggfs. die Möglichkeit, den vorgenannten Schuldtitel im Wege der Nachprüfung vom deutschen Gericht gem. Art. 19 EuUnthVO, § 70 AUG für nichtig erklären bzw. aufheben zu lassen.

 

Kann aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ebenfalls ein gerichtlicher Auszug (Formblatt I EuUnthVO) erteilt werden?

Ja.
Gem. Art. 2 I Zi. 1 EuUnthVO kann aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ebenfalls ein Auszug (Formblatt I EuUnthVO) erteilt werden.

 

Kann das Gericht einen Auszug (Formblatt I EuUnthVO) aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss erteilen, falls der Kostenfestsetzungsantrag der Schuldnerpartei nicht zugestellt worden ist?
Genügt insoweit nicht die Zustellung der Antragsschrift/des Mahnbescheids an die Schuldnerpartei?

Ja;
die Schuldnerpartei hat ggfs. die Möglichkeit, gem. Art. 19 EuUnthVO, § 70 AUG den vorgenannten Schuldtitel im Wege der Nachprüfung vom deutschen Gericht für nichtig erklären bzw. aufheben zu lassen.

Die Zustellung der Antragsschrift/des Mahnbescheids genügt für die grenzüberschreitende Zwangsvollstreckung in der Regel nicht.

Obwohl nach den deutschen Verfahrensvorschriften die Zustellung des Kostenfestsetzungsantrags nicht zwingend erforderlich ist, bedarf es für die grenzüberschreitende Zwangsvollstreckung gleichwohl der Zustellung.

 

Kann das Gericht einen Auszug (Formblatt I EuUnthVO) aus dem  Versäumnisbeschluss/Kostenfestsetzungs-
beschluss erteilen, falls diese lediglich durch Aufgabe zur Post zugestellt worden sind?

Ja, 
obwohl die Zustellung unwirksam ist. 

Eine Zustellung durch Aufgabe zur Post ist in den anderen EU-Mitgliedstaten nicht zulässig, da nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Vorschrift der §§ 184 ZPO, 113 FamFG keine Anwendung auf §§ 183 V, 1068, 1089 ZPO, 113 FamFG findet.

Eine Aufforderung zur Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten entfaltet keine Rechtswirkungen gegen den Zustellungsempfänger in einem anderen EU-Mitgliedstaat, vergl. Beschluss des BGH vom 02. 02. 2011 - VIII ZR 190/10 - und Beschluss des BGH vom 11. 05. 2011 - VIII ZR 114/10 -.

Die Schuldnerpartei hat ggfs. die Möglichkeit, gem. Art. 19 EuUnthVO, § 70 AUG den vorgenannten Schuldtitel im Wege der Nachprüfung vom deutschen Gericht für nichtig erklären bzw. aufheben zu lassen.

Ggfs. ist die Zustellung der Entscheidung mit Beginn der Zwangsvollstreckung nachzuholen.

 

Kann das Gericht einen Auszug (Formblatt I EuUnthVO) aus dem Versäumnisbeschluss/Kostenfestsetzungsbeschluss erteilen, falls das verfahrenseinleitende Schriftstück öffentlich zugestellt worden ist?

Ja.
Die Schuldnerpartei hat ggfs. die Möglichkeit, gem. Art. 19 EuUnthVO, § 70 AUG den vorgenannten Schuldtitel im Wege der Nachprüfung vom deutschen Gericht für nichtig erklären bzw. aufheben zu lassen.

Fraglich ist jedoch, ob das Gericht den Antrag der Schuldnerpartei zurückweist.
Grundsätzlich ist eine fiktive Zustellung (z. B. öffentliche Zustellung) ohne Hinzukommen weiterer Umstände im Einzelfall niemals rechtzeitig.

Ist es der Schuldnerpartei jedoch als Pflichtverletzung gegenüber der Gläubigerpartei zurechenbar, dass sie ihre neue Anschrift nicht bekanntgegeben hat, ist dagegen eine öffentliche Zustellung rechtzeitig bzw. wird dies als rechtzeitig angesehen.
Dies ist jedoch in der Regel nur dann der Fall, wenn die Schuldnerpartei mit der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens rechnen musste.

Wird die Schuldnerpartei vor Erteilung des gerichtlichen Auszugs (Formblatt I EuUnthVO) angehört?

Nein.
Weder die Europäische Unterhaltsverordnung noch das Auslandsunterhaltsgesetz sehen eine Anhörung der Schuldnerpartei vor.

 

Wird der gerichtliche Auszug (Formblatt I EuUnthVO) der Schuldnerpartei zugestellt?

Nein.
Weder die Europäische Unterhaltsverordnung noch das Auslandsunterhaltsgesetz sehen eine Zustellung des Auszugs an die Schuldnerpartei vor.


Welche Kosten entstehen für die Erteilung des gerichtlichen Auszugs?

Für die Erteilung des Auszugs (Formblatt I EuUnthVO) wird vom Gericht gem. KV Nr. 1711 FamGKG i. V. m. § 71 I AUG eine Gebühr in Höhe von 17 EUR erhoben.

Kann ich als Gläubigerpartei den ablehnenden Beschluss anfechten?

Ja,
mit der sofortigen Beschwerde gem. §§ 71 II S. 3 AUG, 567 ZPO, 11 I RpflG.

Der Rechtspfleger ist abhilfebefugt.

 

Das Gericht hat die Bescheinigung zu Unrecht erteilt.
Die gerichtliche Bescheinigung ist unrichtig.
Kann die Schuldnerpartei die gerichtliche Bescheinigung anfechten?

Ja,
die Schuldnerpartei kann die gerichtliche Bescheinigung mit der unbefristeten Erinnerung nach §§ 71 II S. 3 AUG, 732 ZPO anfechten;
der Rechtspfleger ist abhilfebefugt.

 

Was sind die Rechtsfolgen der Anfechtung der deutschen Entscheidung für den bereits erteilten Auszug (Formblatt I EuUnthVO)?
Muss ich als Schuldnerpartei die einstweilige Einstellung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung beantragen, wenn ich die Entscheidung angefochten habe?

Keine.
Die Europäische Unterhaltsverordnung sieht keine ausdrückliche Regelung für den Fall der Anfechtung der zu vollstreckenden Unterhaltsentscheidung vor.

Sie regelt lediglich die Aussetzung der Vollstreckung, wenn die Vollstreckung bereits im Ursprungsmitgliedstaat ausgesetzt ist.
 
Die Schuldnerpartei hat jedoch die Möglichkeit, den deutschen Beschluss über die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung der zuständigen Behörde/dem zuständigen Gericht im Vollstreckungsmitgliedstaat vorzulegen.

Die Erfolgsaussicht des Rechtsmittels/des Rechtsbehelfs kann für die Entscheidung der Behörde/des Gerichts im Vollstreckungsmitgliedstaat bedeutsam sein;
die Vorlage der Rechtsmittel- oder Rechtsbehelfsbegründung ist daher empfehlenswert.

Kann die Schuldnerpartei den Schuldtitel in Deutschland nach den Vorschriften der Europäischen Unterhaltsverordnung aufgrund Verletzung rechtlichen Gehörs anfechten?

Ja.
Die Schuldnerpartei kann ggfs. gem. Art. 19 EuUnthVO einen Antrag auf Nachprüfung der Entscheidung aufgrund Verletzung rechtlichen Gehörs stellen, falls sie sich nicht auf das Verfahren eingelassen hat.

 

Wann ist der Nachprüfungsantrag ausreichend begründet?
Wann liegt ein Aufhebungsgrund vor?

Die Schuldnerpartei kann den Nachprüfungsantrag nur damit begründen, dass sie

  • wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs bei der Verfahrenseinleitung nicht in das Verfahren einlassen konnte
     (Beschränkung der Verteidigungsmöglichkeit  
    (z. B.: mangelnde Rechtzeitigkeit))

oder

  • aufgrund höherer Gewalt oder sonstiger außergewöhnlicher Umstände keinen Einspruch gegen die Unterhaltsforderung oder den Schuldtitel erheben konnte.

 

Muss die Schuldnerpartei die Nachprüfungsgründe darlegen und ggfs. beweisen?

Ja.
Die Schuldnerpartei trägt insoweit die Darlegungs- und Beweislast.

 

Wo muss die Schuldnerpartei den Nachprüfungsantrag stellen?

Der Antrag ist gem. § 70 I S. 1 AUG an das Gericht, das den Schuldtitel erlassen hat, zu stellen.

Über den Antrag entscheidet der Familienrichter.

 

Wie erfolgt die Antragstellung?

Die Antragstellung erfolgt schriftlich durch den beauftragten Rechtsanwalt der Schuldnerpartei.

Der Antrag unterliegt einem Anwaltszwang, § 114 I FamFG.

Ein EU-einheitliches Formblatt für den Nachprüfungsantrag im Sinne d. Art. 19 EuUnthVO ist nicht vorhanden.

 

Warum muss die Schuldnerpartei einen Rechtsanwalt in dieser Angelegenheit beauftragen?

In diesem Verfahren besteht - mit Ausnahme des Vereinfachten Verfahrens über den Unterhalt Minderjähriger (§§ 249 - 260 FamFG) gem. § 13 RpflG - Anwaltszwang, § 114 I FamFG.

Deshalb kann die Schuldnerpartei alle Erklärungen grundsätzlich nur durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt abgeben.

Dies gilt auch für den Nachprüfungsantrag i. S. d. Art. 19 EuUnthVO.

 

Ist der Antrag fristgebunden?

Ja, 
der Antrag muss spätestens innerhalb von 45 Tagen gestellt werden, Art. 19 II EuUnthVO.

Die Frist beginnt mit der Kenntnisnahme von dem Schuldtitel, spätestens jedoch mit dem Tag der ersten Vollstreckungsmaßnahme.

 

In welchen Fällen ist die Antragstellung unzulässig?

Die Antragstellung nach Art. 19 EuUnthVO ist jedoch unzulässig, sofern

  • die vorgenannte 45-tägige Frist bereits abgelaufen ist 

oder

  • die Schuldnerpartei zuvor keinen Rechtsbehelf gegen den Schuldtitel eingelegt hat, obwohl sie die Möglichkeit dazu hatte 
    (sog. „Rechtsbehelfsobliegenheit“).

 

Kann die Schuldnerpartei mit dem Nachprüfungsantrag einen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung stellen?

Ja.
Die Zwangsvollstreckung kann auf Antrag der Schuldnerpartei während des laufenden Nachprüfungsverfahrens einstweilen eingestellt oder eine Sicherheitsleistung angeordnet werden, § 70 I S. 2 AUG i.V. m. §§ 719 I S. 1, 707 I S. 1 ZPO, 120 FamFG.

 

In welchen Fällen weist das Gericht den Nachprüfungsantrag zurück?

Das Gericht weist gem. § 70 II S. 1 AUG den Antrag zurück, falls

  • der Nachprüfungsantrag nicht rechtzeitig gestellt worden ist 
    (Versäumung der Frist des Art. 19 II EuUnthVO)

oder

  • keine Aufhebungsgründe vorliegen. 

 

Was sind die Rechtsfolgen der Antragsrückweisung?

Der Schuldtitel bleibt in Kraft.

 

Was sind die Rechtsfolgen der antragsgemäßen Entscheidung?

Der Schuldtitel wird aufgehoben, Art. 19 EuUnthVO, § 70 III AUG.

Das Gericht kann auf Antrag der Schuldnerpartei die Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung einstellen, § 70 III S. 3 AUG

Welche Unterlagen muss ich dem ausl. Vollstreckungsorgan vorlegen?

Die von der Gläubigerpartei vorzulegenden Unterlagen ergeben sich aus Art. 20, (48) EuUnthVO:

  • (vollstreckbare) Ausfertigung der Entscheidung/des Vergleichs
    - ggfs. mit Zustellungsbescheinigung -, 
  • gerichtlicher Auszug aus der Unterhaltsentscheidung/dem Unterhaltsvergleich (Formblatt I EuUnthVO),
  • aktuelle Forderungsaufstellung,
  • ggfs. Übersetzung der Unterlagen in der Amtssprache des Vollstreckungsmitgliedstaats.

Handelt es sich bei der deutschen Entscheidung um eine Säumnisentscheidung, bedarf es nicht der Vorlage der Bescheinigung über die Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks/des gleichwertigen Schriftstücks/der Ladung zum Gerichtstermin.

In der Regel ist die Beifügung von Übersetzungen der Entscheidung/des Vergleichs nicht erforderlich, Art. 20 II, (48) EuUnthVO.

In der Regel ist die Beifügung einer Übersetzung der Eintragungen im Auszug nicht erforderlich, da es sich bei dem Auszug um ein EU-einheitliches Formular handelt und die erforderlichen Angaben durch Eintragung von Namen, Anschriften und Zahlen sowie durch Ankreuzen von Kästchen erfolgt.

Eine Übersetzung ist daher ggfs. nur bei ergänzenden Eintragungen erforderlich.

 

Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat die Vollstreckungsklausel zu der Entscheidung/dem Vergleich?

Nein.
Es bedarf grundsätzlich nicht der Vorlage einer vollstreckbaren Ausfertigung des deutschen Schuldtitels gegenüber dem ausl. Vollstreckungsorgan, da die Vollstreckungsklausel insoweit durch den gerichtlichen Auszug ersetzt wird.

Ob trotz der Vorlage des gerichtlichen Auszugs im Einzelfall die Erteilung der Vollstreckungsklausel nach §§ 724, 726, 727 ff., (794 I, 795) ZPO, 120 FamFG zu dem deutschen Schuldtitel erforderlich ist, hängt jedoch gem. Art. 41 I, (48) EuUnthVO von den jeweiligen Verfahrensvorschriften des Vollstreckungsmitgliedstaates ab (Parallelbestimmung zu § 30 I AUG?).

Dennoch ist die Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels hilfreich, da diese als Nachweis des Bestehens der titulierten Unterhaltsforderung dient.

Zahlungen bzw. Teilzahlungen werden vom Gerichtsvollzieher auf dem vollstreckbaren Schuldtitel vermerkt, §§ 757 I, (794 I, 795) ZPO, 120 FamFG.

 

Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat eine Bescheinigung über die Zustellung der Entscheidung/des Vergleichs an die Schuldnerpartei?

Ja.
In Hinblick auf Art. 41 I (48 II) EuUnthVO bedarf es der Vorlage einer Zustellungsbescheinigung zum deutschen Schuldtitel.
Ggfs. reicht eine Zustellung mit Beginn der Zwangsvollstreckung aus.

Ob die Vorlage einer Zustellungsbescheinigung zu dem deutschen Schuldtitel erforderlich ist, hängt jedoch letztlich von den jeweiligen Verfahrensvorschriften des Vollstreckungsmitgliedstaates ab (Parallelbestimmung zu §§ 750, (794 I, 795) ZPO, 120 FamFG?).

 

Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat eine Bescheinigung über die Zustellung des gerichtlichen Auszugs (Formblatt I EuUnthVO) an die Schuldnerpartei?

Nein.
Weder die Europäische Unterhaltsverordnung noch das Auslandsunterhaltsgesetz sehen eine Zustellung an die Schuldnerpartei vor.

 

Benötige ich für die Zwangsvollstreckung im EU-Ausland eine aktuelle Forderungsaufstellung?

Ja,
Art. 20 I c) EuUnthVO.

In welchen Fällen kann die zuständige Behörde im Vollstreckungsmitgliedstaat  die Unterhaltsvollstreckung verweigern?

Gem. Art. 21, (48 II) EuUnthVO kann auf Antrag der Schuldnerpartei die Unterhaltsvollstreckung verweigert werden:

  • falls der Unterhaltsanspruch nach deutschem Recht oder nach dem Recht des Ursprungsmitgliedstaates verjährt ist (Vollstreckungsverjährung)
    - es gilt die längere Verjährungsfrist -;
  • bei Unvereinbarkeit mit einem anderen Schuldtitel (Titelkollision).

Im Falle der Titelkollision liegt es nunmehr im Ermessen der zuständigen Behörde im Vollstreckungsmitgliedstaat, ob dem Antrag der Schuldnerpartei stattgegeben wird.

Auf die zeitliche Priorität der widersprechenden Entscheidungen kommt es hierbei nicht an.

 

In welchen Fällen kann die zuständige Behörde im Vollstreckungsmitgliedstaat  die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem deutschen Schuldtitel beschließen?

Gem. Art. 21, (48 II) EuUnthVO kann die zuständige Behörde des Vollstreckungsmitgliedstaates auf Antrag der Schuldnerpartei die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung beschließen, falls

  • die Schuldnerpartei bereits in Deutschland einen Antrag auf Nachprüfung der Entscheidung gestellt hat (Art. 19 EuUnthVO), 
  • die Zwangsvollstreckung in Deutschland bereits einstweilen eingestellt ist.

Nach Art. 21 III S. 2, (48 II) EuUnthVO ist die Vollstreckung auszusetzen, wenn die Vollstreckbarkeit des Schuldtitels in Deutschland ausgesetzt ist.

Damit ist gewährleistet, dass dem Schuldtitel im Vollstreckungsmitgliedstaat keine weitergehende Wirkung zukommt als im Ursprungsmitgliedstaat.

Mit der deutschen Entscheidung in der Hauptsache wird die gem. 

Art. 21, (48 II) EuUnthVO zu erlassende Entscheidung der zuständigen Behörde im Vollstreckungsmitgliedstaat hinfällig.

Erhalte ich Verfahrenskostenhilfe?
In welchen Fällen ist die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ausgeschlossen?

Ja.
Verfahrensbeteiligte erhalten ggfs. auf Antrag Verfahrenskostenhilfe, Art. 44, 45 EuUnthVO. 

