
Zwangsvollstreckung aus der öffentlichen Urkunde aus dem EU-Ausland
Europäische Vollstreckungstitel
Zwangsvollstreckung in Deutschland
Die nachfolgenden Ausführungen sollen lediglich einen Überblick vermitteln und erfolgen unverbindlich und ohne Gewähr.
Die zu beachtenden in- und ausländischen Rechtsgrundlagen und internationalen Vorschriften sind zum Teil ständigen Änderungen unterworfen.
Daher kann keine Gewähr für die Vollständigkeit und inhaltliche Richtigkeit der nachstehenden Angaben übernommen werden.
Inhaltsverzeichnis:
Brüssel Ia-Verordnung (Brüssel Ia-VO)
EU-Verordnung Nr. 1215/2012 (EuGVVO)
Muss ich zuvor das Vollstreckbarerklärungsverfahren in Deutschland durchführen, um aus der öffentlichen Urkunde aus dem EU-Ausland die Zwangsvollstreckung in Deutschland durchführen zu können?
Nein.
Die Brüssel Ia-Verordnung hat das Vollstreckbarerklärungsverfahren in den
EU-Mitgliedstaaten abgeschafft.
Kann ich aus der ausl. öffentlichen Urkunde unmittelbar die Zwangsvollstreckung in Deutschland betreiben?
Ja.
Die Brüssel Ia-Verordnung ermöglicht die direkte Vollstreckung aus Schuldtiteln aus den EU-Mitgliedstaaten in Deutschland.
Damit entfällt in Deutschland das Verfahren zur Vollstreckbarerklärung, das bislang der Vollstreckung vorgeschaltet war.
Die Gläubigerpartei kann sich daher in Deutschland direkt an das Vollstreckungsorgan wenden.
Soll z. B. aus einem polnischen Schuldtitel in Deutschland vollstreckt werden, so kann die Gläubigerpartei sich direkt an den Gerichtsvollzieher in Deutschland wenden.
Eine ausländische öffentliche Urkunde ist in Deutschland zu vollstrecken wie eine deutsche öffentliche Urkunde, Art. 41 I, 58 I S. 3 EuGVVO.
Weder der ausl. Schuldtitel noch die ausl. Bescheinigung im Sinne der Art. 60 EuGVVO (Formblatt II EuGVVO) dürfen in Deutschland in der Sache selbst nachgeprüft werden, Art. 52, 58 I S. 3 EuGVVO.
Wie ist der zeitliche Anwendungsbereich der Brüssel Ia-Verordnung?
Welcher Zeitpunkt ist hierbei maßgebend?
In zeitlicher Hinsicht gilt die EU-Verordnung Nr. 1215/2012 ab 10.01.2015, Art. 66 I EuGVVO,
Der Zeitpunkt der Errichtung der öffentlichen Urkunde ist maßgebend.
Nach dem Abkommen zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Dänemark vom 16.11.2005 findet die Brüssel Ia-Verordnung im Verhältnis zu
- Dänemark
ab 10.01.2015 Anwendung.
Im Verhältnis zu künftigen EU-Mitgliedstaaten, deren EU-Beitritt erst nach Inkrafttreten der vorgenannten Verordnung erfolgt, gilt die EU-Verordnung Nr. 1215/2012 im Regelfall erst mit dem Zeitpunkt des EU-Beitritts.
Im Verhältnis zu Deutschland findet die EU-Verordnung Nr. 1215/2012 Anwendung auf die nach dem 09.01.2015 errichteten öffentlichen Urkunden.
Die Vorschriften der Art. 66 I, 81 EuGVVO sind dahingehend auszulegen, dass aus der ausländischen öffentlichen Urkunde nur dann unmittelbar in Deutschland vollstreckt werden kann, falls dieser Schuldtitel sowohl im Ursprungsmitgliedstaat als auch im Vollstreckungsmitgliedstaat (Deutschland) im Anwendungsbereich der EU-Verordnung Nr. 1215/2012 fällt.
Den genauen Zeitpunkt der Errichtung der öffentlichen Urkunde, aus der mit der ausl. Bescheinigung (Formblatt II EuGVVO) in Deutschland unmittelbar vollstreckt werden kann, entnehmen Sie bitte der anl. Übersicht:
Ursprungsmitgliedstaat (EU-Mitgliedstaat, in dem die öffentliche Urkunde errichtet worden ist): |
zeitlicher Anwendungsbereich der EU-Verordnung Nr. 1215/2012 für die ausländische öffentliche Urkunde: |
Belgien | ab 10.01.2015 |
Bulgarien | ab 10.01.2015 |
Dänemark | ab 10.01.2015 |
Estland | ab 10.01.2015 |
Finnland | ab 10.01.2015 |
Frankreich | ab 10.01.2015 |
Griechenland | ab 10.01.2015 |
Irland | ab 10.01.2015 |
Italien | ab 10.01.2015 |
Kroatien | ab 10.01.2015 |
Lettland | ab 10.01.2015 |
Litauen | ab 10.01.2015 |
Luxemburg | ab 10.01.2015 |
Malta | ab 10.01.2015 |
Niederlande | ab 10.01.2015 |
Österreich | ab 10.01.2015 |
Polen | ab 10.01.2015 |
Portugal | ab 10.01.2015 |
Rumänien | ab 10.01.2015 |
Schweden | ab 10.01.2015 |
Slowakei | ab 10.01.2015 |
Slowenien | ab 10.01.2015 |
Spanien | ab 10.01.2015 |
Tschechische Republik | ab 10.01.2015 |
Ungarn | ab 10.01.2015 |
Vereinigtes Königreich | 10.01.2015 bis 31.12.2020 |
Zypern | ab 10.01.2015 |
Britische Gerichte/Notare können keine Bescheinigung (Formblatt II EuGVVO) zu der ab 01.01.2021 errichteten öffentlichen Urkunde erteilen.
Aufgrund des Brexit kann aus der britischen öffentlichen Urkunde nicht mehr unmittelbar in Deutschland vollstreckt werden, soweit diese nach dem 31.12.2020 errichtet worden ist.
Welche Unterlagen muss ich dem Gerichtsvollzieher/dem Vollstreckungsgericht vorlegen?
Die von der Gläubigerpartei vorzulegenden Unterlagen ergeben sich aus Art. 42 I, 58 I S. 3, 60 EuGVVO:
- Ausfertigung der ausländischen öffentlichen Urkunde
mit Zustellungsbescheinigung, - Ausfertigung des ausländischen Bescheinigung (Formblatt II EuGVVO)
- ggfs. mit Zustellungsbescheinigung -, - ggfs. Übersetzung der Unterlagen in deutscher Sprache, Art. 57, 58 I S. 3 EuGVVO.
Der Erteilung einer Vollstreckungsklausel zu der ausl. öffentlichen Urkunde bedarf es dagegen nicht;
der deutsche Gesetzgeber hat insoweit auf die Vorlage einer vollstreckbaren Ausfertigung verzichtet, § 1112 ZPO.
Ggfs. ist die Beifügung von Übersetzungen des Schuldtitels erforderlich, Art. 57, 54 III, 58 I S. 3 EuGVVO.
Eine Übersetzung des Schuldtitels wird im Regelfall nur benötigt, falls ohne die Übersetzung eine Zwangsvollstreckung nicht durchgeführt werden kann.
In der Regel ist die Beifügung einer Übersetzung der Eintragungen in der ausl.Bescheinigung nicht erforderlich, da es sich hierbei um ein EU-einheitliches Formular handelt und die erforderlichen Angaben durch Eintragung von Namen, Anschrift und Zahlen sowie durch Ankreuzen von Kästchen erfolgt.
Eine Übersetzung ist daher nur bei ergänzenden Eintragungen erforderlich,
vergl. Art. 42 III, 58 I, 60, 57 EuGVVO.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in Deutschland die Vollstreckungsklausel zu der ausl. öffentlichen Urkunde?
Nein.
Der deutsche Gesetzgeber hat auf die Erteilung einer Vollstreckungsklausel zu dem ausländischen Schuldtitel für die Zwangsvollstreckung in Deutschland gem. § 1112 ZPO verzichtet.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in Deutschland eine Bescheinigung über die Zustellung der ausl. öffentlichen Urkunde an die Schuldnerpartei?
Ja.
In Hinblick auf Art. 41 I, 58 I S. 3 EuGVVO, §§ 750 I, 794 I Zi. 5, 795 ZPO bedarf es der Vorlage einer Zustellungsbescheinigung zu der ausl. öffentlichen Urkunde.
Eine Zustellung mit Beginn der Zwangsvollstreckung reicht aus.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in Deutschland eine Bescheinigung über die Zustellung der ausl. Bescheinigung (Formblatt II EuGVVO) an die Schuldnerpartei?
Ja.
