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Das Insolvenzverfahren

Die gemeinschaftliche Befriedigung der Gläubiger eines zahlungsunfähigen oder überschuldeten Schuldners.

 

 

Nach obenGrundlagen

Das Insolvenzverfahren wird durch die Insolvenzordnung (InsO) geregelt, Ziel und Zweck ist es, die Gläubiger eines zahlungsunfähigen oder überschuldeten Schuldners in einem gerichtlichen Verfahren gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners durch einen Insolvenzverwalter verwertet und der Erlös an die Gläubiger verteilt wird. Das Insolvenzverfahren steht damit im Gegensatz zur Einzelzwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) und des Zwangsversteigerungsgesetzes (ZVG), bei denen die Gläubiger ihre Rechte einzeln und individuell geltend machen.

Die Insolvenzordnung, die sowohl natürlichen als auch juristischen Personen und anderen Gesellschaften offensteht, bietet jedoch auch die Möglichkeit anderweitiger Lösungen wie etwa die Sanierung eines Unternehmens über einen Insolvenzplan. Ohne gerichtliche Beteiligung kann eine Sanierung auch auf der Grundlage eines Restrukturierungsplans nach den Regelungen des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes (StaRUG) erfolgen, welches zudem gerichtliche Instrumente zur Unterstützung innerhalb eines Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens (wie etwa die gerichtliche Vorprüfung eines Plans oder die Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten) anbietet.

Das Insolvenzverfahren unterteilt sich in das Regelinsolvenzverfahren und das Verbraucherinsolvenzverfahren. Für natürliche Personen besonders bedeutsam ist das Restschuldbefreiungsverfahren, mit dessen Hilfe zahlungsunfähige Personen von ihren im Insolvenzverfahren nicht getilgten Verbindlichkeiten Befreiung erlangen können.

Nach obenRegelinsolvenzverfahren
Anwendungsbereich

Das Regelinsolvenzverfahren findet Anwendung auf Juristische Personen. Es gilt weiter bei natürlichen Personen, die im Zeitpunkt der Stellung des Insolvenzantrages selbständig wirtschaftlich tätig sind. Auch geschäftsführende Allein- bzw. Mehrheitsgesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung üben eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit aus; dies gilt entsprechend auch für andere Gesellschaftsformen.
Personen, die ehemals selbständig tätig waren, fallen dann unter das Regelinsolvenzverfahren, wenn ihre Vermögensverhältnisse nicht überschaubar sind, weil mehr als 19 Gläubiger vorhanden sind, oder wenn gegen sie Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen. Für die Beurteilung, wie viele Gläubiger ein Schuldner hat, ist allein auf die Anzahl der Gläubiger abzustellen, auch wenn einzelne Gläubiger mehrere Forderungen gegen den Schuldner geltend machen.

Unter den Begriff der Forderungen aus Arbeitsverhältnissen fallen zum einen Ansprüche der Arbeitnehmer gegen ihren Arbeitgeber. Daneben werden Forderungen auf Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen und Lohnsteuern erfasst.

Diese Grundsätze gelten auch in den Fällen der sogenannten Durchgriffshaftung, wenn der Schuldner als (ehemaliger) geschäftsführender Alleingesellschafter einer GmbH Ansprüche des Finanzamts oder der gesetzlichen Krankenkasse nicht beglichen hat und er nunmehr für deren Nichtabführung persönlich in Anspruch genommen wird.

Eröffnungsantrag

Die Durchführung des Insolvenzverfahrens setzt zunächst einen entsprechenden Antrag beim örtlich zuständigen Insolvenzgericht voraus, wobei dieser entweder

  • von einem Gläubiger (Fremdantrag)
  • oder vom Schuldner selbst (Eigenantrag)

gestellt werden kann. Von Amts wegen wird ein Insolvenzverfahren nicht eingeleitet.

Fremdantrag

Grundsätzlich kann jeder Gläubiger einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Schuldners stellen. Voraussetzung ist, dass der Gläubiger

  1. ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat, und
  2. seine Forderung sowie
  3. einen Eröffnungsgrund

glaubhaft macht.

Ein rechtliches Interesse fehlt insbesondere dann, wenn der Insolvenzantrag nur dazu dient, um Druck auf den Schuldner auszuüben.