Kinder und junge Erwachsene bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres erhalten für die Durchsetzung ihrer Unterhaltsansprüche ratenfreie Verfahrenskostenhilfe.
Dies gilt unabhängig vom Einkommen und Vermögen der Gläubigerpartei, Art. 46 EuUnthVO.
Nur in Fällen der Mutwilligkeit oder der offensichtlichen Unbegründetheit ist die Verfahrenskostenhilfe ausgeschlossen, Art. 46 II EuUnthVO.

 

Befreit mich die Verfahrenskostenhilfe von der Zahlung der Übersetzungskosten?

Ja.
Die Verfahrenskostenhilfe beinhaltet auch die Befreiung von den Übersetzungskosten, Art. 45 EuUnthVO.

Wo erhalte ich kostenfreie Unterstützung bei der Durchsetzung meiner Unterhaltsansprüche im Ausland?

Umfassende Unterstützung erhalten die Verfahrensbeteiligten von der zentralen Behörde.

Die Hilfe ist in der Regel kostenfrei, Art. 54 EuUnthVO.

Die Hilfe kann sowohl die Gläubigerpartei als auch die Schuldnerpartei in Anspruch nehmen.

 

Worin besteht die Unterstützung der zentralen Behörde?

Die zentrale Behörde leistet alles Erforderliche zur gerichtlichen Durchsetzung der titulierten Unterhaltsansprüche - von der Antragstellung bis zur Überwachung des regelmäßigen Eingangs der Unterhaltszahlungen im Rahmen einer Zwangsvollstreckung.

Zu den Aufgaben der zentralen Behörde gehören u. a.:

  • gütliche Einigungen mit der Schuldnerpartei (Mediation),
  • Ermittlung der Anschrift der Schuldnerpartei im Ausland,
  • Ermittlung des Einkommens der Schuldnerpartei,
  • Überwachung des regelmäßigen Eingangs der Unterhaltszahlungen.

Die Aufgaben ergeben sich aus Art. 50, 51, 53 und 58 EuUnthVO i. V. m. § 5 AUG.

Die zentrale Behörde wird von den Jugendämtern unterstützt, z. B. bei der Berechnung der Unterhaltsrückstände - in Hinblick auf § 18 SGB VIII bzw. § 59 SGB VIII.

 

Wo finde ich die zentrale Behörde?

Gem. § 4 AUG ist das Bundesamt für Justiz zur Zentralen Behörde in Deutschland bestimmt worden.
Die zuständige nationale zentrale Behörde im Vollstreckungsmitgliedstaat entnehmen Sie bitte dem Europäischen Justizportal.

 

Kann ich direkt mit der zentralen Behörde in Deutschland in Kontakt treten?

Nein.
Die Entgegennahme und Prüfung eines Antrags erfolgt durch das Amtsgericht am Sitz des Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk der Wohnsitz des Antragstellers liegt.

Für das Vorprüfungsverfahren werden keine Kosten erhoben, § 7 AUG.

 

Worin besteht die Vorprüfung des Amtsgerichts?

Das Amtsgericht prüft lediglich, ob 

  • der Antrag die erforderlichen Angaben enthält,
  • die erforderlichen Unterlagen dem Antrag vollständig beigefügt sind,
  • der Antrag begründet ist.

Der Richter lehnt die Weiterleitung des Antrags ab, wenn der Antrag mutwillig oder offensichtlich unbegründet ist.

Liegen dagegen keine Ablehnungsgründe vor, übersendet das Amtsgericht den Antrag nebst Anlagen und Übersetzungen unmittelbar an das Bundesamt für Justiz.

 

Muss ich als Verfahrensbeteiligter die angebotenen Dienste der zentralen Behörde annehmen?

Nein.

Es bleibt der Gläubigerpartei unbenommen, den Unterhaltsanspruch im EU-Ausland selbst geltend zu machen bzw. durchzusetzen.

Es bleibt der Schuldnerpartei unbenommen, ggfs. die Anträge direkt beim zuständigen Gericht zu stellen. 

 

Wie erfolgt die Kontaktaufnahme mit der zentralen Behörde?

Die Antragstellung erfolgt mittels Formblatts VI bzw. VII EuUnthVO.

 

Welche Anträge kann die Gläubigerpartei mit dem Formblatt VI EuUnthVO stellen?

Die Gläubigerpartei kann mit diesem Formblatt einen 

  • Antrag auf Vollstreckung aus dem deutschen Schuldtitel in einem anderen EU-Mitgliedstaat 

stellen.

Das Bundesamt für Justiz bzw. die deutsche Vorprüfungsstelle ist der Gläubigerpartei bei der Antragstellung behilflich.

 

Welche Anträge kann die Gläubigerpartei mit dem Formblatt VII EuUnthVO stellen?

Die Gläubigerpartei kann mit diesem Formblatt folgende Anträge an die zentrale Behörde stellen:

  • Antrag auf Herbeiführen einer vollstreckbaren Entscheidung einschl. Feststellung der Abstammung,
  • Antrag auf Änderung einer unterhaltsrechtlichen Entscheidung aufgrund veränderter Umstände.

Das Bundesamt für Justiz bzw. die deutsche Vorprüfungsstelle ist der Gläubigerpartei bei der Antragstellung behilflich.

 

Welche Anträge kann die Schuldnerpartei mit dem Formblatt VI EuUnthVO stellen?

Die Schuldnerpartei kann mit diesem Formblatt einen 

  • Antrag auf Anerkennung einer Entscheidung, die die einstweilige Einstellung oder Einschränkung der Vollstreckung einer früheren Entscheidung bewirkt, 

stellen.

Die nationale zentrale Behörde ist der Schuldnerpartei bei der Antragstellung behilflich.

 

Welche Anträge kann die Schuldnerpartei mit dem Formblatt VII EuUnthVO stellen?

Die Schuldnerpartei kann mit diesem Formblatt einen 

  • Antrag auf Änderung einer unterhaltsrechtlichen Entscheidung aufgrund veränderter Umstände 

stellen.

Die nationale zentrale Behörde ist der Schuldnerpartei bei der Antragstellung behilflich.

Welche Besonderheiten muss ich für die Zwangsvollstreckung in Österreich beachten?

Bitte beachten Sie, dass zur Durchführung der Zwangsvollstreckung in Österreich  ein Exekutionsantrag erforderlich ist. 

Weitere Einzelheiten zur Unterhaltsvollstreckung in Österreich und dem erforderlichen Exekutionsantrag entnehmen Sie bitte dem Merkblatt der deutschen Auslandsvertretung.

Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen

EU-Verordnung Nr. 805/2004 (EuVTVO)

Warum kann ich nicht in Unterhaltssachen den deutschen Schuldtitel als Europäischen Vollstreckungstitel bestätigen lassen?

Am 18.06.011 sind in Unterhaltssachen 

  • die Brüssel I-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 44/2001) 

sowie

  • die Europäische Vollstreckungstitel-Verordnung vom 21.04.2004 (EU-Verordnung Nr. 805/2004)

durch die Europäische Unterhaltsverordnung vom 18.12.2008 (EU-Verordnung Nr. 4/2009 (EuUnthVO)) ersetzt worden, Erwägungsgrund 44, Art. 1 und 68 EuUnthVO.

Da Deutschland an das Haager Protokoll von 2007 gebunden ist und somit Kapitel IV Abschnitt 1 der EU-Verordnung Nr. 4/2009 Anwendung findet, kann daher aus dem deutschen Schuldtitel ein Auszug (Formblatt I EuUnthVO) erteilt werden, mit dem bereits unmittelbar in den anderen EU-Mitgliedstaaten vollstreckt werden kann.

Muss ich in Altfällen für die Unterhaltsvollstreckung aus dem deutschen Schuldtitel über eine unbestrittene Forderung zuvor das Vollstreckbarerklärungsverfahren in dem anderen EU-Mitgliedstaat durchführen?

Nein.
Handelt es sich um eine unbestrittene Geldforderung im Sinne der Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung hat in Altfällen die Gläubigerpartei die Wahl zwischen der Beantragung eines Vollstreckbarerklärungsverfahrens nach der Europäischen Unterhaltsverordnung und der gerichtlichen Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen, Art. 27 EuVTVO.

Nach der Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung bedarf in Altfällen die Gläubigerpartei zur Einleitung der Zwangsvollstreckung aus einem deutschen Schuldtitel lediglich der gerichtlichen Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen.

Im Gegensatz dazu benötigt die Gläubigerpartei nach der Europäischen Unterhaltsverordnung vom ausländischen Gericht die Vollstreckbarerklärung des deutschen Schuldtitels, um in Altfällen aus dem deutschen Schuldtitel die Zwangsvollstreckung im Vollstreckungsmitgliedstaat einleiten zu können.

Obwohl die Erteilung der Bestätigung nach der Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung zeitaufwendig sein kann, wird die Gläubigerpartei insbesondere bei rechtzeitiger Antragstellung im Regelfall Zeit sparen.

Die Bestätigung kann jederzeit, d. h. sogar schon mit/in dem verfahrenseinleitenden Schriftstück (z. B. Antragsschrift, Unterhaltsfestsetzungsantrag, Kostenfestsetzungsantrag) beantragt und der Gläubigerpartei zusammen mit dem Vollstreckungstitel oder zumindest kurz danach übermittelt werden.

Ferner sind die Kosten für die Bestätigung als Vollstreckungstitel geringer als die  Kosten für das Vollstreckbarerklärungsverfahren.

 

Kann ich aus der gerichtlichen Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel unmittelbar die Zwangsvollstreckung in dem anderen EU-Mitgliedstaat betreiben?

Ja.
Die Europäische Vollstreckungstitel-Verordnung ermöglicht die direkte Vollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat.

Damit entfällt in den anderen EU-Mitgliedstaaten das Verfahren zur Vollstreckbarerklärung, das bislang in Altfällen der Vollstreckung aus deutschen Vollstreckungstiteln vorgeschaltet ist.

Die Gläubigerpartei kann sich daher in dem anderen EU-Mitgliedstaat, in dem aus dem deutschen Europäischen Vollstreckungstitel vollstreckt werden soll, direkt an das Vollstreckungsorgan wenden.

Soll z. B. aus einem deutschen Europäischen Vollstreckungstitel in Polen vollstreckt werden, so kann die Gläubigerpartei sich direkt an den Gerichtsvollzieher in Polen wenden.

Ein deutscher Europäischer Vollstreckungstitel ist in den anderen EU-Mitgliedstaaten zu vollstrecken wie ein nationaler Schuldtitel, Art. 20 I S. 2, (24 III) EuVTVO.

Weder der Schuldtitel noch ihre Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel dürfen im Vollstreckungsmitgliedstaat in der Sache selbst nachgeprüft werden.

Welche Rechtsvorschriften sind für die Zwangsvollstreckung aus dem als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen bestätigten Schuldtitel maßgebend?

Die Zwangsvollstreckung richtet sich nach folgenden Rechtsvorschriften:

  • Europäische Vollstreckungstitel-Verordnung vom 21.04.2004 (EU-Verordnung Nr. 805/2004 (EuVTVO)),

 sowie

  • nationale Verfahrensvorschriften des Vollstreckungsmitgliedstaates.

 

Wie ist in Unterhaltssachen der zeitliche Anwendungsbereich der Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung im Verhältnis zu Deutschland?
Welcher Zeitpunkt ist hierbei maßgebend?
In welchen Altfällen kann der Schuldtitel als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen bestätigt werden?

Im Verhältnis zu Deutschland findet in Altfällen die EU-Verordnung Nr. 805/2004 in Unterhaltssachen Anwendung für den Zeitraum vom 21.01.2005 bis 17.06.2011, Art. 26, 33 EuVTVO, Art. 1, 68 II EuUnthVO.


Für den zeitlichen Anwendungsbereich der EU-Verordnung Nr. 805/2004 in Unterhaltssachen ist  

  • hinsichtlich des Anfangszeitpunkts der Zeitpunkt der Errichtung des Schuldtitels (gerichtliche Entscheidung/Vergleich)

    und

  • hinsichtlich des Endzeitpunkts der Zeitpunkt der Errichtung des Vergleichs bzw. des gerichtlichen Beschlusses aufgrund schriftlichen Vergleichsvorschlags der Verfahrensbeteiligten oder das Datum der Verfahrenseinleitung bei gerichtlichen Entscheidungen 

maßgebend.

Vergleiche, die in der Zeit vom 21. 01. 2005 bis 17.06.2011 errichtet worden sind, oder gerichtliche Entscheidungen, dessen Verfahrenseinleitung noch vor dem 18.06.2011 erfolgte, können daher als Europäische Vollstreckungstitel bestätigt werden.

Die Vorschriften der Art. 26, 33 EuVTVO sind dahingehend auszulegen, dass in Altfällen aus dem deutschen Schuldtitel nur dann unmittelbar im Vollstreckungsmitgliedstaat vollstreckt werden kann, falls der Schuldtitel sowohl im Ursprungsmitgliedstaat (Deutschland) als auch im Vollstreckungsmitgliedstaat im Anwendungsbereich der EU-Verordnung Nr. 805/2004 fällt.

 

Wie ist in Unterhaltssachen der zeitliche und örtliche Anwendungsbereich der Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung im Verhältnis zum Vollstreckungsmitgliedstaat?

Die Europäische Vollstreckungstitel-Verordnung gilt in Unterhaltssachen für alle EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Dänemark und Kroatien, Art. 2 III EuVTVO, 68 II EuUnthVO.

Weder können dänische oder kroatische Schuldtitel als Europäische Vollstreckungstitel bestätigt werden, noch können deutsche Schuldtitel nach der 
EU-Verordnung Nr. 805/2004 unmittelbar in Dänemark oder Kroatien vollstreckt werden.

Die Europäische Vollstreckungstitel-Verordnung findet Anwendung auf die ab 21. 01. 2005 bzw. ab dem EU-Beitritt ergangenen Entscheidungen und geschlossenen oder bestätigten Vergleiche, Art. 33 EuVTVO (vergl. auch gemeinsamer Leitfaden des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission für Personen, die in den Gemeinschaftsorganen an der Abfassung von Rechtstexten mitwirken).

Den genauen Zeitpunkt der Errichtung des deutschen Schuldtitels bzw. der Verfahrenseinleitung hinsichtlich der gerichtlichen Entscheidung, aus dem/der mit der Ausfertigung der gerichtlichen Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen (Formblatt I bzw. II EuVTVO) im Vollstreckungs- mitgliedstaat unmittelbar vollstreckt werden kann, entnehmen Sie bitte der anl. Übersicht:

Vollstreckungsmitgliedstaat
(EU-Mitgliedstaat, in dem die Zwangsvollstreckung betrieben werden soll):
zeitlicher Anwendungsbereich der  EU-Verordnung Nr. 805/2004 für den deutschen Schuldtitel in Unterhaltssachen:
Belgien 21.01.2005
bis
17.06.2011
Bulgarien 01.01.2007
bis
17.06.2011
Dänemark  ./.
Estland 21.01.2005
bis
17.06.2011
Finnland 21.01.2005
bis
17.06.2011
Frankreich 21.01.2005
bis
17.06.2011
Griechenland 21.01.2005
bis
17.06.2011
Irland 21.01.2005
bis
17.06.2011
Italien 21. 01.2005
bis
17.06.2011
Kroatien  ./.
Lettland 21.01.2005
bis
17.06.2011
Litauen 21.01.2005
bis
17.06.2011
Luxemburg 21.01.2005
bis
17.06.2011
Malta 21.01.2005
bis
17.06.2011
Niederlande 21.01.2005
bis
17.06.2011
Österreich 21.01.2005
bis
17.06.2011
Polen 21.01.2005
bis
17.06.2011
Portugal 21.01.2005
bis
17.06.2011
Rumänien 01.01.2007
bis
17.06.2011
Schweden 21.01.2005
bis
17.06.2011 
Slowakei 21.01.2005
bis
17.06.2011
Slowenien 21.01.2005
bis
17.06.2011
Spanien 21.01.2005
bis
17.06.2011
Tschechische Republik 21.01.2005
bis
17.06.2011
Ungarn 21.01.2005
bis
17.06.2011
Vereinigtes Königreich 21.01.2005
bis
17.06.2011
Zypern 21.01.2005
bis
17.06.2011

Im Verhältnis zu den EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Dänemark und Kroatien tritt die Europäische Unterhaltsverordnung (EU-Verordnung Nr. 4/2009
ab 18. 06. 2011 in Unterhaltssachen an die Stelle der Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung.

Im Verhältnis zu 

  • Kroatien

findet in Unterhaltssachen die Europäische Vollstreckungstitel-Verordnung keine Anwendung, da 

  • Kapitel IV Abschnitt 1 der Europäischen Unterhaltsverordnung vom 18.12.2008 zeitgleich mit dem EU-Beitritt am 01.07.2013 Anwendung findet (Kroatien ist an das Haager Protokoll von 2007 gebunden).

 

Wie kann ich die Zwangsvollstreckung betreiben, wenn die Europäische Vollstreckungstitel-Verordnung in den Altfällen keine Anwendung finden soll oder keine Anwendung findet?

Sofern der deutsche Schuldtitel nicht als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden kann oder die Gläubigerpartei sich für das Exequaturverfahren entscheidet, findet dagegen Kapitel IV Abschnitt 2 der Europäischen Unterhaltsverordnung 
(EU-Verordnung Nr. 4/2009) Anwendung.

Welche Voraussetzungen müssen für die gerichtliche Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen erfüllt sein?