Gem. Erwägungsgrund 32, Art. 43 I, 58 I S. 3 EuGVVO ist die Bescheinigung der Schuldnerpartei vor der 1. Vollstreckungsmaßnahme zuzustellen.
Worauf beschränkt sich die Prüfung des Gerichtsvollziehers/des Vollstreckungsgerichts?
Die Prüfung beschränkt sich darauf, ob
- der Schuldtitel im Anwendungsbereich der Brüssel Ia-Verordnung fällt,
- der Schuldtitel im Ursprungsmitgliedstaat vollstreckbar ist
und
- die Gläubigerpartei die nach Art. 42, 58 I S. 3, 60 EuGVVO erforderlichen Unterlagen vorgelegt hat.
Weder die ausl. öffentliche Urkunde noch die ausl. Bescheinigung (Formblatt II EuGVVO) dürfen in der Sache selbst nachgeprüft werden.
Der Gerichtsvollzieher/Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - prüft lediglich, ob die nach Art. 42, 58 I S. 3, 60 EUGVVO erforderlichen Unterlagen vorgelegt wurden.
Die Vorlage der ausl. Bescheinigung (Formblatt II EuGVVO) reicht als Nachweis aus.
Die Voraussetzungen hinsichtlich der Fälligkeit und Vollstreckbarkeit der Forderung
- Bedingungseintritt i. S. d. § 726 I, 794 I Zi. 5, 795 ZPO ZPO,
- Rechtsnachfolge i. S. d. §§ 727 ff., 794 I Zi. 5, 795 ZPO,
- Schuldnerbefriedigung oder Annahmeverzug der Schuldnerpartei
werden im Regelfall bereits bei der Erteilung der Bescheinigung im Ursprungsmitgliedstaat geprüft;
einer erneuten Prüfung durch das Vollstreckungsorgan bedarf es daher nicht.
Hat dagegen die ausl. Behörde/der ausl. Notar in der vorgelegten Bescheinigung die bedingungslose Vollstreckbarkeit bejaht, obwohl die Zwangsvollstreckung aus der ausl. öffentlichen Urkunde
- von einer Bedingung abhängig ist (§§ 726 I, 794 I Zi. 5, 795 ZPO),
- von der Erfüllung einer Gegenleistung abhängt (§§ 726 II, 794 I Zi. 5, 795 ZPO),
obliegt insoweit die Prüfung dem Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - oder dem Gerichtsvollzieher.
Kann der Gerichtsvollzieher/das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - eine Übersetzung der öffentlichen Urkunde in deutscher Sprache von der Gläubigerpartei verlangen?
Ja,
§§ 54 III, 58 I S. 3 EuGVVO.
Eine Übersetzung des Schuldtitels wird im Regelfall nur benötigt, falls ohne die Übersetzung eine Zwangsvollstreckung nicht durchführbar wäre.
Kann ich die Anpassung anfechten?
Ja,
Art. 54 II, 58 I S. 3 EuGVVO, § 1114 ZPO.
Dies gilt sowohl für die Gläubigerpartei als auch für die Schuldnerpartei.
Mit welchem Rechtsmittel erfolgt die Anfechtung der Anpassung des Schuldtitels?
Diese ist abhängig von der Zwangsvollstreckungsart (§ 1114 ZPO):
- Erinnerung gem. § 766 I ZPO
bzgl. Maßnahmen des Gerichtsvollziehers oder des Vollstreckungsgerichts; - sofortige Beschwerde gem. § 793 ZPO
bzgl. Entscheidungen des Vollstreckungsgerichts oder Vollstreckungsmaßnahmen des ausl. Gerichts - Beschwerde gem. § 71 GBO
bzgl. Vollstreckungsmaßnahmen des Grundbuchamts
Als Schuldnerpartei habe ich erstmals Kenntnis vom Schuldtitel durch den Gerichtsvollzieher bzw. das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - erlangt;
mir wurde mit der ausl. Bescheinigung der ausl. Schuldtitel zugestellt.
Der Schuldtitel wurde mir bislang vom ausl. Notar/von der ausl. Behörde nicht zugestellt.
Eine Übersetzung des Schuldtitels war jedoch nicht beigefügt.
Ich verstehe die Sprache nicht, in der der Schuldtitel abgefasst ist.
Kann ich eine Übersetzung verlangen?
Ja,
um die Vollstreckung anfechten zu können, Art. 43 II, 58 I S. 3 EuGVVO.
Was sind die Rechtsfolgen?
Die Zwangsvollstreckung darf über Sicherungsmaßnahmen nicht hinausgehen, solange die Schuldnerpartei die Übersetzung des Schuldtitels nicht erhalten hat, Art. 43 II, 58 I S. 3 EuGVVO.
Der vollstreckungsfähige Inhalt der ausl. öffentlichen Urkunde ist unzureichend bestimmt.
Die öffentliche Urkunde enthält eine Maßnahme oder Anordnung, die nach dem Wortlaut in dieser Form im deutschen Recht (Zivilprozessordnung) unbekannt ist.
Kann der Gerichtsvollzieher bzw. das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - den ausländischen Schuldtitel dem deutschen Recht anpassen?
Ja,
gem. Erwägungsgrund 28, Art. 54 I, 58 I S. 3 EuGVVO.
Es bedarf hierzu nicht einer besonderen Antragstellung der Gläubigerpartei.
Die Auslegung ist bei Unbestimmtheit des ausländischen Schuldtitels geboten, soweit sich der vollstreckungsfähige Inhalt feststellen lässt.
Gilt dies ebenfalls für den Zinsanspruch?
Kann der Gerichtsvollzieher bzw. das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - die öffentliche Urkunde hinsichtlich des titulierten dynamisierten Zinssatzes nach ausländischem Recht an das deutsche Recht anpassen?
Ja.
Die öffentliche Urkunde ist hinsichtlich eines Zinssatzes nach ausländischem Recht in Deutschland vollstreckbar, wenn der Gerichtsvollzieher bzw. das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - den zu vollstreckenden Betrag selbst ermitteln kann;
zur Recherche hinsichtlich des ausländischen Rechts bezogen auf den Zinssatz ist das Vollstreckungsorgan nicht verpflichtet.
Die Gläubigerpartei hat dafür Sorge zu tragen, dass das Vollstreckungsorgan diese Anpassung nach den Maßstäben einer Auslegung vornehmen kann und sollte daher entsprechende Unterlagen (Berechnungsgrundlagen) vorlegen.
Kann die Schuldnerpartei den ausl. Schuldtitel in Deutschland nach den Vorschriften der Brüssel Ia-Verordnung anfechten?
Ja.
Die Schuldnerpartei kann ggfs.
- einen Antrag auf Versagung der Vollstreckung der ausl. öffentlichen Urkunde (Erwägungsgrund 29, Art. 47 I, 58 I S. 3 EuGVVO, § 1115 ZPO) stellen.
Muss die Schuldnerpartei die Aufhebungsgründe begründen?
Ja.
Die Schuldnerpartei trägt insoweit die Darlegungs- und Beweislast.
Wo muss die Schuldnerpartei den Antrag stellen?
Der Antrag ist gem. Art. 47 I, 58 I S. 3 EuGVVO, § 1115 I, II ZPO an das Landgericht zu stellen.
Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts richtet sich nach dem Wohnsitz/Sitz der Schuldnerpartei oder nach dem Ort der Zwangsvollstreckung.
Wie erfolgt die Antragstellung?
Die Antragstellung erfolgt schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle, § 1115 III ZPO.
Es besteht kein Anwaltszwang, § 78 III ZPO.
In welchen Fällen weist das Gericht den Antrag zurück?
Das Gericht weist den Antrag zurück, falls kein Aufhebungsgrund vorliegt.
Kann die Schuldnerpartei mit dem begründeten Antrag auf Versagung der Vollstreckung die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung beantragen?
Ja.
Auf Antrag der Schuldnerpartei kann das Landgericht
- die Zwangsvollstreckung auf Sicherungsmaßnahmen beschränken,
- die Zwangsvollstreckung von einer Sicherheitsleistung abhängig machen,
- die Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise einstweilen einstellen,
Erwägungsgrund 31, Art. 44 I, 58 I S. 3 EuGVVO i. V. m. §§ 719 I S. 1, 707 I S. 1, 794 I Zi. 5, 795, 1115 VI ZPO.
In welchen Fällen wird die Vollstreckung der ausl. öffentlichen Urkunde auf Antrag der Schuldnerpartei versagt?
Das Landgericht versagt gem. Art. 46, 58 I S. 3 EuGVVO die Vollstreckung aus der ausl. öffentlichen Urkunde bei:
- Verstoß gegen die öffentliche Ordnung (ordre public) in Deutschland, Art. 58 I S. 2 EuGVVO.
Nach Art. 46, 45 I a), 58 I S. 2 EuGVVO ist die Vollstreckbarerklärung zu versagen, wenn die Vollstreckung der öffentlichen Urkunde gegen den innerstaatlichen ordre public verstoßen würde.
