Verwaltungsgericht Gelsenkirchen: Ohne Klägeranschrift keine zulässige Klage, auch nicht bei Trauerjahr im Ausland
Die Verwendung eines Nutzerkontos nach dem Onlinezugangsgesetz (OZG) für den elektronischen Rechtsverkehr mit dem Verwaltungsgericht entbindet einen Kläger bei elektronischer Klageerhebung grundsätzlich nicht davon, seine ladungsfähige Anschrift anzugeben. Ohne diese Angabe ist die Klage unzulässig. Dies hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen durch Urteil vom 15. Dezember 2025 entschieden.
Der Kläger hatte den Rechtsträger eines Jobcenters wegen datenschutzrechtlicher Auskunfts- und Löschungsansprüche verklagt. Das Jobcenter war Hinweisen Dritter nachgegangen, der Sozialleistung beziehende Kläger wohne tatsächlich gar nicht in Deutschland, sondern halte sich auf Inseln in der Südsee auf und bewerbe dort Immobilien. Die zur Aufklärung der Vorwürfe durchgeführten Datenübermittlungen wie bspw. Abfragen bei Bankinstituten im Zusammenhang mit einer Erbschaft rügte der Kläger als rechtswidrig und verlangte deren Löschung. Die hierzu vor dem Verwaltungsgericht erhobene Klage reichte er über ein OZG-Nutzerkonto elektronisch ein und kommunizierte fortan selbst ausschließlich elektronisch mit dem Gericht. An seine angegebene Wohnanschrift übersandte Gerichtspost kam als unzustellbar zurück.
Eine Anfrage beim Einwohnermeldeamt ergab eine Meldeanschrift des Klägers im Vereinigten Königreich (UK). Daraufhin forderte das Gericht ihn auf, die Anschrift seines gewöhnlichen Aufenthalts anzugeben. Der Kläger teilte mit, er halte sich derzeit im Rahmen eines Trauerjahres in einem europäischen Mittelmeerland auf. Sein im Vorjahr verstorbener tiefgläubiger Vater habe einer dort ansässigen Kirche angehört. Gemäß dieser religiösen Tradition und zur Wahrung familiärer Verpflichtungen verbringe er das Trauerjahr ohne festen Wohnsitz im Herkunftsland seiner Familie. Er sei vorübergehend an verschiedenen Orten untergebracht und verteile die Asche seines Vaters an Orten, an denen dieser sich zu Lebzeiten besonders wohlgefühlt habe. Er sei für die Dauer seines Aufenthaltes unter seiner letzten Wohnanschrift in Deutschland postalisch erreichbar.
Das Gericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Das OZG-Nutzerkonto stellt keine ladungsfähige Anschrift dar. Über ein OZG-Nutzerkonto können zwar grundsätzlich Zustellungen erfolgen, aber Kosten nicht vollstreckt werden (so bereits OVG NRW – 4 B 740/24 –). Die von dem Kläger angegebene Postanschrift ist gleichfalls nicht seine ladungsfähige Anschrift. Er ist dort nicht mehr gemeldet, sondern im Vereinigten Königreich. Von ihm benannte Personen können Zustellungen an der Adresse in Deutschland auch nicht für ihn entgegennehmen. Denn er hat selbst vorgetragen, gegenwärtig seien dort keine Briefkästen angebracht.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Kläger kann bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen die Zulassung der Berufung beantragen.
Aktenzeichen: 15 K 2368/25