Für die Bestätigung der gerichtlichen Entscheidung als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen müssen u. a. folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • fällige Geldforderung 
    (Art. 6 I S. 1 i. V. m. Art. 4 Zi. 2 EuVTVO);
  • unbestrittene Forderung (Art. 6 I S. 1 i. V. m. Art. 3 EuVTVO);
  • Vollstreckbarkeit der Forderung in Deutschland (Art. 6 I lit. a) EuVTVO)
    Die Voraussetzungen für die Erteilung der Vollstreckungsklausel zum Schuldtitel müssen vorliegen. -;
  • Einhaltung der Zuständigkeitsregeln (Art. 6 I lit b) EuVTVO);
  • Einhaltung der verfahrensrechtlichen Mindeststandards (Art. 6 I lit. c), 12 I, 19 EuVTVO); 
  • sofern und soweit es sich um eine Säumnisentscheidung handelt:
    ordnungsgemäße Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks/des gleichwertigen Schriftstücks/der Ladung zum Gerichtstermin an Schuldnerpartei oder Vertreter (Art. 13, 14, 15 EuVTVO);
  • ordnungsgemäße Unterrichtung der Schuldnerpartei über die Forderung,
    Art. 16 EuVTVO (z. B.: §§ 690 I Zi. 3 ZPO, 113 FamFG); 
  • ordnungsgemäße Unterrichtung der Schuldnerpartei über die Verfahrensschritte zum Bestreiten der Forderung und über die Rechtsfolgen des Nichtbestreitens oder Nichterscheinens zum Gerichtstermin, 
    Art. 17 EuVTVO (z. B. §§ 215, 271 II, 276 I, II, 277 II, 338, 499 ZPO, 113 FamFG).

In der Hauptsache ist die Schuldnerpartei in Unterhaltssachen kein Verbraucher;
die verbraucherschützende Vorschrift (Art. 6 I lit. d) EuVTVO) ist daher unbeachtlich.

Für die Bestätigung des Vergleichs als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen müssen dagegen lediglich folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • fällige Geldforderung (Art. 24 I i. V. m. Art. 4 Zi. 2 EuVTVO);
  • unbestrittene Forderung (Art. 24 III i. V. m. Art. 3 I a) EuVTVO);
  • Vollstreckbarkeit der Forderung in Deutschland  
    (Art. 24 I und III i. V. m. Art. 11 EuVTVO) 
    - Die Voraussetzungen für die Erteilung der Vollstreckungsklausel zum Schuldtitel müssen vorliegen. -.

 

Wann gilt die Forderung als unbestritten?

Die Europäische Vollstreckungstitel-Verordnung sieht vor, dass unbestrittene Geldforderungen auf Antrag der Gläubigerpartei als Europäische Vollstreckungstitel bestätigt werden können.

Die Forderung gilt als unbestritten, wenn

  • die Schuldnerpartei ihr im gerichtlichen Verfahren durch Anerkenntnis oder Vergleich zugestimmt hat (Art. 3 I S. 2 lit. a) EuVTVO),
  • die Schuldnerpartei ihr im Gerichtsverfahren nach den maßgeblichen deutschen Rechtsvorschriften nie widersprochen hat (Art. 3 I S. 2 lit. b) EuVTVO),

oder

  • die Schuldnerpartei vor Gericht säumig war.


Nachdem die Schuldnerpartei gegen den Versäumnisbeschluss bzw. den Vollstreckungsbescheid wirksam Einspruch eingelegt hat, kann eine Bestätigung des Versäumnisbeschlusses bzw. des Vollstreckungsbescheids als Europäischer Vollstreckungstitel nicht ausgestellt werden, da die Geldforderung insoweit nicht mehr unbestritten ist.

Wurde der Einspruch dagegen als unzulässig verworfen (§§ 341 I S. 2 ZPO, 113 I S. 2 FamFG), handelt es sich um eine unbestrittene Forderung;
der Versäumnisbeschluss/der Vollstreckungsbescheid ist daher bei dieser 
Fallkonstellation bestätigungsfähig.

Wurde die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt, kann der Versäumnisbeschluss/der Vollstreckungsbescheid trotz des verspäteten Einspruchs nicht als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden;
die Forderung gilt insoweit als bestritten. 

Trotz zuvor bestrittener Forderung kann dagegen ein Versäumnisbeschluss als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden, sofern dieser aufgrund der Säumnis im Gerichtstermin (Nichterscheinen oder fehlende Antragstellung im Gerichtstermin bzw. fehlende anwaltliche Vertretung in Anwaltsprozessen (z. B. vor dem  Oberlandesgericht) erlassen worden ist.

Wie und von wem erhalte ich die gerichtliche Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel (Formblatt I bzw. II EuVTVO)?

Die Bestätigung des Schuldtitels als Europäischer Vollstreckungstitel bedarf eines Antrags;
der Antrag kann jederzeit an das Gericht, das den Schuldtitel erlassen hat, gestellt werden.

Dieser kann sogar bereits in dem verfahrenseinleitenden Schriftstück (Antragsschrift, Unterhaltsfestsetzungsantrag, Mahnbescheid, Kostenfestsetzungsantrag) gestellt werden.

Der Antrag unterliegt keinem Anwaltszwang, § 13 RpflG.

Die Erteilung der Bestätigung i. S. d. Art. 9 I (24 I) EuVTVO erfolgt durch den Rechtspfleger, § 20 Zi. 11 RpflG.

Das Formblatt I bzw. II EuVTVO steht in allen Amtssprachen der EU-Mitgliedstaaten im Europäischen Justizportal online zur Verfügung.

Art. 9 II EuVTVO sieht in Hinblick auf das EU-einheitliche Formblatt die Amtssprache des Ursprungsmitgliedstaats vor;
dennoch ist die Auswahl der Amtssprache des Vollstreckungsmitgliedstaats sinnvoll und hilfreich, da dem Gerichtsvollzieher oftmals die Formulare nicht geläufig bzw. unbekannt sind. 

 

Warum soll die Ausfertigung der gerichtlichen Bestätigung mit der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels verbunden werden?

Die Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels dient als Nachweis des Bestehens der titulierten Unterhaltsforderung.
Zahlungen bzw. Teilzahlungen werden vom Gerichtsvollzieher auf dem vollstreckbaren Schuldtitel vermerkt, §§ 757 I, (794 I, 795) ZPO, 120 FamFG.

Kann der Kostenfestsetzungsbeschluss ebenfalls als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen bestätigt werden?

Ja.
Kostenfestsetzungsbeschlüsse sind aus dem Rechtsgedanken des Art. 7 EuVTVO bestätigungsfähig, wenn die Schuldnerpartei dem Kostenersatz nicht ausdrücklich widersprochen hat.

Ob in den folgenden Einzelfällen der Kostenfestsetzungsbeschluss als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden kann, hängt letztlich von der Auslegung des Gerichts ab:

  • Kann der Kostenfestsetzungsbeschluss nur dann als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden kann, wenn die Hauptsacheentscheidung bestätigungsfähig ist?
     
  • Welcher Zeitpunkt ist für das Bestreiten der Kostenforderung maßgeblich?
    (Reicht das Bestreiten der Kostenforderung im Erkenntnisverfahren aus?  
    Ist für das Bestreiten der Kostenforderung allein das Kostenfestsetzungsverfahren maßgeblich?)

 

  • Ist eine Heilung der Verfahrensmängel nach Art. 18 I EuVTVO durch Art. 18 I b) EuVTVO grundsätzlich ausgeschlossen?

Die Europäische Vollstreckungstitel-Verordnung enthält insoweit keine Regelung.

Ob 

  • Kostenfestsetzungsbeschlüsse zu Hauptsacheentscheidungen, die nicht auf Zahlung einer Geldsumme lauten,
  • Kostenfestsetzungsbeschlüsse zu klageabweisenden Hauptsacheentscheidungen

oder

  • Kostenfestsetzungsbeschlüsse zu bestrittenen Hauptsacheentscheidungen,

als Europäische Vollstreckungstitel bestätigt werden, hängt daher von der Auslegung des Gerichts ab.

Trotz zuvor bestrittenem Kostenersatz im Erkenntnisverfahren kann dagegen ein Kostenfestsetzungsbeschluss als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden, sofern der zugrunde liegende Versäumnisbeschluss aufgrund der Säumnis im Gerichtstermin (Nichterscheinen im Termin, fehlende Antragstellung oder fehlende anwaltliche Vertretung in Anwaltsprozessen) erlassen worden ist und die Schuldnerpartei dem Kostenersatz im Kostenfestsetzungsverfahren nicht widersprochen hat. 

Erkennt die Schuldnerpartei die Hauptforderung an - widerspricht jedoch gleichzeitig dem Kostenersatz - kann lediglich der Anerkenntnisbeschluss, nicht jedoch der Kostenfestsetzungsbeschluss als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen bestätigt werden.


 

Kann der Kostenfestsetzungsbeschluss als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden, wenn die Schuldnerpartei dem Kostenersatz im Erkenntnisverfahren - nicht jedoch im Kostenfestsetzungsverfahren - widersprochen hat?
Welcher Zeitpunkt ist für das Bestreiten der Kostenforderung maßgebend?

Ja.
Ob der Kostenfestsetzungsbeschluss als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt wird, hängt letztlich von der Auslegung der Vorschriften der 
Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung durch das Gericht ab.

Die EU-Verordnung Nr. 805/2004 enthält diesbezüglich keine ausdrückliche Regelung.

Die deutschen Gerichte bestätigen im Regelfall Kostenfestsetzungsbeschlüsse als Europäische Vollstreckungstitel, sofern und soweit die Schuldnerpartei dem Kostenersatz im Kostenfestsetzungsverfahren nicht widersprochen hat.

 

Kann der Kostenfestsetzungsbeschluss als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen bestätigt werden, falls der Kostenfestsetzungsantrag nicht der Schuldnerpartei zugestellt worden ist?
Genügt insoweit nicht die Zustellung der Antragsschrift/des Mahnbescheids an die Schuldnerpartei?

Nein. 

Die Zustellung der Antragsschrift/des Mahnbescheids genügt nicht.

Obwohl nach den deutschen Verfahrensvorschriften die Zustellung des Kostenfestsetzungsantrags nicht zwingend erforderlich ist, bedarf es für die grenzüberschreitende Zwangsvollstreckung gleichwohl der Zustellung im Sinne der Art. 13 - 15 EuVTVO.

Ggfs. ist im Einzelfall eine Heilung des Zustellungsmangels nach Art. 18 EuVTVO möglich, falls der rechtzeitige Zugang des Kostenfestsetzungsantrags an die Schuldnerpartei nachgewiesen ist (z. B. Angaben der Schuldnerpartei).

 

Liegen Verfahrensmängel im Sinne der Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung vor, wenn der Kostenfestsetzungsantrag zugleich mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss zugestellt worden ist?
Ja.
Das Kostenfestsetzungsverfahren genügte nicht den in Art. 16, 17 EuVTVO festgelegten verfahrensrechtlichen Erfordernissen.

Als verfahrenseinleitendes Schriftstück hätte der Kostenfestsetzungsantrag der Schuldnerpartei vor Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses zugestellt sein müssen.

 

Ist eine Heilung der Verfahrensmängel möglich?

Ob eine Heilung in Betracht kommt, hängt letztlich von der jeweiligen Auslegung des Gerichts ab, weil eine Überprüfung der Kostengrundentscheidung im Beschwerdeverfahren gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ausgeschlossen ist.

Fraglich ist, ob in der Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ein Rechtsbehelf im Sinne des Art. 18 I b) EuVTVO liegen kann.

Der Rechtsbehelf muss nach dem Wortlaut des Art. 18 I b) EuVTVO eine uneingeschränkte Überprüfung umfassen.

Nach Art. 18 I EuVTVO kommt eine Heilung der Verfahrensmängel nur in Betracht, falls

  • der Kostenfestsetzungsbeschluss mit dem Kostenfestsetzungsantrag der Schuldnerpartei gem. Art. 13 - 15 EuVTVO zugestellt worden ist;
  • die Ausfertigung des Kostenfestsetzungsbeschlusses die erforderliche Rechtsmittelbelehrung enthält
    (Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Karlsruhe (I ZB 71/09) muss die Rechtsmittelbelehrung ebenfalls die Belehrung über die Möglichkeit der Anfechtbarkeit der Kostengrundentscheidung enthalten, sofern und soweit die Hauptsacheentscheidung/die Kostengrundentscheidung im Zeitpunkt der Zustellung noch nicht rechtskräftig geworden ist.);
  • die Schuldnerpartei den Kostenfestsetzungsbeschluss nicht angefochten hat

und

  • der Kostenfestsetzungsbeschluss rechtskräftig geworden ist.

Gerichtsentscheidungen:

  • Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 17.03.2010 - I 24 W 17/10 -,
  • Beschluss des Bundesgerichtshofs Karlsruhe vom 21.07.2011 - I ZB 71/09 -.

Sofern und soweit eine gesonderte Überprüfung der Kostengrundentscheidung im Zeitpunkt der Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses möglich ist, muss die Belehrung i. S. d. Art. 18 I b) EuVTVO sich auch auf den Rechtsbehelf gegen die Kostengrundentscheidung beziehen.

Welche Anforderungen werden bei der Bestätigung deutscher Säumnisentscheidungen als Europäische Vollstreckungstitel an die Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks/des gleichwertigen Schriftstücks/der Ladung zum Gerichtstermin gestellt?
Reicht eine wirksame Zustellung nach den deutschen Verfahrensvorschriften insoweit aus?

Grundsätzlich reicht insoweit eine wirksame Zustellung nach den deutschen Verfahrensvorschriften aus.

Eine Ausnahme gilt lediglich für die Zustellung 

  • der verfahrenseinleitenden Schriftstücke (Unterhaltsfestsetzungsantrag/Antragsschrift unter Fristsetzung/Kostenfestsetzungsantrag unter Fristsetzung) 

bzw. 

  • der gleichwertigen Schriftstücke 
    (Belehrung unter Fristsetzung/Mahnbescheid/
    Vergütungsfestsetzungsantrag unter Fristsetzung) 

 bzw. 

  • der Ladung zum Gerichtstermin:

Im Falle der Ersatzzustellung durch Niederlegung  bei der Postanstalt oder einer sonstigen Behörde i. S. d. §§ 181 ZPO, 113 FamFG kommt eine Heilung des Zustellungsmangels (Art. 14 I d) EuVTVO) nach Art. 18 I EuVTVO in der Regel nicht in Betracht, da die schriftliche Benachrichtigung der Post weder einen Hinweis auf gerichtliche Schriftstücke bzw. den Absender noch die erforderliche Belehrung über die Rechtsfolgen der schriftlichen Benachrichtigung und des Fristbeginns enthält. 

Mangels Heilungsmöglichkeit des Zustellungsmangels kommt bei der vorgenannten Fallgestaltung die Bestätigung der deutschen Säumnisentscheidung als Europäischer Vollstreckungstitel daher nicht in Betracht.

Die vorgenannte Zustellungsart (Ersatzzustellung durch Niederlegung i. S. d. §§ 181 ZPO, 113 FamFG) kommt jedoch in Deutschland wenig Bedeutung zu, da der Postbote 
- falls weder der Zustellungsempfänger persönlich angetroffen wird noch     eine Ersatzzustellung an eine andere Person möglich ist – 
die Zustellung in der Regel durch Ersatzzustellung durch Einlegen der zuzustellenden Schriftstücke in den zur Wohnung des Zustellungsempfängers gehörenden Briefkasten i. S. d. §§ 180 ZPO, 113 FamFG vornimmt.

Ggfs. kommt dagegen im Einzelfall eine Heilung des Zustellungsmangels nach Art. 18 II EuVTVO in Betracht, sofern und soweit der rechtzeitigen Zugang des Schriftstücks durch das Verhalten der Schuldnerpartei im gerichtlichen Verfahren nachgewiesen ist. 

Kann die Entscheidung als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen bestätigt werden, falls das verfahrenseinleitende Schriftstück lediglich durch Aufgabe zur Post zugestellt worden ist?

Nein. 
Eine Zustellung durch Aufgabe zur Post genügt nicht den Vorschriften der Art. 13 - 15 EuVTVO, vergl. auch Erwägungsgrund 13 EuVTVO.

Darüber hinaus ist eine Zustellung durch Aufgabe zur Post in den EU-Mitgliedstaaten nicht zulässig, da nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Vorschrift des § 184 ZPO keine Anwendung auf §§ 183 V, 1068, 1089 ZPO findet.

Eine Aufforderung zur Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten entfaltet keine Rechtswirkungen gegen den Zustellungsempfänger in einem anderen EU-Mitgliedstaat, vergl. Beschluss des BGH vom 02. 02. 2011 - VIII ZR 190/10 – und Beschluss des BGH vom 11. 05. 2011 - VIII ZR 114/10 -.

Ggfs. ist jedoch im Einzelfall eine Heilung nach Art. 18 EuVTVO möglich. 

 

Kann die Entscheidung als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen bestätigt werden, falls das verfahrenseinleitende Schriftstück öffentlich zugestellt worden ist?

Nein. 
Eine öffentliche Zustellung genügt nicht den Vorschriften der Art. 13 - 15 EuVTVO, vergl. auch Erwägungsgrund 13 EuVTVO.
Ggfs. ist jedoch im Einzelfall eine Heilung nach Art. 18 EuVTVO möglich. 

 

Ist trotz Nichteinhaltung der Mindestvorschriften der Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung eine Heilung der Verfahrensmängel möglich?

Ja.
Trotz Nichteinhaltung der Mindestvorschriften über die Zustellung und Belehrung i. S. d. Art. 6 I EuVTVO kann nach Heilung der Verfahrensmängel u. U. der deutsche Schuldtitel als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden, Art. 18 EuVTVO.

Wird die Schuldnerpartei vor Erteilung der gerichtlichen Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel angehört?

Nein.
Weder die Europäische Vollstreckungstitel-Verordnung noch das die Zivilprozessordnung (ZPO) sehen eine Anhörung der Schuldnerpartei vor.

 

Wird die gerichtliche Bestätigung (Formblatt I bzw. II EuVTVO) der Schuldnerpartei zugestellt?

Ja.
Gem. § 1080 I S. 2 ZPO ist eine Ausfertigung der Bestätigung der Schuldnerpartei von Amts wegen zuzustellen.