Zur Glaubhaftmachung der eigenen Forderung gegen den Schuldner kommt unter anderem die Vorlage von Urteilen, Vollstreckungsbescheiden oder sonstigen Dokumenten wie Lieferscheinen, Rechnungen und Schriftstücken in Betracht, aus denen sich das Bestehen der Forderung ergibt. Ob die vorgelegten Dokumente für die Glaubhaftmachung ausreichen, ist eine Frage des konkreten Einzelfalles. Unter Umständen ist zusätzlich die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung des Antragstellers erforderlich.

Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit und - sofern es sich bei dem Schuldner um eine juristische Person handelt – auch die Überschuldung. Zur erforderlichen Glaubhaftmachung eignen sich insbesondere Urkunden, aus denen sich erfolglose Zwangsvollstreckungsversuche beim Schuldner ergeben, wie zum Beispiel Fruchtlosigkeitsbescheinigungen des zuständigen Gerichtsvollziehers oder eine Vermögensauskunft des Schuldners, aber auch sonstige schriftliche Erklärungen des Schuldners oder die eidesstattliche Versicherung einer dritten sachkundigen Person, aus denen sich die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners ergibt, sowie Drittschuldnererklärungen. Auch hier können sonstige Umstände oder eine entsprechende eidesstattliche Versicherung des antragstellenden Gläubigers im Einzelfall ausreichen.

Entspricht ein Fremdantrag nicht diesen Voraussetzungen, erfolgt vor einer Zurückweisung als unzulässig eine Beanstandung des Insolvenzgerichts, so dass die Möglichkeit besteht, den Mangel entweder zu beheben oder den Insolvenzantrag zurückzunehmen.

Eigenantrag

Der die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen beantragende Schuldner kann seinen Antrag

neben den Eröffnungsgründen der

auch auf

stützen. Statt einer Glaubhaftmachung des Eröffnungsgrundes (vgl. die Ausführungen zum Fremdantrag) muss dieser im Rahmen des Eigenantrags lediglich schlüssig und nachvollziehbar dargestellt werden, was eine vollständige Darstellung der Vermögenslage des Schuldners erfordert.

Weiter ist dem Antrag ein Verzeichnis der Gläubiger und ihrer Forderungen beizufügen. Die Richtigkeit und Vollständigkeit der im Verzeichnis enthaltenen Angaben ist vom Schuldner zu versichern.

Zusätzliche Anforderungen ergeben sich, wenn der Schuldner einen nicht eingestellten Geschäftsbetrieb hat: In diesem Fall muss er auch Angaben zur Bilanzsumme, zu den Umsatzerlösen und zur durchschnittlichen Zahl der Arbeitnehmer des vorangegangenen Geschäftsjahres machen. Auch hier ist die Erklärung beizufügen, dass die Angaben richtig und vollständig sind. Diese Angaben dienen der Ermittlung, ob das Insolvenzgericht im Eröffnungsverfahren einen vorläufigen Gläubigerausschuss einzusetzen hat.

Genügt der Eigenantrag nicht den gesetzlichen Voraussetzungen, erhält der Schuldner seitens des Insolvenzgerichts die Möglichkeit, den Mangel zu beheben. Kommt der Schuldner dem nicht fristgemäß nach, so ist der Eröffnungsantrag unzulässig mit der Folge, dass er durch Beschluss zurückgewiesen wird.

Natürliche Personen sind nicht gesetzlich verpflichtet, einen Insolvenzantrag über das eigene Vermögen zu stellen. Allerdings setzt die Erlangung der Restschuldbefreiung das Stellen eines eigenen Insolvenzantrages voraus.

Dagegen besteht bei juristischen Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit eine Antragspflicht binnen drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung. Diese Verpflichtung trifft die Mitglieder des Vertretungsorgans wie etwa den Geschäftsführer einer GmbH, den Vorstand einer Aktiengesellschaft oder den Vorstand eines Vereins. Unterlässt es eine antragspflichtige Person, rechtzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen, so macht sich diese gegebenenfalls strafbar und unterliegt unter Umständen einer persönlichen Haftung.