Die Prüfung, ob der ausl. Schuldtitel ggfs. gegen den innerstaatlichen ordre public verstößt, kann sinnvollerweise nur in Deutschland durchgeführt werden.
Ohne eine solche Kontrolle könnte ein ausländischer Schuldtitel in Deutschland vollstreckt werden, obwohl sie gegen fundamentale Rechtsnormen der deutschen Rechtsordnung verstößt.
Ein Verstoß gegen den ordre public kommt jedoch in der Praxis selten vor.
Was sind die Rechtsfolgen der Antragsrückweisung?
Der ausl. Schuldtitel bleibt in Kraft.
Was sind die Rechtsfolgen der antragsgemäßen Entscheidung?
Die Vollstreckung der ausl. öffentlichen Urkunde wird versagt, Art. 46, 58 I EUGVVO.
Welche Kosten entstehen für das Verfahren über den Antrag auf Versagung der Vollstreckung der ausländischen öffentlichen Urkunde i. S. d. Art. 47 I, 58 EuGVVO, § 1115 ZPO?
Für das Verfahren wird vom Landgericht gem. KV Nr. 1510 GKG eine Gebühr in Höhe von 264 EUR erhoben.
Kann die Schuldnerpartei einen Antrag auf Aussetzung oder Beschränkung der Vollstreckung stellen?
Ja,
Art. 44 I, 58 EuGVVO.
Die Entscheidung erfolgt durch einstweilige Anordnung, § 1115 VI ZPO
Diese ist unanfechtbar.
In welchen Fällen kann das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus der ausl. öffentlichen Urkunde beschließen?
Gem. Art. 44 II, 58 EuGVVO, §§ 1116, 775 Zi. 1 und 2, 776, 794 I Zi. 5, 795 ZPO kann das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - auf Antrag der Schuldnerpartei die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung beschließen, falls
- die Vollstreckbarkeit der ausländischen öffentlichen Urkunde im Ursprungsmitgliedstaat ausgesetzt ist bzw. die Zwangsvollstreckung im Ursprungsmitgliedstaat bereits einstweilen eingestellt ist,
- die Schuldnerpartei eine ausl. Entscheidung über die Nichtvollstreckbarkeit der ausl. öffentlichen Urkunde vorlegt,
- die Schuldnerpartei eine ausl. Entscheidung über die Beschränkung der Vollstreckbarkeit der ausl. öffentlichen Urkunde vorlegt.
Ggfs. ist von der Schuldnerpartei eine Übersetzung der Entscheidung vorzulegen.
Damit ist gewährleistet, dass dem Schuldtitel im Vollstreckungsmitgliedstaat keine weitergehende Wirkung zukommt als im Ursprungsmitgliedstaat.
Mit der ausl. Rechtsbehelfsentscheidung in der Hauptsache wird die einstweilige Anordnung des Amtsgerichts - Vollstreckungsgerichts - hinfällig.
Wie leite ich die Zwangsvollstreckung in Deutschland ein?
Die Zwangsvollstreckung wird je nach Art der Zwangsvollstreckung eingeleitet mit einem
-
Zwangsvollstreckungsauftrag
Beauftragung des Gerichtsvollziehers mit der Sachpfändung.
Der Antrag ist an die Verteilungsstelle für Gerichtsvollzieheraufträge des örtlichen Amtsgerichts zu richten.
Diese leitet den Vollstreckungsauftrag an den zuständigen Gerichtsvollzieher weiter. - Antrag auf Forderungspfändung
oder
- Antrag auf Eintragung einer Zwangshypothek in den Grundbesitz der Schuldnerpartei.
Mit welchem Formular beantrage ich die Zwangsvollstreckung in Deutschland?
Formulare für die Zwangsvollstreckung in Deutschland:
Der Zwangsvollstreckungsauftrag besteht aus 2 Teilen:
Vollstreckungsauftrag und Forderungsaufstellung.
Der Antrag auf Forderungspfändung besteht aus 3 Teilen:
Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses,
Entwurf des Beschlusses und Forderungsaufstellung
Wo finde ich den zuständigen Gerichtsvollzieher?
Den zuständigen Gerichtsvollzieher in Nordrhein-Westfalen finden Sie in der landesweiten Adressdatenbank.
Wo finde ich das zuständige Vollstreckungsgericht?
Das Amtsgericht ist zuständig.
Die Zuständigkeit richtet sich nach dem Wohnsitz/Sitz der Schuldnerpartei oder dem Ort der Zwangsvollstreckung.
Das zuständige Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - finden Sie in der bundesweiten Gerichtsadressdatenbank.
Welche Unterlagen muss ich beifügen?
Die Vollstreckungsunterlagen und eine aktuelle Forderungsaufstellung sind beizufügen.
Muss ich als Gläubigerpartei für die Zwangsvollstreckung einen Rechtsanwalt in Deutschland beauftragen oder einen Zustellungsbevollmächtigten in Deutschland benennen?
Nein.
Für die Zwangsvollstreckung besteht kein Anwaltszwang.
Im Zwangsvollstreckungsverfahren besteht für die ausl. Gläubigerpartei keine Verpflichtung zur Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten in Deutschland.
Wo erhalte ich weitere Informationen?
- Angaben des deutschen Gesetzgebers zur Brüssel Ia-Verordnung
Für weitere Informationen klicken Sie bitte auf die deutsche Fahne.
- Angaben des deutschen Gesetzgebers zur Zwangsvollstreckung
Für weitere Informationen klicken Sie bitte auf die deutsche Fahne.
- Brüssel Ia-Verordnung (EuGVVO)
EU-Verordnung Nr. 1215/2012 (Brüssel Ia-VO)
Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen
EU-Verordnung Nr. 805/2004 (EuVTVO)
Kann ich aus der ausl. Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel unmittelbar die Zwangsvollstreckung in Deutschland betreiben?
Ja.
Die Europäische Vollstreckungstitel-Verordnung ermöglicht die direkte Vollstreckung in Deutschland.
Die Gläubigerpartei kann sich daher in Deutschland direkt an das Vollstreckungsorgan wenden.
Soll z. B. aus einem polnischen Europäischen Vollstreckungstitel in Deutschland vollstreckt werden, so kann die Gläubigerpartei sich direkt an den Gerichtsvollzieher in Deutschland wenden.
Ein ausländischer Europäischer Vollstreckungstitel ist in Deutschland zu vollstrecken wie eine deutsche öffentliche Urkunde, Art. 20 I 2, 25 EuVTVO.
Weder die ausl. öffentliche Urkunde noch ihre Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel dürfen in Deutschland in der Sache selbst nachgeprüft werden.
Wie ist der zeitliche und örtliche Anwendungsbereich der Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung?
Die EU-Verordnung Nr. 805/2004 gilt für alle EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Dänemark, Art. 2 III EuVTVO.
Die Europäische Vollstreckungstitel-Verordnung findet Anwendung auf die ab 21.01.2005 bzw. ab dem EU-Beitritt errichteten öffentlichen Urkunden, Art. 33 EuVTVO (vergl. auch gemeinsamer Leitfaden des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission für Personen, die in den Gemeinschaftsorganen an der Abfassung von Rechtstexten mitwirken).
Im Verhältnis zu Deutschland findet die EU-Verordnung Nr. 805/2004 Anwendung ab 21.01.2005, Art. 33 EuVTVO.
Die Vorschriften der Art. 26, 33 EuVTVO sind dahingehend auszulegen, dass aus der ausländischen öffentlichen Urkunde nur dann unmittelbar in Deutschland vollstreckt werden kann, falls der Schuldtitel sowohl im Ursprungsmitgliedstaat als auch im Vollstreckungsmitgliedstaat (Deutschland) im Anwendungsbereich der EU-Verordnung Nr. 805/2004 fällt.
Den genauen Zeitpunkt der Errichtung der ausländischen öffentlichen Urkunde, aus der mit der Ausfertigung der ausl. Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen (Formblatt III EuVTVO) in Deutschland unmittelbar vollstreckt werden kann, entnehmen Sie bitte der anl. Übersicht:
Ursprungsmitgliedstaat (EU-Mitgliedstaat, in dem die öffentliche Urkunde errichtet worden ist): |
zeitlicher Anwendungsbereich der EU-Verordnung Nr. 805/2004 für die ausländische öffentliche Urkunde: |
Belgien | ab 21.01.2005 |
Bulgarien | ab 01.01.2007 |
Dänemark | ./. |
Estland | ab 21.01.2005 |
Finnland | ab 21.01.2005 |
Frankreich | ab 21.01.2005 |
Griechenland | ab 21.01.2005 |
Irland | ab 21.01.2005 |
Italien | ab 21.01.2005 |
Kroatien | ab 01.07.2013 |
Lettland | ab 21.01.2005 |
Litauen | ab 21.01.2005 |
Luxemburg | ab 21.01.2005 |
Malta | ab 21.01.2005 |
Niederlande | ab 21.01.2005 |
Österreich | ab 21.01.2005 |
Polen | ab 21 01.2005 |
Portugal | ab 21.01.2005 |
Rumänien | ab 01.01.2007 |
Schweden | ab 21.01.2005 |
Slowakei | ab 21.01.2005 |
Slowenien | ab 21.01.2005 |
Spanien | ab 21.01.2005 |
Tschechische Republik | ab 21.01.2005 |
Ungarn | ab 21.01.2005 |
Vereinigtes Königreich | 21.01.2005 bis 31.12.2020 |
Zypern | ab 21.01.2005 |
Britische Gerichte/Notare können die ab 01.01.2021 errichtete öffentliche Urkunde nicht mehr als Europäischen Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen bestätigen.