Durch die Zustellung soll die Schuldnerpartei die Möglichkeit haben, sich so bald wie möglich gegen die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel nach Art. 10, (24 III) EuVTVO bzw. gegen die Zwangsvollstreckung nach Art. 23, (24 III) EuVTVO wehren zu können.

 

Welche Kosten entstehen für die Erteilung der gerichtlichen Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel bzw. für die Erteilung der gerichtlichen Ersatzbestätigung?

  • Für die Erteilung der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel (Formblatt I bzw. II EuVTVO 

und

  • für die Erteilung der Ersatzbestätigung (Formblatt V EuVTVO)  

wird vom Gericht gem. KV Nr. 1513 GKG i. V. m. § 1079 ZPO jeweils eine Gebühr in Höhe von 20 EUR erhoben.

 

Welche Kosten entstehen für die Erteilung der gerichtlichen Gegenbestätigung (Formblatt IV EuVTVO)?

Für die Erteilung der Gegenbestätigung (Formblatt IV EuVTVO) wird vom Gericht gem. KV Nr. 1513 GKG i.V. m. § 1079 ZPO eine Gebühr in Höhe von 20 EUR erhoben.

Die Bestätigung ist zu Unrecht erteilt worden bzw. unrichtig.
Kann die Schuldnerpartei die gerichtliche Bestätigung anfechten?

Ja,
die Schuldnerpartei kann mit dem Berichtigungsantrag oder Widerrufsantrag die gerichtliche Bestätigung anfechten, Art. 10 EuVTVO.

Ob die Schuldnerpartei die gerichtliche Bestätigung mit der befristeten Erinnerung nach § 11 II RpflG anfechten kann, hängt letztlich von der Auslegung des Art. 10 IV EuVTVO ab.

Umstritten ist, ob die Erinnerung nach § 11 II RpflG mit Art. 10 EuVTVO vereinbar ist.

 

Die gerichtliche Bestätigung weicht inhaltlich von dem Schuldtitel ab.
Kann die Schuldnerpartei einen Berichtigungsantrag stellen?

Ja, 
s. Art. 10, (24 III) EuVTVO.

Der Berichtigungsantrag ist nicht fristgebunden.

Eine Begründung des Berichtigungsantrags ist sinnvoll.

 

Welche Fehler kann die Schuldnerpartei mit dem Berichtigungsantrag geltend machen? 

Es kommen u. a. in Betracht:

  • Schreibfehler im Formblatt,
  • Auslassungen im Formblatt,
  • fehlerhaft angekreuzte Felder im Formblatt. 

 

Wo muss ich die Schuldnerpartei den Berichtigungsantrag stellen?

Der Antrag ist gem. Art. 10 I, (24 III) EuVTVO bei dem Gericht, das den Schuldtitel erlassen hat, zu stellen.
Über den Antrag entscheidet der Rechtspfleger.

 

Wie erfolgt die Antragstellung?

Der Berichtigungsantrag kann

  • schriftlich

oder

  • mit dem Formblatt VI EuVTVO

gestellt werden.

Das Formblatt VI EuVTVO steht in allen Amtssprachen der EU-Mitgliedstaaten im  Europäischen Justizportal online zur Verfügung.

Der Antrag unterliegt keinem Anwaltszwang, § 13 RpflG.

 

Kann die Schuldnerpartei den Europäischen Vollstreckungstitel anfechten, wenn die gerichtliche Bestätigung des Schuldtitels zu Unrecht erfolgte?

Ja.
Gem. Art. 10, (24 III) EuVTVO kann die Schuldnerpartei einen Antrag auf Widerruf stellen.

 

In welchen Fällen ist die Antragstellung unzulässig?
Wann ist der Widerrufsantrag ausreichend begründet?
Wann liegt ein Aufhebungsgrund vor?

Die Widerrufsantrag ist jedoch unbegründet, falls

  • die Mindestvorschriften der Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung 
    (Art. 2, 3 und 6 EuVTVO) eingehalten worden sind,
  • die verfahrensrechtlichen Erfordernisse i. S. d. Art. 13 - 17 EuVTVO oder Zustellungsmängel i. S. d. Art. 13 - 15 EuVTVO vorliegen und eine Heilung der Verfahrensmängel/Zustellungsmängel nach Art. 18 EuVTVO eingetreten ist.

Die Schuldnerpartei kann den Widerrufsantrag nur damit begründen, dass sie

  • wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs bei der Verfahrenseinleitung nicht in das Verfahren einlassen konnte

oder

  • aufgrund höherer Gewalt oder sonstiger außergewöhnlicher Umstände keinen Einspruch gegen die Forderung oder den Schuldtitel erheben konnte.

Der Schuldtitel kann daher nur aus den vorgenannten Gründen aufgehoben werden.

 

Muss die Schuldnerpartei den Widerrufsantrag begründen?
Ja.
Die pauschale Behauptung genügt insoweit nicht.

Die Schuldnerpartei muss konkret darlegen, welche Voraussetzungen nicht erfüllt sind, vergl. § 1081 II S. 4 ZPO.

Für das Vorliegen der Mängel trägt die Schuldnerpartei die Darlegungs- und Beweislast.

 

Wo muss ich die Schuldnerpartei den Widerrufsantrag stellen?

Der Antrag ist gem. Art. 10 I, (24 III) EuVTVO bei dem Gericht, das den Schuldtitel erlassen hat, zu stellen.
Über den Antrag entscheidet der Rechtspfleger.

 

Wie erfolgt die Antragstellung?

Der Widerrufsantrag kann

  • schriftlich

oder

  • mit dem Formblatt VI EuVTVO  

gestellt werden.

Das Formblatt VI EuVTVO steht in allen Amtssprachen der EU-Mitgliedstaaten im  Europäischen Justizportal online zur Verfügung.

Der Antrag unterliegt keinem Anwaltszwang, § 13 RpflG.

 

Ist der Antrag fristgebunden?

Ja.
Gem. § 1081 II ZPO muss die Schuldnerpartei den Widerrufsantrag innerhalb 

  • 1 Monats 
    (im Falle der Inlandszustellung an Schuldnerpartei)

oder

  • 2 Monate 
    (im Falle der Auslandszustellung an Schuldnerpartei)

stellen.

Die vorgenannte Frist beginnt mit der Zustellung 

  • der Bestätigung 

oder

  • des Schuldtitels;

der spätere Zeitpunkt ist maßgebend.

Im Regelfall beginnt die Frist mit der Zustellung der Bestätigung an die Schuldnerpartei.

 

In welchen Fällen weist das Gericht den Widerrufsantrag zurück?

Das Gericht weist den Antrag zurück, falls

  • der Widerrufsantrag nicht rechtzeitig gestellt worden ist 
    (Versäumung der Frist des § 1081 II ZPO)

oder

  • keine Aufhebungsgründe vorliegen. 

 

Was sind die Rechtsfolgen der Antragsrückweisung?

Die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel bleibt in Kraft.

 

Was sind die Rechtsfolgen der antragsgemäßen Entscheidung?

Die Bestätigung wird aufgehoben.

Das Amtsgericht kann auf Antrag der Schuldnerpartei die Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung einstellen. 

Kann ich den stattgebenden Beschluss über den Widerrufs- bzw. Berichtigungsantrag anfechten?

Ja.
Die Gläubigerpartei kann den stattgebenden Beschluss mit der sofortigen Beschwerde anfechten, §§ 1081 III, 319 III, 567 I, 569 ZPO, 11 I RpflG.

Der Rechtspfleger ist abhilfebefugt.

Die Beschwerdefrist beträgt 2 Wochen.



Kann die Schuldnerpartei den ablehnenden Beschluss anfechten?

Ja.
Die Schuldnerpartei kann die Ablehnung des Widerrufs- oder Berichtigungsantrags mit der befristeten Erinnerung anfechten, §§ 1081 III, 319 III, 11 II RpflG;
der Rechtspfleger ist abhilfebefugt. 

Die Erinnerungsfrist beträgt 2 Wochen.   

 

Kann ich als Gläubigerpartei ebenfalls einen Widerrufsantrag oder einen Berichtigungsantrag stellen?

Ja.
Antragstellung erfolgt schriftlich oder mit dem Formblatt VI EuVTVO.

Die Antragstellung ist für die Gläubigerpartei nicht fristgebunden. 

Der Antrag unterliegt keinem Anwaltszwang, § 13 RpflG.

 

Der als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigte Schuldtitel ist nicht mehr vollstreckbar bzw. ihre Vollstreckbarkeit wurde ausgesetzt oder eingeschränkt.
Kann die Schuldnerpartei einen Antrag auf Erteilung einer gerichtlichen Gegenbestätigung (Formblatt IV EuVTVO) stellen?

Ja,  
Art. 6 II, (24 III) EuVTVO.

Die Gegenbestätigung i. S. d. Art. 6 II, (24 III) EuVTVO erfolgt mit dem Formblatt IV EuVTVO.

Dies gilt sowohl für die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung als auch für den Widerruf der Bestätigung.

Die Erteilung der Gegenbestätigung (Formblatt IV EuVTVO) erfolgt durch den Rechtspfleger, Art. 6 II, (24 III) EuVTVO, §§ 1079 ZPO, 20 Zi. 11 RpflG.

Das Formblatt IV EuVTVO steht in allen Amtssprachen der EU-Mitgliedstaaten im  Europäischen Justizportal online zur Verfügung.

Der Antrag unterliegt keinem Anwaltszwang, § 13 RpflG.



Kann ich als Gläubigerpartei die Gegenbestätigung anfechten?
Ja, 
mit der Erinnerung, § 732 ZPO analog.
 

Kann die Schuldnerpartei die Zurückweisung des Gegenbestätigungsantrags anfechten?

Ja.
Die Schuldnerpartei kann die Zurückweisung des Gegenbestätigungsantrags mit der sofortigen Beschwerde (§§ 1080 II, 567 I, 569 I ZPO, 11 I RpflG) bzw. mit der befristeten Erinnerung (§ 11 II RpflG) anfechten;
der Rechtspfleger ist abhilfebefugt. 

Die Beschwerdefrist bzw. Erinnerungsfrist beträgt 2 Wochen.
 

Der Rechtsbehelf hatte keinen Erfolg.
Was sind die Rechtsfolgen?

Hatte der Rechtsbehelf keinen Erfolg, kann die Gläubigerpartei einen Antrag auf Erteilung einer gerichtlichen Ersatzbestätigung für die vollstreckbare Rechtsbehelfsentscheidung stellen.

Antragstellung erfolgt in Schriftform.

Die Ersatzbestätigung erfolgt mit dem Formblatt V EuVTVO.

Die Erteilung der Ersatzbestätigung i. S. d. Art. 6 III, (24 III) EuVTVO, § 1079 ZPO (Formblatt V EuVTVO) erfolgt durch den Rechtspfleger, § 20 Zi. 11 RpflG.

Das Formblatt V EuVTVO steht in allen Amtssprachen der EU-Mitgliedstaaten im Europäischen Justizportal online zur Verfügung.

Der Antrag unterliegt keinem Anwaltszwang, § 13 RpflG.

 

Der Rechtsbehelf war erfolgreich.
Was sind die Rechtsfolgen?

Hatte der Rechtsbehelf Erfolg, kann die Schuldnerpartei einen Antrag auf Erteilung der Bestätigung der Nichtvollstreckbarkeit nach Art. 6 II, (24 III) EuVTVO (auch „Gegenbestätigung“ genannt) stellen.

Die Erteilung der Gegenbestätigung i. S. d. Art. 6 II, (24 III) EuVTVO, § 1079 ZPO (Formblatt IV EuVTVO) erfolgt durch den Rechtspfleger, § 20 Zi. 11 RpflG.

Das Formblatt IV EuVTVO steht in allen Amtssprachen der EU-Mitgliedstaaten im Europäischen Justizportal online zur Verfügung.

Der Antrag unterliegt keinem Anwaltszwang, § 13 RpflG.

 

Werden die Berichtigung und der Widerruf der Bestätigung in den Gerichtsakten vermerkt?

Ja.
Gem. § 1081 III ZPO i. V. m. § 319 II ZPO wird die Berichtigung und der Widerruf auf der urschriftlichen Bestätigung und allen Ausfertigungen von Amts wegen vermerkt.

Die Bestätigung wird auch im Falle des Widerrufs nicht eingezogen.

Welche Unterlagen muss ich dem ausl. Vollstreckungsorgan vorlegen?

Die von der Gläubigerpartei vorzulegenden Unterlagen ergeben sich aus Art. 20 II, (24) EuVTVO:

  • (vollstreckbare) Ausfertigung der Entscheidung/des Vergleichs 
    - ggfs. mit Zustellungsbescheinigung -,
  • Ausfertigung der gerichtlichen Bestätigung als Europäischer 
    Vollstreckungstitel (Formblatt I bzw. II EuVTVO) 
    mit Zustellungsbescheinigung,
  • ggfs. Übersetzung der Unterlagen in der Amtssprache des Vollstreckungsmitgliedstaats.

Handelt es sich bei der Entscheidung um eine Säumnisentscheidung, bedarf es nicht der Vorlage der Bescheinigung über die Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks/des gleichwertigen Schriftstücks/der Ladung zum Gerichtstermin.

In der Regel ist die Beifügung von Übersetzungen nicht erforderlich, da es sich bei der Bestätigung um ein EU-einheitliches Formular handelt und die erforderlichen Angaben durch Eintragung von Namen, Anschriften und Zahlen sowie durch Ankreuzen von Kästchen erfolgt.

Eine Übersetzung ist daher nur bei ergänzenden Eintragungen erforderlich, 
vergl. Art. 20 II c) EuVTVO.

 

Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat eine Vollstreckungsklausel zu der Entscheidung/dem Vergleich?

Nein.
Da die Vollstreckungsklausel insoweit durch die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel ersetzt wird, bedarf es grundsätzlich nicht der Vorlage einer vollstreckbaren Ausfertigung des deutschen Schuldtitels gegenüber dem ausl. Vollstreckungsorgan.

Ob trotz der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel im Einzelfall die Erteilung der Vollstreckungsklausel nach §§ 724, 726, 727 ff., (794 I, 795) ZPO, 120 FamFG zu dem deutschen Schuldtitel erforderlich ist, hängt jedoch gem. Art. 20 I, (24 III) EuVTVO von den jeweiligen Verfahrensvorschriften des Vollstreckungsmitgliedstaates ab (Parallelbestimmung zu § 1082 ZPO?).

Dennoch ist die Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels hilfreich, da diese als Nachweis des Bestehens der titulierten Forderung dient.

Zahlungen bzw. Teilzahlungen werden vom Gerichtsvollzieher auf dem vollstreckbaren Schuldtitel vermerkt, §§ 757 I, (794 I, 795) ZPO, 120 FamFG.

 

Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat eine Bescheinigung über die Zustellung der Entscheidung/des Vergleichs an die Schuldnerpartei?

Ja.
In Hinblick auf Art. 20 I, (24 III) EuVTVO bedarf es der Vorlage einer Zustellungsbescheinigung zu dem deutschen Schuldtitel

Ob die Vorlage einer Zustellungsbescheinigung zu dem deutschen Schuldtitel erforderlich ist, hängt jedoch gem. Art. 20 I, (24 III) EuVTVO von den jeweiligen Verfahrensvorschriften des Vollstreckungsmitgliedstaates ab (Parallelbestimmung zu §§ 750, (794 I, 795) ZPO, 120 FamFG?).
Ggfs. reicht eine Zustellung mit Beginn der Zwangsvollstreckung aus.

 

Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat eine Bescheinigung über die Zustellung der gerichtlichen Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel an die Schuldnerpartei?

Ja.
In Hinblick auf § 1080 I S. 2 ZPO bedarf es der Vorlage einer Zustellungs-bescheinigung zu der gerichtlichen Bestätigung.

Ggfs. reicht eine Zustellung mit Beginn der Zwangsvollstreckung aus.

Wo erhalte ich Unterstützung bei der Durchsetzung meiner Unterhaltsansprüche im Ausland?

Umfassende Unterstützung erhält die Gläubigerpartei von der zentralen Behörde.

 

Worin besteht die Unterstützung der zentralen Behörde?

Die zentrale Behörde leistet alles Erforderliche zur gerichtlichen Durchsetzung der titulierten Unterhaltsansprüche - von der Antragstellung bis zur Überwachung des regelmäßigen Eingangs der Unterhaltszahlungen im Rahmen einer Zwangsvollstreckung.

Die Aufgaben der zentralen Behörde ergeben sich aus § 5 AUG.
Die zentrale Behörde wird ggfs. von den Jugendämtern unterstützt, § 6 AUG.

 

Wo finde ich die zentrale Behörde?

Gem. § 4 AUG ist das Bundesamt für Justiz zur zentralen Behörde in Deutschland bestimmt worden.
 
 

Kann ich direkt mit der zentralen Behörde in Deutschland in Kontakt treten?

Nein
Die Entgegennahme und Prüfung eines Antrags erfolgt durch das Amtsgericht am Sitz des Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk der Wohnsitz des Antragstellers liegt.

Für das Vorprüfungsverfahren werden keine Kosten erhoben, § 7 AUG.

 

Worin besteht die Vorprüfung des Amtsgerichts?

Das Amtsgericht prüft lediglich, ob 

  • der Antrag die erforderlichen Angaben enthält,
  • die erforderlichen Unterlagen dem Antrag vollständig beigefügt sind,
  • der Antrag begründet ist.

Der Richter lehnt die Weiterleitung des Antrags ab, wenn der Antrag mutwillig oder offensichtlich unbegründet ist.

Liegen dagegen keine Ablehnungsgründe vor, übersendet das Amtsgericht den Antrag nebst Anlagen und Übersetzungen unmittelbar an das Bundesamt für Justiz.

 

Muss ich als Gläubigerpartei die angebotenen Dienste der zentralen Behörde annehmen?

Nein.
Es bleibt der Gläubigerpartei unbenommen, den Unterhaltsanspruch im Ausland selbst geltend zu machen bzw. durchzusetzen.