Unternehmen, die eine Unternehmensgruppe bilden, können abweichend von der örtlichen Zuständigkeit verschiedener Insolvenzgerichte einen Gruppen-Gerichtsstand für alle gruppenangehörigen Unternehmen an einem Insolvenzgericht begründen. Der Antrag zur Begründung eines Gruppen-Gerichtsstands hat den Anforderungen des § 13a InsO zu genügen. Nach der ‚KonzentrationsVO Gruppen-Gerichtsstand in Insolvenzsachen NRW‘ sind die für einen solchen Gruppen-Gerichtsstand in Nordrhein-Westfalen zuständigen Insolvenzgerichte für den Bezirk des Oberlandesgerichts Düsseldorf das Amtsgericht Düsseldorf, für den Bezirk des Oberlandesgerichts Köln das Amtsgericht Köln und für den Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm die Amtsgerichte Essen und Bielefeld.
Das Gericht des Gruppen-Gerichtsstands ist zugleich Koordinationsgericht, wenn ein Antrag auf Einleitung eines Koordinationsverfahrens zur abgestimmten Abwicklung der Insolvenzverfahren über das Vermögen von gruppenangehörigen Schuldnern insbesondere durch einen Koordinationsplan gestellt wird.

Eröffnungsverfahren

Bevor das Insolvenzgericht eine Entscheidung über einen Eröffnungsantrag eines Gläubigers oder des Schuldners trifft, prüft es zunächst die Zulässigkeit des Antrags.

Ist der Eröffnungsantrag zulässig, greift die Amtsermittlungspflicht des Insolvenzgerichts ein: Es ermittelt von Amts wegen alle Umstände, die für das Verfahren von Bedeutung sind. Insbesondere wird geprüft, ob ein Eröffnungsgrund vorliegt und die Kosten für die Durchführung des Verfahrens gedeckt sind. Zu diesem Zweck kann das Insolvenzgericht Zeugen vernehmen und Sachverständige zur Aufklärung des Sachverhalts bestellen.

Liegt ein zulässiger Antrag eines Gläubigers vor, so wird zunächst der Schuldner hierzu gehört, damit dieser Stellung nehmen kann. Gleichzeitig wird der Schuldner über das Insolvenzverfahren informiert und, soweit es sich um eine natürliche Person handelt, darauf hingewiesen, dass er Restschuldbefreiung erlangen kann, wenn er selbst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen beantragt.

Um nachteilige Veränderungen in der Vermögensmasse des Schuldners zu verhindern, kann das Insolvenzgericht Sicherungsmaßnahmen wie die einstweilige Einstellung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Schuldner anordnen. Dies ist etwa dann erforderlich, wenn Vermögen (Bankguthaben, Grundbesitz oder sonstige Vermögenswerte) vorhanden ist oder das schuldnerische Unternehmen fortgeführt wird und Arbeitnehmer beschäftigt werden.

Insbesondere kann ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und angeordnet werden, dass der Schuldner nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Verwalters wirksam über sein Vermögen verfügen kann. In Ausnahmefällen wird statt des Zustimmungsvorbehalts dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt, was bedeutet, dass die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf den vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.


Beschäftigt der Schuldner Arbeitnehmer, ist der vorläufige Insolvenzverwalter in der Lage, die Lohnforderungen der Arbeitnehmer über eine Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes der Bundesagentur für Arbeit zu sichern: Auf Lohnrückstände aus den letzten drei Monaten vor Verfahrenseröffnung (oder vor Ablehnung der Eröffnung mangels Masse) zahlt die Bundesagentur nach Insolvenzeröffnung (oder Abweisung mangels Masse) Insolvenzgeld in Höhe des Nettoarbeitsentgelts. Um den laufenden Betrieb eines Unternehmens aufrechtzuerhalten, kann der vorläufige Insolvenzverwalter in den Fällen, in denen die Fortführung des Unternehmens möglich ist, das Insolvenzgeld mit Zustimmung der Agentur für Arbeit über einen Kredit vorfinanzieren, damit die Arbeitnehmer bis zur Eröffnung des Verfahrens ihren Lohn weiterhin ausbezahlt bekommen.


Gerade bei Unternehmensinsolvenzen wird gegebenenfalls bereits im Eröffnungsverfahren auf Antrag oder – bei Erreichen bestimmter Werte bei der Bilanzsumme, den Umsatzerlösen und der Zahl der Arbeitnehmer  – von Amts wegen durch das Insolvenzgericht ein vorläufiger Gläubigerausschuss eingesetzt, der regelmäßig mit 3 bis 7 Gläubigern besetzt wird. Dieser Ausschuss unterstützt und überwacht den vorläufigen Insolvenzverwalter bei seiner Geschäftsführung. Da der Gläubigerausschuss vor der Bestellung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters anzuhören ist, erhalten die Gläubiger des insolventen Schuldners auf diese Weise Einfluss u.a. auf die Person des einzusetzenden Verwalters.