Aufgrund des Brexit kann aus der britischen öffentlichen Urkunde nicht mehr unmittelbar in Deutschland vollstreckt werden, soweit diese nach dem 31.12.2020 errichtet worden ist.
Welche Unterlagen muss ich dem Gerichtsvollzieher/dem Vollstreckungs-gericht vorlegen?
Die von der Gläubigerpartei vorzulegenden Unterlagen ergeben sich aus Art. 20 II, 25 EuVTVO:
- Ausfertigung der ausländischen öffentlichen Urkunde mit Zustellungs-bescheinigung,
- Ausfertigung der ausländischen Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel (Formblatt III EuVTVO),
- ggfs. Übersetzung der Unterlagen in deutscher Sprache,
Der Erteilung einer Vollstreckungsklausel zu der ausl. öffentlichen Urkunde bzw. der Vorlage einer vollstreckbaren Ausfertigung der ausländischen öffentlichen Urkunde bedarf es dagegen nicht, da diese insoweit durch die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel ersetzt wird;
der deutsche Gesetzgeber hat insoweit auf die Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung der öffentlichen Urkunde verzichtet, § 1082 ZPO.
In der Regel ist die Beifügung von Übersetzungen nicht erforderlich, da es sich bei der Bestätigung um ein EU-einheitliches Formular handelt und die erforderlichen Angaben durch Eintragung von Namen, Anschrift und Zahlen sowie durch Ankreuzen von Kästchen erfolgt.
Eine Übersetzung ist daher nur bei ergänzenden Eintragungen erforderlich, vergl. Art. 9 II, 20 II c, 25 EuVTVO.
Eine Übersetzung der öffentlichen Urkunde wird nur in Ausnahmefällen benötigt, sofern ohne die Übersetzung die Zwangsvollstreckung nicht durchführbar wäre, vergl. Art. 20 II, 25 EuVTVO.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in Deutschland eine Vollstreckungsklausel zu der ausl. öffentlichen Urkunde?
Nein.
Der deutsche Gesetzgeber hat auf die Erteilung einer Vollstreckungsklausel zu dem ausl. Schuldtitel für die Zwangsvollstreckung in Deutschland gem. § 1082 ZPO verzichtet.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in Deutschland eine Bescheinigung über die Zustellung der ausl. öffentlichen Urkunde an die Schuldnerpartei?
Ja.
In Hinblick auf Art. 20 I, 25 III EuVTVO, §§ 750 I, 794 I Zi. 5, 795 ZPO bedarf es der Vorlage einer Zustellungsbescheinigung zu dem ausl. Schuldtitel.
Eine Zustellung mit Beginn der Zwangsvollstreckung reicht aus.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in Deutschland eine Bescheinigung über die Zustellung der ausl. Bestätigung (Formblatt III EuVTVO) an die Schuldnerpartei?
Nein.
Weder der europäische Gesetzgeber (Art. 20 ff. EuVTVO) noch der deutsche Gesetzgeber (§§ 1082 ZPO ff.) verlangen eine Zustellung der ausl. Bestätigung an die Schuldnerpartei.
Das Zustellungserfordernis des § 1080 I S. 2 ZPO gilt nur für die Bestätigung zu der deutschen öffentlichen Urkunde.
Die Europäische Vollstreckungstitel-Verordnung sieht dagegen weder eine Informationspflicht noch eine Zustellung an die Schuldnerpartei vor.
In entsprechender Anwendung von §§ 750 I, 794 I Zi. 5, 795 ZPO ZPO genügt dagegen nach der EU-Verordnung Nr. 805/2004 eine Information der Schuldnerpartei (Zustellung einer Ausfertigung der Bestätigung an Schuldnerpartei) mit Beginn der Zwangsvollstreckung.
Auch in Hinblick auf die Rechte der Schuldnerpartei i. S. d. Art. 6 II, 10, 21, 23, 25 III EuVTVO ist die Zustellung der Bestätigung an die Schuldnerpartei - spätestens mit Beginn der Zwangsvollstreckung in Deutschland - geboten, weil ansonsten die Schuldnerpartei
- sofern in dem Ursprungsmitgliedstaat eine Parallelbestimmung zu § 1080 I S. 2 ZPO fehlt – von der Existenz der Bestätigung möglicherweise noch keine Kenntnis hat.
Worauf beschränkt sich die Prüfung des Gerichtsvollziehers/des Vollstreckungsgerichts bei Vorlage einer ausl. Bestätigung (Formblatt III EuVTVO)?
Weder die ausl. öffentliche Urkunde noch ihre Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel dürfen in der Sache selbst nachgeprüft werden.
Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - bzw. der Gerichtsvollzieher prüft lediglich, ob die nach Art. 20 II, 25 EuVTVO erforderlichen Unterlagen vorgelegt wurden.
Bei Zug um Zug-Zahlungsverpflichtung der Schuldnerpartei bedarf es ferner des urkundlichen Nachweises der Schuldnerbefriedigung oder des Annahmeverzuges der Schuldnerpartei, Art. 20 I, 25 III EuVTVO, §§ 756, 765, 794 I Zi. 5, 795 ZPO.
Die übrigen Voraussetzungen hinsichtlich der Fälligkeit und Vollstreckbarkeit der Forderung wurden bereits bei der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel im Ursprungsmitgliedstaat geprüft;
einer erneuten Prüfung durch das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - bzw. den Gerichtsvollzieher bedarf es daher nicht.
Kann die Schuldnerpartei einen Antrag auf Aussetzung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung aufgrund Anfechtung der öffentlichen Urkunde oder der Bestätigung stellen?
Ja.
Hat die Schuldnerpartei im Ursprungsmitgliedstaat
- einen Rechtsbehelf gegen den ausl. Schuldtitel eingelegt,
oder
- einen Antrag auf Berichtigung oder Widerruf der Bestätigung (Art. 10, 25 III EuVTVO) gestellt,
kann die Schuldnerpartei einen Antrag auf Aussetzung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung stellen, Art. 23, 25 III EuVTVO.
Die Erfolgsaussicht des Rechtsbehelfs kann für die Entscheidung des Amtsgerichts- Vollstreckungsgericht - bedeutsam sein;
die Vorlage der Rechtsbehelfsbegründung ist daher empfehlenswert.
Wo muss die Schuldnerpartei den Antrag stellen?
Der Antrag ist im Regelfall an das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - am Wohnsitz/Rechtssitz der Schuldnerpartei zu stellen, Art. 23, 25 III EuVTVO,
§ 1084 ZPO.
Örtlich zuständig ist das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht -, in dem Bezirk der Wohnsitz/Rechtssitz der Schuldnerpartei liegt oder die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll.
Über den Antrag entscheidet der Richter.
Der Richter entscheidet durch einstweilige Anordnung, § 1084 III S. 1 ZPO.
Diese ist unanfechtbar, § 1084 III S. 2 ZPO.
Im Regelfall ist die einstweilige Anordnung mit der formellen Rechtskraft der ausl. Rechtsbehelfsentscheidung hinfällig.
Es besteht kein Anwaltszwang, §§ 764, 802, 78, 79 ZPO.
Die öffentliche Urkunde ist nicht mehr vollstreckbar.
Die Vollstreckbarkeit der öffentlichen Urkunde wurde bereits im Ursprungsmitgliedstaat ausgesetzt.
Wird die Zwangsvollstreckung nun in Deutschland eingestellt?
Nein.
Es bedarf im Regelfall der Vorlage der ausl. Gegenbestätigung i. S. d. Art. 6 II, 25 III EuVTVO (Formblatt IV EuVTVO).
Ein Ausnahmefall gilt nur, falls die Erteilung einer Gegenbestätigung (Bestätigung der Nichtvollstreckbarkeit) im Ursprungsmitgliedstaat bereits beantragt worden ist, bislang jedoch nicht erteilt worden ist.
Die Schuldnerpartei hat den Schuldtitel angefochten.