Welche Besonderheiten muss ich für die Zwangsvollstreckung in Österreich beachten?

Bitte beachten Sie, dass zur Durchführung der Zwangsvollstreckung in Österreich  ein Exekutionsantrag erforderlich ist. 

Weitere Einzelheiten zur Unterhaltsvollstreckung in Österreich und dem erforderlichen Exekutionsantrag entnehmen Sie bitte dem Merkblatt der deutschen Auslandsvertretung.

Werden die verfahrensrechtlichen Mindeststandards i. S. d. Art. 19 EuVTVO vom deutschen Gesetzgeber eingehalten?
Hat die Schuldnerpartei nach den deutschen Verfahrensvorschriften (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) und Zivilprozessordnung (ZPO)) die Möglichkeit, eine Überprüfung der Entscheidung zu beantragen, falls sie ohne eigenes Verschulden an der Verteidigung gehindert war?

Ja.
Die Überprüfungsmöglichkeiten im Sinne des Art. 19 EuVTVO ergeben sich aus den Angaben des deutschen Gesetzgebers im Europäischen Justizportal.

Die Schuldnerpartei ist nach deutschem Recht nicht nur in den in Erwägungsgrund 14, Art. 19 EuVTVO genannten Ausnahmefällen, sondern generell berechtigt, eine Überprüfung der wegen fehlenden Widerspruchs bzw. Nichterscheinens ergangenen Entscheidung zu beantragen.

 

Was sind in Deutschland die Rechtsmittel/Rechtsbehelfe i. S. d. Art. 19 EuVTVO?

Es handelt sich um folgende Rechtsmittel/Rechtsbehelfe:

  • Einspruch gegen den Versäumnisbeschluss 
    (§§ 111 Zi. 8, 112 Zi. 1, 113 I S. 2 FamFG, 338 ZPO);
  • Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid (§ 700 ZPO i. V. m. § 338 ZPO);
  • Beschwerde gegen den 2. Versäumnisbeschluss 
    (§§ 111 Zi 8, 112 Zi. 1, 113 I S. 2 FamFG, 345 ZPO)

     sowie

  • Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand 
    (§§ 113 I S. 2 FamFG i. V. m. §§ 233 ff. ZPO).

 

Kann ich den ablehnenden Beschluss anfechten?
Ja, 
die Gläubigerpartei kann die Ablehnung der Bestätigung (Art. 9 EuVTVO) oder Ersatzbestätigung (Art. 6 III EuVTVO) mit der sofortigen Beschwerde 
anfechten, §§ 1080 II, 567, 569 I ZPO, 11 I RpflG;
der Rechtspfleger ist abhilfebefugt. 

Die Beschwerdefrist beträgt 2 Wochen.



Die Bestätigung ist zu Unrecht erteilt worden bzw. unrichtig.
Kann die Schuldnerpartei die gerichtliche Bestätigung anfechten?

Ja,
die Schuldnerpartei kann mit dem Berichtigungsantrag oder Widerrufsantrag die gerichtliche Bestätigung anfechten, Art. 10 EuVTVO.

Ob die Schuldnerpartei die gerichtliche Bestätigung mit der befristeten Erinnerung nach § 11 II RpflG anfechten kann, hängt letztlich von der Auslegung des Art. 10 IV EuVTVO ab.

Umstritten ist, ob die Erinnerung nach § 11 II RpflG mit Art. 10 EuVTVO vereinbar ist.

Benötige ich für den Europäischen Vollstreckungstitel die Vollstreckungsklausel zu der Entscheidung/dem Vergleich?

Nein,
Art. 6 I (24 I) EuVTVO.

 

Benötige ich für den Europäischen Vollstreckungstitel die Bezifferung des dynamisierten Unterhaltstitels (§ 1612 a BGB)?

Ja.
Handelt es sich bei dem deutschen Schuldtitel um einen dynamisierten Unterhaltstitel (§ 1612 a BGB), so bedarf dieser für die Zwangsvollstreckung im EU-Ausland zuvor der Bezifferung, §§ 245 FamFG, 72 AUG.

Die Bezifferung erfolgt auf Antrag durch den Rechtspfleger, § 25 Zi. 2 b) RpflG. 
Der Antrag unterliegt keinem Anwaltszwang, § 13 RpflG.

Bitte wenden Sie sich insoweit an das Gericht, das den Schuldtitel erlassen hat;
der Rechtspfleger nimmt auf Antrag die begehrte Bezifferung vor.

Da die erforderlichen Angaben bereits in der Ausfertigung der gerichtlichen Bestätigung (Formblatt I bzw. II EuVTVO) enthalten sind, kann die Bezifferung im Einzelfall ggfs. entbehrlich sein.

 

Benötige ich für den Europäischen Vollstreckungstitel eine Rechtskraft-bescheinigung?

Nein.
Deutsche Anerkenntnisbeschlüsse und deutsche Versäumnisbeschlüsse sind bereits kraft Gesetzes mit Wirksamwerden vollstreckbar (§ 120 II FamFG bzw. § 86 II FamFG).
Nur falls der Beschlusstenor kein Ausspruch zur sofortigen Wirksamkeit enthält, bedarf es der Rechtskraft.

 

Benötige ich für den Europäischen Vollstreckungstitel einen Urkundennachweis über den Bedingungseintritt i. S. d. §§ 726 I ZPO, 120 FamFG oder über die Rechtsnachfolge i. S. d. §§ 727 ff. ZPO, 120 FamFG?

Ja.
Ob ein Urkundennachweis für die Erteilung einer Bestätigung gegenüber dem deutschen Gericht benötigt wird, hängt letztlich von der Auslegung der Vorschrift(en) der EU-Verordnung Nr. 805/2004 durch das Gericht ab.

Da die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen die Funktion einer Vollstreckungsklausel übernimmt, bedarf es insoweit der Vorlage des urkundlichen Nachweises über den Bedingungseintritt bzw. die Rechtsnachfolge auf Gläubiger- oder Schuldnerseite.

Der (erneute) Urkundennachweis ist dagegen nicht erforderlich, sofern der Bedingungseintritt bzw. die Rechtsnachfolge dem Familiengericht bereits offenkundig ist oder bereits zuvor eine Vollstreckungsklausel zu der Entscheidung/dem Vergleich nach §§ 724, 726, 727 ff., (794 I, 795) ZPO, 120 FamFG erteilt worden ist und die Tatsache (Bedingung) bzw. die Rechtsnachfolge somit von dem Familiengericht bereits zuvor geprüft worden ist.

 

Benötige ich für den Europäischen Vollstreckungstitel ebenfalls einen Urkundennachweis über meine Zug um Zug-Leistung an die Schuldnerpartei i. S. d. §§ 726 II ZPO, 120 FamFG?

Ja.
Ob ein Urkundennachweis für die Erteilung einer Bestätigung gegenüber dem deutschen Gericht benötigt wird, hängt letztlich von der Auslegung der Vorschrift(en) der EU-Verordnung Nr. 805/2004 durch das Gericht ab.

Nach den deutschen Verfahrensvorschriften für die Erteilung einer Vollstreckungsklausel (§§ 726 II, 756, 765, (794 I, 795) ZPO, 120 FamFG) i. V. m. Art. 20 I, (24 III) EuVTVO muss die Gläubigerpartei erst gegenüber dem ausländischen Vollstreckungsorgan den Nachweis vorlegen.

Hängt die Zwangsvollstreckung von einer Zug um Zug-Leistung der Gläubigerpartei ab, kann die Entscheidung/der Vergleich nur dann als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen bestätigt werden, wenn die Gläubigerpartei dem Familiengericht nachweist, dass sie vorgeleistet hat oder die ihr obliegende Leistung in Annahmeverzug begründender Weise der Schuldnerpartei angeboten hat.

Da es Zug um Zug-Verurteilungen (Zug um Zug-Zahlungsverpflichtungen) nicht in allen Mitgliedstaaten gibt, kann der Nachweis der Schuldnerbefriedigung oder des Annahmeverzugs der Schuldnerpartei dem ausl. Vollstreckungsorgan nicht überlassen bleiben, dem derartige Feststellungen aus o. g. Gründen möglicherweise unbekannt sind.

Da die Bestätigung die Funktion einer Vollstreckungsklausel übernimmt, ist daher das Gericht berechtigt, die Erteilung der Bestätigung von der Vorlage der Nachweise über die Schuldnerbefriedigung oder den Annahmeverzug der Schuldnerpartei abhängig zu machen.

Europäischer Zahlungsbefehl

EU-Verordnung Nr. 1896/2006 (EuMVVO)

Muss ich für die Zwangsvollstreckung aus dem deutschen Europäischen Zahlungsbefehl zuvor das Vollstreckbarerklärungsverfahren in dem anderen EU-Mitgliedstaat durchführen?

Nein.
Nach der Europäischen Mahnverfahrensverordnung bedarf die Gläubigerpartei zur Einleitung der Zwangsvollstreckung aus einem deutschen Europäischen Zahlungsbefehl lediglich der Erklärung über die Vollstreckbarkeit.

Die Erklärung über die Vollstreckbarkeit mittels Formblatt G EuMVVO ist nicht zu verwechseln mit der Vollstreckbarerklärung im Exequaturverfahren.
Diese ist für den Europäischen Zahlungsbefehl abgeschafft worden.

 

Kann ich aus dem deutschen Europäischen Zahlungsbefehl unmittelbar die Zwangsvollstreckung in dem anderen EU-Mitgliedstaat betreiben?

Ja.
Die Europäische Mahnverfahrensverordnung ermöglicht die direkte Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat.

Die Gläubigerpartei kann sich daher in dem anderen EU-Mitgliedstaat direkt an das Vollstreckungsorgan wenden.
Soll z. B. aus einem deutschen Europäischen Zahlungsbefehl in den Niederlanden vollstreckt werden, so kann die Gläubigerpartei sich direkt an den Gerichtsvollzieher in den Niederlanden wenden.

Ein deutscher Europäischer Zahlungsbefehl ist in den anderen EU-Mitgliedstaaten zu vollstrecken wie eine nationale Entscheidung, Erwägungsgrund 27, Art. 21 I EuMVVO.
Weder der Europäische Zahlungsbefehl noch die Vollstreckbarerklärung dürfen im Vollstreckungsmitgliedstaat in der Sache selbst nachgeprüft werden.

 

Wie ist der örtliche Anwendungsbereich der Europäischen Mahnverfahrensverordnung?

Die EU-Verordnung Nr. 1896/2006 gilt für alle EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Dänemark, Erwägungsgrund 32, Art. 2 III EuMVVO,
Erwägungsgrund 26 Änderungsverordnung.
Der Europäische Zahlungsbefehl kann daher nicht in Dänemark vollstreckt werden.

Von wem erhalte ich die Vollstreckbarerklärung (Formblatt G EuMVVO)?

Die Vollstreckbarerklärung erhalten Sie vom Amtsgericht Wedding - Europäisches Mahngericht Deutschland -.

Es bedarf keines weiteren Antrags.

Das Amtsgericht Wedding erteilt der Gläubigerpartei von Amts wegen die Vollstreckbarerklärung.

Das Formblatt G EuMVVO steht in allen Amtssprachen der EU-Mitgliedstaaten im Europäischen Justizportal online zur Verfügung.

Art. 18 I, 21 II EuMVVO sieht in Hinblick auf das EU-einheitliche Formblatt die Amtssprache des Ursprungsmitgliedstaats vor.

Dennoch ist die Auswahl der Sprache des Vollstreckungsmitgliedstaats sinnvoll und hilfreich, da dem Gerichtsvollzieher oftmals die europäischen Formulare nicht geläufig sind bzw. unbekannt sind.

 

Benötige ich für die Vollstreckbarerklärung (Formblatt G EuMVVO) einen Urkundennachweis über die Rechtsnachfolge i. S. d. §§ 120 FamFG, 727 ff. ZPO?

Ja.
Da die Erklärung über die Vollstreckbarkeit (Formblatt G EuMVVO) die Funktion einer Vollstreckungsklausel übernimmt, bedarf es insoweit der Vorlage des urkundlichen Nachweises über die Rechtsnachfolge auf Gläubiger- oder Schuldnerseite.

Der Urkundennachweis ist dagegen nicht erforderlich, sofern die Rechtsnachfolge dem Amtsgericht Wedding bereits offenkundig ist.

Welche Voraussetzungen müssen für die Erteilung der Vollstreckbarerklärung (Formblatt G EuMVVO) erfüllt sein?

Keine.
Im Gegensatz zu der Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung (Art. 6 I EuVTVO) prüft das Amtsgericht Wedding nicht die Einhaltung der Verfahrensregeln der Europäischen Mahnverfahrensverordnung, Art. 18 I EuMVVO.

 

Kann der Europäische Zahlungsbefehl durch Aufgabe zur Post zugestellt werden?

Nein.
Eine Zustellung durch Aufgabe zur Post genügt nicht den Vorschriften der Art. 13 - 15 EuMVVO, 
vergl. auch Erwägungsgrund 19 EuMVVO.

Ggfs. ist jedoch im Einzelfall eine Heilung nach Art. 20 EuMVVO möglich, falls die Schuldnerpartei eine effektive Verteidigungsmöglichkeit hatte.


Kann der Europäische Zahlungsbefehl öffentlich zugestellt werden?

Nein.
Eine öffentliche Zustellung genügt nicht den Vorschriften der Art. 13 - 15 EuMVVO, vergl. auch Erwägungsgrund 19 EuMVVO.

Ggfs. ist jedoch im Einzelfall eine Heilung nach Art. 20 EuMVVO möglich, falls die Schuldnerpartei eine effektive Verteidigungsmöglichkeit hatte.


Können Zustellungsmängel i. S. d. Art. 13, 14 EuMVVO geheilt werden?

Ja, 
Art. 20 EuMVVO.
Eine Heilung der Zustellungsmängel ist möglich, sofern der Schuldnerpartei eine effektive Verteidigung möglich war. 

Wird die Schuldnerpartei vor Erteilung der Vollstreckbarerklärung (Formblatt G EuMVVO) angehört?

Nein.
Weder der europäische Gesetzgeber (Europäische Mahnverfahrensverordnung) noch der deutsche Gesetzgeber (Zivilprozessordnung) sehen eine Anhörung der Schuldnerpartei vor.

Das Amtsgericht Wedding hat den Europäischen Zahlungsbefehl antragsgemäß erlassen und mit dem Formblatt G EuMVVO für vollstreckbar erklärt.
Kann die Schuldnerpartei den Europäischen Zahlungsbefehl in Deutschland nach den Vorschriften der Europäischen Mahnverfahrensverordnung noch nach Ablauf der Einspruchsfrist anfechten?

Ja.
Die Schuldnerpartei kann ggfs. gem. Art. 20 EuMVVO einen Antrag auf Überprüfung des Europäischen Zahlungsbefehls stellen,

  • aufgrund Verletzung rechtlichen Gehörs, falls sie sich ohne eigenes Verschulden nicht auf das Verfahren eingelassen hat (Art. 20 I EuMVVO)

 oder

  • falls der Europäische Zahlungsbefehl zu Unrecht erlassen worden ist 

(Art. 20 II EuMVVO).
 

Wann ist der Überprüfungsantrag ausreichend begründet?
Wann liegt eine unverschuldete Säumnis der Schuldnerpartei vor?

Die Schuldnerpartei kann den Überprüfungsantrag nur damit begründen, dass 

  • die Zustellung des Europäischen Zahlungsbefehls ohne Empfangsnachweis i. S. d. Art. 14 EuMVVO erfolgte 
    (Ersatzzustellung, 
    postalische Zustellung in Deutschland ohne Zustellungsnachweis 
    oder 
    elektronische Zustellung mit automatisch erstellter Sendebestätigung)
    und 
    die tatsächliche Kenntnisnahme von der Zustellung nicht rechtzeitig für ihre Verteidigung erfolgte
    und
    sie aufgrund höherer Gewalt oder sonstiger außergewöhnlicher Umstände ohne eigenes Verschulden keinen Einspruch gegen den Europäischen Zahlungsbefehl einlegen konnte.

oder

  • Der Europäische Zahlungsbefehl zu Unrecht erlassen worden ist.

Entgegen dem Wortlaut der Vorschrift ist auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem die Schuldnerpartei Kenntnis von der Zustellung erhalten hat, also so spät, dass sie keine vernünftige Überlegungsfrist mehr hatte, ob sie Einspruch einlegen soll,
Erwägungsgrund 25, 20 II EuMVVO

 

Muss die Schuldnerpartei die Überprüfungsgründe darlegen und ggfs. beweisen?

Ja.
Die Schuldnerpartei trägt insoweit die Darlegungs- und Beweislast, §§ 1092 II, 294 ZPO.

 

Wo muss die Schuldnerpartei den Überprüfungsantrag stellen?

Der Antrag ist gem. § 1087 ZPO bei dem Amtsgericht Wedding in Berlin zu stellen.

 

Wie erfolgt die Antragstellung?

Die Antragstellung erfolgt schriftlich.
Ein EU-einheitliches Formblatt für den Überprüfungsantrag im Sinne d. Art. 20 EuMVVO ist nicht vorhanden.

 

Ist der Antrag fristgebunden?

Ja.
Der Antrag muss unverzüglich („ohne schuldhaftes Zögern“) gestellt werden, Art. 20 I EuMVVO.

Ob das Zögern schuldhaft ist, hängt u. a. vom Zeitpunkt der Kenntnisnahme von dem Europäischen Zahlungsbefehl und der Tatsache ab, ob die Schuldnerpartei von der Existenz des Überprüfungsantrags i. S. d. Art. 20 EuMVVO Kenntnis hatte.

 

In welchen Fällen ist die Antragstellung unzulässig?