Hat der Schuldner seinen Insolvenzantrag mit dem Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung (d.h. die Berechtigung des Schuldners, die Insolvenzmasse unter Aufsicht eines Sachwalters selbst zu verwalten und über sie zu verfügen) verbunden, ordnet das Insolvenzgericht bei Vorliegen aller gesetzlichen Voraussetzungen zunächst die vorläufige Eigenverwaltung an und bestellt statt eines vorläufigen Insolvenzverwalters einen vorläufigen Sachwalter, der den eigenverwaltenden Schuldner während des Eröffnungsverfahrens überwacht. Bei lediglich drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung hat der Schuldner überdies die Möglichkeit, eine Frist zur Vorlage eines Insolvenzplans, das sogenannte Schutzschirmverfahren, zu beantragen. Geschützt vor Zwangsvollstreckungsmaßnahmen  und mit dem Recht, die Person des vorläufigen Sachwalters mit bindender Wirkung für das Insolvenzgericht vorzuschlagen , kann der Schuldner nunmehr binnen höchstens drei Monaten einen Insolvenzplan zur Sanierung seines Unternehmens erarbeiten und dem Insolvenzgericht einreichen.


Nach Abschluss der Ermittlungen des Insolvenzgerichts im Eröffnungsverfahren ist zu entscheiden, ob das Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Schuldners eröffnet werden kann. Eine Eröffnung erfolgt, wenn das Vorliegen eines Insolvenzgrundes (Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) festgestellt ist und die Kosten des Verfahrens gedeckt sind. Reicht das Vermögen nicht aus, um die voraussichtlichen Kosten des Verfahrens zu decken, wird der Insolvenzantrag mangels Masse abgewiesen.

Bei natürlichen Personen unterbleibt eine Abweisung mangels Masse dann, wenn dem Schuldner die Kosten des Verfahrens gestundet werden.

Stundung der Verfahrenskosten

Eine Stundung der Verfahrenskosten kommt nur natürlichen Personen zugute, unabhängig davon, ob diese dem Regel- oder dem Verbraucherinsolvenzverfahren unterfallen. Eine Verfahrenskostenstundung wird bewilligt, wenn das Vermögen des Schuldners nicht ausreicht, um die voraussichtlichen Kosten des Verfahrens zu begleichen und auch der Ehepartner, der grundsätzlich gemäß § 1360 a Abs. 4 BGB verpflichtet ist, einen Verfahrenskostenvorschuss zu zahlen, nicht leistungsfähig ist.

Voraussetzung ist, dass der Schuldner einen eigenen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sowie einen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt hat und kein Versagungsgrund gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO  vorliegt. Ein solcher ist gegeben, wenn der Schuldner in den fünf Jahren vor dem Insolvenzantrag oder danach wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283 c des Strafgesetzbuchs (Bankrott, Verletzung der Buchführungspflicht, Gläubigerbegünstigung) rechtskräftig verurteilt worden ist.

Weiter muss (neben dem Eröffnungsantrag auch) der Restschuldbefreiungsantrag zulässig sein, um eine Stundung der Verfahrenskosten zu erhalten, da eine Stundung nicht in Betracht kommt, wenn eine Befreiung von den Verbindlichkeiten in dem Insolvenzverfahren nicht erreicht werden kann. Unzulässig ist der Antrag, wenn dem Schuldner innerhalb bestimmter Fristen bereits einmal die Restschuldbefreiung erteilt oder versagt wurde.

Werden die Kosten des Verfahrens gestundet, so werden diese nicht endgültig von der Staatskasse übernommen. Diese werden vielmehr lediglich bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung nicht gegen den Schuldner geltend gemacht und anschließend in maximal 48 Raten vom Schuldner eingefordert.