Die Rechtsbehelfsentscheidung ist ebenfalls vollstreckbar.
Kann ich als Gläubigerpartei weiterhin aus dem Europäischen Vollstreckungstitel vollstrecken?
Nein.
Ist die ausl. öffentliche Urkunde nicht mehr vollstreckbar oder wurde ihre Vollstreckbarkeit im EU-Ausland ausgesetzt oder eingeschränkt, erteilt das ausl. Gericht auf Antrag der Gläubigerpartei eine Ersatzbestätigung für die Rechtsbehelfsentscheidung (Formblatt V EuVTVO), Art. 6 III, 25 III EuVTVO.
Welche Besonderheiten gelten im Falle der Anfechtung des ausl. Schuldtitels, der als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt worden ist?
Ist nach Anfechtung einer ausländischen öffentlichen Urkunde, die als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt worden ist, eine ausländische Rechtsbehelfs-entscheidung ergangen, so wird im EU-Ausland auf jederzeitigen Antrag eine ausl. Ersatzbestätigung (Formblatt V EuVTVO) erteilt, wenn diese ausländische Rechtsbehelfsentscheidung vollstreckbar ist, Art. 6 III, 25 III EuVTVO.
Die Schuldnerpartei hat im Ursprungsmitgliedstaat den Schuldtitel angefochten.
Wird die Zwangsvollstreckung nun in Deutschland aufgrund des eingelegten Rechtsmittels eingestellt?
Nein.
Es bedarf im Regelfall der Vorlage der ausl. Gegenbestätigung (Bestätigung der Nichtvollstreckbarkeit) i. S. d. Art. 6 II, 25 III EuVTVO (Formblatt IV EuVTVO).
Ein Ausnahmefall gilt nur, falls die Erteilung einer ausl. Gegenbestätigung bereits beantragt worden ist, bislang jedoch im Ursprungsmitgliedstaat nicht erteilt worden ist.
Die Schuldnerpartei hat den Schuldtitel angefochten.
Die Rechtsbehelfsentscheidung ist ebenfalls vollstreckbar.
Kann ich als Gläubigerpartei weiterhin aus dem Europäischen Vollstreckungstitel vollstrecken?
Nein.
Ist die ausl. öffentliche Urkunde nicht mehr vollstreckbar oder wurde ihre Vollstreckbarkeit im EU-Ausland ausgesetzt oder eingeschränkt, erteilt das ausl. Gericht auf Antrag der Gläubigerpartei eine Ersatzbestätigung für die Rechtsbehelfsentscheidung (Formblatt V EuVTVO), Art. 6 III, 25 III EuVTVO.
Wie leite ich die Zwangsvollstreckung in Deutschland ein?
Die Zwangsvollstreckung wird je nach Art der Zwangsvollstreckung eingeleitet mit einem
-
Zwangsvollstreckungsauftrag
Beauftragung des Gerichtsvollziehers mit der Sachpfändung.
Der Antrag ist an die Verteilungsstelle für Gerichtsvollzieheraufträge des örtlichen Amtsgerichts zu richten.
Diese leitet den Vollstreckungsauftrag an den zuständigen Gerichtsvollzieher weiter. - Antrag auf Forderungspfändung
oder
- Antrag auf Eintragung einer Zwangshypothek in den Grundbesitz der Schuldnerpartei.
Mit welchem Formular beantrage ich die Zwangsvollstreckung in Deutschland?
Formulare für die Zwangsvollstreckung in Deutschland:
Der Zwangsvollstreckungsauftrag besteht aus 2 Teilen:
Vollstreckungsauftrag und Forderungsaufstellung.
Der Antrag auf Forderungspfändung besteht aus 3 Teilen:
Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses,
Entwurf des Beschlusses und Forderungsaufstellung
Wo finde ich den zuständigen Gerichtsvollzieher?
Den zuständigen Gerichtsvollzieher in Nordrhein-Westfalen finden Sie in der landesweiten Adressdatenbank.
Wo finde ich das zuständige Vollstreckungsgericht?
Das Amtsgericht ist zuständig.
Die Zuständigkeit richtet sich nach dem Wohnsitz/Sitz der Schuldnerpartei oder dem Ort der Zwangsvollstreckung.
Das zuständige Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - finden Sie in der bundesweiten Gerichtsadressdatenbank.
Welche Unterlagen muss ich beifügen?
Die Vollstreckungsunterlagen und eine aktuelle Forderungsaufstellung sind beizufügen.
Muss ich als Gläubigerpartei für die Zwangsvollstreckung einen Rechtsanwalt in Deutschland beauftragen oder einen Zustellungsbevollmächtigten in Deutschland benennen?
Nein.
Für die Zwangsvollstreckung besteht kein Anwaltszwang.
Im Zwangsvollstreckungsverfahren besteht für die ausl. Gläubigerpartei keine Verpflichtung zur Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten in Deutschland.
Wo erhalte ich weitere Informationen?
- Angaben des deutschen Gesetzgebers zur VO (EU) Nr. 805/2004
Angaben des deutschen Gesetzgebers zur Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 805/2004)
Für weitere Informationen klicken Sie bitte auf die deutsche Fahne.
- Angaben des deutschen Gesetzgebers zur Zwangsvollstreckung
Für weitere Informationen klicken Sie bitte auf die deutsche Fahne.
- Europäische Vollstreckungstitel-Verordnung (EuVTVO)
EU-Verordnung Nr. 805/2004
- Leitfaden zur Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung
Infobroschüre der Europäischen Kommission zum Europäischen Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen
Brüssel I-Verordnung (Brüssel I-VO) - Altfälle -
EU-Verordnung Nr. 44/2001 (VO (EU) Nr. 44/2001)
Warum kann ich in Altfällen nicht aus der ausl. öffentlichen Urkunde unmittelbar die Zwangsvollstreckung in Deutschland betreiben?
Da die EU-Verordnung Nr. 1215/2012 (Brüssel I a-Verordnung) erst ab 10.01.2015 gilt, können in Altfällen aus dem nicht als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen bestätigten Schuldtitel aus dem EU-Ausland noch nicht unmittelbar in Deutschland vollstreckt werden.
Ausl. öffentliche Urkunden, die zuvor nicht als Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen bestätigt worden sind, werden in Altfällen noch nicht unmittelbar in Deutschland vollstreckt.
Die Gläubigerpartei muss zunächst ein bes. Zwischenverfahren für die Anerkennung des ausl. Schuldtitels in Deutschland (bekannt als „Exequaturverfahren“) beantragen.
Mit anderen Worten:
Die Vollstreckung aus der niederländischen öffentlichen Urkunde ist in diesen Fällen erst möglich, nachdem das Landgericht/der Notar erklärt hat, dass die niederländische öffentliche Urkunde in Deutschland vollstreckbar ist.
Die Vollstreckbarerklärungsverfahren (Exequaturverfahren) verursachen zusätzliche Kosten und können sogar in Einzelfällen zu einer Ablehnung der Anerkennung durch das Landgericht/den Notar führen.
Die bisherige Regelung aus dem Brüsseler Übereinkommen bzw. Lugano-Übereinkommen (Urkundenvorlage nach Art. 47 Zi. 1, 50 EuGVÜ/LugÜ) wurde durch die Vorlage der Bescheinigung (Formblatt VI VO (EU) Nr. 44/2001) ersetzt.
Diese Neuregelung in der EU-Verordnung Nr. 44/2201 stellt eine wesentliche Vereinfachung der Verfahrensförmlichkeiten für die Gläubigerpartei dar und dient der Verkürzung des Vollstreckbarerklärungsverfahrens.
Welche Rechtsvorschriften sind in Altfällen für das Vollstreckbarerklärungsverfahren im Deutschland maßgebend?
Das Vollstreckbarerklärungsverfahren richtet sich nach folgenden Rechtsvorschriften:
- Europäische Gerichtsstands und Vollstreckungsverordnung vom 22.12.2000 (EU-Verordnung Nr. 44/2001 (VO (EU) Nr. 44/2001))
- auch „Brüssel I-Verordnung“ genannt -; - Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz vom 19.02.2001 (AVAG)).
Die Brüssel I-Verordnung tritt in Altfällen im Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten der EU an die Stelle des „Brüsseler Übereinkommens“ (EuGVÜ) bzw. des Lugano-Übereinkommens (LugÜ), Art. 68 VO (EU) Nr. 44/2001.
Die EU-Verordnung Nr. 44/2001 ist aufgehoben und am 10.01.2015 durch die Brüssel Ia-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 1215/2012) ersetzt worden.
Wie ist der zeitliche und örtliche Anwendungsbereich der Brüssel I-Verordnung in Altfällen?
Die Brüssel I-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 44/2001) ist aufgehoben und am 10.01.2015 durch die Brüssel Ia-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 1215/2012) ersetzt worden.
