Quelle: Justiz NRW
Anstaltsklima: Nur ein Modethema oder Fortschrittsidee eines modernen Strafvollzuges
Herbstveranstaltung des Justizvollzugsbeauftragten
Gestern (30.10.) hat Professor Dr. Michael Kubink, der Justizvollzugsbeauftragte des Landes NRW, seine Jahresveranstaltung mit dem Titel „Anstaltsklima: Nur ein Modethema oder Fortschrittsidee eines modernen Strafvollzuges?“ an der Universität zu Köln ausgerichtet.
Ein in der Vollzugswissenschaft schon lange etabliertes Thema sollte in der Diskussion mit Staatssekretärin Dr. Daniela Brückner und etwa 80 Mitarbeitenden der nordrhein-westfälischen Vollzugspraxis gegenständlich greifbar gemacht werden.
Selbstkritisch betonte Prof. Kubink: „Als ich vor Jahren erstmals mit dem ‚Anstaltsklima‘ konfrontiert wurde, dachte ich zunächst, es handele sich um eines dieser seichten Wohlfühlthemen – man weiß nicht genau, was gemeint ist, man kann es nicht messen. Mittlerweile sehe ich auf der Grundlage verschiedener Studien vieles anders. Ein gutes Anstaltsklima, das von der Zusammenarbeit von Bediensteten und Inhaftierten geprägt ist, das den Gefangenen begrenzte Mitgestaltungsmöglichkeiten des Resozialierungsprogramms bietet und zugleich transparente Verfahrensabläufe beinhaltet, ein solches Vollzugsmodell reduziert Konflikte im Vollzugsalltag, es ist eine Art Katalysator für einen auf Motivation ausgerichteten Behandlungsvollzug.“
Staatssekretärin Dr. Brückner: „Das Thema der heutigen Veranstaltung berührt den Kernbereich unserer gemeinsamen Verantwortung für eine gelingende Resozialisierung, sowie die anstaltsinterne aber auch gesellschaftliche Sicherheit. Denn das Klima in unseren Justizvollzugsanstalten ist weit mehr als nur eine Frage der Stimmung oder des Zeitgeistes. Es geht um das menschliche, soziale und gesellschaftliche Klima im Strafvollzug – und darum, wie wir es gestalten können, um dem gesetzlichen Auftrag der Resozialisierung gerecht zu werden. Ein respektvolles und transparentes Miteinander schafft Vertrauen, reduziert Konflikte, ermöglicht einen konstruktiven Umgang mit Problemen und stärkt letztlich auch die Sicherheit in den Anstalten für die Mitarbeitenden und Inhaftierten. Ein modernes Verständnis von Strafvollzug begreift das Anstaltsklima daher als eine dauerhafte strategische Aufgabe.“
Die Realitätsnähe dieser Überlegungen wurde von Andreas Naegeli, dem Leiter der Justizvollzugsanstalt Pöschwies (Kanton Zürich) aus internationaler Sicht veranschaulicht. Dort gehört die Gestaltung eines positiven Anstaltsklimas schon lange zum Anforderungsprofil eines modernen Strafvollzuges.
Über den Justizvollzugsbeauftragten:
Zentrale Aufgabe des Justizvollzugsbeauftragten ist es, an einem an den Menschenrechten und den sozial- und rechtsstaatlichen Grundsätzen ausgerichteten Justizvollzug mitzuwirken.
Er berät bei Bedarf das Ministerium der Justiz in grundsätzlichen Angelegenheiten des Justizvollzugs, insbesondere bei dessen kontinuierlicher Fortentwicklung. Er ist Ansprechstelle für alle vom nordrhein-westfälischen Justizvollzug Betroffenen. An den Justizvollzugsbeauftragten kann sich in Angelegenheiten des Justizvollzugs jedermann mit Beschwerden, Anregungen, Beobachtungen und Hinweisen (Eingaben) unmittelbar wenden; dies gilt auch für Bedienstete des Justizvollzugs, ohne dass der Dienstweg eingehalten werden muss.
Zur Erfüllung seiner Aufgaben ist der Justizvollzugsbeauftragte in Ausübung seines Amtes unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Seit Oktober 2014 ist Professor Dr. Michael Kubink der Justizvollzugsbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen.
Der Justizvollzugsbeauftragte
des Landes Nordrhein-Westfalen im Internet.