Gebäude Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Quelle: Justiz NRW

Landesarbeitsgericht Düsseldorf: Mitarbeitendenpool für fahrdienstuntaugliche Straßenbahnfahrer - Rauswurf nach 90-tägiger Arbeitsunfähigkeit zulässig?

Der Kläger ist bei der Beklagten, einem Nahverkehrsunternehmen, seit dem 01.10.1986 als Straßenbahnfahrer angestellt. Im Jahr 2017 stellte der Betriebsarzt bei ihm eine dauerhafte Fahrdienstuntauglichkeit fest.

Die Beklagte hatte mit ihrem Betriebsrat eine freiwillige Betriebsvereinbarung über einen Pool für dienstuntaugliche und ordentlich unkündbare Mitarbeitende abgeschlossen (BV Pool). Danach sollten - nur für die Dauer der BV Pool - 23 sogenannte Ersatzarbeitsplätze mit Unterstützungstätigkeiten z.B. bei der Brötchenausgabe oder den Pförtnerdiensten zur Verfügung stehen. Diese waren nach Sozialauswahlkriterien aufgrund entsprechender Änderungsverträge zu vergeben. Bei Beendigung der BV Pool oder des Einsatzes im Pool sollte der ursprüngliche Arbeitsvertrag des Mitarbeitenden wieder aufleben. Die BV Pool enthält seit 2023 zudem eine Bestimmung, wonach der Einsatz im Pool bei Arbeitsunfähigkeit von mehr als 90 Kalendertagen pro Jahr endet und ein erneuter Einsatz erst nach einer Wartezeit von einem Jahr in Betracht kommt.

Aufgrund einer Änderungsvereinbarung wurde der Kläger ab dem 01.11.2017 als Lagerarbeiter im Mitarbeitendenpool beschäftigt - unter Beibehaltung seiner vollen Bezüge als Straßenbahnfahrer. In der Zeit vom 11.01.2024 bis zum 11.09.2004 war er arbeitsunfähig und bot danach seine Arbeitsleistung wieder an. Unter Hinweis auf die 90-Tage-Regelung teilte die Beklagte ihm jedoch mit, dass sein Einsatz im Pool am 09.04.2024 geendet habe und seitdem sein Arbeitsvertrag als Straßenbahnfahrer wieder gelte. Da er für diese Tätigkeit dienstuntauglich sei, stehe ihm keine Vergütung zu. Ein erneuter Einsatz im Pool komme erst nach einem Jahr in Betracht. Inzwischen ist der Kläger wieder im Pool tätig.

Der Kläger verlangt eine Vergütung für die Zeit vom 11.09.2024 bis zum 09.04.2025 nebst Zuschuss zur betrieblichen Altersversorgung. Er meint u.a., die 90-Tage-Regelung in der BV Pool sei unwirksam, weil sie eine unzulässige Umgehung des Kündigungsschutzes darstelle und auch dann greife, wenn freie Poolarbeitsplätze zur Verfügung ständen. Hilfsweise verlangt er Schadensersatz wegen nicht leidensgerechter Beschäftigung. Die Beklagte meint u.a., dass die Stellen im Pool überobligatorisch zur Verfügung gestellt würden und sie daher die Bedingungen des Einsatzes frei vereinbaren könne. Ohne die BV Pool geben es nämlich überhaupt keine Poolarbeitsplätze. Reguläre Arbeitsplätze, z.B. im Lager, seien für den Kläger nicht vorhanden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf.

Landesarbeitsgericht Düsseldorf – 12 SLa 330/25
Arbeitsgericht Essen, Urteil vom 06.05.2025 – 3 Ca 2457/24