Die EU-Verordnung Nr. 44/2001 findet daher in Altfällen Anwendung auf die ab 01. 03. 2002 bzw. ab dem EU-Beitritt errichteten öffentlichen Urkunden.
Nach dem am 19. 10. 2005 in Brüssel unterzeichneten Abkommen zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Dänemark findet die Brüssel I-Verordnung im Verhältnis zu
- Dänemark
Anwendung auf die ab 01. 07. 2007 errichteten öffentlichen Urkunden.
Das vorgenannte Abkommen ist am 01. 07. 2007 in Kraft getreten, vergl. Art. 12 II des vorgenannten Abkommens und Unterrichtung über den Zeitpunkt des Inkrafttretens des vorgenannten Abkommens im Amtsblatt der EU Nr. L 94/70 vom 04. 04. 2007.
Für den zeitlichen Anwendungsbereich der EU-Verordnung Nr. 44/2001 ist hinsichtlich des Anfangszeitpunkts und des Endzeitpunkts
- der Zeitpunkt der Errichtung der öffentlichen Urkunde
maßgebend.
Zu öffentlichen Urkunden, die in der Zeit vom 01.03.2002 bis zum 09.01.2015 errichtet worden sind, wird für das Vollstreckbarerklärungsverfahren in Deutschland eine Bescheinigung (Formblatt VI VO (EU) Nr. 44/2001) benötigt.
Die Vorschriften der Art. 66, 76 VO (EU) Nr. 44/2001 sind dahingehend auszulegen, dass sich das Vollstreckbarerklärungsverfahren jedoch nur dann nach der Brüssel I-Verordnung richtet, wenn die ausländische öffentliche Urkunde sowohl im Ursprungsmitgliedstaat als auch im Vollstreckungsmitgliedstaat (Deutschland) im Anwendungsbereich der EU-Verordnung Nr. 44/2001 fällt, vergl. Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 21.06.2012 - C 514/10 -.
Den genauen Zeitpunkt der Errichtung der öffentlichen Urkunde, für die eine ausl. Bescheinigung (Formblatt VI VO (EU) Nr. 44/2001) für das Vollstreckbarerklärungs- verfahren in Deutschland benötigt wird, entnehmen Sie daher bitte der anl. Übersicht:
Ursprungsmitgliedstaat
|
zeitlicher Anwendungsbereich der EU-Verordnung Nr. 44/2001 für die ausländische öffentliche Urkunde: |
Belgien | 01.03.2002 bis 09.01.2015 |
Bulgarien | 01.01.2007 bis 09.01.2015 |
Dänemark | 01.07.2007 bis 09.01.2015 |
Estland | 01.05.2004 bis 09.01.2015 |
Finnland | 01.03.2002 bis 09.01.2015 |
Frankreich | 01.03.2002 - 09.01.2015 |
Griechenland | 01.03.2002 bis 09.01.2015 |
Irland | 01.03.2002 bis 09.01.2015 |
Italien | 01.03.2002 bis 09.01.2015 |
Kroatien | 01.07.2013 bis 09.01.2015 |
Lettland | 01.05.2004 bis 09.01.2015 |
Litauen | 01.05.2004 bis 09.01.2015 |
Luxemburg | 01.03.2002 bis 09.01.2015 |
Malta | 01.05.2004 bis 09.01.2015 |
Niederlande | 01.03.2002 bis 09.01.2015 |
Österreich | 01.03.2002 bis 09.01.2015 |
Polen | 01.05.2004 bis 09.01.2015 |
Portugal | 01.03.2002 bis 09.01.2015 |
Rumänien | 01.01.2007 bis 09.01.2015 |
Schweden | 01.03.2002 bis 09.01.2015 |
Slowakei | 01.05.2004 bis 09.01.2015 |
Slowenien | 01.05.2004 bis 09.01.2015 |
Spanien | 01.03.2002 bis 09.01.2015 |
Tschechische Republik | 01.05.2004 bis 09.01.2015 |
Ungarn | 01.05.2004 bis 09.01.2015 |
Vereinigtes Königreich | 01.03.2002 bis 09.01.2015 |
Zypern | 01.05.2004 bis 09.01.2015 |
Welche Unterlagen benötige ich in Altfällen für die Zwangsvollstreckung in Deutschland?
Um aus der öffentlichen Urkunde aus dem EU-Ausland die Zwangsvollstreckung in Deutschland einleiten zu können, benötigt die Gläubigerpartei folgende Unterlagen:
- vollstreckbare Ausfertigung der ausl. öffentlichen Urkunde mit Zustellungsbescheinigung
- die Vollstreckbarerklärung der ausl. öffentlichen Urkunde durch das Landgericht/den Notar mit Zustellungsbescheinigung.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in Deutschland die Vollstreckungsklausel des Landgerichts/des Notars zu der ausl. öffentlichen Urkunde?
Ja.
Art. 38 I, 57 VO (EU) Nr. 44/2001, §§ 4 I, 9, 55 III AVAG, 750 I, 794 I Zi. 5, 795 ZPO.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung eine Bescheinigung über die Zustellung der ausl. öffentlichen Urkunde an die Schuldnerpartei?
Ja.
In Hinblick auf Art. 42 II, 57 IV VO (EU) Nr. 44/2001, §§ 10 I, 55 III AVAG, 750 I, 794 I Zi. 5, 795 ZPO bedarf es der Vorlage einer Zustellungsbescheinigung zu dem ausl. Schuldtitel.
Eine Zustellung mit Beginn der Zwangsvollstreckung reicht aus.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung eine Bescheinigung über die Zustellung der Vollstreckbarerklärung an die Schuldnerpartei?
Ja.
In Hinblick auf Art. 42 II, 57 IV VO (EU) Nr. 44/2001, §§ 10 AVAG bedarf es der Vorlage einer Zustellungsbescheinigung zu der Vollstreckbarerklärung.
Eine Zustellung mit Beginn der Zwangsvollstreckung reicht aus.
Welches Gericht ist für die Vollstreckbarerklärung der öffentlichen Urkunde aus dem EU-Ausland zuständig?
Hinsichtlich der Vollstreckbarerklärung ergibt sich die Zuständigkeit aus Art. 39, 57 I VO (EU) Nr. 44/2001 bzw. § 55 III AVAG a. F.
Der Antrag ist an den Vorsitzenden der Zivilkammer (in Handelssachen: an den Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen) des Landgerichts zu richten.
Örtlich zuständig ist das Landgericht, in dem Bezirk der Wohnsitz/Rechtssitz der Schuldnerpartei liegt oder die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll, Art. 39 II, 57 I VO (EU) Nr. 44/2001.
Hinsichtlich notarieller Urkunden kann der Antrag gem. § 55 III AVAG a. F. auch an den Notar gestellt werden.
Wie ist der Antrag auf Vollstreckbarerklärung zu formulieren?
Der Antrag lautet gem. § 4 AVAG auf Erteilung der Vollstreckungsklausel.
Der Antrag lautet sinngemäß wie folgt:
Zutreffendes ist angekreuzt!
In dem Vollstreckbarerklärungsverfahren
... gegen ...
beantrage ich den anl. öffentliche Urkunde gem. Art. 41, 57 I Europäische Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung vom 22.12.2000
(EU-Verordnung Nr. 44/2001) i. V. m. §§ 8, 9 AVAG (Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz) für vollstreckbar zu erklären und mit der Vollstreckungsklausel zu versehen.
Als Zustellungsbevollmächtigten benenne ich folgende Person:
Nach Rechtskraft des landgerichtlichen Beschlusses beantrage ich die Erteilung
eines Zeugnisses gem. § 23 AVAG, um die Zwangsvollstreckung in Deutschland
uneingeschränkt durchführen zu können.
In der Anlage überreiche ich den vollstreckbaren Schuldtitel mit begl. Übersetzung sowie die Bescheinigung gem. Art. 57 IV (Anhang VI) EU-Verordnung Nr. 44/2001 mit je 2 Abschriften.
Der Nachweis über den Bedingungseintritt bzw. die Vollstreckbarkeit der
öffentlichen Urkunde für bzw. gegen den Rechtsnachfolger
ist nicht erforderlich.
ist in der Anlage ebenfalls beigefügt.
gez. ....
(Unterschrift)
Wie erfolgt die Vollstreckbarerklärung?
Welche Unterlagen muss ich dem Landgericht bzw. dem Notar vorlegen?
Die vorzulegenden Unterlagen ergeben sich aus Art. 50, 53, 55, 57 I VO (EU) Nr. 44/2001.
Die Vollstreckbarerklärung der ausl. öffentlichen Urkunde erfolgt in Deutschland durch Erteilung der besonderen Vollstreckungsklausel durch das Landgericht bzw. den Notar, § 4 I, 55 III AVAG.
