Die verschiedenen Stadien des Strafverfahrens
Ablauf eines Strafverfahrens
Ermittlungsverfahren, Zwischenverfahren, Hauptverfahren
Wenn in der Öffentlichkeit oder in den Medien von einem Strafverfahren/Strafprozess die Rede ist, so meint das meist die im Vordergrund des Interesses stehende gerichtliche Hauptverhandlung. Die Hauptverhandlung stellt aber in Wahrheit nur einen kleinen Ausschnitt aus dem gesamten Strafverfahren/Strafprozess dar. Denn das Strafverfahren (bzw. der Strafprozess) setzt sich aus mehreren Abschnitten zusammen. Zu diesen Abschnitten gehören in zeitlicher und sachlicher Reihenfolge:
- das Vorverfahren (auch Ermittlungsverfahren genannt)
- das Zwischenverfahren
- das Hauptverfahren.
Das Vorverfahren wird von der Staatsanwaltschaft geleitet.
Demgegenüber obliegt die Durchführung des Zwischen- und Hauptverfahrens dem Gericht.
Das Vorverfahren (Ermittlungsverfahren)
Das Vorverfahren (auch Ermittlungsverfahren genannt) liegt in den Händen der Staatsanwaltschaft.
Ein Vorverfahren findet in der Regel dann statt, wenn jemand eine Strafanzeige bei der Polizei erstattet oder einen Strafantrag stellt. Die Polizei leitet diese Informationen an die Staatsanwaltschaft weiter, die dann im Rahmen des Vorverfahrens den Sachverhalt zu erforschen hat.
Nur unter bestimmten, im Gesetz näher bezeichneten Voraussetzungen, darf sie ausnahmsweise - teils mit Zustimmung des Gerichts, teilweise auch ohne Zustimmung des Gerichts - von der weiteren Verfolgung einer strafbaren Handlung absehen.
Bei der Erforschung des Sachverhaltes hat die Staatsanwaltschaft nicht nur die den Beschuldigten oder die Beschuldigte -belastenden Umstände, sondern auch die ihn bzw. sie entlastenden Umstände zu ermitteln. Sie ist also bei ihren Ermittlungen - ebenso wie das Gericht - zu strenger Objektivität verpflichtet.
Bei ihren Ermittlungen bedient sich die Staatsanwaltschaft häufig der Polizei. So werden beispielsweise - durch die Polizei oder die Staatsanwaltschaft - Zeuginnen und Zeugen vernommen, Unterlagen beschlagnahmt oder Sachverständige angehört.
Die Staatsanwaltschaft ist darüber hinaus - soweit sie das Verfahren nicht einstellt - verpflichtet, die Beschuldigte oder den Beschuldigten zu vernehmen. Hierdurch soll die oder der Beschuldigte über den gegen sie bzw. ihn bestehenden Verdacht informiert werden, damit sie bzw. er frühzeitig die Möglichkeit hat, sich gegen die Vorwürfe zu verteidigen.
Kommt die Staatsanwaltschaft bei ihren Ermittlungen zu dem Ergebnis, dass die bzw. der Beschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig ist, so erhebt sie eine öffentliche Klage. Ein hinreichender Tatverdacht liegt vor, wenn es nach dem Ergebnis der Ermittlungen wahrscheinlich ist, dass die oder der Beschuldigte in einem gerichtlichen Verfahren verurteilt wird. Liegt ein solcher Verdacht nach dem Ergebnis der Ermittlungen dagegen nicht vor, so stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein.
Nur durch die öffentliche Klage der Staatsanwaltschaft kann es nach dem im deutschen Strafprozess geltenden Anklagegrundsatz überhaupt zu einem gerichtlichen Verfahren kommen.
Die öffentliche Klage erfolgt dadurch, dass die Staatsanwaltschaft eine Anklageschrift, welche die Vorwürfe gegen die Beschuldigte oder den Beschuldigten enthält, an das zuständige Gericht samt den dazugehörigen Akten einreicht.
Mit der Erhebung der öffentlichen Klage erhält die bzw. der Beschuldigte die Bezeichnung „Angeschuldigte“ bzw. „Angeschuldigter“.
Gerichtliches Verfahren
Erhält das Gericht von der Staatsanwaltschaft die Anklageschrift mit den dazugehörigen Akten, so beginnt das gerichtliche Verfahren.
Dieses untergliedert sich in ein
- Zwischenverfahren und
- ein Hauptverfahren.
Zwischenverfahren
Im Zwischenverfahren entscheidet das Gericht darüber, ob die vorgelegte Anklageschrift der Staatsanwaltschaft es rechtfertigt, ein Hauptverfahren zu eröffnen.
Hierzu teilt es der bzw. dem Angeschuldigten zunächst die Anklageschrift mit, damit diese bzw. dieser Gelegenheit erhält, sich zu der Anklage zu äußern und zu verteidigen.
Kommt das Gericht im Zwischenverfahren - in Übereinstimmung mit der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft - zu dem Ergebnis, dass eine Verurteilung der oder des Angeschuldigten wahrscheinlich ist, so erlässt es einen sogenannten Eröffnungsbeschluss. Mit diesem Beschluss lässt das Gericht die Anklage zur Hauptverhandlung zu.
Gelangt das Gericht dagegen zu der Auffassung, dass kein hinreichender Tatverdacht besteht, lehnt es die Eröffnung des Hauptverfahrens ab.
Hauptverfahren
Durch den Eröffnungsbeschluss des Gerichts, mit dem es die Anklage der Staatsanwaltschaft zur Hauptverhandlung zulässt, beginnt das Hauptverfahren.
Die oder der Angeschuldigte trägt mit Beginn des Hauptverfahrens die Bezeichnung „Angeklagte“ oder „Angeklagter“.
Die Vorbereitung der Hauptverhandlung
Das Hauptverfahren vor dem Gericht untergliedert sich in die
- Vorbereitung der Hauptverhandlung und
- in die Hauptverhandlung selbst.
Die wesentliche Aufgabe des Gerichts bei der Vorbereitung der Hauptverhandlung besteht darin, den Ablauf der Hauptverhandlung zu planen, wozu auch ein gründliches Studium der Akten gehört. Ferner muss das Gericht für die Hauptverhandlung einen oder mehrere Termine festlegen und alle Beteiligte, so unter anderem die oder den Angeklagten, die Verteidigung oder die Zeuginnen und Zeugen, zu diesem Termin laden.
Die Hauptverhandlung
Die Hauptverhandlung selbst bildet das Kernstück des Strafverfahrens. Nach den Grundsätzen des deutschen Strafverfahrens ist ausschließlich das Ergebnis der Hauptverhandlung für das Urteil des Gerichts maßgebend.
Der Ablauf der Hauptverhandlung läuft dementsprechend nach strengen Regeln ab.
Weitere Informationen finden Sie im Beitrag "Verfahrensgang bei Gericht".
Verantwortlich: Der Präsident des Oberlandesgerichts Köln, Stand: 2025