Die Antragstellung nach Art. 20 EuMVVO ist jedoch unzulässig, sofern

  • der Antrag nicht unverzüglich gestellt worden ist 

oder

  • ein Aufhebungsgrund nicht vorliegt.

 

Kann ich als Schuldnerpartei mit dem Überprüfungsantrag einen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung stellen?

Ja.
Die Zwangsvollstreckung kann auf Antrag der Schuldnerpartei während des laufenden Überprüfungsverfahrens einstweilen eingestellt oder eine Sicherheitsleistung angeordnet werden, § 1095 I ZPO i.V. m. §§ 719 I S. 1, 707 I S. 1 ZPO.

 

In welchen Fällen weist das Gericht den Überprüfungsantrag zurück?

Das Gericht weist den Antrag zurück, falls

  • der Überprüfungsantrag nicht unverzüglich gestellt worden ist (vergl. Art. 20  EuMVVO),
  • kein Fall unverschuldeter Säumnis vorliegt.

     oder

  • kein Aufhebungsgrund vorliegt. 

 

Was sind die Rechtsfolgen der Antragsrückweisung?

Der Europäische Zahlungsbefehl bleibt in Kraft.

 

Was sind die Rechtsfolgen der antragsgemäßen Entscheidung?

Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Überprüfung des Europäischen Zahlungsbefehls gerechtfertigt ist, wird der Europäische Zahlungsbefehl aufgehoben;
das Europäische Mahnverfahren ist beendet, § 1092 III ZPO.

Das Gericht fordert die Vollstreckbarerklärung (Formblatt G EuMVVO) von der Gläubigerpartei zurück, um eine (weitere) Zwangsvollstreckung auszuschließen.

Kann die Schuldnerpartei den Europäischen Zahlungsbefehl wegen fehlender oder fehlerhafter Zustellung anfechten?

Ja, 
die Schuldnerpartei kann einen Antrag auf Aufhebung des Europäischen Zahlungsbefehls stellen, § 1092 a ZPO.
Die Frist für die Antragstellung beträgt 1 Monat ab Kenntnis vom Erlass des Europäischen Zahlungsbefehls.

Die pauschale Behauptung des Zustellungsmangels genügt nicht;
für das Vorliegen des Zustellungsmangels trägt die Schuldnerpartei die Darlegungs- und Beweislast.


 

Kann die Schuldnerpartei mit dem Aufhebungsantrag einen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung stellen?

Ja.
Die Zwangsvollstreckung kann auf Antrag der Schuldnerpartei während des laufenden Aufhebungsverfahrens einstweilen eingestellt oder eine Sicherheitsleistung angeordnet werden, § 1095 I ZPO i.V. m. §§ 719 I S. 1, 707 I S. 1 ZPO.

Welche Unterlagen muss ich dem ausl. Vollstreckungsorgan vorlegen?

Die von der Gläubigerpartei vorzulegenden Unterlagen ergeben sich aus Art. 21 II EuMVVO:

  • Ausfertigung des Europäischen Zahlungsbefehls (Formblatt E EuMVVO),
  • Vollstreckbarerklärung (Formblatt G EuMVVO),
  • ggfs. Übersetzung der Unterlagen in der erforderlichen Amtssprache des Vollstreckungsmitgliedstaats.

In der Regel ist die Beifügung von Übersetzungen nicht erforderlich, da es sich bei der Bescheinigung um ein EU-einheitliches Formular handelt und die erforderlichen Angaben durch Eintragung von Namen, Anschriften und Zahlen sowie durch Ankreuzen von Kästchen erfolgt.

Eine Übersetzung ist daher nur bei ergänzenden Eintragungen erforderlich, vergl. Art. 21 II b, 29 I d) EuMVVO. 

 

Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat eine (gesonderte) Bescheinigung über die Zustellung des Europäischen Zahlungsbefehls (Formblatt E EuMVVO) an die Schuldnerpartei?

Nein.
Da die Vollstreckbarerklärung bereits die Zustellung an den Antragsgegner bescheinigt (s. Seite 2 des Formblatts G EuMVVO), ist die Vorlage einer (gesonderten) Bescheinigung über die Zustellung des Europäischen Zahlungsbefehls nicht erforderlich.

Die Vorlage der Vollstreckbarerklärung (Formblatt G EuMVVO) reicht als Zustellungsbescheinigung insoweit aus.

 

Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat eine Vollstreckungsklausel zum Europäischen Zahlungsbefehl (Formblatt E EuMVVO)?

Nein.
Da die Vollstreckungsklausel insoweit durch die Vollstreckbarerklärung (Formblatt G EuMVVO) ersetzt wird, bedarf es grundsätzlich nicht der Vorlage einer vollstreckbaren Ausfertigung des Europäischen Zahlungsbefehls gegenüber dem ausl. Vollstreckungsorgan.

Ob trotz der Vollstreckbarerklärung im Einzelfall die Erteilung einer Vollstreckungsklausel nach §§ 120 FamFG, 724, 726, 727 ff., (794 I, 795) ZPO zu dem Europäischen Zahlungsbefehl erforderlich ist, hängt jedoch gem. Art. 21 I EuMVVO von den jeweiligen Verfahrensvorschriften des Vollstreckungsmitgliedstaates ab (Parallelbestimmung zu § 1093 ZPO?).



Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat eine Bescheinigung über die Zustellung der Vollstreckbarerklärung (Formblatt G EuMVVO) an die Schuldnerpartei?

Nein.
Der europäische Gesetzgeber (Art. 18 ff. EuMVVO) verlangt nicht die Zustellung der Vollstreckbarerklärung an die Schuldnerpartei.

Ob die Vorlage einer Zustellungsbescheinigung erforderlich ist, hängt letztlich von den nationalen Prozessvorschriften des Vollstreckungsmitgliedstaates ab, Art. 21 I EuMVVO (Parallelbestimmung zu §§ 120 FamFG, 750 I, (794 I, 795 ZPO?).

In welchen Fällen kann die zuständige Behörde im Vollstreckungsmitgliedstaat die Zwangsvollstreckung verweigern?

Gem. Art. 22 EuMVVO wird auf Antrag der Schuldnerpartei die Zwangsvollstreckung bei Titelkollision (Unvereinbarkeit des Europäischen Zahlungsbefehls mit einem(r) anderen früheren Zahlungsbefehl/Entscheidung) verweigert, falls die Schuldnerpartei den Kollisionseinwand im Erkenntnisverfahren nach den deutschen Verfahrensvorschriften (Zivilprozessordnung) in Deutschland nicht geltend machen konnte.

 

In welchen Fällen kann die zuständige Behörde im Vollstreckungsmitgliedstaat  die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Europäischen Zahlungsbefehl des Amtsgerichts Wedding beschließen?

Gem. Art. 23 EuMVVO kann die zuständige Behörde im Vollstreckungsmitgliedstaat auf Antrag der Schuldnerpartei die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung beschließen, falls die Schuldnerpartei in Deutschland einen Überprüfungsantrag nach Art. 20 EuMVVO gestellt hat.

Die zuständige Behörde im Vollstreckungsmitgliedstaat kann auch stattdessen die Zwangsvollstreckung auf Sicherungsmaßnahmen beschränken oder eine Sicherheitsleistung anordnen.

In welchen Fällen kann die Schuldnerpartei materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch (Erfüllung, Erlass, Aufrechnung) erheben?

Materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch können im Wege der Vollstreckungsabwehrklage geltend gemacht werden, §§ 1096 II, 1086 ZPO.

Diese sind jedoch nur zulässig, soweit die Einwendungen erst nach Zustellung des Europäischen Zahlungsbefehls entstanden sind und mit Einspruch gegen den Europäischen Zahlungsbefehl nicht mehr geltend gemacht werden können, § 1095 II ZPO.

Wo erhalte ich Unterstützung bei der Durchsetzung meiner Unterhaltsansprüche im Ausland?

Umfassende Unterstützung erhält die Gläubigerpartei von der zentralen Behörde.

 

Worin besteht die Unterstützung der zentralen Behörde?

Die zentrale Behörde leistet alles Erforderliche zur gerichtlichen Durchsetzung der titulierten Unterhaltsansprüche - von der Antragstellung bis zur Überwachung des regelmäßigen Eingangs der Unterhaltszahlungen im Rahmen einer Zwangsvollstreckung.

Die Aufgaben der zentralen Behörde ergeben sich aus § 5 AUG.
Die zentrale Behörde wird ggfs. von den Jugendämtern unterstützt, § 6 AUG.

 

Wo finde ich die zentrale Behörde?

Gem. § 4 AUG ist das Bundesamt für Justiz zur zentralen Behörde in Deutschland bestimmt worden.
 

Kann ich direkt mit der zentralen Behörde in Deutschland in Kontakt treten?

Nein
Die Entgegennahme und Prüfung eines Antrags erfolgt durch das Amtsgericht am Sitz des Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk der Wohnsitz des Antragstellers liegt.
Für das Vorprüfungsverfahren werden keine Kosten erhoben, § 7 AUG.

 

Worin besteht die Vorprüfung des Amtsgerichts?

Das Amtsgericht prüft lediglich, ob 

  • der Antrag die erforderlichen Angaben enthält,
  • die erforderlichen Unterlagen dem Antrag vollständig beigefügt sind,
  • der Antrag begründet ist.

Der Richter lehnt die Weiterleitung des Antrags ab, wenn der Antrag mutwillig oder offensichtlich unbegründet ist.

Liegen dagegen keine Ablehnungsgründe vor, übersendet das Amtsgericht den Antrag nebst Anlagen und Übersetzungen unmittelbar an das Bundesamt für Justiz.

 

Muss ich als Gläubigerpartei die angebotenen Dienste der zentralen Behörde annehmen?

Nein.
Es bleibt der Gläubigerpartei unbenommen, den Unterhaltsanspruch im Ausland selbst geltend zu machen bzw. durchzusetzen.

Welche Besonderheiten muss ich für die Zwangsvollstreckung in Österreich beachten?

Bitte beachten Sie, dass zur Durchführung der Zwangsvollstreckung in Österreich  ein Exekutionsantrag erforderlich ist. 

Weitere Einzelheiten zur Unterhaltsvollstreckung in Österreich und dem erforderlichen Exekutionsantrag entnehmen Sie bitte dem Merkblatt der deutschen Auslandsvertretung.

Europäische Unterhaltsverordnung (Verfahren mit Exequatur) - Altfälle -

EU-Verordnung Nr. 4/2009 (Kapitel IV Abschnitt 2 EuUnthVO) 

Warum kann ich in Altfällen nicht aus der deutschen Entscheidung/dem deutschen Vergleich unmittelbar die Zwangsvollstreckung in den anderen EU-Mitgliedstaaten betreiben? 

Da Kapitel IV Abschnitt 1 der EU-Verordnung Nr. 4/2009 erst ab 18.06.2011 gilt, können in Altfällen aus dem deutschen Schuldtitel noch nicht unmittelbar in einem anderen EU-Mitgliedstaat vollstreckt werden.

Deutsche Entscheidungen und deutsche Vergleiche, die zuvor nicht als Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen bestätigt worden sind, werden in Altfällen nicht automatisch in den anderen EU-Mitgliedstaaten anerkannt.

Die Gläubigerpartei muss zunächst ein bes. Zwischenverfahren für die Anerkennung in dem anderen EU-Mitgliedstaat (bekannt als „Exequaturverfahren“) beantragen.

Mit anderen Worten:
Die Vollstreckung aus der Entscheidung/dem Vergleich in Dänemark ist erst möglich, nachdem ein dänisches Gericht erklärt hat, dass der deutsche Schuldtitel in Dänemark vollstreckbar ist.

Die Vollstreckbarerklärungsverfahren (Exequaturverfahren) verursachen zusätzliche Kosten und können sogar in Einzelfällen zu einer Ablehnung der Anerkennung durch den betroffenen EU-Mitgliedstaat führen.

Die bisherige Regelung aus der Brüssel I-Verordnung (Vorlage des Formblatts V VO (EU) Nr. 44/2001) wurde durch die Vorlage des Auszugs (Formblatt II EuUnthVO) ersetzt.

Diese Regelung in der EU-Verordnung Nr. 4/2009 stellt eine wesentliche Vereinfachung der Verfahrensförmlichkeiten für die Gläubigerpartei dar und dient der Verkürzung des Vollstreckbarerklärungsverfahrens.

Mit 

  • der Errichtung zentraler Behörden,
  • der verstärkten grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der zentralen Behörden in der Europäischen Union,
  • der Abschaffung finanzieller Hürden,
  • dem erweiterten Auskunftsrecht der zentralen Behörden gegenüber Behörden in den anderen EU-Mitgliedstaaten

soll die grenzüberschreitende Geltendmachung und Durchsetzung der Unterhaltsansprüche erleichtert werden.

Wie ist der zeitliche Anwendungsbereich des Kapitels IV Abschnitt 2 (Art. 23 - 38) der Europäischen Unterhaltsverordnung im Verhältnis zu Deutschland?
Welcher Zeitpunkt ist hierbei maßgebend?
In welchen Fällen kann das Gericht einen Auszug (Formblatt II EuUnthVO)  erteilen?

Die Brüssel I-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 44/2001) ist am 18.06.2011 in Unterhaltssachen durch die Europäische Unterhaltsverordnung vom 18.12.2008 (EU-Verordnung Nr. 4/2009) ersetzt worden, Erwägungsgrund 44, Art. 1 und 
68 EuUnthVO.

Im Verhältnis zu Deutschland findet Kapitel IV Abschnitt 2 (Art. 23 – 38) der EU-Verordnung Nr. 4/2009 in Altfällen Anwendung für den Zeitraum vom 01.03.2002 bis 17.06.2011, Art. 75 II EuUnthVO.

Für den zeitlichen Anwendungsbereich des Kapitels IV Abschnitt 2 der EU-Verordnung Nr. 4/2009 ist 

  • hinsichtlich des Anfangszeitpunkts der Zeitpunkt der Errichtung des Schuldtitels (gerichtliche Entscheidung/Vergleich)

und

  • hinsichtlich des Endzeitpunkts der Zeitpunkt der Errichtung des Vergleichs bzw. des gerichtlichen Beschlusses aufgrund schriftlichen Vergleichsvorschlags der Verfahrensbeteiligten oder das Datum der Verfahrenseinleitung bei gerichtlichen Entscheidungen

maßgebend.


Zu den ab 01.03.2002 und bis zum 17.06.2011 errichteten deutschen Schuldtiteln sowie zu gerichtlichen Entscheidungen, dessen Verfahrenseinleitung noch vor dem 18.06.2011 erfolgte, kann daher ein Auszug (Formblatt II EuUnthVO) erteilt werden.

Die Vorschriften der Art. 75 II, 76 EuUnthVO sind dahingehend auszulegen, dass sich das Vollstreckbarerklärungsverfahren jedoch nur dann nach der Europäischen Unterhaltsverordnung vom 18.12.2008 richtet, wenn der Schuldtitel 

  • im Ursprungsmitgliedstaat (Deutschland) zeitlich im Anwendungsbereich des Kapitels IV Abschnitt 2 (Art. 23 - 38) der Europäischen Unterhaltsverordnung 

 und 

  • im Vollstreckungsmitgliedstaat zeitlich im Anwendungsbereich der EU-Verordnung Nr. 4/2009 

fällt, vergl. Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 21.06.2012 - C 514/10 -.

 

Wie ist der zeitliche Anwendungsbereich der Europäischen Unterhaltsverordnung im Verhältnis zum Vollstreckungsmitgliedstaat?

In zeitlicher Hinsicht gilt die EU-Verordnung Nr. 4/2009 ab 01.03.2002 oder dem späteren EU-Beitritt, Art. 76 EuUnthVO.

Nach dem am 19. 10. 2005 in Brüssel unterzeichneten Abkommen zwischen derEuropäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark findet die Europäische Unterhaltsverordnung vom 18.12.2008 im Verhältnis zu 

  • Dänemark

Anwendung ab 01. 07. 2007;
die EU-Verordnung Nr. 44/2001 ist am 01. 07. 2007 in Dänemark in Kraft getreten, vergl. Art. 12 II des vorgenannten Abkommens und Unterrichtung über den Zeitpunkt des Inkrafttretens des vorgenannten Abkommens im Amtsblatt der EU Nr. L 94/70 vom 04. 04. 2007. 

Im Verhältnis zu

  • Kroatien 

findet die Europäische Unterhaltsverordnung zeitgleich mit dem EU-Beitritt am 01.07.2013 Anwendung.

Daher richtet sich das Vollstreckbarerklärungsverfahren in Kroatien in Unterhaltssachen nicht nach der Europäischen Unterhaltsverordnung vom 18.12.2008.

Den Zeitpunkt/Zeitraum der Errichtung des deutschen Schuldtitels bzw. der Verfahrenseinleitung hinsichtlich der gerichtlichen Entscheidung, für den/die in Altfällen ein gerichtlicher Auszug (Formblatt II EuUnthVO) für das Vollstreckbarerklärungsverfahren im Vollstreckungsmitgliedstaat benötigt wird, entnehmen Sie bitte der anl. Übersicht:

Vollstreckungsmitgliedstaat
(EU-Mitgliedstaat, in dem das Vollstreckbarerklärungsverfahren und sodann die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll):
zeitlicher Anwendungsbereich des Kapitels IV Abschnitt 2 (Art. 23 – 38) der EU-Verordnung Nr. 4/2009 für den deutschen Schuldtitel:
Belgien 01.03. 2002
bis
17.06.2011
Bulgarien 01.01.2007
bis
17.06.2011
Dänemark 01.07.2007
bis
17.06.2011
Estland 01.05.2004
bis
17.06.2011
Finnland 01.03.2002
bis
17.06.2011
Frankreich 01.03.2002
bis
17.06.2011
Griechenland 01.03.2002
bis
17.06.2011
Irland 01.03.2002
bis
17.06.2011
Italien 01.03.2002
bis
17.06.2011
Kroatien ./.
Lettland 01.05.2004
bis
17.06.2011
Litauen 01.05.2004
bis
 17.06.2011
Luxemburg 01.03.2002
bis
17.06.2011
Malta 01.05.2004
bis
17.06.2011
Niederlande 01.03.2002
bis
17.06.2011
Österreich 01.03.2002
bis
17.06.2011
Polen 01.05.2004
bis
17.06.2011
Portugal 01.03.2002
bis
17.06.2011
Rumänien 01.01.2007
bis
17.06.2011
Schweden 01.03.2002
bis
17.06.2011
Slowakei 01.05.2004
bis
17.06.2011
Slowenien 01.05.2004
bis
17.06.2011
Spanien 01.03.2002
bis
17.06.2011
Tschechische Republik 01.05.2004
bis
17.06.2011
Ungarn 01.05.2004
bis
17.06.2011
Vereinigtes Königreich 01.03.2002
bis
17.06.2011
Zypern 01.05.2004
bis
17.06.2011

In welchen Fällen kann der gerichtliche Auszug (Formblatt II EuUnthVO) nicht erteilt werden?