Eröffnung des Verfahrens

Liegt ein Eröffnungsgrund vor und sind die Kosten des Verfahrens durch die Insolvenzmasse oder über eine Kostenvorschusszahlung gedeckt bzw. ist eine Stundung der Verfahrenskosten erfolgt, wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet. Es wird – sofern nicht auf Antrag des Schuldners hin in dem Eröffnungsbeschluss die Eigenverwaltung unter Bestellung eines Sachwalters angeordnet wird – nunmehr ein Insolvenzverwalter bestellt, auf den das Recht übergeht, das Vermögen des Schuldners zu verwalten und über dieses zu verfügen. Ihm obliegt es, zwecks bestmöglicher gemeinschaftlicher Befriedigung der Insolvenzgläubiger das schuldnerische Vermögen zu verwerten und den Erlös an die Gläubiger zu verteilen. Insbesondere zum Erhalt eines Unternehmens des Schuldners können in einem Insolvenzplan mit Zustimmung der Insolvenzgläubiger auch abweichende Regelungen u.a. zur Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse sowie zur Haftung des Schuldners getroffen werden.


Zwangsvollstreckungen in das Vermögen des Schuldners sind während des Insolvenzverfahrens unzulässig. Gegebenenfalls wird ein Gläubigerausschuss zur Unterstützung und Überwachung des Insolvenzverwalters durch das Insolvenzgericht oder die Gläubigerversammlung eingesetzt, der bei Bestehen eines vorläufigen Gläubigerausschusses im Eröffnungsverfahren in aller Regel mit denselben Gläubigern besetzt wird.


Die Insolvenzgläubiger, mithin diejenigen, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben, melden ihre Forderungen beim Insolvenzverwalter zur Insolvenztabelle an. Im Prüfungstermin werden die angemeldeten Forderungen geprüft und, soweit kein Widerspruch vom Insolvenzverwalter oder von einem anderen Gläubiger erfolgt, als festgestellt in die Insolvenztabelle aufgenommen. Diese Forderungen nehmen – anders als bestrittene Forderungen – ohne Weiteres am weiteren Verfahren teil.


Neben den Insolvenzgläubigern gibt es nicht selten weitere Gläubiger des Insolvenzschuldners, deren Forderungen – etwa durch Pfandrechte an Gegenständen der Insolvenzmasse oder durch Sicherungszessionen – besonders gesichert sind. Diese absonderungsberechtigten Gläubiger können eine bevorzugte Befriedigung aus der Verwertung dieser Gegenstände beanspruchen.


Nach Verwertung des schuldnerischen Vermögens und Befriedigung bevorrechtigter Gläubiger sowie Begleichung der Verfahrenskosten und der sonstigen Masseverbindlichkeiten wird die restliche Insolvenzmasse anteilig je nach Höhe der angemeldeten Forderungen an die Insolvenzgläubiger entsprechend der errechneten Insolvenzquote verteilt.


Ist das Ziel des Insolvenzverfahrens mit Verwertung des schuldnerischen Vermögens und Auskehr des Erlöses an die Gläubiger erreicht, wird das Insolvenzverfahren aufgehoben.

Gläubiger, deren Forderungen im Insolvenzverfahren nicht vollständig ausgeglichen worden sind, können nunmehr ihre restlichen Forderungen wieder unbeschränkt gegen den Schuldner geltend machen. Meist ist jedoch kein Vermögen mehr für eine weitere Forderungstilgung vorhanden. Überdies werden juristische Personen und andere Gesellschaften nach Beendigung des Insolvenzverfahrens wegen Vermögenslosigkeit im (Handels-)Register gelöscht. Bei natürlichen Personen schließt sich in aller Regel das Restschuldbefreiungsverfahren an, welches zum Ziel hat, den Schuldner von den im Insolvenzverfahren nicht erfüllten restlichen V
erbindlichkeiten zu befreien.

Restschuldbefreiung

Das Restschuldbefreiungsverfahren umfasst bei einer natürlichen Person, die ihren eigenen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit einem Antrag auf Erteilung von Restschuldbefreiung verbunden hat, Teile des eröffneten Insolvenzverfahrens und der sich anschließenden sog. Wohlverhaltensphase.

Ziel des Restschuldbefreiungsverfahrens ist es, den Schuldner von den Verbindlichkeiten zu befreien, die während des Insolvenzverfahrens nicht erfüllt wurden und für die der Schuldner nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens weiterhin voll haftet.

Voraussetzung hierfür ist, dass der Antrag auf Restschuldbefreiung zulässig ist (dies ist nicht der Fall, wenn dem Schuldner innerhalb bestimmter Fristen bereits einmal die Restschuldbefreiung erteilt oder versagt wurde; das Nichtvorliegen dieser Umstände hat der Schuldner zu versichern), und dass der Schuldner für einen Zeitraum von drei Jahren ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens seine pfändbaren laufenden Bezüge an einen Treuhänder abtritt. Die Zulässigkeit der Restschuldbefreiung wird in aller Regel zusammen mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Beschluss festgestellt.