Dem Landgericht/Dem Notar sind vorzulegen:
- Ausfertigung der ausl. öffentlichen Urkunde,
- ausl. Bescheinigung (Formblatt VI VO (EU) Nr. 44/2001),
- ggfs. Nachweis über Verfahrenskostenhilfe im Ursprungsmitgliedstaat,
- sowie ggfs. - auf Verlangen des Landgerichts/des Notars -:
eine Übersetzung der Urkunden in deutscher Sprache.
Dem vollstr. Schuldtitel nebst begl. Übersetzung sind 2 Abschriften beizufügen, § 4 IV AVAG.
Nicht erforderlich ist die Legalisation der Urkunden bzw. die Erteilung einer Apostille zu den Urkunden, Art. 56, 57 I VO (EU) Nr. 44/2001.
Benötige ich für das Vollstreckbarerklärungsverfahren eine Vollstreckungsklausel zum ausl. Schuldtitel?
Nein.
Die Vorlage der öffentlichen Urkunde in Ausfertigung reicht aus, Art. 53, 57 IV VO (EU) Nr. 44/2001.
Benötige ich für das Vollstreckbarerklärungsverfahren eine Zustellungsbescheinigung zu der öffentlichen Urkunde?
Nein,
§ 10 I, III AVAG.
Nach der Brüssel I-Verordnung ist die Zustellung des Schuldtitels an die Schuldnerpartei keine Vorbedingung für das Vollstreckbarerklärungsverfahren, Art. 42 II, 57 I VO (EU) Nr. 44/2001.
Die Vorlage einer Zustellungsbescheinigung ist nur erforderlich, sofern und soweit nach dem nationalen Verfahrensrecht des Ursprungsmitgliedstaates die Zustellung Vollstreckbarkeitsbedingung ist.
Benötige ich für das Vollstreckbarerklärungsverfahren eine ausl. Bescheinigung (Formblatt VI VO (EU) Nr. 44/2001) zu der öffentlichen Urkunde?
Ja,
Art. 53, 57 IV VO (EU) Nr. 44/2001.
Die ausl. Bescheinigung (Formblatt VI VO (EU) Nr. 44/2001) dient als Nachweis für die Vollstreckbarkeit des Schuldtitels im Ursprungsmitgliedstaat.
Benötige ich für das Vollstreckbarerklärungsverfahren eine Bescheinigung über die Zustellung der ausl. Bescheinigung (Formblatts VI VO (EU) Nr. 44/2001) an die Schuldnerpartei?
Nein.
Weder die Brüssel I-Verordnung noch das Anerkennungs- und Vollstreckungs- ausführungsgesetz sehen eine Zustellung der ausl. Bescheinigung an die Schuldnerpartei vor.
Benötige ich im Vollstreckbarerklärungsverfahren vor dem Landgericht/dem Notar einen Nachweis über den Bedingungseintritt der Zwangsvollstreckung oder die Vollstreckbarkeit der ausl. öffentlichen Urkunde für oder gegen Rechtsnachfolger?
Hängt die Zwangsvollstreckung von
- dem Ablauf einer Frist,
- dem Eintritt einer anderen Tatsache bzw. anderen Bedingung (z. B.: Gegenleistung der Gläubigerpartei bei Zahlungsverpflichtung der Schuldnerpartei Zug um Zug)
ab, oder wird die Erteilung einer Vollstreckungsklausel für oder gegen eine andere Person als die in der öffentlichen Urkunde genannten Person beantragt, so bedarf es ggfs. des entsprechenden Nachweises.
Für die Frage des Nachweises über den Bedingungseintritt oder die Vollstreckbarkeit für oder gegen Rechtsnachfolger ist jedoch das Recht des Herkunftslandes maßgebend, §§ 7 I S. 1, 55 I AVAG a. F.
In welchen Fällen wird die öffentliche Urkunde für vollstreckbar erklärt?
Die öffentliche Urkunde wird im Regelfall für vollstreckbar erklärt, falls
- diese im Anwendungsbereich der Brüssel I-Verordnung fällt,
- die öffentliche Urkunde im Ursprungsmitgliedstaat vollstreckbar ist
und
- die Gläubigerpartei die nach Art. 53, 55, 57 IV VO (EU) Nr. 44/2001 erforderlichen Unterlagen vorgelegt hat.
Die Bescheinigung (Formblatt VI VO (EU) Nr. 44/2001) begründet keine unwiderlegbare Vermutung für die Richtigkeit der in ihr enthaltenen Tatsachen.
Die Schuldnerpartei kann im Rechtsbehelfsverfahren nach Art. 43 ff., 57 VO (EU) Nr. 44/2001 vor dem Oberlandesgericht die Unrichtigkeit darlegen und mit allen zulässigen Beweismitteln beweisen.
In welchen Fällen wird der Schuldtitel nicht für vollstreckbar erklärt?
Die Exequaturverweigerungsgründe im Sinne des Art. 34, 35 VO (EU) Nr. 44/2001 bleiben zunächst unberücksichtigt, Art. 41, 57 IV VO (EU) Nr. 44/2001;
diese werden erst auf den Rechtsbehelf der Schuldnerpartei (Art. 43, 57 IV VO (EU) Nr. 44/2001) im Rechtsbehelfsverfahren vom Oberlandesgericht geprüft.
Das Oberlandesgericht versagt die Vollstreckbarerklärung der ausl. öffentlichen Urkunde/hebt die Vollstreckbarerklärung in folgenden Fällen auf:
- Verstoß gegen die öffentliche Ordnung (ordre public), Art. 34 Zi. 1 VO (EU) Nr. 44/2001.
Nach Art. 34 Zi. 1, 57 IV VO (EU) Nr. 44/2001 ist die Vollstreckbarerklärung zu versagen, wenn die Vollstreckung des Schuldtitels gegen den innerstaatlichen ordre public verstoßen würde.
Die Prüfung, ob der ausl. Schuldtitel ggfs. gegen den innerstaatlichen ordre public verstößt, kann sinnvollerweise nur in Deutschland durchgeführt werden.
Ohne eine solche Kontrolle könnte eine ausl. öffentliche Urkunde in Deutschland vollstreckt werden, obwohl sie gegen fundamentale Rechtsnormen der deutschen Rechtsordnung verstößt.
Ein Verstoß gegen den ordre public kommt jedoch in der Praxis selten vor.
Wird die Schuldnerpartei im erstinstanzlichen Vollstreckbarerklärungs- verfahren angehört?
Nein,
Art. 41, 57 IV VO (EU) Nr. 44/2001, 6 I, (55 III) AVAG.
Eine Anhörung der Schuldnerpartei findet im Regelfall erst im Rechtsbehelfsverfahren statt, Art. 43 III, 57 IV VO (EU) Nr. 44/2001.
Welche Kosten entstehen für mich?
Für die Durchführung des Vollstreckbarerklärungsverfahren wird vom Landgericht gem. KV Nr. 1510 GKG bzw. vom Notar gem. KV Nr. 23806 GNotKG eine Gebühr in Höhe von 264 EUR erhoben.
Kann ich aus der Kostenentscheidung des Landgerichts/des Notars ebenfalls die Zwangsvollstreckung in Deutschland betreiben?
Benötige ich hinsichtlich der Kosten des Vollstreckbarerklärungsverfahrens einen gesonderten Vollstreckungstitel?
Die Gläubigerpartei kann die Kosten des (vereinfachten) Vollstreckbarerklärungsverfahrens (Gerichtskosten und außergerichtliche Kosten) gesondert im Kostenfestsetzungsverfahren titulieren lassen;
für die Kostenfestsetzung ist jedoch in der Regel das Landgericht als Prozessgericht zuständig.
Sofern und soweit bei Antragstellung im Vollstreckbarerklärungsverfahren bereits eine Vollstreckungshandlung anhängig ist oder bereits stattgefunden hat, ist dagegen das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht zuständig, § 8 I S. 4 AVAG (wegen der darin enthaltenen gesetzlichen Verweisung auf § 788 ZPO),
vergl. auch Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 14. 03. 2011 - 32 Sdb 15/11 -.
Was habe ich im Vollstreckbarerklärungsverfahren zu beachten?
Wie ist der Verfahrensablauf?
Die im Vollstreckbarerklärungsverfahren vorzulegenden Unterlagen ergeben sich aus Art. 50, 53 und 55, 57 I VO (EU) Nr. 44/2001.
Ist der Gläubigerpartei im Ursprungsmitgliedstaat Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden, so erhält diese für das Vollstreckbarerklärungsverfahren in Deutschland ebenfalls Verfahrenskostenhilfe, Art. 50, 57 I VO (EU) Nr. 44/2001.
Es besteht im Vollstreckbarerklärungsverfahren vor dem Landgericht/dem Notar kein Anwaltszwang, § 6 III AVAG.
Die Gläubigerpartei ist nicht verpflichtet, im Vollstreckbarerklärungsverfahren einen Zustellungsbevollmächtigten in Deutschland zu bestellen.
