
Erbfall, Annahme und Ausschlagung der Erbschaft
Wie erhalte ich einen Erbschein? Wie schlage ich die Erbschaft aus? Wie beantrage ich ein Europäisches Nachlasszeugnis?
Darstellung des Verfahrens vor dem Nachlassgericht zur Erteilung eines Erbscheines. Annahme und Ausschlagung der Erbschaft.
Erbfall
Beim Tod einer Person stellt sich die Frage, von wem er oder sie beerbt wurde. Im erbrechtlichen Sprachgebrauch wird der oder die Verstorbene als Erblasser bzw. Erblasserin bezeichnet.
Die Erbfolge kann sich entweder aus einer Verfügung von Todes wegen , also aus einem Testament oder Erbvertrag oder, falls eine solche nicht vorliegt, aus der vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Erbfolge (gesetzliche Erbfolge) ergeben.

Annahme der Erbschaft
Ein Erbe kann die Erbschaft annehmen oder ablehnen. Für die Annahme ist keine besondere Erklärung erforderlich. Es genügt, wenn sich aus dem schlüssigen Verhalten der Erbin bzw. des Erbens ergibt, dass sie oder er die Erbschaft annehmen möchte. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn sie/er Ansprüche aus dem Nachlass geltend macht oder Nachlass in ihren/seinen Besitz nimmt. Wenn es sich um Sicherungsmaßnahmen oder lediglich Begleichung der Beerdigungskosten handelt, muss dies nicht eine Annahme der Erbschaft bedeuten.
Daneben kann die Annahme ausdrücklich gegenüber dem Nachlassgericht oder weiteren Beteiligten (Miterben, Vermächtnisnehmern) erklärt werden.
Zudem gilt die Erbschaft als angenommen, wenn die Frist zur Ausschlagung der Erbschaft (Ausschlagungsfrist) abgelaufen ist.
Ausschlagung der Erbschaft
Frist
Eine Ausschlagung kann innerhalb von 6 Wochen ab Kenntnis vom Anfall der Erbschaft erfolgen (Ausnahmen: Die Erblasserin oder der Erblasser hatte ihren bzw. seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, oder die Erbin bzw. der Erbe befand sich zum Zeitpunkt des Anfalls der Erbschaft im Ausland. Dann beträgt die Ausschlagungsfrist 6 Monate).
Form
Die Ausschlagung muss gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden. Es handelt sich um eine sogenannte amtsempfangsbedürftige Erklärung. Die oder der Ausschlagende gibt die Ausschlagungserklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle ab.
Zuständig ist grundsätzlich das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Erblasserin bzw. der Erblasser ihren bzw. seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Die oder der Ausschlagende kann jedoch auch im Wege der Amtshilfe die Ausschlagung bei dem Gericht ihres/seines Wohnsitzes abgeben.
Auch ist es möglich, die Ausschlagung in öffentlich beglaubigter Form durch einen Notar abzugeben. Eine einfache Schriftform, privatschriftlich oder telegrafischer Form genügt dagegen nicht.
Die Erbin bzw. der Erbe muss außerdem volljährig sein, um eine Ausschlagungserklärung abgeben zu können.
Ist sie oder er minderjährig oder nur beschränkt geschäftsfähig können nur gesetzliche Vertreter bzw. Vertreterinnen (Eltern, Betreuer, Vormund) die Erklärung abgeben.Bei gemeinsamer elterlicher Sorge ist die Abgabe der Ausschlagungserklärung durch beide Elternteile erforderlich. Als Vormund, Betreuer oder bei alleinigem Sorgerecht kann die Genehmigung des Familien- bzw. Betreuungsgerichts erforderlich sein.
Folgen
Folge der Ausschlagung ist, dass die bzw. der Ausschlagende so behandelt wird, als wäre sie/er nie Erbin bzw. Erbe geworden. Das Erbe fällt dann der/dem Nächstberufenen an. Sind keine weiteren Erben vorhanden, fällt die Erbschaft dem Bundesland zu, in dem die Erblasserin bzw. der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte (vgl. §1936 BGB).
Anfechtung der Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft
Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Annahme der Erbschaft oder die Ausschlagung der Erbschaft angefochten werden. Die kann dann der Fall sein, wenn die oder der Erklärende sich zum Beispiel über wesentliche Eigenschaften des Nachlasses geirrt hat.
Die Anfechtung ist frist- und formgebunden (6 Wochen, Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht oder öffentlich beglaubigte Form durch einen Notar). Die wirksame Anfechtung beseitigt die Rechtsfolgen der vorangegangenen Ausschlagung oder Annahme. Wegen der komplizierten Rechtsfragen sollte man in einem solchen Fall rechtzeitig juristischen Rat oder Beistand in Anspruch nehmen.
Kosten
Pro Beurkundung einer Ausschlagungserklärung entsteht eine Mindestgebühr in Höhe von 30 EUR. Diese Gebühr entsteht auch, wenn kein oder nur negativer Nachlass vorhanden ist. Ist positiver Nachlass vorhanden, wird eine halbe Gebühr nach dem Wert des Nachlasses zum Beurkundungszeitpunkt berechnet. Die Gebühr entnehmen Sie der untenstehenden Tabelle B. Die oder der Kostenschuldner ist die Antragstellerin bzw. der Antragsteller. Mehrere Erben/Erbinnen teilen sich die Kosten bei gleichzeitiger Antragstellung.
Die Tabelle kann hier nur auszugsweise als Orientierung angegeben werden:
Gebühren nach GNotKG (Tabelle B) | |||
---|---|---|---|
Geschäftswert bis.... EUR |
Gebühr ... EUR | Geschäftswert bis.... EUR |
Gebühr ... EUR |
1.000 | 19 (bis 500 = 15 EUR) | 350.000 | 685 |
5.000 | 45 | 440.000 | 835 |
10.000 | 75 | 550.000 | 1.015 |
25.000 | 115 | 650.000 | 1.175 |
50.000 | 165 | 750.000 | 1.335 |
80.000 | 219 | 850.000 | 1.495 |
110.000 | 273 | 900.000 | 1.575 |
155.000 | 354 | 950.000 | 1.655 |
260.000 | 535 | 1.000.000 | 1.735 |
Hinweis: Es wird empfohlen, sich beim Nachlassgericht über die Möglichkeit einer Terminvergabe zu erkundigen.
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