Oberlandesgericht Düsseldorf: Urteil in dem Staatsschutzverfahren gegen ein mutmaßliches Mitglied des IS und dessen Beteiligung an Kriegsverbrechen
Pressemitteilung Nr. 36/2025
Der 6. Strafsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat heute (1. Oktober 2025) unter Leitung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Jan van Lessen den 49-jährigen syrischen Staatsangehörigen Ossama A. wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland in Tateinheit mit Kriegsverbrechen gegen das Eigentum zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und die Fortdauer der Untersuchungshaft beschlossen. Von weiteren Tatvorwürfen hat der Senat den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
Nach den Feststellungen des Senats schloss sich Ossama A. der terroristischen Vereinigung "Islamischer Staat" (IS) an, nachdem die Gruppierung im Juni 2014 seinen syrischen Heimatort Al Abed in der Provinz Deir ez-Zor erobert hatte. Bis Frühjahr 2016 beteiligte er sich als Mitglied der Vereinigung im Bereich der Immobilienverwaltung, indem er dem IS Informationen zu Immobilien in Al Abed und deren Eigentümern lieferte, sich an der Inbesitznahme von drei Häusern durch die Vereinigung beteiligte und IS-Mitglieder in den beschlagnahmten Unterkünften logistisch durch die Lieferung von Gasflaschen unterstützte. Vor der Rückeroberung des Ortes durch syrisches Militär löste sich der Angeklagte vom IS und zog mit seiner Familie in einen Ort nahe der türkischen Grenze. Im Oktober 2021 gelangte er schließlich als Flüchtling über die Türkei und die Balkanroute nach Deutschland.
Bei der Strafzumessung hat der Senat zu Gunsten des Angeklagten unter anderem berücksichtigt, dass er nicht vorbestraft ist, seit der Tat annähernd zehn Jahre verstrichen sind und er sich freiwillig vom IS gelöst hat.
Zu seinen Lasten fiel ins Gewicht, dass er sich für eine Vereinigung betätig hat, die aufgrund ihrer Größe und ihres brutalen Vorgehens als besonders gefährlich anzusehen ist und ihm neben dem Verstoß gegen §§129a, 129b StGB drei Verstöße gegen § 9 Abs. 1 VStGB (Kriegsverbrechen gegen das Eigentum) zur Last fallen.
Der Senat hatte im Laufe der Hauptverhandlung mit Zustimmung der Bundesanwaltschaft einige Beteiligungshandlungen des Angeklagten von der Verfolgung ausgenommen, unter anderem die Inbesitznahme von acht Immobilien. Von der Beteiligung an der Inbesitznahme zweier weiterer Häuser vermochte sich der Senat nicht zu überzeugen.
Mit der Anklage waren dem Angeklagten weitere Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Beihilfe zum Völkermord vorgeworfen worden. Der Angeklagte soll seinen seinerzeit 13-jährigen Neffen Bassam A. als IS-Mitglied rekrutiert. und sich im Zuge seiner Tätigkeit für das Immobilienbüro des IS an der Ausbeutung von Jesidinnen als "Sexsklavinnen" in zwei Häusern beteiligt haben. Von diesen Vorwürfen hat der Senat den Angeklagten in Übereinstimmung mit entsprechenden Anträgen der Bundesanwaltschaft und der Verteidigung freigesprochen, weil sich diese Vorwürfe im Ergebnis der Vernehmung mehrerer Zeugen nicht beweisen ließen.
Die Vertreterinnen der Bundesanwaltschaft hatten in ihrem Schlussvortrag die Verhängung einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren gefordert. Nach ihrer Würdigung kam auch eine Verurteilung wegen weiterer Beteiligungshandlungen in Betracht, insbesondere der Beteiligung an der Inbesitznahme zweier weiterer Immobilien. Die Verteidigung hatte beantragt, den Angeklagten zu einer bewährungsfähigen Freiheitsstrafe zu verurteilen und den Haftbefehl aufzuheben.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Angeklagte sowie der Generalbundesanwalt können dagegen Revision zum Bundesgerichtshof einlegen.
Das schriftliche Urteil wird erst in einigen Wochen vorliegen. Wenn es zugestellt und anonymisiert ist, wird es in die Rechtsprechungsdatenbank www.nrwe.de eingestellt werden.
Aktenzeichen: III-6 St 5/24
Christina Klein Reesink
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