Da nur dem redlichen Schuldner Gelegenheit gegeben wird, sich von seinen Verbindlichkeiten zu befreien, können die Insolvenzgläubiger Umstände darlegen und glaubhaft machen, die unter bestimmten Voraussetzungen zu einer Versagung der Restschuldbefreiung durch das Insolvenzgericht führen können.

Während des laufenden Insolvenzverfahrens sind die insoweit abschließenden Versagungstatbestände in § 290 Abs. 1 InsO niedergelegt: So kann auf Antrag eines Insolvenzgläubigers die Restschuldbefreiung etwa versagt werden, wenn der Schuldner seine Auskunfts- und Mitwirkungspflichten nach der Insolvenzordnung verletzt oder gegen seine Obliegenheit, während des Insolvenzverfahrens eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben, verstoßen hat.

Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens treten in der sich nunmehr anschließenden Wohlverhaltensphase neben die weiterhin geltende Erwerbsobliegenheit des Schuldners andere Obliegenheiten, wie z.B. die Verpflichtung, jeden Wechsel des Wohnsitzes oder der Beschäftigungsstelle unverzüglich anzuzeigen , oder die Verpflichtung des selbständig tätigen Schuldners, die Beträge an den Treuhänder auszukehren, die bei Ausübung eines angemessenen Dienstverhältnisses pfändbar wären. Die Verletzung dieser Obliegenheiten kann auf Antrag eines Insolvenzgläubigers hin ebenfalls zu einer Versagung der Restschuldbefreiung durch gerichtlichen Beschluss führen.

Spätestens nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode, d. h. nach Verstreichen der dreijährigen Abtretungsfrist ab Insolvenzeröffnung, entscheidet das Insolvenzgericht nach Anhörung aller Beteiligten über die Erteilung der Restschuldbefreiung. Wird kein Versagungsantrag gestellt oder wird ein solcher als unzulässig oder unbegründet zurückgewiesen, wird dem Schuldner die Restschuldbefreiung erteilt.

Eine vorzeitige Entscheidung über die Restschuldbefreiung kann der Schuldner auf seinen dahingehenden Antrag erreichen, wenn die Verfahrenskosten und die sonstigen Masseverbindlichkeiten beglichen und entweder keine Insolvenzforderungen angemeldet oder diese befriedigt wurden. Schuldner, für die nach altem Recht noch die sechsjährige Abtretungsfrist gilt, können eine solche vorzeitige Entscheidung nach fünf Jahren erreichen, wenn die Kosten des Verfahrens vollständig beglichen wurden, oder nach drei Jahren, wenn überdies die Forderungen der Insolvenzgläubiger zu mindestens 35% befriedigt wurden.

Wird der Schuldner durch die Erteilung der Restschuldbefreiung von seinen restlichen Verbindlichkeiten gegenüber den Insolvenzgläubigern befreit, können diese ihre durch das bisherige Insolvenzverfahren nicht getilgten Forderungen gegenüber dem Schuldner nicht mehr durchsetzen. Dies gilt auch für diejenigen Insolvenzgläubiger, die ihre Forderungen im Insolvenzverfahren nicht angemeldet haben.  Hiervon ausgenommen sind etwa Forderungen aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung des Schuldners, aus gesetzlichem Unterhalt oder Forderungen aus einem Steuerschuldverhältnis, denen eine Verurteilung wegen einer Steuerstraftat zugrundeliegt, weiter Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungsgelder und Zwangsgelder.

Auch nach Erteilung der Restschuldbefreiung kann diese noch widerrufen werden, wenn sich nachträglich etwa herausstellt, dass der Schuldner eine seiner Obliegenheiten vorsätzlich verletzt und hierdurch die Befriedigung seiner Gläubiger erheblich beeinträchtigt hat. Ein solcher Antrag ist jedoch nur zulässig, wenn er binnen eines Jahres nach der Rechtskraft der Entscheidung über die Restschuldbefreiung gestellt wird und der Insolvenzgläubiger den Widerrufsgrund und seine bislang fehlende Kenntnis hiervon glaubhaft macht.