Hat die ausländische Gläubigerpartei weder einen Verfahrensbevollmächtigten noch einen Zustellungsbevollmächtigten in Deutschland bestellt, können alle Zustellungen im Vollstreckbarerklärungsverfahren an ihr bis zur nachträglichen Benennung wirksam durch Aufgabe zur Post bewirkt werden, § 5 I AVAG.
Mögliche Versagungsgründe/Aufhebungsgründe im Rechtsbehelfsverfahren nach Art. 43, 57 IV VO (EU) Nr. 44/2001 oder 44, 57 IV VO (EU) Nr. 44/2001 ergeben sich aus Art. 34, 57 IV VO (EU) Nr. 44/2001 und 35, 57 IV VO (EU) Nr. 44/2001.
Was sind die Rechtsfolgen der Anfechtung des ausl. Schuldtitels für das Vollstreckbarerklärungsverfahren?
Keine.
Die Brüssel I-Verordnung sieht keine ausdrückliche Regelung für den Fall der Anfechtung des zu vollstreckenden Schuldtitels vor.
Sie regelt lediglich die Aussetzung der Vollstreckung, wenn die Vollstreckung bereits im Herkunftsland ausgesetzt ist.
Das mit dem Rechtsbehelf nach Art. 43, 57 I VO (EU) Nr. 44/2001 oder Art. 44, 57 I VO (EU) Nr. 44/2001 befasste Oberlandesgericht kann das Vollstreckbarerklärungsverfahren auf Antrag der Schuldnerpartei aussetzen, falls die Vollstreckung des Schuldtitels im Herkunftsland wegen der Einlegung eines Rechtsbehelfs/eines Rechtsmittels einstweilen eingestellt worden ist, Art. 46, 57 I VO (EU) Nr. 44/2001.
Kann ich den ablehnenden Beschluss des Landgerichts/die ablehnende Entscheidung des Notars anfechten?
Ja.
Der ablehnende Beschluss/Die ablehnende Entscheidung kann von der Gläubigerpartei mit der Beschwerde angefochten werden;
die Beschwerde ist unbefristet, Art. 43, 57 I VO (EU) Nr. 44/2001 i. V. m. §§ 11, 55 AVAG a. F.
Kann die Schuldnerpartei die Vollstreckbarerklärung des Landgerichts/des Notars anfechten?
Ja.
Die Vollstreckbarerklärung des Landgerichts/des Notars kann von der Schuldnerpartei mit der Beschwerde angefochten werden;
die Beschwerdefrist beträgt im Regelfall 1 Monat, Art. 43, 57 I VO (EU) Nr. 44/2001 i. V. m. § 11, 12, 55 AVAG a.F.
Wie leite ich die Zwangsvollstreckung in Deutschland ein?
Die Zwangsvollstreckung wird je nach Art der Zwangsvollstreckung eingeleitet mit einem
-
Zwangsvollstreckungsauftrag
Beauftragung des Gerichtsvollziehers mit der Sachpfändung.
Der Antrag ist an die Verteilungsstelle für Gerichtsvollzieheraufträge des örtlichen Amtsgerichts zu richten.
Diese leitet den Vollstreckungsauftrag an den zuständigen Gerichtsvollzieher weiter. - Antrag auf Forderungspfändung
oder
- Antrag auf Eintragung einer Zwangshypothek in den Grundbesitz der Schuldnerpartei.
Mit welchem Formular beantrage ich die Zwangsvollstreckung in Deutschland?
Formulare für die Zwangsvollstreckung in Deutschland:
Der Zwangsvollstreckungsauftrag besteht aus 2 Teilen:
Vollstreckungsauftrag und Forderungsaufstellung.
Der Antrag auf Forderungspfändung besteht aus 3 Teilen:
Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses,
Entwurf des Beschlusses und Forderungsaufstellung
Wo finde ich den zuständigen Gerichtsvollzieher?
Den zuständigen Gerichtsvollzieher in Nordrhein-Westfalen finden Sie in der landesweiten Adressdatenbank.
Wo finde ich das zuständige Vollstreckungsgericht?
Das Amtsgericht ist zuständig.
Die Zuständigkeit richtet sich nach dem Wohnsitz/Sitz der Schuldnerpartei oder dem Ort der Zwangsvollstreckung.
Das zuständige Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - finden Sie in der bundesweiten Gerichtsadressdatenbank.
Welche Unterlagen muss ich beifügen?
Die Vollstreckungsunterlagen und eine aktuelle Forderungsaufstellung sind beizufügen.
Muss ich als Gläubigerpartei für die Zwangsvollstreckung einen Rechtsanwalt in Deutschland beauftragen oder einen Zustellungsbevollmächtigten in Deutschland benennen?
Nein.
Für die Zwangsvollstreckung besteht kein Anwaltszwang.
Im Zwangsvollstreckungsverfahren besteht für die ausl. Gläubigerpartei keine Verpflichtung zur Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten in Deutschland.
Wo erhalte ich weitere Informationen?
- Angaben des deutschen Gesetzgebers zur Brüssel I-Verordnung
Für weitere Informationen klicken Sie bitte auf die deutsche Fahne.
- Angaben des deutschen Gesetzgebers zur Zwangsvollstreckung
Für weitere Informationen klicken Sie bitte auf die deutsche Fahne.
- Brüssel I-Verordnung (VO (EU) Nr. 44/2001)
EU-Verordnung Nr. 44/2001 (Brüssel I-VO)
- Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz (AVAG)
Benötige ich eine Vollstreckungsklausel zur Vollstreckbarerklärung?
Von wem erhalte ich die Vollstreckungsklausel?
Über den Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel entscheidet der Vorsitzende der Zivilkammer (Kammer für Handelssachen) bzw. der Notar, Art. 41, 57 I VO (EU) Nr. 44/2001 i. V. m. §§ 3 III, 55 III AVAG.
Die Entscheidung ergeht durch Beschluss;
ist die Zwangsvollstreckung in Deutschland aus der ausländischen öffentlichen Urkunde zuzulassen, so beschließt das Landgericht/der Notar, dass die ausl. öffentliche Urkunde mit der Vollstreckungsklausel zu versehen ist, § 8 I AVAG.
Die Erteilung der Vollstreckungsklausel erfolgt durch die Serviceeinheit des Landgerichts/den Notar, § 9, 55 III AVAG.
Der Wortlaut der Vollstreckungsklausel ergibt sich aus § 9 I AVAG.
Kann ich mit der Vollstreckbarerklärung und der Vollstreckungsklausel des Landgerichts/des Notars die Zwangsvollstreckung aus der ausl. öffentlichen Urkunde in Deutschland betreiben?
Ja.
Bis zur Rechtskraft des landgerichtlichen Beschlusses/der Entscheidung des Notars ist die Zwangsvollstreckung auf sichernde Vollstreckungsmaßnahmen (z. B.: Pfändung, Vorpfändungen, Arrest, Sicherungsvollstreckung) beschränkt.
Bis zur Rechtskraft des landgerichtlichen Beschlusses/der Entscheidung des Notars
- können Geldbeträge bei der Schuldnerpartei lediglich vom Gerichtsvollzieher gepfändet - jedoch nicht auf das Konto der Gläubigerpartei überwiesen werden;
- kann vom zuständigen Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - lediglich ein Pfändungsbeschluss erlassen werden - nicht dagegen ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss.
Für die Überweisung der gepfändeten Geldbeträge an die Gläubigerpartei bzw. für den Erlass des Überweisungsbeschlusses ist das Zeugnis des Landgerichts/des Notars über die Zulässigkeit der uneingeschränkten Zwangsvollstreckung erforderlich;
ansonsten können nur die Geldbeträge bei der Schuldnerpartei gepfändet bzw. nur der Pfändungsbeschluss erlassen werden, Art. 47 III, 57 I VO (EU) Nr. 44/2001 i. V. m. §§ 18, 23 AVAG.
Von wem erhalte ich das Zeugnis, dass aus der ausl. öffentlichen Urkunde die Zwangsvollstreckung in Deutschland uneingeschränkt stattfinden darf?
Auf Antrag der Gläubigerpartei ist von der Serviceeinheit des Landgerichts/dem Notar das Zeugnis zu erteilen, dass aus der ausl. öffentlichen Urkunde die Zwangsvollstreckung in Deutschland uneingeschränkt stattfinden darf, § 23 AVAG.
In der Regel wird das vorgenannte Zeugnis antragsgemäß nach Rechtskraft des landgerichtlichen Beschlusses/der Entscheidung des Notars erteilt.
Bitte wenden Sie sich insoweit an die Serviceeinheit des Landgerichts/den Notar;
diese(r) wird Ihnen das vorgenannte Zeugnis antragsgemäß erteilen.
Der Antrag auf Erteilung des vorgenannten Zeugnisses kann bereits zugleich in dem Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel gestellt werden.