Soweit der Schuldtitel nach dem maßgeblichen Endzeitpunkt (s. Übersicht) ergangen ist, kann ein Auszug (Formblatt II EuUnthVO) dagegen nicht erteilt werden;
stattdessen ist in diesen Fällen ein Auszug (Formblatt I EuUnthVO) zu erteilen.

 

Wie kann ich die Zwangsvollstreckung betreiben, wenn die Europäische Unterhaltsverordnung in Altfällen keine Anwendung findet?
bzw.
Wie erfolgt die Zwangsvollstreckung in diesen Altfällen?

Beantragt die Gläubigerpartei z. B. die Erteilung eines Auszugs aus einem deutschen Schuldtitel vom 04.12.2001, kann der Auszug (Formblatt II EuUnthVO) dagegen nicht erteilt werden.

Hinsichtlich dieser Altfälle findet dagegen das Vollstreckbarerklärungsverfahren nach den sonstigen Rechtsvorschriften (in der Regel Brüsseler Übereinkommen (EuGVÜ) oder/und Lugano-Übereinkommen (LugÜ) bzw. Haager Unterhaltsvollstreckungs-übereinkommen vom 02.10.1973 (HUVÜ 1973) statt.

Welche Rechtsvorschriften in den vorgenannten Altfällen Anwendung finden, ergibt sich aus dem Länderteil der Rechtshilfeordnung für Zivilsachen (ZRHO).

Da Kroatien nicht Vertragsstaat des 

  • Haager Unterhaltsvollstreckungsübereinkommens vom 02.10.1973 (HUVÜ 1973), 
  • Brüsseler Übereinkommens (EuGVÜ),
  • Lugano-Übereinkommens (LugÜ)

ist, richtet sich in Altfällen die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung deutscher Schuldtitel in Kroatien daher nach dem Grundsatz der tatsächlichen Gegenseitigkeit i. S. d. kroatischen Verfahrensvorschriften.

Wie und von wem erhalte ich einen gerichtlichen Auszug aus dem Schuldtitel (Formblatt II EuUnthVO)?

 Die Erteilung des Auszugs bedarf eines Antrags;
der Antrag kann jederzeit an das Gericht, das den Schuldtitel erlassen hat, gestellt werden.
Dieser kann sogar bereits in dem verfahrenseinleitenden Schriftstück (Antragsschrift, Unterhaltsfestsetzungsantrag, Kostenfestsetzungsantrag) gestellt werden.

Der Antrag unterliegt keinem Anwaltszwang, § 114 IV FamFG i. V. m. § 78 III ZPO bzw. § 13 RpflG.

Der gerichtliche Auszug (Formblatt II EuUnthVO) dient als Nachweis für die Vollstreckbarkeit des Schuldtitels in Deutschland.

Die Erteilung des gerichtlichen Auszugs unter Verwendung des Formblatts in Anhang II EuUnthVO erfolgt durch den Rechtspfleger oder die Serviceeinheit des Gerichts;
sie obliegt demjenigen, dem die Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels obliegt, § 71 AUG.

Das Formblatt II EuUnthVO steht in allen Amtssprachen der EU-Mitgliedstaaten im Europäischen Justizportal online zur Verfügung.



Benötige ich für den gerichtlichen Auszug (Formblatt II EuUnthVO) eine Rechtskraftbescheinigung?

Nein.
Deutsche Unterhaltsentscheidungen sind bereits kraft Gesetzes mit Wirksamwerden vollstreckbar (§ 120 II FamFG bzw. § 86 II FamFG).

Nur falls der Beschlusstenor keinen Ausspruch zur sofortigen Wirksamkeit enthält, bedarf es der Rechtskraft.

Gem. Art. 39 EuUnthVO kann das Familiengericht die Entscheidung für vorläufig vollstreckbar erklären.


 

Benötige ich für den gerichtlichen Auszug (Formblatt II EuUnthVO) die Bezifferung des dynamisierten Unterhaltstitels (§ 1612 a BGB)?

Ja.
Handelt es sich bei dem deutschen Schuldtitel um einen dynamisierten Unterhaltstitel (§ 1612 a BGB), so bedarf dieser für die Zwangsvollstreckung im EU-Ausland zuvor der Bezifferung, §§ 245 FamFG, 72 AUG.

Die Bezifferung erfolgt auf Antrag durch den Rechtspfleger, § 25 Zi. 2 b) RpflG. 
Der Antrag unterliegt keinem Anwaltszwang, § 13 RpflG.

Bitte wenden Sie sich insoweit an das Gericht, das den Schuldtitel erlassen hat;
der Rechtspfleger nimmt auf Antrag die begehrte Bezifferung vor.

Da die erforderlichen Angaben bereits im gerichtlichen Auszug enthalten sind, kann die Bezifferung im Einzelfall ggfs. entbehrlich sein.

In welchen Fällen kann der gerichtliche Auszug aus dem Schuldtitel (Formblatt II EuUnthVO) erteilt werden?

Das Gericht erteilt den Auszug (Formblatt II EuUnthVO), sofern

  • der Schuldtitel im Anwendungsbereich der EU-Verordnung Nr. 4/2009 fällt,
  • der Schuldtitel einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat

und

  • die Voraussetzungen für die Erteilung einer Vollstreckungsklausel vorliegen.

     

Kann das Gericht aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ebenfalls einen Auszug (Formblatt II EuUnthVO) erteilen?

Ja. 
 

Kann das Gericht einen Auszug (Formblatt II EuUnthVO) aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss erteilen, falls der Kostenfestsetzungsantrag der Schuldnerpartei nicht zugestellt worden ist?
Genügt insoweit nicht die Zustellung der Antragsschrift/des Mahnbescheids an die Schuldnerpartei?

Ja,
da der Schuldtitel in Deutschland vollstreckbar ist.

Fraglich ist, ob das ausl. Gericht im Rechtsbehelfsverfahren die Vollstreckbarerklärung des deutschen Schuldtitels wegen der fehlenden Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks (= Kostenfestsetzungsantrag) versagt oder aufhebt. 

Die Zustellung der Antragsschrift/des Mahnbescheids genügt nicht.

Obwohl nach den deutschen Verfahrensvorschriften die Zustellung des Kostenfestsetzungsantrags nicht zwingend erforderlich ist, bedarf es für die grenzüberschreitende Zwangsvollstreckung gleichwohl der Zustellung, vergl. Art. 24 b) EuUnthVO.

Ggfs. ist im Einzelfall eine Heilung des Zustellungsmangels nach Art. 24 b) EuUnthVO möglich, falls der rechtzeitige Zugang des Kostenfestsetzungsantrags an die Schuldnerpartei nachgewiesen ist (z. B. Angaben der Schuldnerpartei).

Eine Heilung ist ebenfalls möglich, falls der Kostenfestsetzungsantrag gleichzeitig mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss der Schuldnerpartei zugegangen bzw. zugestellt worden ist und die Schuldnerpartei keinen Rechtsbehelf gegen die deutsche Entscheidung eingelegt hat.

 

Kann das Gericht einen Auszug (Formblatt II EuUnthVO) aus dem Versäumnisbeschluss/Kostenfestsetzungsbeschluss erteilen, falls diese lediglich durch Aufgabe zur Post zugestellt worden sind?

Ja, 
da der Schuldtitel in Deutschland vollstreckbar ist.

Eine Zustellung durch Aufgabe zur Post ist in den anderen EU-Mitgliedstaten nicht zulässig, da nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Vorschrift der §§ 113 FamFG, 184 ZPO keine Anwendung auf §§ 113 FamFG, 183 V, 1068, 1089 ZPO findet.

Eine Aufforderung zur Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten entfaltet keine Rechtswirkungen gegen den Zustellungsempfänger in einem anderen EU-Mitgliedstaat, vergl. Beschluss des BGH vom 02. 02. 2011 - VIII ZR 190/10 - und Beschluss des BGH vom 11. 05. 2011 - VIII ZR 114/10 -.

Ggfs. ist die Zustellung der Entscheidung mit Beginn der Zwangsvollstreckung nachzuholen.

 

Kann das Gericht einen Auszug (Formblatt II EuUnthVO) aus dem Versäumnisbeschluss/Kostenfestsetzungsbeschluss erteilen, falls das verfahrenseinleitende Schriftstück öffentlich zugestellt worden ist?

Ja,
da der Schuldtitel in Deutschland vollstreckbar ist.

Fraglich ist, ob das ausl. Gericht im Rechtsbehelfsverfahren die Vollstreckbarerklärung des deutschen Schuldtitels wegen der öffentlichen Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks versagt oder aufhebt. 

Grundsätzlich ist eine fiktive Zustellung (z. B. öffentliche Zustellung) ohne Hinzukommen weiterer Umstände im Einzelfall niemals rechtzeitig.

Ist es der Schuldnerpartei jedoch als Pflichtverletzung gegenüber der Gläubigerpartei zurechenbar, dass sie ihre neue Anschrift nicht bekanntgegeben hat, ist dagegen eine öffentliche Zustellung rechtzeitig bzw. wird dies als rechtzeitig angesehen.

Dies ist jedoch in der Regel nur dann der Fall, wenn die Schuldnerpartei mit der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens rechnen musste.

Wird die Schuldnerpartei vor Erteilung des gerichtlichen Auszugs (Formblatt II EuUnthVO) angehört?

Nein.
Weder die Europäische Unterhaltsverordnung noch das Auslandsunterhaltsgesetz sehen eine Anhörung der Schuldnerpartei vor.

 

Welche Kosten entstehen für die Erteilung des gerichtlichen Auszugs?

Für die Erteilung des Auszugs (Formblatt II EuUnthVO) wird vom Gerichtgem. KV Nr. 1711 FamGKG i. V. m. § 71 I AUG eine Gebühr in Höhe von 17 EUR erhoben.

 

Kann ich die ablehnende Entscheidung anfechten?

Ja.
Gegen die Zurückweisung des Antrags auf Erteilung der Bescheinigung durch die Service-Einheit des Gerichts kann die Gläubigerpartei befristete Erinnerung gem. §§ 71 II S. 3 AUG, 573 I ZPO einlegen.

Die Service-Einheit ist abhilfebefugt, §§ 573 I S. 3, 572 I ZPO.
Die Beschwerdefrist beträgt 2 Wochen. 

Hat dagegen der Rechtspfleger den Antrag zurückgewiesen, kann die Gläubigerpartei sofortige Beschwerde gem. §§ 71 II S. 3 AUG, 567 ZPO, 11 I RpflG einlegen.
Der Rechtspfleger ist abhilfebefugt.
Die Beschwerdefrist beträgt 2 Wochen.

 

Die Bescheinigung ist zu Unrecht erfolgt.
Kann die Schuldnerpartei die Bescheinigung anfechten?

Ja,
mit der unbefristeten Erinnerung gem. §§ 71 II S. 3 AUG, 732 ZPO.
Die Service-Einheit bzw. der Rechtspfleger ist abhilfebefugt.

Welches ausl. Gericht ist für die Vollstreckbarerklärung der deutschen Entscheidung/des Vergleichs zuständig?

Hinsichtlich der Vollstreckbarerklärung ergibt sich die Zuständigkeit aus Art. 27, (48 II) EuUnthVO.

 

Welche Unterlagen muss ich dem ausl. Gericht vorlegen?

Die im Vollstreckbarerklärungsverfahren vorzulegenden Unterlagen ergeben sich aus Art. 28, (48 II) EuUnthVO.

Die Europäische Unterhaltsverordnung sieht 2 Wege vor, die zur (vereinfachten) Vollstreckbarerklärung führen:

  • die Registrierung der Entscheidung/des Vergleichs 
    im Vereinigten Königreich, 
  • in den übrigen EU-Mitgliedstaaten: 
    die Erteilung der besonderen Vollstreckungsklausel durch das ausländische Gericht.

In beiden Fällen sind vorzulegen:

  • Ausfertigung der Entscheidung/des Vergleichs,
  • gerichtlicher Auszug aus der Unterhaltsentscheidung/dem Unterhaltsvergleich (Formblatt II EuUnthVO),
  • ggfs. Ausfertigung des deutschen Verfahrenskostenhilfebeschlusses,
  • ggfs. - auf Verlangen des ausländischen Gerichts -:
    eine Übersetzung der Unterlagen in der Amtssprache des Vollstreckungsmitgliedstaats.

In der Regel ist die Beifügung einer Übersetzung der Eintragungen im Auszug nicht erforderlich, da es sich bei dem Auszug um ein EU-einheitliches Formular handelt und die erforderlichen Angaben durch Eintragung von Namen, Anschriften und Zahlen sowie durch Ankreuzen von Kästchen erfolgt.

Eine Übersetzung ist daher ggfs. nur bei ergänzenden Eintragungen erforderlich.

Die Beifügung einer Übersetzung des deutschen Schuldtitels ist in der Regel nicht erforderlich, Art. 28 II, (48 II) EuUnthVO.

Der Vorlage der Bescheinigung über die Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks/des gleichwertigen Schriftstücks zu der Säumnisentscheidung bedarf es nicht.

Nicht erforderlich ist die Legalisation der Urkunden bzw. die Erteilung einer Apostille zu den Urkunden, Art. 65 EuUnthVO.

 

Benötige ich für das Vollstreckbarerklärungsverfahren eine Vollstreckungsklausel zu dem deutschen Schuldtitel?

Nein.
Die Vorlage des Schuldtitels in Ausfertigung reicht aus, Art. 28 I a), (48 II) EuUnthVO.

 

Benötige ich für das Vollstreckbarerklärungsverfahren eine Bescheinigung über die Zustellung des deutschen Schuldtitels an die Schuldnerpartei?

Nein.
Nach der Europäischen Unterhaltsverordnung ist die Zustellung des Schuldtitels an die Schuldnerpartei keine Vorbedingung für das Vollstreckbarerklärungsverfahren, Art. 31 II, (48 II) EuUnthVO.

Da nach deutschem Recht die Zustellung lediglich Vorbedingung für den Beginn der Zwangsvollstreckung (s. §§ 750 I, (794 I, 795) ZPO, 120 FamFG) und somit nicht Vollstreckbarkeitsbedingung ist, bedarf es insoweit nicht der Vorlage einer Zustellungsbescheinigung zu dem deutschen Schuldtitel.

 

Benötige ich für das Vollstreckbarerklärungsverfahren einen gerichtlichen Auszug aus dem Schuldtitel (Formblatt II EuUnthVO)?

 Ja,
Art. 28, (48) EuUnthVO.

Die Erteilung des Auszugs bedarf eines Antrags;
der Antrag kann jederzeit an das Gericht, das den Schuldtitel erlassen hat, gestellt werden.
Dieser kann sogar bereits in dem verfahrenseinleitenden Schriftstück (Antragsschrift, Unterhaltsfestsetzungsantrag, Kostenfestsetzungsantrag) gestellt werden.

Der Antrag unterliegt keinem Anwaltszwang, § 114 IV FamFG i. V. m. § 78 III ZPO bzw. § 13 RpflG.

Der gerichtliche Auszug (Formblatt II EuUnthVO) dient als Nachweis für die Vollstreckbarkeit des Schuldtitels in Deutschland.

Die Erteilung des gerichtlichen Auszugs unter Verwendung des Formblatts in Anhang II EuUnthVO erfolgt durch den Rechtspfleger oder die Serviceeinheit des Gerichts;
sie obliegt demjenigen, dem die Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels obliegt, § 71 AUG.

Das Formblatt II EuUnthVO steht in allen Amtssprachen der EU-Mitgliedstaaten im Europäischen Justizportal online zur Verfügung.

 

Benötige ich für das Vollstreckbarerklärungsverfahren eine Bescheinigung über die Zustellung des gerichtlichen Auszugs (Formblatt II EuUnthVO) an die Schuldnerpartei?

Nein.
Weder die Europäische Unterhaltsverordnung noch das Auslandsunterhaltsgesetz sehen eine Zustellung des Auszugs an die Schuldnerpartei vor.

 

Benötige ich für das Vollstreckbarerklärungsverfahren einen Nachweis über den Bedingungseintritt der Zwangsvollstreckung oder die Vollstreckbarkeit der Entscheidung/des Vergleichs für oder gegen Rechtsnachfolger?

Ja.

Hängt die Zwangsvollstreckung von 

  • dem Ablauf einer Frist,
  • dem Eintritt einer anderen Tatsache bzw. anderen  Bedingung 
    (z. B.: Gegenleistung der Gläubigerpartei bei Verurteilung (Verpflichtung) der Schuldnerpartei Zug um Zug) 

ab, oder wird die Erteilung einer Vollstreckungsklausel für oder gegen eine andere Person als die in der Entscheidung/dem Vergleich genannten Person beantragt, so bedarf es ggfs. des entsprechenden Nachweises.