Nach obenVerbraucherinsolvenzverfahren

Über das Vermögen natürlicher Personen, die nicht dem Regelinsolvenzverfahren unterfallen (d.h. Personen, die keine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, oder deren Vermögensverhältnisse bei früherer Selbständigkeit überschaubar sind und keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen umfassen), kann das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet werden.

Dieses Verfahren gliedert sich bei einem eigenen Antrag des Schuldners in mehrere Verfahrensabschnitte:

Außergerichtlicher Einigungsversuch

Der Schuldner muss zunächst eine außergerichtliche Einigung mit seinen Gläubigern auf der Grundlage eines Schuldenbereinigungsplanes versuchen. Bei der Ausgestaltung seines Regulierungsvorschlages ist der Schuldner frei; er kann seinen Gläubigern eine Einmalzahlung oder eine andere Form der Regulierung vorschlagen. Im Regelfall orientiert sich der außergerichtliche Plan an der insolvenzrechtlichen Abtretungsfrist für Dienstbezüge oder einer im Insolvenzverfahren voraussichtlich erreichbaren vorzeitigen Restschuldbefreiung: Danach bietet der Schuldner seinen Gläubigern für die Dauer von drei Jahren sein pfändbares Einkommen zur Regulierung seiner Schulden an, wobei dieses an die Gläubiger entsprechend deren Anteil an der Gesamtverschuldung verteilt wird. Hierbei ist es unschädlich, wenn pfändbares Einkommen nicht vorhanden ist, da auch sogenannte "Nullpläne" zulässig sind.

Der Schuldner kann den außergerichtlichen Einigungsversuch nach persönlicher Beratung und eingehender Prüfung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse durch eine geeignete Person oder Stelle selbst oder mit Hilfe dieser Person oder Stelle durchführen. Geeignet sind etwa Schuldnerberatungsstellen, Rechtsanwälte, Notare und Steuerberater. Listen von Schuldnerberatungsstellen finden sich auf der Internetseite des Familienministeriums NRW unter den Stichwörtern ‚Familie‘ und sodann ‚Verbraucherinsolvenzverfahren‘.


Eröffnungsantrag

Scheitert der außergerichtliche Einigungsversuch, so muss sich der Schuldner dies von der geeigneten Person oder Stelle bescheinigen lassen, um binnen sechs Monaten nach Scheitern des Einigungsversuchs einen Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über sein Vermögen bei dem für ihn zuständigen Insolvenzgericht stellen zu können. Er hat hierbei zwingend die entsprechenden amtlichen Formulare zu verwenden, die u.a. unter www.justiz.nrw.de zur Verfügung stehen. Diese enthalten neben dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und der Bescheinigung über das Scheitern des Einigungsversuchs (Anlage 2 der amtlichen Vordrucke) zugleich den Antrag auf Restschuldbefreiung samt der erforderlichen Abtretungserklärung (Anlage 3).

Neben der Vermögensübersicht (Anlage 4), dem Vermögensverzeichnis (Anlage 5) und dem Gläubiger- und Forderungsverzeichnis (Anlage 6) ist wichtiger Bestandteil des Antrages der Schuldenbereinigungsplan (Anlagen 7 ff.) für das gerichtliche Verfahren, der dem außergerichtlichen Plan entsprechen, aber auch hiervon abweichen kann. Das Gericht prüft die vom Schuldner eingereichten Unterlagen. Soweit diese Veranlassung zur Beanstandung geben, etwa weil sie unvollständig sind, erhält der Schuldner Gelegenheit, diese zu ergänzen. Kommt der Schuldner dem nicht binnen eines Monats nach, so gilt der Eröffnungsantrag kraft Gesetzes als zurückgenommen. Diese Frist ist nicht verlängerbar, da es sich um eine gesetzliche Ausschlussfrist handelt.

Gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren

Liegt ein zulässiger Antrag des Schuldners vor, wird seitens des Gerichts geprüft, ob es sinnvoll erscheint, ein gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren durchzuführen, um statt einer Verfahrenseröffnung eine gerichtliche Einigung des Schuldners mit den Gläubigern herbeizuführen. Ist dies der Fall, wird der Schuldner aufgefordert, zwecks Zustellung an die Gläubiger Abschriften der Vermögensübersicht (Anlage 4 der amtlichen Vordrucke) und des Schuldenbereinigungsplanes (Anlagen 7 bis 7 C) einzureichen. Die gesetzlich hierfür vorgesehene Frist beträgt zwei Wochen, wobei es sich wiederum um eine Ausschlussfrist handelt, die nicht verlängerbar ist. Wird die Frist versäumt, gilt auch hier der Eröffnungsantrag des Schuldners als zurückgenommen.