Für die Frage des Nachweises über den Bedingungseintritt oder die Vollstreckbarkeit für oder gegen Rechtsnachfolger ist im Regelfall nach den nationalen Verfahrensvorschriften des Vollstreckungsmitgliedstaats das Recht des Ursprungsmitgliedstaats maßgebend. 

Was habe ich im Vollstreckbarerklärungsverfahren zu beachten? 
Wie ist der Verfahrensablauf?

Die im Vollstreckbarerklärungsverfahren vorzulegenden Unterlagen ergeben sich aus Art. 28, (48 II) EuUnthVO.

Für die Gläubigerpartei besteht keine Verpflichtung zur Bestellung eines  Zustellungsbevollmächtigten im Vollstreckungsmitgliedstaat, Art. 41 II, (48 II) EuUnthVO.

Ist der Gläubigerpartei in Deutschland Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden, so erhält diese ebenfalls im EU-Ausland für das Vollstreckbarerklärungsverfahren Verfahrenskostenhilfe, Art. 44, 45, (48 II) EuUnthVO.

Für die Anerkennung bzw. Vollstreckung einer Säumnisentscheidung (Vollstreckungsbescheid, Versäumnisbeschluss bzw. sonstige Entscheidung im Säumnisverfahren, Kostenfestsetzungsbeschluss bzw. Vergütungsfestsetzungsbeschluss) ist in Hinblick auf Art. 24 b EuUnthVO die rechtzeitige Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks (Antragsschrift unter Fristsetzung, Kostenfestsetzungsantrag unter Fristsetzung) 
oder 
gleichwertiger Schriftstücke 
(Belehrung unter Fristsetzung, Ladung, Mahnbescheid, Vergütungsfestsetzungsantrag unter Fristsetzung) 
an die Schuldnerpartei erforderlich - und zwar unabhängig davon, ob nach den deutschen Verfahrensvorschriften (§§ 184 ZPO, 113 FamFG bzw. §§ 270 ZPO, 113 FamFG) eine Zustellung vorgeschrieben ist.

Ansonsten kann ggfs. die deutsche Entscheidung weder im EU-Ausland anerkannt noch vollstreckt werden.

 

In welchen Fällen wird der Schuldtitel für vollstreckbar erklärt?

Der Schuldtitel wird für vollstreckbar erklärt, falls

  • der Schuldtitel im Anwendungsbereich der Europäischen Unterhaltsverordnung fällt,
  • der Schuldtitel in Deutschland vollstreckbar ist

und

  • die Gläubigerpartei die nach Art. 28, (48) EuUnthVO erforderlichen Unterlagen vorgelegt hat.

Der Auszug (Formblatt II EuUnthVO) begründet keine unwiderlegbare Vermutung für die Richtigkeit der in ihr enthaltenen Tatsachen.

Die Schuldnerpartei kann im Rechtsbehelfsverfahren nach Art. 32, 33, (48 II) EuUnthVO gegenüber dem ausl. Gericht die Unrichtigkeit darlegen und mit allen zulässigen Beweismitteln beweisen.
 

In welchen Fällen wird der Schuldtitel nicht für vollstreckbar erklärt?

Die Exequaturverweigerungsgründe im Sinne des Art. 24 EuUnthVO bleiben zunächst unberücksichtigt, Art. 30 S. 1, (48 II) EuUnthVO;
diese werden erst auf den Rechtsbehelf der Schuldnerpartei (Art. 32 bzw. 33 EuUnthVO) im Rechtsbehelfsverfahren vom ausl. Gericht geprüft.

Das ausl. Gericht versagt die Vollstreckbarerklärung des deutschen Schuldtitels/hebt die Vollstreckbarerklärung in folgenden Fällen auf:

  • Verstoß gegen die öffentliche Ordnung (ordre public), 
    Art. 24 a), (48 II) EuUnthVO,
  • Verletzung rechtlichen Gehörs der Schuldnerpartei, 
    Art. 24 b) EuUnthVO,
  • Unvereinbarkeit des Schuldtitels mit einem anderen Schuldtitel
    (Titelkollision), Art. 24 c) oder d) EuUnthVO.

Art. 24 b) EuUnthVO dient dem Schutz des rechtlichen Gehörs der Schuldnerpartei.
Auf die Ordnungsmäßigkeit der Zustellung kommt es im Rahmen des Vollstreckbarerklärungsverfahrens nicht an.
Nach dem Willen des Verordnungsgebers soll ein bloß formaler und für die Verteidigungsmöglichkeiten des Schuldners unmaßgeblicher Zustellungsfehler nicht dazu führen, die Anerkennung oder Vollstreckung einer Säumnisentscheidung zurückzuweisen.
Entscheidend ist daher, ob der Schuldner das verfahrenseinleitende Schriftstück rechtzeitig und so erhalten hat, dass ihm die Verteidigung möglich war.

Art. 24 c) und d) EuUnthVO regeln den Fall der Titelkollision.
Sind die Schuldtitel unvereinbar, ist die Vollstreckbarerklärung zu versagen.
Eine Entscheidung, die bewirkt, dass eine frühere Unterhaltsentscheidung aufgrund geänderter Umstände geändert wird, gilt jedoch nicht als unvereinbare Entscheidung im Sinne des Art. 24 c) oder d) EuUnthVO.

 

In welchen Fällen kann die Schuldnerpartei sich nicht auf den Versagungsgrund des Art. 24 b) EuUnthVO (Verletzung des rechtlichen Gehörs) berufen?

Die Schuldnerpartei kann die Verletzung des rechtlichen Gehörs im Vollstreckbarerklärungsverfahren nicht geltend machen, falls sie gegen die Entscheidung in Deutschland einen Rechtsbehelf/ein Rechtsmittel hätte einlegen können, hiervon aber keinen Gebrauch gemacht hat.

 

Wird die Schuldnerpartei im erstinstanzlichen Vollstreckbarerklärungs-verfahren angehört?

Nein, 
Art. 30 S. 2, (48 II) EuUnthVO.
Eine Anhörung der Schuldnerpartei findet im Regelfall erst im Rechtsbehelfsverfahren statt, Art. 32 III, (48 II) EuUnthVO.



Was sind die Rechtsfolgen der Anfechtung der deutschen Entscheidung für das Vollstreckbarerklärungsverfahren?

Keine.
Die Europäische Unterhaltsverordnung sieht keine ausdrückliche Regelung für den Fall der Anfechtung der zu vollstreckenden Unterhaltsentscheidung vor.
Sie regelt lediglich die Aussetzung der Vollstreckung, wenn die Vollstreckung bereits im Ursprungsmitgliedstaat ausgesetzt ist.
 
Das mit dem Rechtsbehelf nach Art. 32 oder 33 EuUnthVO befasste ausl. Gericht setzt das Vollstreckbarerklärungsverfahren auf Antrag der Schuldnerpartei aus, falls die Vollstreckung des Schuldtitels in Deutschland wegen der Einlegung eines Rechtsbehelfs/eines Rechtsmittels einstweilen eingestellt worden ist, Art. 35, (48 II) EuUnthVO.

Welche Unterlagen benötige ich in Altfällen für die Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat?

Um aus dem deutschen Schuldtitel die Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat einleiten zu können, benötigt die Gläubigerpartei folgende Unterlagen:

  • (vollstreckbare) Ausfertigung der Entscheidung/des Vergleichs 
    - ggfs. mit Zustellungsbescheinigung -,  
  • die Vollstreckbarerklärung der Entscheidung/des Vergleichs durch das ausl. Gerichts 
    - ggfs. mit Zustellungsbescheinigung -.

 

Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat eine Vollstreckungsklausel zu der Entscheidung/dem Vergleich?

Ja.
In Hinblick auf Art. 26, (48 II) EuUnthVO wird im Regelfall eine vollstreckbare Ausfertigung des deutschen Schuldtitels benötigt.

Ob für die grenzüberschreitende Unterhaltsvollstreckung die Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels erforderlich ist, hängt jedoch letztlich von den jeweiligen Verfahrensvorschriften des Vollstreckungsmitgliedstaates ab (Parallelvorschriften zu §§ 36 I, 41 AUG, 724, 726, 727 ff., (794 I, 795) ZPO, 120 FamFG?).

 

Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat eine Bescheinigung über die Zustellung der Entscheidung/des Vergleichs an die Schuldnerpartei?

Ja.
In Hinblick auf Art. 31 II, (48 II) EuUnthVO bedarf es im Regelfall der Vorlage einer Zustellungsbescheinigung zu dem deutschen Schuldtitel. 
Ggfs. reicht eine Zustellung mit Beginn der Zwangsvollstreckung aus.

Ob die Vorlage einer Zustellungsbescheinigung zu dem Schuldtitel erforderlich ist, hängt jedoch letztlich von den jeweiligen Verfahrensvorschriften des Vollstreckungsmitgliedstaates ab (Parallelvorschriften zu §§ 42 I AUG, 750, (794 I, 795) ZPO, 120 FamFG?).



Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat eine Bescheinigung über die Zustellung der Vollstreckbarerklärung an die Schuldnerpartei?

 

Ja.
In Hinblick auf  Art. 31 II, (48 II) EuUnthVO bedarf es der Vorlage einer Zustellungsbescheinigung zu der Vollstreckbarerklärung.
Eine Zustellung mit Beginn der Zwangsvollstreckung reicht aus.

Ob die Vorlage einer Zustellungsbescheinigung zu der Vollstreckbarerklärung erforderlich ist, hängt jedoch letztlich von den jeweiligen Verfahrensvorschriften des Vollstreckungsmitgliedstaates ab (Parallelbestimmung zu § 42 I AUG?).

 

Benötige ich für die Zwangsvollstreckung aus einem dynamisierten Unterhaltstitel (§ 1612 a BGB) im EU-Ausland die Bezifferung?

Ja.
Handelt es sich bei dem deutschen Schuldtitel um einen dynamisierten Unterhaltstitel (§ 1612 a BGB), so bedarf dieser für die Zwangsvollstreckung im EU-Ausland zuvor der Bezifferung, §§ 245 FamFG, 72 AUG.

Die Bezifferung erfolgt auf Antrag durch den Rechtspfleger, § 25 Zi. 2 b) RpflG. 
Der Antrag unterliegt keinem Anwaltszwang, § 13 RpflG.

Bitte wenden Sie sich insoweit an das Gericht, das den Schuldtitel erlassen hat;
der Rechtspfleger nimmt auf Antrag die begehrte Bezifferung vor.

Da die erforderlichen Angaben bereits im gerichtlichen Auszug enthalten sind, kann die Bezifferung im Einzelfall ggfs. entbehrlich sein.

Erhalte ich Verfahrenskostenhilfe?
In welchen Fällen ist die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ausgeschlossen?

Verfahrensbeteiligte erhalten ggfs. auf Antrag Verfahrenskostenhilfe, Art. 44, 45 EuUnthVO. 
Kinder und junge Erwachsene bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres erhalten für die Durchsetzung ihrer Unterhaltsansprüche ratenfreie Verfahrenskostenhilfe.
Dies gilt unabhängig vom Einkommen und Vermögen der Gläubigerpartei, Art. 46 EuUnthVO.
Nur in Fällen der Mutwilligkeit oder der offensichtlichen Unbegründetheit ist die Verfahrenskostenhilfe ausgeschlossen, Art. 46 II EuUnthVO.


Befreit mich die Verfahrenskostenhilfe von der Zahlung der Übersetzungskosten?

Die Verfahrenskostenhilfe beinhaltet auch die Befreiung von den Übersetzungskosten, Art. 45 EuUnthVO.

Wo erhalte ich kostenfreie Unterstützung bei der Durchsetzung meiner Unterhaltsansprüche im Ausland?

Umfassende Unterstützung erhalten die Verfahrensbeteiligten von der zentralen Behörde.
Die Hilfe ist in der Regel kostenfrei, Art. 54 EuUnthVO.

Die Hilfe kann sowohl die Gläubigerpartei als auch die Schuldnerpartei in Anspruch nehmen.

 

Worin besteht die Unterstützung der zentralen Behörde?

Die zentrale Behörde leistet alles Erforderliche zur gerichtlichen Durchsetzung der titulierten Unterhaltsansprüche - von der Antragstellung bis zur Überwachung des regelmäßigen Eingangs der Unterhaltszahlungen im Rahmen einer Zwangsvollstreckung.

Zu den Aufgaben der zentralen Behörde gehören u. a.:

  • gütliche Einigungen mit der Schuldnerpartei (Mediation),
  • Ermittlung der Anschrift der Schuldnerpartei im Ausland,
  • Ermittlung des Einkommens der Schuldnerpartei,
  • Überwachung des regelmäßigen Eingangs der Unterhaltszahlungen.

Die Aufgaben ergeben sich aus Art. 50, 51, 53 und 58 EuUnthVO i. V. m. § 5 AUG.

Die zentrale Behörde wird von den Jugendämtern unterstützt, z. B. bei der Berechnung der Unterhaltsrückstände - in Hinblick auf § 18 SGB VIII bzw. § 59 SGB VIII.

 

Wo finde ich die zentrale Behörde?

Gem. § 4 AUG ist das Bundesamt für Justiz zur zentralen Behörde in Deutschland bestimmt worden.
 
Die zuständige nationale zentrale Behörde im Vollstreckungsmitgliedstaat entnehmen Sie bitte dem Europäischen Gerichtsatlas für Zivilsachen bzw. dem Europäischen Justizportal.
Bitte berücksichtigen Sie, dass Dänemark keine zentrale Behörde eingerichtet hat.
Da Kapitel III und VII der EU-Verordnung Nr. 4/2009 im Verhältnis zu Dänemark keine Anwendung finden, gibt es noch keine zentrale Behörde in Dänemark, vergl. Mitteilung der EU-Kommission, ABl. (Amtsblatt der Europäischen Union) L 149 vom 12. 06. 2009, S. 80.

 

Kann ich direkt mit der zentralen Behörde in Deutschland in Kontakt treten?

Nein.
Die Entgegennahme und Prüfung eines Antrags erfolgt durch das Amtsgericht am Sitz des Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk der Wohnsitz des Antragstellers liegt.

Für das Vorprüfungsverfahren werden keine Kosten erhoben, § 7 AUG.

 

Worin besteht die Vorprüfung des Amtsgerichts?

Das Amtsgericht prüft lediglich, ob 

  • der Antrag die erforderlichen Angaben enthält,
  • die erforderlichen Unterlagen dem Antrag vollständig beigefügt sind,
  • der Antrag begründet ist.

Der Richter lehnt die Weiterleitung des Antrags ab, wenn der Antrag mutwillig oder offensichtlich unbegründet ist.

Liegen dagegen keine Ablehnungsgründe vor, übersendet das Amtsgericht den Antrag nebst Anlagen und Übersetzungen unmittelbar an das Bundesamt für Justiz.

 

Muss ich als Verfahrensbeteiligter die angebotenen Dienste der zentralen Behörde annehmen?

Nein.
Es bleibt der Gläubigerpartei unbenommen, den Unterhaltsanspruch im Ausland selbst geltend zu machen bzw. durchzusetzen.

Es bleibt der Schuldnerpartei unbenommen, ggfs. die Anträge direkt beim zuständigen Gericht zu stellen. 

 

Wie erfolgt die Kontaktaufnahme mit der zentralen Behörde?

Die Antragstellung erfolgt mittels Formblatts VI  bzw. VII EuUnthVO.

 

Welche Anträge kann die Gläubigerpartei mit dem Formblatt VI EuUnthVO stellen?

Die Gläubigerpartei kann mit diesem Formblatt einen 

  • Antrag auf Vollstreckbarerklärung eines deutschen Schuldtitels in einem anderen EU-Mitgliedstaat 

stellen.

Das Bundesamt für Justiz bzw. die deutsche Vorprüfungsstelle ist der Gläubigerpartei bei der Antragstellung behilflich.

 

Welche Anträge kann die Gläubigerpartei mit dem Formblatt VII EuUnthVO stellen?

Die Gläubigerpartei kann mit diesem Formblatt folgende Anträge an die zentrale Behörde stellen:

  • Antrag auf Herbeiführen einer vollstreckbaren Entscheidung
    einschl. Feststellung der Abstammung,
  • Antrag auf Herbeiführen einer vollstreckbaren Entscheidung, wenn die Vollstreckbarerklärung nicht möglich ist,
  • Antrag auf Änderung einer unterhaltsrechtlichen Entscheidung aufgrund veränderter Umstände.

Das Bundesamt für Justiz bzw. die deutsche Vorprüfungsstelle ist der Gläubigerpartei bei der Antragstellung behilflich.

 

Welche Anträge kann die Schuldnerpartei mit dem Formblatt VI EuUnthVO stellen?

Die Schuldnerpartei kann mit diesem Formblatt einen 

  • Antrag auf Anerkennung einer Entscheidung, die die einstweilige Einstellung oder Einschränkung der Vollstreckung einer früheren Entscheidung bewirkt, 

stellen.

Die nationale zentrale Behörde ist der Schuldnerpartei bei der Antragstellung behilflich.

 

Welche Anträge kann die Schuldnerpartei mit dem Formblatt VII EuUnthVO stellen?

Die Schuldnerpartei kann mit diesem Formblatt einen 

  • Antrag auf Änderung einer unterhaltsrechtlichen Entscheidung aufgrund veränderter Umstände 

stellen.

Die nationale zentrale Behörde ist der Schuldnerpartei bei der Antragstellung behilflich.

Welche Besonderheiten muss ich in Altfällen für die Zwangsvollstreckung in Österreich beachten?

Bitte beachten Sie, dass in Altfällen zur Durchführung der Zwangsvollstreckung in Österreich neben dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung ein Exekutionsantrag erforderlich ist. 

Weitere Einzelheiten zur Unterhaltsvollstreckung in Österreich und dem erforderlichen Exekutionsantrag entnehmen Sie bitte dem Merkblatt der deutschen Auslandsvertretung.