Nach Einreichung der erforderlichen Abschriften werden diese den Gläubigern des Schuldners zugestellt, die eine gesetzlich bestimmte Frist zur Stellungnahme von einem Monat ab Zustellung der Unterlagen erhalten. Das Einverständnis eines Gläubigers zu dem vorgelegten Schuldenbereinigungsplan gilt als erteilt, wenn dieser entweder schweigt oder nicht fristgerecht eine Stellungnahme abgibt.

Haben nicht sämtliche Gläubiger dem Schuldenbereinigungsplan zugestimmt, muss das Gericht – gegebenenfalls nach Nachbesserung durch den Schuldner und erneuter Anhörung der Gläubiger - entscheiden, ob der gerichtlich durchgeführte Einigungsversuch mit den Gläubigern endgültig als gescheitert anzusehen ist oder ob die Einwendungen einzelner Gläubiger durch eine gerichtliche Zustimmung ersetzt werden können.

Die gerichtliche Ersetzung fehlender Zustimmungen ist möglich, wenn dem Schuldenbereinigungsplan mehr als die Hälfte der beteiligten Gläubiger zugestimmt haben und diese mehr als die Hälfte der gegen den Schuldner gerichteten Forderungen besitzen. Die Zustimmungsersetzung erfordert einen entsprechenden Antrag des Schuldners oder eines Gläubigers. Liegen diese Voraussetzungen vor, wird der Ersetzungsantrag den widersprechenden Gläubigern zur Stellungnahme zugeleitet. Macht nur einer dieser Gläubiger glaubhaft, dass er im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern nicht angemessen beteiligt oder durch den Plan wirtschaftlich schlechter gestellt wird, als er bei Durchführung des Insolvenzverfahrens mit anschließender Restschuldbefreiung stünde, ist eine Ersetzung nicht möglich.

Ist der gerichtliche Schuldenbereinigungsversuch mangels erhobener Einwendungen der Gläubiger oder aufgrund erfolgter Zustimmungsersetzung erfolgreich, stellt das Gericht die Annahme des Plans durch Beschluss fest. Hiermit ist das gerichtliche Verfahren beendet; die Anträge auf Insolvenzeröffnung und Restschuldbefreiung gelten als zurückgenommen. Der gerichtliche Schuldenbereinigungsplan stellt als Prozessvergleich einen Vollstreckungstitel dar, der seitens der beteiligten Gläubiger bei Nichterfüllung durch den Schuldner vollstreckt werden kann.

Eröffnung des Verfahrens

Scheitert der gerichtliche Einigungsversuch oder wird ein solcher vom Gericht nicht durchgeführt, weil mit einer Annahme durch die Gläubiger nicht zu rechnen ist, wird der Antrag des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen weiterverfolgt und das Insolvenzverfahren (in der Regel unter Verfahrenskostenstundung) eröffnet. Zur Durchführung des Verfahrens wird im Eröffnungsbeschluss ein Insolvenzverwalter vom Insolvenzgericht bestellt, auf den das Verwaltungs- und Verfügungsrecht über das schuldnerische Vermögen übergeht. Zugleich ergeht eine Entscheidung des Insolvenzgerichts über die Zulässigkeit des Antrages auf Restschuldbefreiung. Eine Anordnung der Eigenverwaltung unter Bestellung eines Sachwalters ist in Verbraucherinsolvenzverfahren nicht möglich.

Bei Durchführung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens wird das Vermögen des Schuldners, soweit solches vorhanden ist, durch den Insolvenzverwalter verwertet und nach Begleichung insbesondere der Verfahrenskosten an die Insolvenzgläubiger verteilt, wenn nicht über einen Insolvenzplan eine abweichende Regelung erfolgt.
Nach Vollzug der Verteilung wird das Insolvenzverfahren aufgehoben. Hat der Schuldner einen Restschuldbefreiungsantrag gestellt und liegen keine das Insolvenzverfahren betreffenden Gründe vor, die zu einer Versagung der Restschuldbefreiung führen, schließt sich nunmehr die Wohlverhaltensphase an. Für das Restschuldbefreiungsverfahren gelten die oben dargestellten Grundsätze.